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Erythropoetin

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Erythropoetin (Synonyme: EPO, Erythropoietin, Epoetin) ist ein Glykoprotein-Hormon, das als Wachstumsfaktor für die Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) während der Hämatopoese von entscheidender Rolle ist.

Schnittstellen der Wirkung von EPO während der Hämatopoeserote Pfeile: Erythropoese; TGF = Transforming Growth Factor;MIP = Macrophage Inflammatory Protein; IL = Interleukin;G-CSF = Granulocyte-Colony Stimulating Factor;SCF = Stem Cell Factor; IGF = Insulin-like Growth Factor;FLT-3/FLK-2 = Rezeptor-Tyrosinkinase
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Schnittstellen der Wirkung von EPO während der Hämatopoese
rote Pfeile: Erythropoese; TGF = Transforming Growth Factor;
MIP = Macrophage Inflammatory Protein; IL = Interleukin;
G-CSF = Granulocyte-Colony Stimulating Factor;
SCF = Stem Cell Factor; IGF = Insulin-like Growth Factor;
FLT-3/FLK-2 = Rezeptor-Tyrosinkinase

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Biosynthese und biologische Funktion

EPO gehört phylogenetisch zu einer Zytokinfamilie, die neben EPO auch Somatropin, Prolaktin, die Interleukine 2-7, sowie die sogenannten „Colony Stimulating Factors“ (G-CSF, M-CSF und GM-CSF) umfasst. Im Menschen wird EPO etwa zu 85-90% in der Niere durch die Endothelzellen der peritubulären Kapillaren und zu 10-15% auch durch die Hepatozyten der Leber gebildet. Zudem konnte eine Syntheseaktivität im Gehirn, im Uterus, in Hoden und in der Milz nachgewiesen werden.
Das EPO-Gen im Menschen befindet sich auf dem Chromosom 7 (Position 7q21-7q22). Die Synthese wird stimuliert durch eine verminderte Sauerstoffsättigung (Hypoxie) des Blutes. Dies führt zur Translokation der α-Untereinheit des sogenannten „Hypoxie-induzierten Faktors“ (kurz HIF) vom Cytoplasma in den Zellkern EPO-exprimierender Zellen. Dort bindet HIF-α an die zugehörige β-Untereinheit (HIF-β), wodurch das „fertige“ Heterodimer HIF-1 entsteht. Dieses wiederum bindet nachfolgend and das „cAMP response element-binding protein“ (kurz CREB) und einen weiteren Transkriptionsfaktor (p300). Der resultierende, aus nunmehr drei Elementen bestehende Proteinkomplex leitet dann durch Bindung an die 3'-Flanke des EPO-Gens die Transkription in die zugehörige mRNA ein, deren Konstruktionscode anschließend ribosomal in das Proteingerüst des EPO-Moleküls translatiert wird.
Die Serumkonzentration des Hormons im gesunden Menschen liegt bei bis zu 19 mU/mL. Bei der Erythropoese bindet EPO im Knochenmark an den transmembranen Erythropoetin-Rezeptor der Vorläuferzellen des Typs BFU-E (Erythroid Burst Forming Unit), die zunächst zu den reiferen Vorläuferzellen des Typs CFU-E (Erythroid Colony Forming Unit) und schließlich zu Erythrozyten ausdifferenzieren.

Signaltransduktionskaskaden durch Bindung von EPO an seinen Rezeptor  PLCγ = Phospholipase C γ; SHP-1 = Tyrosinphosphatase Shp1; SHC = Adapter-Protein; GRB2 = Growth Factor Receptor-bound Protein; SOS-1 = Son of Sevenless-1; JAK2 = Janus Kinase 2; STAT5 = Signal Transducer and Activator of Transcription; RAS = Proto-Onkogen Ras; RAF1 = Murine Leukemia Viral Oncogen Homolog-1; MEK = MAP/ERK-Kinase; ERK = Extracellular Signal-related Kinase; c-FOS = cellular Onkogen Fos; ELK-1 = ETS-domain protein Elk1; CK-II = Casein-Kinase II; c-JUN und JNK1 = c-Jun N-terminale Kinasen; AP-1 = Heterodimer aus c-Jun und c-Fos
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Signaltransduktionskaskaden durch Bindung von EPO an seinen Rezeptor
PLCγ = Phospholipase C γ; SHP-1 = Tyrosinphosphatase Shp1; SHC = Adapter-Protein; GRB2 = Growth Factor Receptor-bound Protein; SOS-1 = Son of Sevenless-1; JAK2 = Janus Kinase 2; STAT5 = Signal Transducer and Activator of Transcription; RAS = Proto-Onkogen Ras; RAF1 = Murine Leukemia Viral Oncogen Homolog-1; MEK = MAP/ERK-Kinase; ERK = Extracellular Signal-related Kinase; c-FOS = cellular Onkogen Fos; ELK-1 = ETS-domain protein Elk1; CK-II = Casein-Kinase II; c-JUN und JNK1 = c-Jun N-terminale Kinasen; AP-1 = Heterodimer aus c-Jun und c-Fos

Der Rezeptor (EpoR) gehört zur Familie der Cytokin-Rezeptoren, deren strukturelle Gemeinsamkeiten in zwei oder mehr immunglobulin-ähnlichen Domänen, vier gleichangeordneten Cystein-Resten und der extrazellulären Sequenz WSXWS (Trp-Ser-variable Aminosäure-Trp-Ser) bestehen. Die Bindung von EPO führt zu einer Homodimerisierung des Rezeptors, welche wiederum via Transphosphorylierung das rezeptorgekoppelte Enzym Janus Kinase 2 aktiviert. Dabei werden spezifische, intrazellulär rezeptorassoziierte Tyrosin-Reste phosporyliert und dienen hierdurch als Kopplungsstation für das Signaltransduktionsprotein STAT5, wodurch verschiedene Signaltransduktionskaskaden in Gang gesetzt werden. Insgesamt sind daran 94 Proteine beteiligt, inklusive der in nebenstehender Abbildung aufgeführten Faktoren.
Pro Tag werden circa 200 Milliarden Erythrozyten gebildet. Zusätzlich zur eigentlichen Erythropoese wirkt EPO bei der Differenzierung der Vorläuferzellen als Apoptosehemmer und stimuliert in geringem Maße auch die Bildung von Megakaryozyten. Akute und chronische Insuffizienzen infolge degenerativer Erkrankungen der Niere führen zu verminderten EPO-Bildung und damit zur renalen Anämie.
Die Aufgabe von EPO in vivo ist nicht allein auf die Bildung neuer Erythrozyten beschränkt. Immuncytochemische Hybridisierungsuntersuchungen haben gezeigt, dass EpoR in den unterschiedlichsten somatischen Zellen zu finden ist. Dazu gehören Neurone, Astrozyten, Mikroglia- und Herzmuskelzellen. EPO/EpoR-Interaktionen wurden in den verschiedensten nicht-eryhtroiden Geweben in Zusammenhang mit Zellteilungsvorgängen, Chemotaxis, Angiogenese, Aktivierung intrazellulären Calciums und Apoptosehemmung nachgewiesen. Spezifische EPO-Bindungsstellen wurden im Hippocampus gefunden, einem Gehirnbereich, der sehr anfällig ist für durch hypoxische Ischämien verursachte Degenerationen. Aufgrund dessen wird ein protektiver Effekt von EPO gegen Ischämien postuliert.




