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Europäische Union

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen finden sich unter EU (Begriffsklärung).

Europaflagge
Details zur Europaflagge
Hymne
Instrumentalversion der Ode an die Freude
Wahlspruch
In varietate concordia (In Vielfalt geeint)
Mitgliedstaaten Belgien, Bulgarien (ab 2007), Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien (ab 2007), Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern
Amts- und Arbeitssprachen 20 Amts- und Arbeitssprachen
Sitz des Europäischen Rates de facto Brüssel
Kommissionssitz Brüssel
Ministerratssitz Brüssel
Parlamentssitz Straßburg / Brüssel
Sitz des Gerichtshofes Luxemburg
Sitz des Rechnungshofes Luxemburg
Sitz der Zentralbank Frankfurt am Main
Größte Stadt London, Vereinigtes Königreich
Präsident des Europäischen Rates Matti Vanhanen
Kommissionspräsident José Barroso
Präsident des Rats der Europäischen Union Erkki Tuomioja
Parlamentspräsident Josep Borrell
Fläche 3.975.372 km²
Bevölkerung 461,00 Millionen
Bevölkerungsdichte 115,8 Ew. pro km²
Gründung 1. November 1993
Feiertag 9. Mai (Europatag)
Währung Euro (nur Eurozone)
Zeitzonen UTC 0 bis +2, sowie UTC +4,−3 und −4 (französische Überseeregionen)
Internet-TLD .eu

Die Europäische Union (Abkürzung: EU) ist ein Staatenverbund eigener Prägung ohne geschichtliche Parallele. Sie besteht derzeit aus 25 Mitgliedstaaten (ab 1. Januar 2007 mit Rumänien und Bulgarien 27 Mitgliedstaaten) mit insgesamt rund 460 Millionen (ab 1. Januar 2007 rund 490 Millionen) Einwohnern. Im Rahmen des EU-Binnenmarktes erwirtschaftet sie das größte Bruttoinlandsprodukt der Welt. Die gegenwärtige Europäische Union basiert auf dem am 1. November 1993 in Kraft getretenen Vertrag über die Europäische Union und bildet die Dachorganisation der Europäischen Gemeinschaften, der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.

Die Entstehungsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg und die politischen Grundlagen der Europäischen Union gelten im Zuge der Globalisierung teils als modellhaft; teils werden ihre Strukturen und ihre Außenwirkung aber auch sehr kritisch bewertet. Nach mehrfachen Erweiterungen und vor dem Beitritt weiterer kandidierender Staaten steht die Gemeinschaft zur Zeit vor einer Reihe struktureller Anpassungsprobleme, die nach dem vorläufigen Stopp des Ratifizierungsverfahrens für den Vertrag über eine Verfassung für Europa bis auf Weiteres ungelöst sind.

Wikimedia-Atlas: Europäische Union

Inhaltsverzeichnis

Politische Strukturmerkmale und Funktionsweisen der EU – drei „Säulen“ unter einem Dach

Hauptartikel: Politische Grundlagen der Europäischen Union

Was die EU einerseits kennzeichnet, andererseits in ihrer Komplexität schwer fassbar macht, ist die besondere und in der Entwicklung der Gemeinschaft häufigem Wandel ausgesetzte Verbindung von supranationalen (staatenübergreifenden) und intergouvernementalen (zwischenstaatlichen) Politikfeldern, Institutionen und Entscheidungsmechanismen. Mit dem Maastrichter Vertrag (Vertrag über die Europäische Union) sind für die EU Strukturen eingerichtet worden, die seither gewöhnlich in einem Drei-Säulen-Modell abgebildet werden:

Veranschaulichung

Dieses Modell ist nur bedingt stimmig, weil es die überragende statische Bedeutung der ersten Säule für die Gemeinschaft nicht verdeutlicht, sondern im Gegenteil den irreführenden Eindruck erwecken kann, als dominierten die der Regierungszusammenarbeit zugeordneten Politikfelder in der EU. Dass dem so nicht ist, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die für die Mitgliedstaaten verbindliche EU-Gesetzgebung – die im Umfang die von den Einzelstaaten zu regelnde Materie unterdessen deutlich übertrifft – sich ganz überwiegend auf die in der ersten Säule angesiedelten Bereiche bezieht.

Am Zustandekommen von EU-Gesetzen beziehungsweise -Rechtsakten (Verordnung (EG), EG-Richtlinie, Entscheidung (EG)) sind die Europäische Kommission, der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament sowie – die Weichen stellend – der Europäische Rat beteiligt. Für die einzelnen Politikfelder gibt es zum einen unterschiedliche Entscheidungsverfahren (Arten des Mit- beziehungsweise Zusammenwirkens von Rat und Europäischem Parlament) und darüber hinaus unterschiedliche Formen der Entscheidungsfindung innerhalb des Rates (Qualifizierte Mehrheit der gewichteten Stimmen unter Berücksichtigung von Bevölkerungsanteilen, einfache Mehrheit der Mitgliedstaaten, Einstimmigkeit). Eine Besonderheit in der rechtlichen Konstruktion der Europäischen Union bildet der Umstand, dass sie bis zur Ratifikation einer europäischen Verfassung nicht den Status der juristischen Person besitzt, sodass alle bindenden rechtlichen, auch völkerrechtlichen Beziehungen über die Europäischen Gemeinschaften der ersten Säule hergestellt werden müssen.

Mitgliedsländer des Schengener Abkommens
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Mitgliedsländer des Schengener Abkommens

Diese äußerst differenzierten politischen Zuständigkeits- und Verfahrensmodalitäten in der EU spiegeln den Entstehungsprozess und Werdegang der Gemeinschaft ebenso wie spezielle Interessenlagen und Souveränitätsvorbehalte der Mitgliedstaaten wider. Ihr Preis sind verbreitete Unkenntnis und Unverständnis der EU-Bürger sowie eine dadurch mitbedingt schwankende, wenn nicht schwindende Identifikationsbereitschaft der Europäer mit der EU.

Als deutliche Erleichterung im Grenzverkehr geschätzt wird der seit 1995 gemäß dem Schengener Durchführungsübereinkommen wirksam gewordene Verzicht auf Kontrollen des Personenverkehrs in einer Reihe europäischer Staaten (darunter auch Nichtmitglieder der EU). Diese Vereinbarung wurde mit einer verbesserten Kontrolle der EU-Außengrenzen verbunden. Die Inselstaaten Vereinigtes Königreich und Irland setzten eine Ausnahmeregelung durch und führen weiterhin Kontrollen an ihren Grenzen durch. Ebenso gelten bis zum Wegfall der Grenzkontrollen (voraussichtlich 2008) für die zehn neuen, 2004 hinzugekommenen EU-Staaten Ausnahmeregelungen.


Die Europäischen Gemeinschaften

Hauptartikel: Europäische Gemeinschaften

Die Europäischen Gemeinschaften bilden den supranationalen Kernbereich der EU. Sie umfassen die Europäische Gemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft (bis 2002 gehörte auch die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl zu den Europäischen Gemeinschaften). In den ihnen zugeordneten Politikfeldern (unter anderen so wichtige wie Zollunion und Europäischer Binnenmarkt, Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, Forschungs- und Umweltpolitik, Gesundheitswesen, Verbraucherschutz, Sozial- und Einwanderungspolitik) hat das Europäische Parlament dem Rat der EU beziehungsweise dem Europäischen Rat gegenüber durch das in der Regel anzuwendende Mitentscheidungsverfahren nach und nach eine zunehmend gleichberechtigte Stellung gewonnen.

Die Bündelung und Verschmelzung souveräner Kompetenzen von Einzelstaaten in diesem EU-Kernbereich zeigt sich in mehrfacher Hinsicht:

  1. Entscheidung des Rates nach dem Mehrheitsprinzip (die Überstimmung von Einzelstaaten ist hier gängige Praxis);
  2. Vorrang und Durchgriffswirkung (unmittelbare Geltung) des EG-Rechts gegenüber den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten;
  3. Zwingende Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)[1]


Auch die unabhängige Stellung der EU-Organe gegenüber den Einzelstaaten (so vor allem der Europäischen Kommission, des EuGH und des Europäischen Rechnungshofs) gelangen im Rahmen dieser „ersten Säule“ voll zur Wirkung.

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

Hauptartikel: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union

Der Hohe Vertreter für die GASP, Javier Solana
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Der Hohe Vertreter für die GASP, Javier Solana

Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik dient der Wahrung der Identität der EU auf internationaler Ebene. Sie soll gemeinsame Standpunkte der Mitgliedsstaaten erarbeiten und zu gemeinsamem außenpolitischen Handeln befähigen. Die Entscheidungen im Rahmen der GASP werden allerdings im intergouvernementalen Modus der Regierungszusammenarbeit getroffen; das heißt, die EU als Ganzes ist außenpolitisch nur handlungsfähig, wenn alle Staaten einig sind. Ihr Repräsentant nach außen ist der Hohe Vertreter für die GASP, der zugleich Generalsekretär des Rates ist.

Ziele der gemeinsamen Außenpolitik sind die Wahrung der gemeinsamen Interessen und Werte, Förderung der internationalen Zusammenarbeit, die Durchsetzung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Friedenserhaltung. In der Entwicklungspolitik unterhält die Europäische Union besondere Beziehungen zu den AKP-Staaten und übernimmt damit auch Verantwortung für die im Zeitalter der europäischen Kolonialherrschaft entstandenen Schäden und Spätfolgen.

Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union ist die Sicherheitspolitik (ESVP), die auf Abrüstung und eine Europäische Sicherheitsordnung zielt und sich auf die Westeuropäische Union stützt. Sie umfasst das Politische und Sicherheitspolitische Komitee, den Militärausschuss, den Militärstab, den Ausschuss für die zivilen Aspekte der Krisenbewältigung und die EU-Planungszelle für zivile und militärische Belange.

Da die EU ebenso wenig wie die NATO über eine eigene Armee verfügt, muss sie im Einsatzfall auf die Streitkräfte der Mitgliedstaaten zurückgreifen, welche autonom über die Bereitstellung entscheiden.

Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit

Hauptartikel: Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

Mitglieder bei Europol
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Mitglieder bei Europol

Die Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen ist die dritte Säule und definiert lediglich den Rahmen für eine Zusammenarbeit zwischen den Staaten. Die dabei gefassten Beschlüsse haben keine unmittelbare Wirkung, sondern müssen erst durch Rechtsakte umgesetzt werden. Die Beschlüsse werden durch Regierungszusammenarbeit getroffen. Ihre Ziele sind in Artikel 30 EU-Vertrag bestimmt: die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere des Terrorismus, des Menschenhandels, der Straftaten gegenüber Kindern, des illegalen Drogen- und Waffenhandels, der Bestechung und Bestechlichkeit sowie des Betruges. Als Institutionen wurden ein Europäisches Polizeiamt (Europol), das der Koordination und Informationssammlung dient, sowie eine Europäische Stelle für justizielle Zusammenarbeit (Eurojust) geschaffen, die für die Koordination mitgliedstaatlicher Ermittlungsverfahren zuständig ist. Die Europäische Polizeiakademie (EPA) dient der Zusammenarbeit der Ausbildungsstellen.

Motive und Hauptstationen des europäischen Einigungsprozesses

Wie die Anfänge der EU sich in Umfang und Organisationsstrukturen stark von den heutigen unterscheiden, so lässt sich dies auch für manche der damit verbundenen Zielsetzungen sagen, obgleich weiterhin wichtige Schnittmengen bestehen. Einer der profiliertesten Pro-Europäer unserer Zeit, der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker, hat dem folgendermaßen Ausdruck verliehen:

Ein Soldatenfriedhof, auf dem Opfer des Zweiten Weltkrieges beigesetzt wurden
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Ein Soldatenfriedhof, auf dem Opfer des Zweiten Weltkrieges beigesetzt wurden

Wer an der Europäischen Union zweifelt, soll einen Soldatenfriedhof besuchen.

Das den Gründerstaaten gemeinsame Hauptziel des europäischen Einigungsprojekts war die Sicherung eines dauerhaften Friedens auf jenem Kontinent, auf dem der Krieg bereits vielfach schwere Verwüstungen angerichtet hatte und von dem die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts ausgegangen waren. Die mit dem Auseinanderfallen des früheren Jugoslawien einhergegangenen ethnischen Auseinandersetzungen, Verfolgungen und Kriegsschrecken lassen diese Zielrichtung des europäischen Einigungswerks erneut besonders wichtig erscheinen.

Primäre Zielvorstellungen und Handlungsmotive

Drei Motive sind als grundlegende und überdauernde Antriebsfaktoren des in die EU mündenden Einigungsprozesses anzusehen:

  • das Sicherheitsinteresse insbesondere Frankreichs an einer Einbindung Deutschlands in supranationale Strukturen zum Zweck der Machtkontrolle, oder allgemeiner gesagt: Kriegsverhütung durch (partiellen) Zusammenschluss;
  • die Aussicht auf Wirtschaftswachstum und Wohlstandsmehrung durch gemeinsame Märkte und Außenzölle;
  • die Selbstbehauptung eines politisch und wirtschaftlich geeinten Europas gegenüber den nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu Supermächten aufgestiegenen USA und UdSSR sowie die Bildung eines geschlossenen Abwehrblocks gegenüber dem befürchteten sowjetischen Expansionismus;

Europäische Selbstbehauptung unter den Bedingungen einer wirtschaftlich und politisch globalisierten Welt gehört zu den neuerdings besonders herausgestellten EU-Zielen. Mit der Einführung des Euro als gemeinsame Währung haben die beteiligten EU-Mitgliedstaaten neben US-Dollar und japanischem Yen eine neue globale Leitwährung etabliert. Aktualisiert wurde die ökonomische Zielbestimmung durch die Lissabon-Strategie im Jahre 2000, die vorsieht, Europa fortzuentwickeln zum

„wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen.“

Um das zu erreichen, sollen die wirtschaftliche Lage und die Arbeits- und Lebensverhältnisse verbessert und wirtschaftliche Ungleichgewichte beseitigt werden. Innovation und Wissensgesellschaft bedürften hierbei besonderer Berücksichtigung.

Einheitliches Auftreten in außenpolitischen Fragen, eine koordinierte Migrations- beziehungsweise Zuwanderungspolitik und wirksamer Umweltschutz gehören ebenfalls zu den neueren Zielen der EU.

Fortschritte und Hemmnisse auf dem Weg zur Europäischen Union

Hauptartikel: Geschichte der Europäischen Union

Beim Schuman-Plan vom 9. Mai 1950, der zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS beziehungsweise Montanunion) am 18. April 1951 durch Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande führte und die durch eine supranationale Behörde kontrollierte gemeinsame Nutzung von Kohle und Stahl als Ziel hatte, war das Motiv der Kriegsprävention noch deutlich hervorgehoben.

In den 1957 unterzeichneten Römischen Verträgen, durch die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Europäische Atomgemeinschaft (EAG beziehungsweise Euratom) gegründet wurden, dominierte dann bereits das wirtschaftliche Motiv, das auch in den nachfolgenden EU-Erweiterung Erweiterungsrunden der Gemeinschaft von maßgeblicher Bedeutung war. Mit dem Fusionsvertrag 1965 wurden die Institutionen der drei bis dahin gegründeten Gemeinschaften (EGKS, EWG und EAG) vereint.

Neben den Stationen fortschreitender Integration hat es aber auch Rückschläge und Phasen der Stagnation gegeben, beginnend mit dem Scheitern einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft in der französischen Nationalversammlung 1954. In den 1960er Jahren bremste Charles De Gaulle das Vorankommen der Gemeinschaft mit der „Politik des leeren Stuhls“ und mit seinem wiederholten Veto gegen den britischen Beitritt zur EG; in der ersten Hälfte der 1980er Jahre war es dann Margaret Thatcher, die die EG mit finanziellen Forderungen zugunsten Großbritanniens nahezu lahmlegte. Erst mit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) 1987 entwickelte die EG unter dem hocheffizienten Kommissionspräsidenten Jacques Delors die konkrete Planung zur Verwirklichung des EG-Binnenmarkts, der zum 1. Januar 1993 eingeführt wurde.

Zuvor hatte das Ende der Ost-West-Konfrontation in Verbindung mit der deutschen Einheit dem europäischen Integrationsprozess neue Schubkraft verliehen. Insbesondere der französische Staatspräsident François Mitterrand bestand darauf, dass eine vergrößerte Bundesrepublik Deutschland noch stärker als vordem in gesamteuropäische Strukturen eingebunden wäre. Der Vertrag über die Europäische Union und die Verwirklichung einer Währungsunion mit dem Übergang zum Euro waren dadurch wesentlich bedingt.

Mit der Aufnahme von zehn vorwiegend mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) zum 1. Mai 2004 in die EU und der Aussicht auf weitere Beitritte in der Zukunft verband sich die Vorstellung, dass der Bruch, der die Völker Europas in der Folge des Zweiten Weltkriegs voneinander getrennt hatte, damit endlich geheilt würde.

Saal, in dem die EU-Verfassung unterzeichnet wurde
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Saal, in dem die EU-Verfassung unterzeichnet wurde

Im Oktober 2004 wurde die vom Europäischen Konvent erarbeitete Europäische Verfassung in Rom unterzeichnet. Der so entstandene Verfassungsvertrag hätte von allen 25 Mitgliedern ratifiziert werden müssen, um in Kraft treten zu können. Im Mai und Juni 2005 lehnten jedoch die Franzosen und die Niederländer den Verfassungsvertrag in Volksabstimmungen ab. Daraufhin verschoben das Vereinigte Königreich und andere Mitgliedstaaten die Ratifizierung auf unbestimmte Zeit. Sollte bis zum Ende des Ratifikationsprozesses nicht die Zustimmung aller Mitgliedstaaten erreicht werden, kann die Verfassung nicht in Kraft treten. (Falls eine Mehrheit von vier Fünfteln der Mitgliedstaaten den Vertrag binnen zwei Jahren nach der Unterzeichnung ratifiziert hat, in anderen Staaten jedoch Schwierigkeiten mit der Ratifikation eintreten, ist laut Vertragstext (Seite 472) der Europäische Rat, also ein Gipfel der Staats- und Regierungschefs, mit der Problematik zu befassen).


Geschichte, Struktur und Verträge der Europäischen Union
1952 1958 1967   1993 1999 2003    ?  
  Europäische Union (EU)
  Europäische Gemeinschaften (EG)    
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS bzw. Montanunion)  
  Europäische Atomgemeinschaft (EAG bzw. Euratom)
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Europäische Gemeinschaft (EG)    
 
    Justiz und Inneres (JI) Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
Vertrag von
Paris
Vertrag von
Rom
Fusions-
vertrag
  Vertrag von
Maastricht
Vertrag von
Amsterdam
Vertrag von
Nizza
  Europäische
Verfassung
 

Geographie

Räumliche Zuordnung

Die Mitgliedsländer der Europäischen Union haben zusammen eine Staatsfläche von 3.975.372 km² und insgesamt eine Küstenlänge von 65.413,9 km. Das Gebiet erstreckt sich im Nordosten bis Finnland, im Nordwesten bis Irland, im Südosten bis Zypern und im Südwesten bis Portugal.

Dazu kommen die überseeischen Territorien Frankreichs: Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique, Réunion. Spanien hat mit den Kanaren, Ceuta und Melilla und Portugal mit den Azoren und Madeira ebenfalls Landesteile außerhalb Europas.

Satellitenfoto Europas
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Satellitenfoto Europas

Im Jahr 2004 wurde mit Zypern ein Staat aufgenommen, der geographisch zu Asien gezählt wird. Ansonsten befinden sich alle Staaten der EU (mit Ausnahme der Überseegebiete) auf dem europäischen Kontinent.

Der geographische Mittelpunkt des Gebiets der Europäischen Union ist Kleinmaischeid im Westerwald.

Das Klima reicht im Norden von kaltem Klima bis zu subtropischem Klima im Süden. Im Norden (Finnland) liegen die Durchschnittstemperaturen bei −13 °C im Winter und +15 °C im Sommer. Dagegen wird im Süden (Malta) im Winter eine durchschnittliche Temperatur von +12 °C und im Sommer von +25 °C erreicht.

Sprachgeographie

Hauptartikel: Amtssprachen der Europäischen Union und Minderheitensprachen in der Europäischen Union

Im Europäischen Parlament spricht man alle Amtssprachen
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Im Europäischen Parlament spricht man alle Amtssprachen


In der EU werden heute 20 Sprachen als offizielle Amtssprachen der Europäischen Union anerkannt, mit denen alle EU-Organe kontaktiert werden können. Neben den Amtssprachen existieren weitere Minderheitensprachen. Die EU legt erklärtermaßen Wert darauf, die Sprachen und Sprachenvielfalt zu achten und zu respektieren. Von den Amtssprachen werden Englisch, Französisch und Deutsch als Arbeitssprachen verwendet, um die Verständigung zwischen den Mitarbeitern der europäischen Institutionen zu erleichtern. Im Europäischen Parlament können Redebeiträge in jeder Amtssprache gehalten werden und werden von Dolmetschern simultan übersetzt. Abgeordnete, Journalisten und andere Zuhörer können in der Sprache ihrer Wahl die Debatten über Kopfhörer verfolgen. Die Abgeordneten sprechen deshalb meist in ihrer Landessprache, Beamte und geladene Experten verwenden häufig Englisch oder Französisch. Irisch nimmt eine Sonderstellung ein, es kann bereits heute mit Vorankündigung im Europäischen Parlament und Rat verwendet werden. Offiziell jedoch wird Irisch erst im Jahre 2007 unter die Amtssprachen aufgenommen werden.

Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten

Mitgliedstaaten

Hauptartikel: Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Die Mitgliedstaaten
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Die Mitgliedstaaten


Zurzeit sind folgende Staaten Mitglieder der Europäischen Union:
Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Vereinigtes Königreich und Zypern ab 1.1.2007 Rumänien und Bulgarien

Spezielle Gebiete außerhalb Europas, die aber auch zur EU gehören, sind:
Französisch-Guayana, Guadeloupe (einschließlich des Nordteils von Saint-Martin sowie Saint-Barthélemy), Martinique, Réunion, Azoren, Madeira, Kanarische Inseln, Ceuta und Melilla

Gründungsmitglieder

Gründungsmitglieder der EWG
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Gründungsmitglieder der EWG

Die 1951 als Basis aller künftigen Integrationsschritte gegründete Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl war eine Sechsergemeinschaft aus Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden. Das blieb sie auch noch nach den Römischen Verträgen von 1957, durch die EWG und EURATOM hinzukamen.

Drei dieser Gründungsmitglieder – Belgien, die Niederlande und Luxemburg – beschlossen 1958 mit dem Benelux-Vertrag eine nochmals intensivierte Wirtschaftsgemeinschaft, die dem 1993 verwirklichten EU-Binnenmarkt als Vorbild dienen konnte. Auch die neueren Konzepte eines „Europa(s) unterschiedlicher Geschwindigkeiten“ oder eines „Kerneuropas“, in denen eine Staatengruppe bei der Integration in bestimmten Bereichen dem Rest der EU-Mitgliedstaaten vorauszugehen berechtigt wäre, konnten an dieses Muster anknüpfen.

Dass mit Frankreich und den Niederlanden zwei der Gründungsmitglieder die Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrags in Volksabstimmungen abgelehnt haben, ist als besonders schwerwiegendes Signal verstanden worden.

Bisherige Erweiterungen

Hauptartikel: EU-Erweiterung

Die Erweiterungen 1973–2004
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Die Erweiterungen 1973–2004


1973 traten der Europäischen Gemeinschaft in der ersten Norderweiterung das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark, nicht aber Norwegen bei. Während die norwegische Regierung sich für einen Beitritt zur Europäischen Union ausgesprochen hatte, lehnte die Bevölkerung ihn in einer Volksabstimmung ab.

In den 1980er Jahren wurden Griechenland (1981), Portugal und Spanien (beide 1986) aufgenommen. Das zu Dänemark gehörende autonome Grönland trat 1985 als bisher einziges Territorium aus der damaligen EG aus.

Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 traten die im Zuge der Wende neu erstandenen Länder der damaligen DDR der Bundesrepublik Deutschland und damit auch der EG bei.

Schweden, Finnland und Österreich wurden 1995 in die nach dem Vertrag von Maastricht nun entstandene Europäische Union aufgenommen. Die Norweger stimmten trotz erneuter Regierungsbemühungen in einem Referendum wieder gegen den Beitritt.

Mit der so genannten Osterweiterung traten am 1. Mai 2004 zehn Staaten der Europäischen Union bei. Darunter waren sieben Staaten aus dem ehemaligen Ostblock (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) sowie Slowenien, Malta und Zypern (faktisch jedoch nur der griechische Südteil der Insel).

Am 1. Januar 2007 werden als 26. respektive 27. Mitgliedstaat Rumänien und Bulgarien in die Union aufgenommen.

Beitrittskandidaten

Hauptartikel: Beitrittskandidaten der EU

Europastier in Bukarest
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Europastier in Bukarest


Nachdem Bulgarien und Rumänien die Beitrittsverhandlungen positiv abgeschlossen haben, werden sie am 1. Januar 2007 der EU beitreten. Durch seine schlechte Wirtschafts- und Rechtslage hat besonders Rumänien strenge Auflagen erhalten, die vor dem Beitritt erfüllt werden müssen.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten (die EU bemängelte die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien) wurden mit Kroatien am 4. Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen aufgenommen.

Türkei – Europäische Union
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Türkei – Europäische Union

Seit dem 4. Oktober 2005 führt die Türkei Beitrittsverhandlungen mit der EU, die nach Expertenmeinung bis zu 15 Jahre andauern könnten und ergebnisoffen geführt werden. Der türkische Beitritt ist in der EU sehr umstritten. Angekündigte Volksabstimmungen darüber in Frankreich und in Österreich stellen hohe Hürden dar. Kritiker beanstanden die schlechte wirtschaftliche Lage, die kulturellen Unterschiede (die Türkei wäre das erste Mitglied mit vorwiegend islamischem Glaubenshintergrund) sowie die noch unzureichende Achtung der Menschenrechte. Befürworter verweisen dagegen auf die kulturelle Brückenfunktion zwischen Islam und Christentum, die nach den westlich orientierten Reformen Mustafa Kemal Atatürks, der unter anderem die Trennung von Staat und Religion durchgesetzt hat, vorerst allein die Türkei zu übernehmen in der Lage sei. Auch wird auf die sicherheitspolitische und geostrategische Bedeutung der Türkei als Bindeglied zwischen Europa und dem Nahen Osten hingewiesen. Mit einem eventuellen Beitritt der Türkei zur EU ist aber nicht vor 2021 zu rechnen.[2]

Die Beitrittskandidaten der EU
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Die Beitrittskandidaten der EU

Im Dezember 2005 wurde Mazedonien der Status eines Beitrittskandidaten zuerkannt. Der Termin für den Beginn der Verhandlungen ist jedoch noch offen.

Weitere potentielle Beitrittskandidaten auf mittlere Sicht sind gemäß den Zusicherungen auf dem EU-Gipfel 2003 in Thessaloniki die restlichen Staaten des Westbalkans – Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Montenegro.

Ein EU-Beitritt der Ukraine ist in naher Zukunft eher unwahrscheinlich, da die EU derzeit über verstärkte Beziehungen zu ihr nicht hinausgehen möchte. Trotzdem strebt die Ukraine den Beitritt an. Überlegungen, die EU auch für die so genannten Maghreb-Staaten und Israel zu öffnen, sind sehr umstritten.

Beitrittsbedingungen

Das grundlegende Prinzip einer Demokratie
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Das grundlegende Prinzip einer Demokratie

Nach Artikel 49 des Vertrags der Europäischen Union kann jeder europäische Staat beantragen, Mitglied der Union zu werden, vorausgesetzt, er beachtet folgende Grundsätze: Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, die Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit. Der Beitritt kann jedoch nur vollzogen werden, wenn die Kopenhagener Kriterien erfüllt sind, die 1993 durch den Europäischen Rat in Kopenhagen festgelegt wurden und 1995 durch den Europäischen Rat in Madrid bestätigt und ergänzt wurden. Bereits vor der Aufnahme von Beitrittsgesprächen müssen bei dem die Aufnahme beantragenden Staat politische Mindestvoraussetzungen in Bezug auf demokratische und rechtsstaatliche Ordnung und die Achtung der Menschenrechte gegeben sein. So ist zum Beispiel die Todesstrafe geächtet.