[Bearbeiten] Strukturelle Eigenschaften

Schematische Darstellung des EPO-Moleküls
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Schematische Darstellung des EPO-Moleküls

Das EPO-Gen (5,4 kb, 5 Exons und 4 Introns) codiert ein Pro-EPO-Protein mit 193 Aminosäureresten. Bei der posttranslationalen Modifikation wird N-terminal ein Peptid mit 27 Aminosäureresten sowie der danach verbleibende C-terminale Asparaginrest durch eine intrazelluläre Carboxypeptidase abgespalten.
Chemisch ist humanes EPO ein saures, unverzweigtes Polypeptid aus 165 Aminosäure-Monomeren und einem Molekulargewicht von circa 34 kDa. Der Kohlenhydratanteil, der etwa 40 % der Molekülmasse beträgt, besteht aus einer O-glykosidisch (Ser 126) und drei N-glykosidisch (Asn 24, Asn 38 und Asn 83) gebundenen Zuckerseitenketten. Die Seitenketten ihrerseits setzen sich aus den Monosacchariden Mannose, Galaktose, Fucose, N-Acteylglucosamin, N-Acetylgalactosamin und N-Acetylneuraminsäure zusammen. Letztere, auch unter dem Trivialnamen Sialinsäuren bekannt, sind entscheidend für die biologische Aktivität des Glykoproteins: Je höher der Sialylierungsgrad, desto höher ist die Aktivität und Serumhalbwertszeit des Hormons. Eine fakultative Besonderheit des EPO-Moleküls ist die Sulfatierung N-glykosidischer Zuckerseitenketten. Die genaue Funktion der Sulfatierung, die sowohl im nativen als auch im rekombinanten Molekül (siehe unten) nachweisbar ist, ist bisher unbekannt.
Die Tertiärstruktur besteht aus vier antiparallelen α-Helices inklusiver benachbarter Schleifen. Natives EPO tritt in drei Varianten auf: Alpha, Beta und Asialo. Die asialylierten Isoformen, bei denen die endständigen Sialinsäuren entfernt sind, werden unmittelbar in der Leber abgereichert und sind somit wirkungslos. Funktionale Isoformen werden nach und nach durch Körperzellen, die den EPO-Rezeptor tragen, abgebaut. Dabei werden die EPO-Moleküle durch eine rezeptorvermittelte Endocytose in Lysosomen internalisiert und dort zerlegt.

[Bearbeiten] EPO als Therapeutikum

[Bearbeiten] Forschungsgeschichte

Bereits 1863 erkannte der französische Arzt Denis Jourdanet (* 1815, † 1892) indirekt den Zusammenhang zwischen erniedrigtem Sauerstoffpartialdruck und Erhöhung der Erythrozytenzahl, als er hämatokritische Untersuchungen an Personen durchführte, die sich längere Zeit in alpinen Höhenlagen aufgehalten hatten. Den direkten Zusammenhang stellte Friedrich Miescher 1893 her. Im Jahr 1906 wurde durch den Franzosen Paul Carnot (* 1869, † 1957) und seine Mitarbeiterin Catherine Deflandere erstmals die Hypothese aufgestellt, dass die Blutbildung durch einen humoralen Faktor geregelt wird. Die beiden finnischen Nephrologen Eva Bonsdorff (* 1918) und Eeva Jalavisto (* 1909, † 1966) gaben schließlich 1948 diesem Faktor den Namen Erythropoetin, kurz EPO.
EPO selbst wurde 1953 durch Allan Jacob Erslev entdeckt und beschrieben. Zur Schlüsselfigur der weiteren EPO-Forschung wurde jedoch Eugene Goldwasser (* 1922). 1954 bestätigten er und seine Arbeitsgruppe von der University of Chicago die Arbeiten Erslevs durch eigene Ergebnisse. Goldwasser und sein Mitarbeiter Leon Orris Jacobson (*1911, † 1992) konnten 1957 indirekt nachweisen, dass EPO in der Niere gebildet wird. Die erstmalige Isolierung und Reinigung von humanem EPO aus Urin gelang besagter Arbeitsgruppe 1977. 1983 gelang Fue-Kuen Lin (* 1941), einem Mitarbeiter bei Amgen, die Isolierung des humanen EPO-Gens (US-Patent 4,703,008). 1984 wurde erstmals von einer erfolgreichen Klonierung und Expression eines rekombinanten EPO (rEPO) in Escherichia coli durch Sylvia Lee-Huang vom New York University Medical Center berichtet, 1985 gelang dies schließlich erstmal in Säugetierzellen. Hierdurch wurde die großtechnische Produktion von rekombinantem EPO in geeigneten Mengen schließlich möglich.

[Bearbeiten] Indikationen für die Therapie mit Erythropoetin

Von den gegenwärtig klinisch eingesetzten Wachstumsfaktoren besitzt EPO das größte Indikationsspektrum. Die klassische EPO-Therapie zielt darauf ab, die Bildung roter Blutkörperchen bei Patienten mit renaler Anämie, Tumoranämie und Anämien als Folge von Chemotherapien in Gang zu setzen bzw. zu unterstützen. Zudem gilt mittlerweile als gesichert, das die Ansprechrate von hypoxischen Tumoren auf eine Radio- und/oder Chemotherapien durch die Zunahme der Tumoroxygenierung nach EPO-Applikation gesteigert werden kann.
Der molekulare Pathomechanismus einer Tumoranämie, der sich durch die Zugabe von EPO beheben lässt, beruht auf einer gestörten Eisenverwertung. Da diese Mechanismen auch bei chronischen Infektionen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) oder Sepsis nachweisbar sind, wird der Einsatz von EPO als therapieunterstützende Maßnahme dieser Erkrankungen seit einigen Jahren in klinischen Studien untersucht. Ferner werden EPO-Therapieformen beim Fatigue-Syndrom, beim Myelodysplastischen Syndrom, bei der Aplastischen Anämie und HIV-Infektionen diskutiert. Seine zytoprotektiven Eigenschaften machen EPO zudem interessant bei der Behandlung von Ischämien und neurodegenerativen Erkrankungen. Nach einer aktuellen Studie bewirkt EPO als Zusatztherapeutikum bei der Behandlung von Schizophrenie eine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten der behandelten Patienten. Die Wirkung beruht dabei auf den protektiven Eigenschaften von EPO gegenüber neurodegenerativen Mechanismen, die auch ursächlich für die Schizophrenie sind.

[Bearbeiten] EPO-Präparate der ersten Generation

Im Gegensatz zum Insulin, das vor der Inverkehrbringung rekombinanter Insulinpräparate aus Bauchspeicheldrüsen von Schweinen gewonnen wurde (siehe Organon), gab es eine solch „archaische“ Gewinnungsform für EPO nicht. Erst durch die Isolierung des EPO-Gens sowie durch seine Klonierung und Expression in Säugerzellen war es mit Hilfe biotechnologischer Herstellungsverfahren möglich, das Hormon in für die Therapie ausreichenden Mengen zu produzieren.

  • Das US-amerikanische Biotechnologieunternehmen Amgen brachte 1989 das erste rekombinante EPO-Präparat (Epogen®, Epoetin α) auf den Markt. In klinischen Studien der Phasen I und II konnte bereits ab 1986 an der University of Washington in Seattle nachgewiesen werden, dass die Therapie von Anämien mit rekombinantem EPO bei Krebs- und Nierenpatienten wesentlich nebenwirkungsärmer ist als Behandlungen mit Bluttransfusionen. Die patentrechtliche Lage erlaubt Amgen die Exklusivvermarktung von EPO-Präparaten in den USA bis ins Jahr 2015 (nach anderer Quelle läuft das Amgen-Patent 2011 aus[1]). Amgens Lizenznehmer in Japan ist der Brauereikonzern Kirin, dessen Pharmasparte die Epoetin α-Variante seit 2001 unter dem Handelsnahmen ESPO® vertreibt. Im Oktober 2004 kündigte Kirin an, seine Kooperation mit dem japanischen Pharmakonzern Daiichi Sankyo im Vertrieb von ESPO® auf dem asiatischen Markt im März 2005 zu beenden.[2]
  • Der US-amerikanische Pharmakonzern Johnson & Johnson entwickelte unter der Amgen-Lizenz ein Epoetin α, das unter den Handelsnamen Procrit® innerhalb und Eprex® außerhalb der USA erhältlich ist. In Europa wird das Präparat unter dem Handelsnamen Erypo® durch Janssen Cilag (Ortho Biotech), einer Tochtergesellschaft von Johnson & Johnson, vertrieben. Weitere Handelsnamen für den Vertrieb in Italien sind Epoxitin® und Globuren®. In Spanien und Portugal ist Eprex® auch unter dem Namen Epopen® durch die Firma Esteve (Laboratorios Pensa) auf dem Markt. In Polen, Russland und der Ukraine wird das Präparat unter dem Namen Epoglobin® durch Jelfa Pharmaceuticals vertrieben. Ebenfalls in Polen ist das Präparat Epox® über den Arzneimitteldistributor Genexo auf dem Markt. In Bolivien ist ein durch die Firma Laboratories Bagó produziertes Präparat mit dem Namen Eritrogen® erhältlich.
  • Boehringer Mannheim brachte 1990 ein Epoetin-β-Präparat unter dem Namen NeoRecormon® auf den Markt. 1997, als Boehringer Mannheim durch Hoffmann-La Roche aufgekauft wurde, erhielt der Pharmakonzern durch die EMEA die Zulassung für die europaweite Inverkehrbringung. In Japan stellt die Firma Chugai, ein seit 2002 zu Hoffmann-La Roche gehöriges Pharmaunternehmen, ebenfalls seit 1990 ein Epoetin-β-Präparat unter dem Handelsnahmen Epogin® her.
  • Elanex Pharmaceuticals beziehungsweise seit 2001 Baxter International entwickelte mit dem Präparat Epomax® (Epoetin ω) eine weitere EPO-Variante, die insbesondere in Ost-Europa (zum Beispiel Polen über die in Herne ansässige Firma Fumedica) für den Vertrieb zugelassen ist. In Indien vertreibt Hindustan Antibiotics Epomax® als Baxters Lizenznehmer unter dem Handelsnahmen Hemax®. Die ω-Variante wird in Argentinien bereits seit 1990 durch die Firma Bio Sidus ebenfalls unter dem Handelsnamen Hemax® produziert.

Das rekombinante Expressionsvehikel für die Produktion der Varianten Epoetin α und β ist jeweils ein genetisch modifizierter Subclon einer Ovarialzelllinie des Chinesischen Streifenhamsters (lat. Cricetulus griseus), eine sog. CHO-Zelllinie (Chinese Hamster Ovary). Bei der Produktion der Variante Epoetin ω wird eine genetisch modifizierte und subclonierte Zellinie aus der Niere eines Jungtieres des Syrischen Goldhamsters (lat. Mesocricetus auratus) verwendet (BHK-Zellen, Baby Hamster Kidney).
Alle rekombinanten EPO-Varianten unterscheiden sich vom nativen, endogenen Molekül in der Zusammensetzung der Zuckerstrukturen (Glykosylierungsmuster). Zudem gibt es auch Unterschiede zwischen den rekombinanten Varianten: Epoetin β weist gegenüber Epoetin α ein geringfügig höheres Molekulargewicht, ein breiteres Spektrum basischer Isoformen und damit einen niedrigeren Sialylierungsgrad auf. Der Anteil tetra-sialylierter Seitenketten ist bei Epoetin β jedoch mehr als doppelt so hoch wie bei Epoetin α. Nach Desialylierung zeigte Epoetin β im Vergleich zu Epoetin α im Mausmodell eine 20% höhere pharmakologische Aktivität. Epoetin ω, bedingt durch die unterschiedliche Expressionszelllinie, unterscheidet sich strukturell von der α- und β-Variante durch die Abfolge der Zuckermonomere und der Antennärität im Glykosylierungsmuster.

[Bearbeiten] EPO-Präparate der nächsten Generation

Der enorme Erfolg der ersten EPO-Präparate hat dazu geführt, daß (wie bei keinem anderen rekombinant hergestellten Wachstumsfaktor) zahlreiche Strategien entwickelt wurden, um die biologische Aktivität des EPO-Moleküls zu steigern, seine Applizierbarkeit zu erleichtern und seine Verträglichkeit zu verbessern. Ein Schwerpunkt lag dabei auf Strukturmodifikationen des Ausgangsmoleküls (Stichworte: Protein-Engineering, Proteindesign). Zudem konnten durch neue Erkenntnisse aus der medizinischen Grundlagenforschung neue Therapiefelder abgesteckt werden. Zur jüngsten Entwicklung in diesem Bereich gehören EPO-Analoga (im Englischen auch als „Mimetics“ bezeichnet), gentherapeutische Ansätze zur Steigerung der EPO-Verfügbarkeit in vivo und Kombipräparate, die zum Beispiel zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen eingesetzt werden sollen.

Modifikationen des EPO-Moleküls

  • 2001 generierte Amgen unter dem Handelsnamen Aranesp® (Darbepoetin α) ein gentechnisch verändertes Erythropoetin. Dieses enthält durch den Austausch von fünf Aminosäuren weitere Zuckerseitenketten, wodurch sich der Anteil endständiger Sialinsäuren und hierdurch die Serumhalbwertszeit um circa den Faktor drei erhöht. Unter den EPO-Präparaten der nächsten Generation ist es bisher das einzig therapeutisch zugelassene. Lizenznehmer für Amgens Darbepoetin α in Italien ist die Firma Dompe Biotec, die das Produkt unter dem Namen Nespo® vertreibt. Darbepoetin α wird in CHO-Zellen produziert. 2004 startete Amgen eine Phase-I-Studie zur Anwendung eines hyperglykoslylierten Aranesp®-Analogon mit der Kennung „AMG114“ bei der Behandlung von chemotherapie-induzierter Anämie. Im Juni 2006 stellte ein internationales Forscherteam auf dem 43ten Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) Ergebnisse einer Phase-III-Multicenterstudie vor, nach denen „AMG114“ bei einer Serumhalbwertszeit von 131 Stunden geeignet erscheint, um synchron zur Chemotherapie unterschiedlicher Tumorformen (Brustkrebs, Darmkrebs, Non-Hodgkin-Lymphom) angewendet zu werden.
  • Unter dem Aspekt einer längeren Wirkungsdauer und höheren Affinität zum EPO-Rezeptor wurde von Hoffmann-La Roche das EPO-Derivat CERA (Continuous Erythropoiesis Receptor Activator, interne Roche-Kennung: Ro 50-3821) entwickelt, bei dem das EPO-Molekül (das aus dem Präparat NeoRecormon® bekannte Epoetin β) mit einem Methoxypolyethylenglycolpolymer verknüpft ist (sog. PEGylierung). Durch die Polymerverknüpfung hat CERA ein Molekulargewicht von 66 kDa und ist damit fast doppelt so groß wie natives EPO. Die Serumhalbwertszeit nach intravenöser Applikation liegt gemäß Untersuchungen aus der klinischen Phase II bei rund 133 Stunden und ist damit mehr als 5mal länger als bei Darbepoetin α. Gemäß neuester Untersuchungen ist die Wirkung von CERA bestimmt durch eine „lockere und langsamere Bindung“ des Moleküls an den Erythropoetinrezeptor[3]. Gegenwärtig befindet sich CERA auch in einer klinischen Studie (Phase III) bei der Therapie des Non-Hodgkin-Lymphom. Im April 2006 wurde der Zulassungsantrag für die Inverkehrbringung des Präparats unter dem Handelsnamen Mircera® bei der EMEA eingereicht. Mit einer Zulassung des Präparats zur Markteinführung wird ab 2007 gerechnet.
  • An der Entwicklung pegylierter EPO-Präparate, die sich gegenwärtig in präklinischen Versuchsstadien befinden, sind auch andere Unternehmen wie Bolder Biotechnology, Prolong Pharmaceuticals (mit EPEG), Neose (pegyliertes EPO aus Insektenzellen) und Lipoxen (Polysialinsäure statt Polyethylenglycol als Pegylierungspolymer) beteiligt.
  • Die US-amerikanische Firma Syntonix arbeitet gegenwärtig auf der Grundlage ihrer patentierten Transceptor™-Technologie an der Entwicklung eines Inhalationspräparates. Bei diesem ist das EPO-Molekül (Funktionseinheit) mit dem kristallinen Fragment (Fc) eines Antikörpers (Transporteinheit) zu einem Fusionsprotein verknüpft (sog. Epo-Fc). Da das Lungenepithel eine hohe Dichte an Rezeptoren aufweist, die mit dem Fc-Fragment interagieren (sog. FcRn), wird Epo-Fc, als Inhalationsspray appliziert, rasch in der Lunge aufgenommen und in den Blutkreislauf transportiert. Die Fc-Einheit des Fusionsproteins sorgt zudem dafür, dass die Serumhalbwertszeit gegenüber dem ’’nackten’’ EPO-Molekül deutlich verlängert ist. Dies beruht zum einen auf der erhöhten Molekülgröße (siehe CERA von Hoffmann-La Roche), die das Ausschleusen über die Niere verhindert. Zum anderen wird Epo-Fc nach Endocytose durch die Erythroblasten über den endosomalen Rezyklisierungsweg wieder in den Blutkreislauf abgegeben und steht so erneut zur Verfügung. Epo-Fc befindet sich in der klinischen Erprobungsphase (Klinik Phase I).
  • Das US-amerikanische Biotechnologieunternehmen Warren Pharmaceuticals hat zusammen mit der dänischen Pharmafirma H. Lundbeck A/S ein EPO-Derivat entwickelt, dass bei der Therapie neurodegenerativer Erkrankungen helfen soll. Bei dem Präparat CEPO (Kurzform für carbamyliertes EPO) wurde an sämtliche Lysinmonomere des EPO-Moleküls ein Carbamylrest gekoppelt, wodurch sich seine Affinität zu spezifischen neuronalen Rezeptoren erhöht. Im Gegensatz zum nativen EPO-Molekül hat CEPO keine erythropoetischen Eigenschaften. Die Wirkung des Präparats beruht vielmehr auf antiapoptotischen Effekten, die das Absterben von myokardialem und neuronalem Gewebe unterbindet. Im Maus- und Rattenmodell konnten erste Erfolge bei der Behandlung von Schlaganfall und Enzephalitis erzielt werden. [4]. Gleiches gilt für die Therapie des Myokardinfarkt im Rattenmodell (Quelle: Fiordaliso F. et al. (2005) in Proc Natl Acad Sci U S A. 2005 102:2046-2051.).