Vor dem tatsächlichen Beitritt muss die Überprüfung folgender Kriterien zu einem positiven Ergebnis geführt haben:

  • Vorhandensein stabiler demokratietauglicher Institutionen, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und Minderheitenschutz;
  • Nachweis einer funktionierenden Marktwirtschaft, die dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften in der Union standzuhalten vermag;
  • Fähigkeit zur Übernahme der Pflichten der Mitgliedschaft (vor allem des sogenannten Besitzstands der Gemeinschaft (Acquis communautaire) an Verträgen, Rechtsakten, Umwelt- und Verbraucherschutznormen etc.) sowie der EU-Ziele (politische Union, Wirtschafts- und Währungsunion).

Die Übernahme des Besitzstands der EU setzt eine Anpassung der Verwaltungsstrukturen voraus; denn die Gesetzgebung der Gemeinschaft kann nur über geeignete administrative und justizielle Strukturen effektiv umgesetzt werden (so der Europäische Rat von Madrid im Dezember 1995).

Assoziierte Staaten und Gebiete

Europäische Zwergstaaten mit besonderem EU-Rechtsstatus
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Europäische Zwergstaaten mit besonderem EU-Rechtsstatus

Die Europäische Union unterhält besondere politische und wirtschaftliche Beziehungen zu den Zwergstaaten, die zwar auf dem europäischen Kontinent liegen, aber nicht dem Staatenverbund angehören. Meist ergeben sich diese besonderen Vertragsverhältnisse zu Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino und dem Vatikan aus deren territorialer und damit arbeitsmarktabhängiger Verbundenheit zu den EU-Nachbarländern Spanien, Frankreich, Italien oder Österreich. Mit Monaco, San Marino und der Vatikanstadt bestehen besondere Währungsvereinbarungen, ebenso wie mit dem Fürstentum Andorra.[3] Das Fürstentum Liechtenstein verwendet weiterhin den Schweizer Franken.

Assoziierte Überseegebiete nach Art. 182 EGV
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Assoziierte Überseegebiete nach Art. 182 EGV

Die Europäische Union hat darüber hinaus mit Gebieten und Ländern, die durch eine koloniale Entwicklungsgeschichte mit einem Mitgliedstaat der EU verbunden sind und die meist außerhalb Europas liegen, Assoziationsabkommen und Zoll- oder Handelsverträge abgeschlossen. Man unterscheidet dabei verschiedene Grade der Integration.

  • Das Europarecht kennt einige mit der kontinentaleuropäischen Verwaltungsstruktur vollständig gleichberechtigte Überseegebiete. Sie sind integraler Bestandteil der Europäischen Union, gehören zum Geltungsbereich des gesamten Aquis Communautaire und führen damit auch den Euro als Währung. Hierzu gehören die Überseedépartements Frankreichs Französisch Guayana, die Karibikinseln Martinique und Guadeloupe sowie Réunion im Indischen Ozean.
  • Die meisten überseeischen Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehören den Verträgen entweder an oder sind diesen assoziiert. Rechtsgrundlage dafür ist Art. 182 EGV, nach dem die Europäische Union das Ziel der „Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung“ und die „Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen“ mit den assoziierten Ländern und Hoheitsgebieten ins Auge fasst. Nach Art. 184 EGV sind diese Gebiete auch Teil der europäischen Zollunion, Abgaben auf Warenimport und -export zwischen den Gebieten und dem europäischen Festland sind verboten.
  • Daneben kennt das Völkerrecht auch der Verwaltung der Mitgliedstaaten unterstellte Hoheitsgebiete, für welche die Gemeinschaftsverträge keine direkte Gültigkeit besitzen, sie sind somit auch nicht Teil der EU. Dennoch gelten in ihnen die Bestimmungen der Zollunion. Hierzu gehören namentlich für Großbritannien die Kanalinseln, die Isle of Man, Gibraltar.
  • Schließlich wurden für autonome Gebiete mit ausgeprägter regionaler Identität Sonderregelungen geschaffen, die weder eine Zugehörigkeit zur Europäischen Union noch nach Art. 3 Abs. 1 des Zollkodex der EU zu deren Zollgebiet vorsehen. Hierzu gehören die dänischen Färöer und Grönland.

Bilaterale Verträge EU - Schweiz

Nachdem sich die Schweizer 1992 gegen den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) entschieden hatten, obwohl die Eidgenossenschaft Mitglied der EFTA ist, begannen Ende 1994 die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über besondere Beziehungen. In der Zwischenzeit wurden mehrere bilaterale Abkommen unterzeichnet, welche in den Verträgen Bilaterale I (u.a. Personenverkehr (Personenfreizügigkeit)) und Bilaterale II (u.a. Beitritt der Schweiz zu den Abkommen von Dublin und Schengen bezüglich Sicherheit und Asyl) zusammengefasst wurden.

Die Schweiz unterstützt die Osterweiterung der EU durch die Kohäsionszahlung von 1 Milliarde Schweizer Franken verteilt auf 10 Jahre.

Politische Hauptorgane

Das institutionelle Gefüge der Gemeinschaft ist seit ihren Anfängen 1952 vielfältigen Wandlungen und Gewichtsverschiebungen unterworfen. Die im Sinne der klassischen Gewaltenteilungslehre zu fordernde klare Zuordnung einzelner Institutionen zu Legislative, Exekutive und Judikative ist in der EU nur bedingt verwirklicht. Hinsichtlich Legislative und Exekutive sind bei den beteiligten Organen Rat und Kommission vermischte Kompetenzen unverkennbar. Mindestens teilweise ist dies auch darauf zurückzuführen, dass die Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten, also die einzelstaatlichen Exekutivspitzen, in der EU nach wie vor die etwas wichtigere Rolle in der Legislative spielen.

Die nachfolgend aufgeführten Institutionen – das ist in formalrechtlicher Hinsicht bedeutsam – sind allerdings keine EU-Organe im eigentlichen Sinne, da die Europäische Union nicht den Status der juristischen Person hat. Vielmehr bedient sich die Union gemäß Art. 5 des Vertrags über die Europäische Union zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Organe der Europäischen Gemeinschaften.


Exekutive Legislative Legislative Judikative
Europäische Kommission Rat der Europäischen Union Europäisches Parlament Europäischer Gerichtshof
Europäische Kommission Rat der Europäischen Union Europäisches Parlament Europäischer Gerichtshof
  • schlägt Gesetze vor
  • führt den Haushaltsplan aus
  • überwacht die Umsetzung der europäischen Gesetze und des Haushaltes
  • entscheidet über Gesetze und den Haushalt
  • schließt internationale Verträge
  • entscheidet über Gesetze und den Haushalt
  • kontrolliert die Kommission
  • sichert die Einheitlichkeit der Auslegung europäischen Rechts

Europäische Kommission

Hauptartikel: Europäische Kommission

Die Europäische Kommission hat im institutionellen Gefüge der Europäischen Union vornehmlich exekutive, aber auch legislative Funktionen. Sie hat das alleinige Initiativrecht in der EU-Gesetzgebung und schlägt demnach Rechtsakte (Richtlinien, Verordnungen, Entscheidungen) vor, die sie dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU unterbreitet. Als Exekutivorgan sorgt die Kommission für die korrekte Ausführung der europäischen Rechtsakte, die Umsetzung des Haushalts und der beschlossenen Programme. Sie ist die „Hüterin der Verträge“ und sorgt gemeinsam mit dem Europäischen Gerichtshof für die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts. Als Vertreterin der Gemeinschaft auf internationaler Ebene handelt sie vor allem in den Bereichen Handel und Zusammenarbeit internationale Übereinkommen aus.

Die Kommission ist ein von den Mitgliedstaaten unabhängiges und supranationales Organ der Europäischen Gemeinschaften. Die Kommissare dienen ihrem Auftrag nach allein der Union als Ganzes, nicht ihren jeweiligen Herkunftsstaaten. Als Organ ist die Kommission bislang in Art. 211ff. EGV, Art. 124ff. EURATOM als Gemeinschaftsorgan verankert. In dem Entwurf einer Europäischen Verfassung hat sie ihre Rechtsgrundlage in Art. 25, III-250.

Die Europäische Kommission besteht aktuell aus 25 Kommissaren, von denen einer als Kommissionspräsident die Kommission leitet. Bis 2009 ist dies in der EU-Kommission der Portugiese José Manuel Durão Barroso

Rat der Europäischen Union

Hauptartikel: Rat der Europäischen Union

Der Rat der Europäischen Union
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Der Rat der Europäischen Union

Der Rat der Europäischen Union (auch Ministerrat genannt) ist eines von zwei beschließenden Organen der Europäischen Gemeinschaften. Er ist einerseits Teil der Legislative, die in ihrer Zusammensetzung einem Zweikammersystem entspricht und repräsentiert darin die Mitgliedstaaten. Er setzt sich – je nach Politikfeld – aus den jeweiligen Fachministern der nationalen Regierungen zusammen. Gemeinsam mit dem Europäischen Parlament beschließt er für die EU Gesetze beziehungsweise Rechtsakte. Je nach Politikfeld ist entweder eine einstimmige Entscheidung oder eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat notwendig.