„Natürliche“ EPO-Varianten

  • Ein Gemeinschaftsunternehmen der Firmen Sanofi-Aventis und dem US-amerikanischen Unternehmen Transkaryotic Therapies (seit 2005 vom britischen Pharmaproduzenten Shire Pharmaceuticals [5] akquiriert) beabsichtigt die Vermarktung eines durch Genaktivierung aus transformierten, humanen Zellen (Linie HT-1080, isoliert aus einem acetabularem Fibrosarkom) erzeugten EPO unter dem Markennamen DynEpo® (Epoetin δ). Shire veröffentlichte erstmals im September 2006 Ergebnisse erfolgreicher Phase-III-Studien.[6]
  • Das französische Biotechunternehmen GenOdyssee hat durch Reihenuntersuchungen eine durch einen sogenannten SNP gekennzeichnete natürliche EPO-Variante entdeckt, die in in vitro-Experimenten gegenüber nativem EPO eine um 30-50 % gesteigerte Aktivität aufweist. Die als „GO-EPO“ bezeichnete Variante zeigt allein durch den Austausch einer singulären Aminosäure in der Tertiärstruktur eine Konfigurationsänderung nahe der EPO-Rezeptor-Bindungstelle, die die Affinität des Moleküls zum Rezeptor deutlich erhöht.
  • Der US-amerikanische Firma GlycoFi ist es gelungen, ein humanisiertes EPO in Hefen der Gattung Pichia (P. pastoris) zu generieren. Durch Einführung genetischer Knock-out-Elemente sowie humanspezifischer Gensequenzen in die Hefezellen konnten bei der postranslationalen Modifikation hefespezifische Glykosylierungen unterbunden und im Gegenzug humanspezifische Glykosylierungsschritte eingeführt werden. Im Mai 2006 wurde GlycoFi durch den US-Pharmakonzern Merck & Co. übernommen.

EPO-Mimetics

  • Die in San Francisco ansässige biopharmazeutische Firma Gryphon Therapeutics (vormals Gryphon Sciences) hat das erste Synthetische Eryhtropoese-Protein (SEP) entwickelt. SEP ist ein vollsynthetisches Makromolekül, bestehend aus einem Polypeptidrückrad mit 166 Aminosäuremonomeren, das eine hohe Sequenzhomologie zu dem nativen EPO-Molekül aufweist. Dieses Polypeptid ist in den Positionen Lys 24 und Lys 126 chemische verknüpft mit einem negativ geladenen anorganischen Polymer definierter Länge. Die Aktivität von SEP in vitro ist mit der von EPO vergleichbar. Dagegen ist die Serumhalbwertszeit etwa 2,5mal länger. Bereits 2002 erwarb Hoffmann-La Roche die Lizenz für die Anwendung des Proteins in den klassischen EPO-Therapiefeldern. [7]
  • Die US-amerikanische Firma Affymax entwickelt ein gegenwärtig in der klinischen Phase II befindliches Präparat unter dem Namen Hematide™. Dabei handelt es sich um ein kurzkettiges, zyklisches Polypeptid mit einer Disulfidbrücke, dessen Wirkungsweise der des nativen EPO entspricht (EPO-Analogon), dessen Aminosäuresequenz aber keine Homologie zum nativen EPO-Molekül aufweist. Seine Wirksamkeit im Tiermodell hat das Präparat bereits unter Beweis gestellt. Laut der in dieser Studie erzielten Ergebnisse geht Affymax von einem Behandlungsregime aus, das lediglich alle 3 bis 4 Wochen eine Applikation des Präparats bei der Behandlung von Anämien erforderlich macht.
  • Die kanadische Firma ProMetic Biosciences hat mit dem Präparat „PBI-1402“ ein niedermolekulares EPO-Analogon entwickelt, das in klinischen Studien der Phase I stimulierende und antiapoptotische Effekte auf die Bildung von Erythrozyten und Granulozyten gezeigt hat.
  • Unter der Kennung „PT-401“ arbeitet das in Florida ansässige Unternehmen DNAPrint Genomics in gegenwärtig präklinischen Studien an einem EPO-Dimer-Präparat, das eine deutlich höhere Affinität zum EPO-Rezeptor haben soll als das native EPO.
  • Das deutsche Biopharma-Unternehmen AplaGen aus Baesweiler hat ein EPO-Mimetikum entwickelt, bei dem das Funktionspeptid an ein Makromolekül gekoppelt ist. Ähnlich wie bei PEGylierten Molekülen soll durch die Erhöhung der Molekülgröße die Ausscheidung über die Nieren verzögert werden. Das Präparat befindet sich gegenwärtig in klinischen Studien der Phase I und kann bisher sowohl intravenös als auch parenteral appliziert werden. Das Unternehmen arbeitet aber auch an anderen Darreichungsformen.

Gentherapie

  • Einen gentherapeutischen Ansatz verfolgt das britische Unternehmen Oxford BioMedica mit seinem in der präklinischen Phase befindlichen Präparat Repoxygen™. Das Mittel wird intramuskulär appliziert und enthält adenovirale Genshuttle, mit Hilfe derer das EPO-Gen in die Muskelzellen transferiert wird. Die Expression des EPO-Gens wird gesteuert über einen sauerstoffsensitiven Transkriptionsfaktor. Auf diese Weise wird nur dann EPO in den transfizierten Muskelzellen gebildet, wenn die Sauerstoffsättigung im Blut einen kritischen Wert unterschreitet. Im Rahmen des Verfahrens gegen den Leichtathletiktrainer Thomas Springstein wegen des Verdachts auf Gendoping im Januar 2006 teilte Firmengründer Alan Kingsman mit, dass Oxford BioMedica die Produktion des Wirkstoffs bis auf weiteres eingestellt habe [8].