Da der Ministerrat internationale Verträge abschließt, ist er auch Teil der Exekutive. Der Vorsitzende ist der Präsident des Rats der Europäischen Union. Seine Amtszeit und seine Staatszugehörigkeit korrespondieren mit dem jeweiligen Vorsitz im Europäischen Rat.

Europäisches Parlament

Hauptartikel: Europäisches Parlament

Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg
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Plenarsaal des Europäischen Parlaments in Straßburg

Das Europäische Parlament ist der zweite Teil der Legislative der Europäischen Gemeinschaften. Es wird seit 1979 alle fünf Jahre direkt von den Bürgern der Mitgliedstaaten gewählt und repräsentiert innerhalb der Legislative die Bevölkerung.

Das Europäische Parlament hat zur Zeit 732 Mitglieder. Die Zahl der Abgeordneten pro Land richtet sich grundsätzlich nach der Bevölkerungszahl. Kleinere Länder sind aber überproportional vertreten, um auch diesen Ländern eine angemessene Repräsentation ihrer nationalen Parteienlandschaft zu ermöglichen. Das Europäische Parlament hat zwei Tagungsstätten, einen in Brüssel und einen zweiten in Straßburg. Den Vorsitz führt der Präsident des Europäischen Parlamentes.

Europäischer Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof
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Der Europäische Gerichtshof

Hauptartikel: Europäischer Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof (auch: EuGH) ist das oberste Gericht, also das rechtsprechende Organ der Europäischen Gemeinschaften. Neben dem Europäischen Gerichtshof existiert seit 1989 noch das ihm vorgeschaltete Europäische Gericht erster Instanz. Beide Instanzen bestehen aus je einem Richter pro Mitgliedstaat, wobei der EuGH zusätzlich von neun Generalanwälten unterstützt wird. Diese werden von den nationalen Regierungen für die Dauer von sechs Jahren ernannt. Alle drei Jahre erfolgt eine teilweise Neubesetzung beider Instanzen. Den Vorsitz führt der Präsident des Europäischen Gerichtshofes.

Europäischer Rechnungshof

Hauptartikel: Europäischer Rechnungshof

Logo des Europäischen Rechungshofes
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Logo des Europäischen Rechungshofes

Der Europäische Rechnungshof (EuRH) wurde 1975 geschaffen und ist zuständig für die Rechnungsprüfung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben der Union und für die Kontrolle der Haushaltsführung im Hinblick auf deren Rechtmäßigkeit.

Der Europäische Rechnungshof hat zur Zeit 25 Mitglieder, eins aus jedem EU-Mitgliedstaat, die vom Rat der Europäischen Union für sechs Jahre ernannt werden. Die Mitarbeiter des EuRH (derzeit rund 760) bilden Prüfungsgruppen für spezifische Prüfvorhaben. Sie können jederzeit Prüfbesuche bei anderen EU-Organen, in den Mitgliedstaaten sowie in weiteren Ländern durchführen, die EU-Hilfen erhalten. Rechtliche Schritte kann der EuRH jedoch nicht unternehmen – Verstöße werden den anderen Organen mitgeteilt, damit entsprechende Maßnahmen ergriffen werden können.

Die Arbeit des EuRH erreichte 1998 und 1999 eine breite Öffentlichkeit, als er der Europäischen Kommission die Zuverlässigkeitserklärung versagte. Der dann folgende Rücktritt der Santer-Kommission ist aber nicht als unmittelbare Reaktion auf den Bericht des Rechnungshofes zu verstehen; denn seit der Rechnungshof Zuverlässigkeitserklärungen abgibt (seit Beginn der neunziger Jahre), waren diese stets negativ .

Europäischer Rat

Hauptartikel: Europäischer Rat

Zusammensetzung
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Zusammensetzung

Der Europäische Rat in Brüssel ist das wichtigste Gremium der EU, bislang jedoch formal keines ihrer Organe. Er setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer, deren Außenministern sowie dem Präsidenten der Europäischen Kommission zusammen, wobei die Außenminister und der Kommissionspräsident nur beratende Funktion haben. Der Europäische Rat hat innerhalb des politischen Systems der EU die Richtlinienkompetenz, das heißt, er legt Leitlinien und Ziele der EU-Politik fest. Jedoch ist der Rat nicht direkt am Gesetzgebungsverfahren der EU beteiligt. Der Vorsitz im Europäischen Rat wechselt derzeit halbjährlich zwischen den EU-Mitgliedsländern.

Vorsitz im Europäischen Rat

Die Reihenfolge der den Vorsitz im Europäischen Rat einnehmenden Staaten entspricht dem Vorsitz im Rat der Europäischen Union.

Jahr, Land (1. Halbjahr, 2. Halbjahr)
2006 Österreich, Finnland 2007 Deutschland, Portugal 2008 Slowenien, Frankreich
2009 Tschechien, Schweden 2010 Spanien, Belgien 2011 Ungarn, Polen
2012 Dänemark, Zypern 2013 Irland, Litauen 2014 Griechenland, Italien
2015 Lettland, Luxemburg 2016 Niederlande, Slowakei 2017 Malta, Vereinigtes Königreich
2018 Estland, Bulgarien 2019 Österreich, Rumänien 2020 Finnland, ?

Europäische Zentralbank

Die EZB-Zentrale in Frankfurt
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Die EZB-Zentrale in Frankfurt

Hauptartikel: Europäische Zentralbank

Die Geldpolitik in den Euro-Ländern wird seit dem 1. Januar 1999 von der Europäischen Zentralbank (Sitz in Frankfurt am Main) bestimmt. Die Bank ist von der nationalen Politik unabhängig. Ihre wichtigste Aufgabe ist die Wahrung der Preisstabilität. Im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB/Zentralbankrat) legt sie die Leitzinsen fest.

Die grundlegenden Aufgaben der EZB finden sich in Artikel 105 Absatz 2 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft:

Politikfelder

Die Politikbereiche, die nachfolgend im Hinblick auf ihre Gestaltung durch die EU betrachtet werden, sind fast ausnahmslos zugleich Felder einzelstaatlicher Einflussnahme und Durchführung. Für die vergemeinschafteten Politikbereiche der „ersten Säule“, in denen das EU-Recht unmittelbar auf die Mitgliedstaaten durchschlägt, hat dies zu vielerlei Unmut und Kritik an der vermeintlichen „Regelungswut“ der „Brüsseler Bürokratie“ geführt, etwa im Lebensmittelrecht, bei Umweltschutznormen oder bei der Herstellung einheitlicher Bedingungen für den europäischen Binnenmarkt.

Dem wurde ansatzweise bereits in der Einheitlichen Europäischen Akte, in grundsätzlicher Weise dann aber vor allem im Maastrichter Unionsvertrag Rechnung getragen, indem dort die Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit verankert wurden. Subsidiarität meint hier, dass die EU nur für solche Regelungen sorgen soll, die staatenübergreifend nötig sind und mehr positive Wirkung versprechen als einzelstaatliche oder regionale Maßnahmen. Zulässig im Sinne der Verhältnismäßigkeit ist eine EU-Maßnahme wiederum nur, wenn der damit verfolgte Zweck auf andere Weise nicht besser erreicht werden kann und wenn die Abwägung von Vor- und Nachteilen positiv ausgeht.

Wirtschaftspolitik

Die Mitgliedstaaten der EU erwirtschaften zusammen ein Viertel des weltweiten Bruttosozialprodukts. Damit ist die Europäische Union der größte Wirtschaftsblock der Erde. Seit 1968 gilt innerhalb der Europäischen Union eine Zollunion, das heißt, der Handel zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten darf weder durch Zölle noch durch Ein- und Ausfuhrbeschränkungen behindert werden. Für den Handel mit anderen Staaten gilt ein von der EU bestimmter einheitlicher Zolltarif, ein wichtiges Merkmal und Verhandlungsobjekt der EU-Wirtschaftspolitik. Zwar sind alle EU-Staaten auch eigenständige Mitglieder in der Welthandelsorganisation (WTO), doch Sprecherin für sie ist als WTO-Mitglied die Europäische Gemeinschaft.

Die Währungsunion als Integrationsmotor

Europäische Währungsunion
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Europäische Währungsunion

Hauptartikel: Europäische Wirtschafts- und Währungsunion

Die Geschichte der europäischen Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg ist geprägt von der überragenden Bedeutung wirtschaftlicher Integrationsschritte. Angestoßen durch die Vergemeinschaftung des Kohle- und Stahlsektors und fortgeführt mit der Schaffung von EWG und EURATOM 1957 sowie mit der Verwirklichung des Binnenmarkts 1993, ist auf der Grundlage des Maastrichter Unionsvertrags der Euro als gemeinsame Währung eingeführt worden: 1999 für die Zentral- und Geschäftsbanken, 2002 als Barzahlungsmittel in allen beteiligten EU-Mitgliedstaaten.

Voraussetzung für die Teilnahme an der Währungsunion war und ist aber für alle teilnahmewilligen Staaten die Erreichung bestimmter für die Geldwertstabilität als maßgeblich angesehener Bedingungen, die als Konvergenzkriterien bezeichnet werden und sich auf Staatsverschuldung, Zinsniveau und Inflationsrate beziehen. Dies hat bereits im Vorfeld der Einführung des Euro zu einem im eingetretenen Ausmaß kaum erwarteten Konvergenzschub in der Finanz- und Wirtschaftspolitik geführt, der durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt mit einer Nachhaltigkeitsperspektive verbunden worden ist.