Induktoren der EPO-Synthese

  • Das US-amerikanische Unternehmen FibroGen arbeitet an der Entwicklung eines Medikaments mit der Bezeichnung „FG-2216“. Die Substanz inhibiert die Funktion des Enzyms Prolylhydroxylase, das für den Abbau des des sog. „Hypoxie-induzierten Faktors“ (kurz: HIF, siehe Kapitel Biosynthese und biologische Funktion) verantwortlich ist. Durch die so erreichte HIF-Stabilisierung wird das EPO-Gen überexprimiert.

Chimäre EPO-Proteine und Kombinationstherapien

  • 1999 patentierte der italienische Pharmakonzern Menarini die Produktion eines Fusionsproteins in CHO-Zellen, das sich aus EPO und dem „Granulozyten-Makrophagen koloniestimuliernder Faktor“ (kurz: GM-CSF) zusammensetzt (US-Patent 5,916,773). Das Fusionsprotein mit der Bezeichnung „MEN 11303“ erzielte in In-vitro-Untersuchungen eine im Vergleich zu äquimolaren Dosen der Einzelfaktoren signifikante Verbesserung bei der Expansion von erythroiden Progenitorzellen. Gegenwärtig wird die Möglichkeit des Präparats bei der Ex-vivo-Vermehrung humaner Stammzellen untersucht.
  • Das kanadische Unternehmen Stem Cell Therapeutics hat mit NTx™-265 ein Behandlungsregime entwickelt, bei dem durch kombinatorischer Gabe von hCG (Humanes Choriongonadotropin) und EPO im Tiermodell Erfolge bei der Behandlung von Schlaganfällen erzielt werden konnte.

[Bearbeiten] Nachahmerpräparate (Biosimilars)

Mit dem Ablauf der Patente für einige Biopharmazeutika (darunter auch EPO) seit 2004 und mit Hilfe der von der EMEA erlassenen Richtlinien für ähnliche biologisch-medizinische Produkte [9] im Allgemeinen und der Richtlinien für ähnliche biologisch-medizinische Produkte, die rekombinantes Erythropoetin enthalten [10] im Speziellen stehen die Generikahersteller in den Startlöchern. In einigen Ländern außerhalb der Europäischen Gemeinschaft sowie in Asien, Afrika und Südamerika sind EPO-Generika bereits verfügbar. Vielfach wäre es sinnvoller, von EPO-Plagiaten zu sprechen, da entsprechende EPO-Präparate bereits seit vielen Jahren im Umlauf sind und bei deren Herstellung und Vertrieb auf Patente und Lizenzen nur wenig Rücksicht genommen wurde. In den USA hat Amgen aufgrund der patentrechtlichen Situation gegenwärtig ein exklusives Vertriebsrecht. Richtlinien zur Einführung von Nachahmerpräparaten, wie sie die EMEA erlassen hat, wurden zwar bereits 2003 von der FDA angekündigt, bisher jedoch nicht umgesetzt. Nach gegenwärtigem Stand können US-amerikanische Generikahersteller erst im Jahr 2009 auf entsprechende Regularien hoffen [11]. Innerhalb der EU ist mit der Inverkehrbringung der ersten EPO-Biosimilars Ende 2006 / Anfang 2007 zu rechnen.

  • Seit 2000 drängen zahlreiche indische Pharmaunternehmen mit eigenen Präparaten auf den heimischen Markt. In der Mehrzahl handelt es sich um EPO-Biosimilars zu Johnson & Johnsons Präparat Eprex®, das in Indien seit 1995 vertrieben wird. Hierzu zählen die Firmen Emcure mit den Präparaten Vintor® und Epofer®, Wockhardt mit Wepox®, Zydus Biogen mit Zyrop®, Ranbaxy mit dem Präparat Ceriton®, Shantha Biotechnics mit Shanpoietin® sowie Intas Pharmaceuticals mit den Präparaten Epofit® und Erykine® und Claris Lifesciences mit Epotin®. Das in Bangalore ansässige Biotechunternehmen Biocon plant die Fertigstellung der nach eigenen Angaben größten Produktionsanlage zur Herstellung rekombinanter Proteine (darunter auch EPO) bis Ende 2005.
  • Das in Vancouver ansässige kanadische Pharmaunternehmen Dragon Biotech produziert seit 2004 ein generisches EPO in einer Anlage in Nanjing, China und vertreibt dieses in China, Indien, Ägypten, Brasilien, Peru, Ecuador, Trinidad & Tobago sowie in der Dominikanischen Republik und im Kosovo. Zudem kündigt das Unternehmen die Entwicklung eines neuen EPO-Produktes für den europäischen Markt an.
  • Neben Dragon Biotech sind weitere Unternehmen mit EPO-Präparaten auf dem chinesischen Markt vertreten. Zu ihnen gehören die in Hongkong ansässigen Firmen Refinex Medical und Medichem, ferner die Unternehmen Supertrade International (Präparat: SEPO), Beijing Four Rings Biopharmaceuticals, Shandong Kexing Bioproducts (Präparat: EPOSINO), Kelun Biopharmaceuticals und Shenyang Sunshine Pharmaceuticals (kurz: SSP). Die Firma PlasmaSelect aus München beabsichtigt die Vermarktung des von SSP vertriebenen EPO-Präparats EPIAO® in Europa [12], das in China einen Marktanteil von etwa 40 % besitzt. Das in Shijiazhuang ansässige Pharmaunternehmen North China Pharmaceutical Group Corporation (NCPC), Chinas größter Produzent von Antibiotika, vertreibt ein durch sein Joint Venture GeneTech Biotechnology produziertes EPO-Präparat unter dem Handelsnamen GerEpo®.
  • In Vietnam produziert das in Ho-Chi-Minh-Stadt ansässige Unternehmen Nanogenpharma ein EPO-α-Präparat unter dem Namen „Bioetin“.
  • In Süd-Korea ist das EPO-Präparat Epokine® (EPO α) vom biopharmazeutischen Unternehmen CJ Corp auf dem Markt. Epokine® ist auch in anderen asiatischen Ländern (zum Beispiel Pakistan und Philippinen) und Südamerika (zum Beispiel Chile) durch lokale Distributoren erhältlich. Das Präparat Eporon® wird durch CJ Corps heimischen Konkurrenten Dong-A Pharmaceutical vertrieben. Drittes Unternehmen im Bunde ist LG Lifescience mit Espogen®, das auch durch die Tochtergesellschaft LG Lifescience India in Indien vertrieben wird. Seit 2000 besteht eine Kooperationsvereinbarung zwischen LG Lifescience und dem schweizer Biogenerikaentwickler Biopartners für eine geplante Inverkehrbringung von Espogen® und anderen Biopharmazeutika in der Europäischen Union.
  • In Brasilien hat das Pharmaunternehmen Cristália in Kooperation mit dem halbstaatlichen Forschungsinstitut Instituto Butantan ein rezeptfrei erhältliches generisches EPO[13] entwickelt.
  • Auf Kuba wurde unter Federführung des staatlichen Centro de Ingeniería Genética y Biotecnología (kurz: CIGB) eine generische α-Variante in CHO-Zellen entwickelt, die vom Pharmaunternehmen Heber Biotec mit Sitz in Havanna unter dem Handelsnamen Heberitro® für den heimischen Markt vertrieben wird. Heber Biotecs lokaler Mitanbieter ist das Unternehmen CIMAB S.A. mit dem Produkt EPOCIM®.
  • In Südafrika wird seit 1997 durch die Firma Bioclones aus Johannesburg ein EPO-Präparat unter dem Handelsnamen Repotin® (EPO α) hergestellt.
  • Mindestens vier Unternehmen in Ägypten stellen EPO-Präparate für den heimischen Markt her: EIPICO mit Epoform®, Amoun Pharmaceuticals mit Erypoietin®, Sedico mit Epoetin® und T3A Pharma mit Pronivel®. In Argentinien wird Pronivel® durch das Pharmaunternehmen Laboratorio Elea vermarktet.
  • In Israel findet sich mit InSight Biopharmaceuticals der bisher einzige Hersteller von generischem EPO als Bulk-Ware. Die Firma Prospec TechnoGene produziert zwar ebenfalls α- und β-Varianten von EPO in CHO-Zellen, dies allerdings nur für Laborzwecke.
  • Im Juni 2005 erhielt das kroatische Pharmaunternehmen Pliva durch die zuständige lokale Zulassungsbehörde die Erlaubnis zur Vermarktung eines EPO-Generikums (Epoetal®) in Kroatien. Eine Ausweitung der Vertriebsrechte für den gesamteuropäischen Markt wurde in Zusammenarbeit mit dem australischen Unternehmen Mayne Pharma angestrebt, gemäß Pressemitteilung vom 22. Februar 2006[14] allerdings eingestellt. Hintergrund für diese Entscheidung sind möglicherweise die bei einer Inspektion im Januar/Februar 2006 durch die FDA festgestellten massiven Verstöße gegen die GMP-Richtlinien in Plivas Produktionsstätte in Zagreb [15]. Nachdem auch eine Übernahme durch den isländischen Generikahersteller Actavis gescheitert ist, bemüht sich seit Juni 2006 das US-amerikanische Pharmaunternehmen Barr Pharmaceuticals um Pliva.
  • In der Ukraine produziert das Unternehmen Biopharma ein EPO-Präparat unter dem Produktnamen Epocrin (Епокрин®) für den heimischen und den russischen Markt.
  • In England kündigte der Generikahersteller GeneMedix bereits im Mai 2005 die Markteinführung eines EPO-Präparats mit dem Produktnamen Epostim® an, der inzwischen angestrebte Termin ist allerdings erst das dritte Quartal 2007.
  • Der Unternehmensvorstand von Stada erklärte in einer Pressemitteilung vom 30. März 2006[16], dass man die Einreichung der Zulassungsunterlagen bei der EMEA für die Produktion und den Vertrieb eines EPO-Generikums im zweiten Quartal 2006 plane und mit der Markteinführung Ende 2006 beziehungsweise Anfang 2007 zu rechnen sein werde. In vergleichbaren Entwicklungsphasen befinden sich offenbar auch Stadas Mitbewerber in Deutschland Ratiopharm[17] und Hexal. Am 30. Juni 2006 ließ STADA verlauten, dass das Unternehmen die Zulassungsunterlagen bei der EMEA für die Produktion eines Erythropoetin zeta am selben Tag eingereicht habe[18]. Kooperationspartner für die Produktion des Biosimilars für die klinische Studie ist das in Bielefeld ansässige Biotechunternehmen Bibitec[19].
  • Der britische Generikahersteller Therapeutic Proteins kündigte in einer Pressemitteilung vom 12. Mai 2006[20] an, Zulassungsunterlagen bei der EMEA für die Produktion und den Vertrieb eines EPO-Generikums unter dem Handelsnamen TheraPoietin® sowie für zwei weitere Biosimilars einzureichen. Die Produktion aller drei Biosimilars soll in Zusammenarbeit mit dem britischen Auftragsproduzenten Angel Biotechnology erfolgen.
  • Das US-amerikanische biopharmazeutische Serviceunternehmen Protein Sciences hat ein Verfahren zur Produktion von eines EPO-Biosimilars in Insektenzellen entwickelt und bietet dieses Verfahren als Lizenzgeber an. Das in mit Baculoviren transfizierten Insektenzellen generierte EPO hat laut Firmeninformation eine biologische Aktivität, die etwa dem Doppelten des EPO-Standardpräprats (Epogen®) entspricht.

Ab 1998 kam es infolge einer Novelle der EMEA zu schweren Nebenwirkungen bei der Anwendung des EPO-Mittels Eprex®/Erypo®. Auf Veranlassung der EMEA mussten sämtliche humane Proteinbestandteile im Zuge möglicher Kontaminationsrisiken durch HIV beziehungsweise Erreger der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit aus der Formulierung von Arzneimitteln entfernt werden. Der Hersteller Ortho Biotech verwendete daraufhin anstelle von humanem Serumalbumin den Stabilisator Sorbitol 80 (auch als Polysorbat 80 bezeichnet). Die Zugabe von Sorbitol führte fatalerweise zur Bildung von Mizellen. Diese lösten bei mindestens 250 mit Erypo® behandelten Patienten Immunreaktionen und eine Erythroblastopenie (engl. Pure Red Cell Aplasia = PRCA) aus. Eine von Johnson & Johnson durchgeführte Studie ergab, dass Sorbitol 80 organische Bestandteile aus den unbeschichteten Gummistopfen der Applikationsspritzen herausgelöst hat, welche wiederum zur Präzipitation und Mizellbildung des Präparats geführt haben. Dieser Zwischenfall warf weltweit die Frage auf, inwieweit auch veränderte Aminosäuresequenzen, abgewandelte Glykostrukturen oder Verunreinigungen bei der Herstellung therapeutischer Proteine und deren Derivaten (zum Beispiel Biosimilars) zu derartigen Nebenwirkungen führen können. Die brasilianische Zulassungsbehörde Agência Nacional de Vigilância Sanitária (kurz: ANVISA) verhängte noch im selben Jahr ein Importverbot zweier EPO-Präparate. Bei einer Studie der Universität Utrecht zu acht Präparaten, die außerhalb der EU und der USA vertrieben werden, wurden gravierende Mängel hinsichtlich Wirksamkeit, Reinheit und Formulierungskonsistenz festgestellt. Deshalb ist davon auszugehen, dass auf Hersteller von Biosimilars zukünftig schärfere Kontrollen im Rahmen klinischer Studien und strengere Regularien zur Markteinführung zukommen.

Die durch zuständige Behörden gegenwärtig zugelassenen EPO-Präparate werden entweder subkutan oder intravenös appliziert. Je nach Wirkungsdauer beziehungsweise Serumhalbwertszeit des Präparats sind mehrere Injektionen pro Woche bis hin zu einer nur einmaligen Injektion pro Monat erforderlich. Leukämie ist für EPO-Therapien kontraindikativ, aufgrund der Nebenwirkungsweise ist bei hypertonischen Patienten besondere Vorsicht geboten.

Weltweite Marktdaten der gängigsten EPO-Präparate
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Weltweite Marktdaten der gängigsten EPO-Präparate


Als Therapeutikum rangiert EPO unter den zehn weltweit erfolgreichsten Medikamenten überhaupt, unter den Biopharmazeutika ist es der herausragende Blockbuster. Eprex®/Procrit® von Johnson & Johnson erzielte im Jahr 2004 $US 3,6 Milliarden, Amgens Epogen® $US 2,6 Milliarden und Roches NeoRecormon® $US 1,7 Milliarden (Quelle: Chemical & Engineering News Nr. 83). Aranesp®, das erste zugelassene EPO-Präparat der nächsten Generation, hat seit seiner Inverkehrbringung eine durchschnittliche Zuwachsrate von rund $US 800 Millionen pro Jahr und wird die Umsatzzahlen der bisherigen Standardpräparate im Jahr 2007 voraussichtlich übertreffen. Bei den Nachfolgepräparaten Mircera® und DynEpo® wird mit anfänglichen Umsatzraten von $US 300 Millionen (DynEpo®) bzw. $US 900 Millionen (Mircera®) gerechnet. Der weltweite Bedarf an EPO zu Therapiezwecken ist bei weitem nicht gedeckt. Nach Schätzungen von Marktanalysten werden Hersteller von EPO-Präparaten im Jahr 2010, aufgrund zunehmender Indikationen und trotz der Einführung von Nachahmerpräparaten, insgesamt bis zu $US 17 Milliarden erwirtschaften (Quelle: Piribo – Online Buisiness Intelligence for the BioPharma Industry, Feb. 2005: Therapeutic Proteins, Strategic Report, Visiongain). Weltweit werden gegenwärtig circa 350.000 Patienten mit rekombinantem EPO behandelt.