Leitungsorgan der Währungsunion ist die nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank unabhängig gestellte Europäische Zentralbank (siehe oben). Zur Zeit gehören zwölf Mitgliedstaaten der Eurozone an. Großbritannien, Dänemark und Schweden haben bereits vor der Einführung der gemeinsamen Währung auf die Teilnahme verzichtet; die 2004 beigetretenen MOEL haben die Zusage, in die Währungsunion aufgenommen zu werden, sobald sie jeweils die Einhaltung der Konvergenzkriterien nachweisen können. Zum 1. Januar 2007 tritt Slowenien dem Euroraum bei.

EU-Finanzhaushalt

Mitgliedstaat Bevölkerung (Mio.) Haushalts-
beiträge 2005
(Mio. Euro)
Deutschland Deutschland 82,4 21.313
Frankreich Frankreich 59,6 16.888
Italien Italien 57,3 13.996
Vereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 59,3 12.339
Spanien Spanien 41,6 8.901
Niederlande Niederlande 16,2 5.412
Belgien Belgien 10,4 4.091
Schweden Schweden 8,9 2.817
Polen Polen 38,2 2.367
Österreich Österreich 8,1 2.209
Dänemark Dänemark 5,4 2.066
Griechenland Griechenland 11,0 1.848
Finnland Finnland 5,2 1.512
Portugal Portugal 10,5 1.385
Irland Irland 4,0 1.366
Tschechien Tschechien 10,2 999
Ungarn Ungarn 10,1 896
Slowakei Slowakei 5,4 382
Slowenien Slowenien 2,0 285
Luxemburg Luxemburg 0,4 238
Litauen Litauen 3,5 211
Republik Zypern Zypern 0,7 157
Lettland Lettland 2,3 126
Estland Estland 1,4 99
Malta Malta 0,4 51
Gesamt 455,7 101.954

Zur Finanzierung der Ausgaben verfügt die Europäische Union über so genannte Eigenmittel, die sich aus Beiträgen der Mitgliedstaaten sowie zum geringeren Teil aus an die EU abzuführenden Import-Zöllen an den Außengrenzen zusammensetzen.

Die Beiträge der Mitgliedstaaten resultieren zum einen aus an die EU abzuführenden Umsatzsteuern/Mehrwertsteuern. Die notwendigen zusätzlichen Einnahmen werden proportional zum Bruttoinlandsprodukt der Staaten abgeführt. Eine diesbezügliche Ausnahme stellt wegen seines vergleichsweise wenig ergiebigen Agrarsektors bis auf weiteres das Vereinigte Königreich dar, das seit 1984 zwei Drittel seiner Nettobeiträge zurückerstattet bekommt (Britenrabatt).

Der Finanzhaushalt der EU und die Höhe der von den Mitgliedstaaten zu leistenden Beiträge hierzu sind Gegenstand vielfältiger Auseinandersetzungen und mühsamer Kompromisse, zumal die Rückflüsse von Finanzmitteln der Gemeinschaft in die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich hoch ausfallen. So stehen einander im Rat die Lager der Nettozahler- und der Nettoempfängerstaaten gegenüber. Während letztere bemüht sind, ihren Status zu halten, suchen die Nettozahler den ihren wenigstens zu mildern. Der Status Quo ist für Außenstehende mitunter schwer nachvollziehbar. Irland zum Beispiel ist Nettoempfänger, obwohl es nach Luxemburg das zweithöchste Durchschnittseinkommen der EU aufweist. Spanien, Portugal und Griechenland wiederum erhalten pro Einwohner zum Teil deutlich höhere EU-Mittel als die ärmeren Neumitglieder. Deutschland wiederum trägt netto deutlich höhere Belastungen als viele andere Mitglieder, wenn man die Leistungsfähigkeit des Landes (Bruttoinlandsprodukt) betrachtet.

Insgesamt erscheint die bei 1,27 % des Bruttonationaleinkommens aller Mitgliedstaaten liegende Gesamtobergrenze des EU-Haushalts aber tragbar. Die aktuellen Haushaltsmittel verteilen sich zu 46 % auf die Landwirtschaft; zu 33 % auf Struktur- und Kohäsionsfonds; zu 7 % auf interne Politikbereiche wie Forschungspolitik, transeuropäische Verkehrs-, Energie- und Telekommunikationsnetze; zu 5 % auf externe Politikbereiche wie Entwicklungsmaßnahmen, humanitäre Hilfen oder Maßnahmen zugunsten von Demokratie und Menschenrechten; zu 3,25 % auf Heranführungshilfen für Beitrittskandidaten. Der Rest bleibt für Verwaltungsausgaben (32.000 Bedienstete) und Reserven.

Landwirtschaft und Fischerei

Hauptartikel: Gemeinsame Agrarpolitik und Gemeinsame Fischereipolitik

Trotz ihres vergleichsweise geringen Beitrags zum Bruttosozialprodukt der EG hat die Agrarpolitik bereits früh eine herausragende Bedeutung in der Gemeinschaft erlangt. Durch eine Initiative der Europäischen Kommission 1960 auf den Weg gebracht, wurde im Januar 1962 durch den Ministerrat eine erste gemeinsame Agrarmarktordnung eingeführt. Angestrebt waren eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität und die Vermeidung von Preisschwankungen, was den Produzenten eine gut auskömmliche Lebenshaltung und den Verbrauchern eine stabile Versorgung zu angemessenen Preisen sichern sollte.

Prozentuale Darstellung des Anteils der EU-Länder am EU-Farm-Land (englisch)
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Prozentuale Darstellung des Anteils der EU-Länder am EU-Farm-Land (englisch)

Ein zu diesem Zweck errichtetes System von Garantiepreisen hat einerseits zu wenig marktkonformen Produktionsüberschüssen („Butterberge“, „Milchseen“ und andere mehr) geführt und andererseits den Haushalt der Gemeinschaft über Jahrzehnte mit gut der Hälfte der EG-Gesamtausgaben belastet. Alle Reformansätze zum Abbau der Preissubventionen scheiterten über lange Zeit an drastischen Formen bäuerlichen Protests und an dem hier beibehaltenen Einstimmigkeitsprinzip im Ministerrat.

Erst unter dem Eindruck umweltschädlicher und entwicklungspolititisch negativer Nebenfolgen sowie im Hinblick auf die im Falle der Untätigkeit haushaltssprengende Wirkung der Osterweiterung wurde nach verschiedenen Quotenregelungen auch eine Absenkung der Erzeugerpreise (mit Ausgleichszahlungen) und eine Annäherung an die Weltmarktpreise für Agrarerzeugnisse eingeleitet.

Prozentuale Darstellung des Anteils der EU-Ausgaben im europäischen Fischereiwesen (englisch)
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Prozentuale Darstellung des Anteils der EU-Ausgaben im europäischen Fischereiwesen (englisch)

Während die Forstwirtschaft auf EU-Ebene bisher kaum eine Rolle gespielt hat, ist die Gemeinsame Fischereipolitik – trotz geringer Bedeutung im Haushalt der Gemeinschaft (2004 lag das Budget der GFP bei 931 Millionen Euro und damit bei etwa 0,75 % des EU-Gesamtbudgets) – bereits seit Anfang der 1970er Jahre ein wichtiges Streitobjekt in den Verhandlungen und bei der Austarierung politischer Kompromisse im Rat. Aufgabe der Gemeinsamen Fischereipolitik ist es, die Fischwirtschaft im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips zu fördern. Um der Überfischung und dem Rückgang der Fischbestände zu begegnen, setzt die Gemeinschaft Fangquoten für die verschiedenen Mitgliedstaaten und bestimmte Fischarten fest.

Im Rahmen ihrer Strukturpolitik hat die EU einerseits eine Reduzierung der nationalen Fischfangflotten durchgesetzt; andererseits sorgt sie in besonders betroffenen Regionen für Ausgleichsmaßnahmen und fördert den Einsatz umweltgerechter Technik.

Industrie und Gewerbe

Verglichen mit den im Agrarsektor eingesetzten EU-Mitteln nimmt sich der auf Industrie- und Gewerbeförderung entfallende Anteil gering aus. In diesem Bereich zeigt sich der Einfluss der Gemeinschaft vor allem bei der Vorgabe von Normen und Wettbewerbsregeln, über deren Einhaltung die Kommission wacht. Die Kernkompetenz zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt liegt beim EU-Wettbewerbskommissar, der die jeweiligen Kartellbehörden der einzelnen Staaten als supranationales Organ ergänzt. Neben der Kontrolle der Wirtschaft ist er auch für die Genehmigung von Subventionen in den Mitgliedstaaten zuständig. Damit soll verhindert werden, dass einzelne Staaten bestimmte Firmen wettbewerbswidrig unterstützen.

Die in diesem Bereich zur Verfügung stehenden, begrenzten Mittel sollen unter anderem dazu eingesetzt werden, die Kooperation vor allem kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Forschung und Entwicklung innovativer Produkte für Wachstumsmärkte zu fördern.

Dienstleistungen, Informations- und Kommunikationstechnologien

Bruttoinlandsprodukt pro Kopf
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Bruttoinlandsprodukt pro Kopf

Die EU-Wettbewerbspolitik hat wesentlich dazu beigetragen, dass viele monopolartige Unternehmen, zum Beispiel im Telekommunikationsbereich, bei der Gas-, Wasser- und Stromversorgung und im Eisenbahnbereich, ihre Sonderstellung aufgeben und sich der Konkurrenz anderer Anbieter auf dem Markt stellen mussten. Unter dem Druck des Wettbewerbs ist es in davon betroffenen Unternehmen nicht nur zu veränderten Lohn- und Arbeitsbedingungen gekommen, sondern auch vielfach zu einem umfangreichen Abbau von Arbeitsplätzen.