[Bearbeiten] EPO-Doping

Je mehr rote Blutkörperchen dem menschlichen Blutkreislauf zur Verfügung stehen, desto leistungsfähiger arbeitet der gesamte Organismus, weil entsprechend viel Sauerstoff den Zellen zur Verfügung steht. Aus diesem Grund wird EPO bereits circa seit Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zum Zweck der Leistungssteigerung missbraucht. Vor allem Ausdauersportler profitieren von der Wirkung; durch den erhöhten Anteil an Erythrozyten im Blut steigt allerdings die Gefahr von Blutgerinnseln. EPO (und in der Folge auch alle weiteren Derivate wie zum Beispiel Darbepoetin) steht seit 1990 auf der Dopingliste der internationalen Anti-Doping-Organisation WADA, der Einsatz ist also im Wettkampfsport verboten.

[Bearbeiten] Prominente EPO-Dopingfälle

  • EPO wurde mit der gewichtigen Nebenrolle, die es bei der Tour de France 1998 unter anderem durch Funde bei der Festina-Mannschaft erlangte, Inbegriff der leistungssteigernden, aber nur schwer nachweisbaren Sportdroge. Die Funde und die Ermittlungen rund um die Festina-Mannschaft wurden auch unter dem Namen Festina-Affäre bekannt. In der Folge wurden die für Festina startenden Radprofis Richard Virenque, Laurent Brochard und Alex Zülle durch die UCI gesperrt.
  • Im Jahr 2000 gestand der ehemalige schweizer Radprofi Rolf Järmann, seit Beginn der 1990er Jahre systematisch mit EPO gedopt zu haben.
  • Im Vorfeld der Tour de France 2001 wurde der für das Euskaltel-Euskadi-Team startende Baske Txema Del Olmo des EPO-Dopings überführt. Der spanische Radsportverband sah jedoch von einer Sperre mit der Begründung ab, die neue Nachweismethode (siehe unten) sei fehlerhaft. Der halbstaatliche französische Anti-Dopingrat CPLD verhängte demgegenüber im Februar 2002 eine dreijährige Sperre gegen Del Olmo.
  • Bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City 2002 wurde der für Spanien startende Ski-Langläufer Johann Mühlegg der Einnahme von Darbepoetin überführt und der Gewinn dreier Goldmedaillen daraufhin annulliert. Bei derselben Olympiade wurden die beiden russischen Langläuferinnen Olga Danilowa und Larissa Lasutina des Dopings mit Darbepoetin überführt. Danilowa wurden ihre Goldmedaille im Verfolgungsrennen über 15 km und die Silbermedaille im Rennen über 10 km klassisch aberkannt. Lasutina musste ihre Goldmedaille beim Rennen über 30 km sowie ihre beiden Silbermedaillen im Verfolgungsrennen über 15 km und im Rennen über 10 km zurückgeben.
  • Der Marokkaner Brahim Boulami wurde im August 2002 nach seinem Weltrekord im 3000 m Hindernislauf beim Golden League Meeting in Zürich der illegalen EPO-Einnahme überführt. Der Weltrekord wurde ihm aberkannt und er für zwei Jahre von allen Leichtathletikwettbewerben ausgeschlossen.
  • Bei der Tour de France 2003 wurde der spanische Radprofi Javier Pascual Llorente (Kelme) nach der zwölften Etappe positiv auf EPO getestet und im November desselben Jahres vom internationalen Sportgerichtshof TAS für 18 Monate gesperrt.
  • Ebenfalls im November 2004 wurde der Teamarzt des italienischen Fußballmeisters Juventus Turin, Ricardo Agricola, vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne wegen Sportbetrugs und Verabreichung gesundheitsgefährdender Medikamente zu 22 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Er hatte laut Gerichtsurteil zwischen 1994 und 1998 Spieler des Vereins unter anderem systematisch mit EPO behandelt. Agricola ist in Berufung gegangen. In besagtem Zeitraum wurde keiner der Spieler in Dopingkontrollen positiv getestet. Forderungen, Juventus die damals gewonnenen Titel abzuerkennen, hatte bereits der Präsident des Weltverbandes Fifa, Joseph Blatter, zurückgewiesen.
  • Im Dezember 2004 wurden laut einem Bericht der französischen Zeitung L'Équipe vom 23. August 2005 in tiefgefrorenen Urinkonserven des siebenmaligen Tour-de-France-Siegers Lance Armstrong sowie sechs weiterer Radprofis aus dem Jahr 1999 Spuren von nicht körpereigenem EPO nachgewiesen. Jedoch bestreitet Armstrong, gedopt zu haben.
  • Im Juni 2005 ergab eine Routinekontrolle der Fachkommission für Dopingbekämpfung FDB von Swiss Olympic ein EPO-Doping bei Brigitte McMahon, Siegerin im Triathlon bei den Olympischen Spielen von Sydney 2000. Sie trat daraufhin vom aktiven Leistungssport zurück.
  • Im August 2005 gestand der italienische Radprofi Dario Frigo vom Team Fassa Bortolo ein, bei der vergangenen Tour de France mit EPO gedopt zu haben, nachdem er vor Beginn der elften Etappe der Tour von der französischen Polizei wegen Doping-Verdachts festgenommen worden war. Frigo wurde im Oktober 2005 in Zusammenhang mit der Dopingaffaire beim Giro d'Italia 2001 zu sechs Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt.
  • Im November 2005 wurde Vuelta-Rekordsieger Roberto Heras positiv auf EPO getestet. Der Gewinn seines letzten Titels bei der Spanienrundfahrt wurde ihm daraufhin aberkannt und stattdessen der Russe Denis Menchov zum Sieger erklärt. Heras bestreitet die wissentliche Einnahme von Dopingmitteln und kündigte im Februar 2006 die Einleitung eines Berufungsverfahrens gegen die gegen ihn erlassene zweijährige Sperre an. Sein Rennstall Liberty Seguros-Würth (seit Mai 2006 Team Astana) entließ ihn dennoch fristlos. Am 23. Mai 2006 wurde Teamchef Manolo Saiz zusammen mit dem Physiotherapeuten von Liberty Seguros-Würth, Eufemiano Fuentes, von der Guardia Civil festgenommen. Weitere Konsequenz der Durchsuchung ist ist die vorläufige Suspendierung von Jan Ullrich, Oscar Sevilla und Rudy Pevenage vom Team T-Mobile sowie der Ausschluss von 56 weiteren Radsportlern (darunter Ivan Basso vom Team CSC), die ebenfalls im Verdacht stehen, mit Fuentes zusammengearbeitet zu haben, von der Tour de France 2006. Dabei soll es sich auch um Blutdoping und den Missbrauch von EPO handeln.
  • Im Juni 2006 wurde die A-Probe von US-Sprintstar Marion Jones bei den amerikanischen Leichtathletik-Meisterschaften einer Meldung der Washington Post zufolge positiv auf EPO getestet. Das Ergebnis der Analyse der B-Probe, die vom gleichen Labor an der University of California in Los Angeles untersucht wurde, entlastet dagegen die Athletin.[21]
  • Am 21. September 2006 gab der Österreichische Radsportverband bekannt, dass drei österreichische U23 Radfahrer, die bei der Heim-WM hätten starten sollen, positiv auf EPO getestet wurden.[22]

[Bearbeiten] Nachweisverfahren

EPO kann seit 2000 auch in geringen Konzentrationen durch ein mehrstufiges Verfahren, das durch Françoise Lasne und Jaques de Ceaurriz vom Laboratoire national de détection du dopage (LNDD) entwickelt wurde, im Urin nachgewiesen werden.
Glykosylierungen von Proteinen erfolgen speziesspezifisch, das heißt, das Glykosylierungsmuster von humanem EPO unterscheidet sich vom rekombinanten EPO anderer Spezies. Rekombinantes EPO wird gegenwärtig mit Hilfe transformierter Zelllinien unterschiedlicher Gattungen des Hamsters erzeugt (vgl. Abschnitt EPO als Therapeutikum). Beim rekombinanten EPO ist die Neuraminsäure zu etwa 95 % an Stickstoff acetyliert, etwa 2 % liegen als Glykolylacetyl-Derivat vor. Der Grad dieser unterschiedlichen Acetylierung sowie die An- und Abwesenheit sogenannter Repeats (immer wiederkehrende Zuckereinheiten) sind verantwortlich für unterschiedliche isoelektrische Punkte (pI) von humanem und rekombinantem EPO. Diese Eigenschaft wird analytisch bei der Isoelektrischen Fokussierung (IEF) zum EPO-Nachweis ausgenutzt.