Mit der geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie wäre eine weitere Liberalisierung des EU-Binnenmarkts verbunden. Die Richtlinie soll nach ihrer Begründung bürokratische Hindernisse abbauen und den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen fördern, indem die Europäische Union zu einer Freihandelszone für Dienstleistungen würde.

Beabsichtigt ist die Beseitigung von zwischenstaatlichen Hemmnissen für den freien Handel mit Dienstleistungen und weitere Erleichterungen für niedergelassene Dienstleister (unter anderem Schaffung einheitlicher Ansprechpartner, elektronische Verfahrensabwicklung und so weiter). Der Anwendungsbereich des ursprünglichen, aber noch im Aushandlungsprozess befindlichen Richtlinienvorschlags umfasste nicht nur klassische Dienstleister wie Frisöre, IT-Spezialisten, Dienstleister im Baubereich und Handwerker, sondern zum Teil auch so genannte Daseinsvorsorgeleistungen wie Altenheime, Kinderbetreuung, Behinderteneinrichtungen, Heimerziehung, Müllabfuhr, Verkehrssysteme etc.), soweit diese im betreffenden Mitgliedstaat bereits unter Marktbedingungen erbracht werden.

Von der EU-Kommission, die den Vorschlag vorantreibt, wird die Dienstleistungsrichtlinie als ein wichtiger Bestandteil der Lissabon-Strategie angesehen. Diese sieht vor, Europa bis zum Jahr 2010 zum „wettbewerbfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“ zu entwickeln.

Zu diesem Ziel fördert die Europäische Union auch neue Technologien. So wurden zahlreiche Koordinierungsgremien gegründet, um einheitliche Standards zu entwickeln, damit der Europäische Binnenmarkt nicht durch unterschiedliche technische Standards in der Entwicklung gehemmt wird. Beispielsweise hat das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) mittlerweile weltweit verwendete Standards im Telekommunikationsbereich geschaffen. Beispiele dafür sind Euro-ISDN, GSM und DECT.

Regionale Strukturförderung

Innerhalb der EU gibt es eine Reihe von Regionen, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit weit unter dem EU-Durchschnitt liegt, meist als Folge nachteiliger wirtschaftsgeographischer Standortfaktoren. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Mezzogiorno in Italien. Solchen Regionen – deren Anzahl und Flächengröße durch den Beitritt der MOEL enorm zugenommen hat – wird eine spezielle Förderung gewährt, sodass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der EU-Staaten angeglichen wird und regionale Disparitäten zurückgehen. Die Fördermittel werden meist einzelnen Wirtschaftssektoren zugewiesen, um eine gezieltere Hilfe leisten zu können. Darüber hinaus existieren Programme zur Verbesserung der Infrastruktur.

Die Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sind die wichtigsten Strukturfonds, die für den wirtschaftlichen Aufholprozess der ärmeren Regionen sorgen sollen. Das erste und wichtigste Ziel des EFRE ist es, Regionen zu fördern, deren Bruttoinlandsprodukt weniger als 75 % des EU-Durchschnitts beträgt. Dafür werden 80 % der Mittel verwendet und in Infrastrukturprojekte, Mittelstandsförderungen und in Projekte im Gesundheitswesen und der Forschung gesteckt. Diese Regionen werden als Ziel-1-Regionen bezeichnet. Vom EFRE profitieren aber auch die so genannten Ziel-2-Regionen, sie erhalten 13 % der Mittel und unterstützen Regionen, die von wirtschaftlicher Umstellung betroffen sind (zum Beispiel aufgrund von Verarmung ländlicher Gebiete oder industriellem Rückgang). Mit den restlichen 7 % des Budgets werden schließlich die Gemeinschaftsinitiativen wie zum Beispiel URBAN und INTERREG finanziert. URBAN dient zur Förderung von Städten mit über 20.000 Einwohnern, die Probleme mit hoher Arbeitslosigkeit, Kriminalität oder Umweltverschmutzung haben und INTERREG fördert die interregionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Der 1993 eingerichtete Kohäsionsfonds soll gleichfalls dazu dienen, wirtschaftliche und soziale Disparitäten unter den Mitgliedstaaten zu verringern. Förderfähig im Rahmen dieses Fonds sind Vorhaben im Zusammenhang mit Umwelt- und Verkehrsinfrastrukturen in Mitgliedstaaten der EU, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf unter 90 % des EU-Durchschnitts liegt (seit dem 1. Mai 2004 Griechenland, Portugal, Spanien, Zypern, die Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei und Slowenien).

Für die regionale Entwicklung in den Mitgliedstaaten will die EU in den Jahren 2007 bis 2013 rund 360 Milliarden Euro an Fördermitteln ausgeben. Ostdeutschland, dessen Förderungssumme bis Ende 2006 über 21 Milliarden Euro beträgt, wird voraussichtlich nicht mehr zu den förderungswürdigen Ziel-1-Regionen gehören. Denn durch die Osterweiterung 2004 ist der Durchschnittswert des EU-Bruttoinlandsprodukts so stark gesunken, dass die neuen Bundesländer über die Schwelle von 75 % gelangen.

Gesellschaftspolitik

Im Bereich der Gesellschaftspolitik sind die einzelstaatlichen Souveränitätsvorbehalte und die Einforderung des Subsidiaritätsprinzips im Allgemeinen stärker ausgeprägt als in einigen Feldern der Wirtschaftspolititk. Dies zeigt sich auch darin, dass der Rat in sozialpolitischen Fragen stärker an das Einstimmigkeitsprinzip gebunden geblieben ist. Die Bedeutung der nationalen Politikgestaltung in diesen Feldern ist also entsprechend wichtiger.

Bildung

Der durch technologische Innovationsschübe und globale Vernetzungsmöglichkeiten bedingte schnelle Wandel nicht nur der klassischen Industrieländer zu potentiellen Informations- und Wissensgesellschaften hat auch in der EU dazu geführt, dass die mit diesem Bereich über Jahrzehnte wenig befassten Gemeinschaftsorgane hier neuerdings bedeutende Aktivitäten entfalten. Die bildungspolitische Dimension der Lissabon-Strategie zielt auf die Herstellung eines europäischen Bildungs- und Beschäftigungsraumes im Zeichen des lebenslangen Lernens.

Die Einführung eines europäischen Leistungspunktesystems und die Entwicklung eines „Europäischen Qualifikationsrahmens“ („EQF“, eine Art Zuordnungsraster von Kompetenzen und Bildungsabschlüssen zu bestimmten Niveaustufen) sollen Kompetenzen und Bildungsabschlüsse international besser lesbar machen und dadurch Freizügigkeit und Mobilität in Europa befördern. Im Hochschulbereich dient dazu unter andem das ECTS (European Credit Transfer System = „Europäisches Kreditpunkte-Transfer-System“), ein europäisches System zur Anrechnung, Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen. Ausgangsbasis für die Berechnung und Vergabe der Punkte ist das durchschnittliche Arbeitspensum, das zur Erreichung der angestrebten Qualifikation benötigt wird. Das System, das in allen europäischen Ländern auf denselben Vergabeprinzipien beruht, erleichtert die Anerkennung von Studienaufenthalten im Ausland und verbesserte damit potentiell Qualität und Umfang der Studierendenmobilität in Europa.

In Analogie zum Hochschulbereich wird auch für die berufliche Bildung ein Leistungspunktesystem entwickelt. Dadurch soll dem individuell Lernenden in ganz Europa ermöglicht werden, seinen Lernerfolg beziehungsweise seine erworbene Kompetenz zu dokumentieren. Die Punkte sollen gleichfalls überall in Europa angerechnet werden können. Angestrebt wird damit eine erhöhte Durchlässigkeit der unterschiedlichen Bildungssysteme in Europa, die aber eine Neustrukturierung der Aus- und Weiterbildungsgänge in den EU-Mitgliedstaaten voraussetzt.

Der durch 29 europäische Bildungsminister 1999 vereinbarte „Bologna-Prozess“ ist darauf angelegt, einen „europäischen Hochschulraum“ zu schaffen. Dazu dienen soll – neben dem Punkte-Akkumulationssystem für die Anrechnung von im In- oder Ausland absolvierten Studienleistungen – ein zweistufiges System von Studienabschlüssen: Bachelor und Master. Die in Deutschland angebotenen Bachelor- und Masterstudiengänge haben im Sommersemester 2005 etwa 27 % des gesamten Studienangebots ausgemacht. Über die Hälfte der Bachelor- und Masterstudiengänge in Deutschland wurden völlig neu entwickelt, die übrigen entstanden bei der inhaltlichen und strukturellen Reform vorhandener Studiengänge. Die neuen Studiengänge werden in Modulen angeboten, über 70 Prozent von ihnen beinhalten ein Leistungspunktsystem und studienbegleitende Prüfungen.

Auf der Konferenz von Bergen im Mai 2005 wurde eine Zwischenbilanz der Fortschritte gezogen, die der Bologna-Prozess zu verzeichnen hat, und es wurden Schwerpunkte für die „zweite Halbzeit“ bis 2010 festgelegt. Die Konferenz entschied positiv über die Aufnahme der neuen Mitgliedsländer Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau und Ukraine. Damit umfasst der Bologna-Prozess jetzt 45 Staaten.