[Bearbeiten] Mikro- und Ultrafiltration

Im ersten Schritt werden zunächst die im Urin enthaltenen Proteine durch Mikro- und Ultrafiltration aufkonzentriert.

[Bearbeiten] Isoelektrische Fokussierung

Im zweiten Schritt erfolgt die Trennung zwischen humanem und rekombinantem EPO sowie der anderen enthaltenen Proteine mittels isoelektrischer Fokussierung (IEF) in einem Polyacrylamid-Gel mit geeignetem pH-Gradienten.

[Bearbeiten] Immunoblotting

Immunoblotting- und Chemoluminiszenzverfahren zum direkten Nachweis von EPO
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Immunoblotting- und Chemoluminiszenzverfahren zum direkten Nachweis von EPO

Im dritten Schritt erfolgt der eigentliche Nachweis durch ein Immunoblotting, bei dem die im Elektrophoresefeld aufgetrennten EPO-Isoformen auf eine Membran überführt und nachfolgend mit einem EPO-spezifischen monoklonalen Antikörper (MAK) überschichtet werden (Primäres Blotting). Die bindenden MAK werden anschließend im sauren Milieu und durch Anlegen eines elektrischen Feldes dissoziiert und auf eine zweite Membran übertragen. So erhält man ein erneutes Abbild der einzelnen EPO-Banden. Allerdings befinden sich auf der zweiten Membran keine EPO-Moleküle, sondern die spezifischen monoklonalen Antikörper (Sekundäres Blotting). Die Sichtbarmachung der Antikörperbanden erfolgt durch einen Anti-EPO-MAK spezifischen zweiten Antikörper. Dieser Sekundärantikörper ist an bestimmte Enzyme (zum Beispiel Meerrettichperoxidase oder alkalische Phosphatase) gekoppelt, die eine Substratumsetzung katalysieren, welche sich mittels Chemiluminiszenzverfahren quantifizieren lässt (Chemoluminiszenz).

Zu einem akademischen Streit über die Validität des Verfahrens kam es in Zusammenhang mit dem Fall Rutger Beke. Der belgische Triathlet wurde 2005 nach einem positiven Dopingbefund zunächst für 18 Monate gesperrt. Mit Hilfe eines Gutachtens durch das molekularbiologische Forschungsinstitut der Universität Leuven konnte Beke jedoch ein Jahr später einen Freispruch erwirken. Die Entwickler des Nachweisverfahrens wiederum bemängeln nachhaltig die im Gutachten aufgeführten Methoden und Rückschlüsse, die zur Entlastung Bekes geführt hatten.
Neben diesem direkten Nachweis geben Verlaufsprotokolle anderer Blutparameter Aufschluss über möglichen EPO-Missbrauch. Zu diesen Parametern zählen der Hämatokrit und die Konzentration anderer Blutzellen (Retikulozyten und Makrophagen), die Hämoglobin- und Eisentransferrin-Rezeptorkonzentration sowie die Gesamtserumkonzentration von EPO. Das EPO-Derivat CERA (siehe oben) lässt sich selektiv mittels eines ELISA-Tests nachweisen.
Vor völlig neuen Herausforderungen stehen Dopinglabors beim Nachweis der Variante Epoetin δ, da es sich um eine „humanisierte“ Form eines rekombinanten EPO-Moleküls handelt, die sich molekularbiologisch und biochemisch nicht vom nativen EPO-Molekül unterscheidet.

[Bearbeiten] Literatur

Biosynthese und biologische Funktion

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Strukturelle Eigenschaften

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  • Bonsdorff E., Jalavisto E. (1948), A humoral mechanism in anoxic erythrocytosis. Acta Physiol Scand 16: 150-170.[3]
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  • Miyake T., Kung C.K., Goldwasser E. (1977), Purification of human erythropoietin. J Biol Chem 252: 5558-5564. PMID 18467
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  • Lin F.K. et al. (1985), Cloning and expression of the human erythropoietin gene. Proc Natl Acad Sci USA 82: 7580-7584. PMID 3865178
  • Jacobs K. et al. (1985), Isolation and characterization of genomic and cDNA clones of human erythropoietin. Nature 313: 806-810. PMID 3838366
  • Lin F.K. (1987), DNA sequences encoding erythropoietin. US-Patent 4,703,008.

Indikation für die Therapie mit Erythropoetin

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EPO-Präparate der ersten Generation

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EPO-Präparate der nächsten Generation

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Nachahmerpräparate (Biosimilars)

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EPO-Doping

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Nachweisverfahren

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  • Lasne F. (2003), Double-blotting: a solution to the problem of nonspecific binding of secondary antibodies in immunoblotting procedures. J Immunol Methods 276: 223-226. PMID 12738375
  • Beullens M. et al. (2006), False-positive detection of recombinant human erythropoietin in urine following strenuous physical exercise. Blood 107: 4711-4713. PMID 16493001
  • Lasne F. (2006), No doubt about the validity of the urine test for detection of recombinant human erythropoietin. Blood 108:1778-1779. PMID 16926299

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. CNNMoney.com: „Missing the $20 billion biogeneric boom“ vom 15.08.2006
  2. „Kirin, Sankyo to terminate joint marketing of renal anemia drug ESPO (...) by next march“
  3. „CERA: Andersartige Wechselwirkung mit dem Erythropoietin-Rezeptor als Epoetin“
  4. „Cepo statt Epo“, FAZnet vom 8. Juli 2004
  5. Akquisition Shire Pharmaceuticals vom 21. April 2005
  6. „New treatment a success for anaemia associated with chronic kidney disease“
  7. „Roche licenses Synthetic Erythropoiesis Protein from Gryphon Sciences“
  8. „Repoxygen haben wir im Kühlfach“ FAZ vom 31. Januar 2006
  9. EMEA-Richtlinien für ähnliche biologisch-medizinische Produkte
  10. EMEA-Richtlinien für ähnliche biologisch-medizinische Produkte, die rekombinantes Erythropoetin enthalten
  11. „Erste Kopien von Biotech-Medikamenten drängen auf den Markt“ Bundesministerium für Forschung und Bildung vom 26.06.2006
  12. Pressemitteilung von PlasmaSelect vom 18. November 2005
  13. generisches rekombinantes EPO von Cristália / Blausigel
  14. Pliva-Pressemitteilung vom 22. Februar 2006
  15. „Warning Letter“ der Food and Drug Administration an Pliva vom 28. April 2006
  16. Stada-Pressemitteilung vom 30. März 2006
  17. „Ratiopharm will in den Biosimilar-Markt vorstoßen“ vom 11. April 2006
  18. „STADA: Zulassungsunterlagen für Erythropoetin-Biosimilar bei EMEA eingereicht“
  19. „Bibitec schließt erste Wirkstoffentwicklung für ein Biosimilar ab.“ Pressemitteilung der NewLab BioQuality AG
  20. Pressemitteilung durch Therapeutic Proteins vom 12. Mai 2006
  21. http://sport.orf.at/060907-2338/index.html
  22. „WM-Disharmonie - Gastgeber-Fahrer positiv“
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