Im Juli 2004 hat die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag für die neue Generation der EU-Bildungsprogramme nach 2006 vorgelegt. Es wird demnach ein einziges Gesamtprogramm zur Förderung des lebenslangen Lernens geben, das nach vier verschiedenen Bildungsbereichen gegliedert ist: allgemeine (Schul-)Bildung, berufliche Bildung, Hochschulbildung und Erwachsenenbildung.

Die Aktivitäten zur Schaffung eines durchlässigen europäischen Bildungs- und Beschäftigungsraums werden durch eine Reihe von zum Teil bereits länger bestehenden Programmen unterstützt, für die SOCRATES seit 1995 alle Kooperationsmaßnahmen im allgemeinbildenden Bereich umfasst. ERASMUS fördert im Hochschulbereich die länderübergreifende Kooperation sowie den Austausch von Studenten und Dozenten; COMENIUS unterstützt Schulpartnerschaften; LINGUA fördert den Fremdsprachenunterricht auf EU-Ebene), während LEONARDO DA VINCI entsprechende Aktivitäten im Bereich der beruflichen Bildung anregt.

Kultur

Mit der gemeinsamen Kulturpolitik will die EU „einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes“ (Artikel 151 EGV) leisten. Die Schaffung eines „europäischen Kulturraums“ ist damit offizielles Ziel der kulturellen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der EU. [4] So hat es auch das Europäische Parlament am 5. September 2001 in einer Entschließung über die kulturelle Zusammenarbeit in Europa beschlossen. [5]

Die Zeche Zollverein in Essen, der Kulturhauptstadt Europas 2010
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Die Zeche Zollverein in Essen, der Kulturhauptstadt Europas 2010

Ausdruck des kulturellen Engagements der EU waren in den Jahren 1996 bis 1999 die Programme KALEIDOSKOP (Förderung künstlerischer und kultureller Aktivitäten), ARIANE (Förderung des Bereichs Buch, Lesen und Übersetzung) und RAPHAEL (Förderung des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung). In den Jahren 2000 bis 2004 wurden im Rahmen des Nachfolgeprogramms Kultur 2000 insgesamt 167 Millionen Euro für Projekte ausgegeben, die auf einen gemeinsamen Kulturraum zielten [6]. Kultur 2000 wurde 2004 um zwei Jahre verlängert und soll durch ein neues Kulturförderprogramm für die Jahre 2007 bis 2013 abgelöst werden. Der Großteil der EU-Fördermittel für Kultur von etwa 80 % kommt aus den EU-Strukturfonds, macht allerdings nur etwa 3 % aller Strukturfondsmittel aus.

Darüber hinaus existieren weitere Programme, wie beispielsweise seit 1982 zur Förderung von Regional- oder Minderheitenkulturen das Europäische Büro für weniger verbreitete Sprachen (EBLUL) und seit 1987 das Informations- und Dokumentationsnetz Mercator. Einen besonders öffentlichkeitswirksamen Akzent setzt die Aktion „Kulturhauptstadt Europas“. Dieser Titel wird jährlich einer europäischen Stadt verliehen, gelegentlich auch zweien zugleich. In dem entsprechenden Jahr finden in den „Kulturhauptstädten“ zahlreiche kulturelle Veranstaltungen statt. Die so ausgezeichneten Städte erfreuen sich erhöhter Aufmerksamkeit und können mit steigenden Besucherzahlen rechnen.

Sozial- und Beschäftigungspolitik

Die Sozialpolitik der EU stützt sich in materieller Hinsicht hauptsächlich auf den 1960 gegründeten Europäischen Sozialfonds, dessen Mittel für Maßnahmen zur Berufsbildung, Umschulung, zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit (75 % der Fördermittel) und zur Wiedereingliederung von Arbeitslosen verwendet werden. Darüber hinaus ist mit der Verankerung sozialer Grundrechte im Unionsvertrag das Anliegen verbunden, normierend auf die Sozialpolitik der Mitgliedstaaten einzuwirken. Das zeigt sich unter anderem in einer akzentuierten Gleichstellungspolitik zugunsten von Frauen und in Antidiskriminierungsvorgaben.

Mit dem Vertrag von Amsterdam hat sich die EU zudem eine aktive Beschäftigungspolitik zum Programm gemacht, auch wenn dafür kaum zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen. Angestrebt wird eine zwischen der EU und den Mitgliedstaaten koordinierte Strategie, die vor allem auf bessere Qualifizierung der Arbeitsuchenden und auf Arbeitsmarktflexibilität gerichtet ist. Ebenfalls gefördert und gefordert wird eine unter den Mitgliedstaaten koordinierte beschäftigungspolitische Strategie.

Verbraucherschutz

Erstmals im Unionsvertrag von 1993 haben Verbraucherschutzinteressen in das europäische Vertragswerk Eingang gefunden. Als vorrangige Ziele werden nicht nur einheitliche Qualitätsstandards in Produktion und Handel angestrebt, sondern auch Gesundheitsschutz sowie Aufklärung und Information der Verbraucher. Dies zeigt sich zum Beispiel bei der zwingenden Kennzeichnungspflicht genmanipulierter Produkte.

Nach den bei der Rinderseuche BSE deutlich gewordenen Defiziten des Verbraucherschutzes wurde 1997 die „Zentrale für Verbraucherpolitik und Gesundheitsschutz“ eingerichtet, die unter anderem für Pflanzenschutz, Veterinär- und Lebensmittelkontrollen zuständig ist. So kann die Freizügigkeit für Waren im Binnenmarkt durch Ausfuhrverbote partiell suspendiert werden, wenn eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher durch bestimmte Produkte besteht.

Die 1985 eingeführte Produkthaftungsrichtlinie legt die Beweislast für ein fehlerfreies Produkt im Schadensfall auf die Herstellerseite, so unter anderem bei Kinderspielzeug, Textilien und Kosmetika. Gegenstand der EU-Verbraucherpolitik sind darüber hinaus zum Beispiel auch Erstattungsansprüche bei Pauschalreisen, irreführende Werbung und missbräuchliche Vertragsklauseln insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr.

Umwelt, Energie und Verkehr

Eine aktive Umweltschutzpolitik wurde von der EG bereits seit Anfang der 1970er Jahre betrieben, zum Beispiel in den Bereichen Gewässerschutz, Luftreinhaltung und Abfallentsorgung. Stand zunächst der nachsorgende Umweltschutz im Sinne der Beseitigung eingetretener Schäden im Vordergrund, so wird unterdessen das Prinzip der Vorbeugung immer stärker betont. Seit dem Vertrag von Amsterdam sind bei sämtlichen Maßnahmen der Gemeinschaft Umweltbelange zu berücksichtigen, ein Querschnittsprinzip wie das der Subsidiarität. Ein konkreter Anwendungsbereich dafür ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Planung von Wirtschafts- und Infrastrukturprojekten, die als einheitliches Verwaltungsverfahren der Genehmigung baulicher Maßnahmen vorausgeht.

Typischer Hinweis auf EFRE-Unterstützung einer Baumaßnahme
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Typischer Hinweis auf EFRE-Unterstützung einer Baumaßnahme

Einzelstaaten haben die Möglichkeit, strengere Umweltmaßstäbe anzulegen als die für die gesamte EU gültigen, sofern daraus keine Handelshemmnisse entstehen. Andererseits kann die Gemeinschaft Sanktionen gegenüber Mitgliedstaaten verhängen, die EU-Normen nicht in angemessener Frist in die eigene Rechtsordnung übernehmen.

Mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie sollen natürliche Lebensräume wildlebender Tiere und Pflanzen und damit die biologische Vielfalt erhalten werden. Ausgewiesene Schutzgebiete in den EU Mitgliedstaaten sollen sich zu einem europäischen ökologischen Netz entwickeln.

Hinsichtlich des globalen Klimaschutzes durch Begrenzung des Treibhausgasausstoßes nimmt die EU – bei schwankendem Engagement und Erfolg einzelner Mitgliedstaaten – insgesamt eine relativ konstruktive Haltung unter den wichtigen internationalen Akteuren ein, wie sich vor allem bei der Durchsetzung des Kyoto-Protokolls gezeigt hat. Darin geht es um die Reduktion von Kohlenstoffdioxid-Emissionen, die bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas entstehen. Der Emissionsrechtehandel soll der Realisierung dieser Reduktionsziele dienen. Die Ersetzung fossiler Brennstoffe durch regenerative Energien andererseits wird von der EU durch das Programm ALTENER gefördert.

Vergleichbar wichtig sind die Steigerung der Energieeffizienz beziehungsweise die sparsame Nutzung des vorhandenen Energiepotentials. Die EU-Kommission wirbt auch in ihrem im März 2006 vorgestellten Grünbuch zur Energiepolitik für die Einsicht, dass nur der schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen fernerhin positive Entwicklungschancen für Gesellschaft und Wirtschaft bietet. Allerdings verbleibt die vom Rat angenommene „Energiepolitik für Europa“ auf dem Feld der Regierungszusammenarbeit, denn in der Frage des Energiemixes dominieren weiterhin die nationalen Souveränitätsrechte. Einig zeigt sich der Rat allerdings in dem Ziel, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der EU mit der langfristigen ökologischen Tragfähigkeit in Einklang zu bringen. Anvisiert wird eine Steigerung des Anteils an erneuerbaren Energien bis 2015 auf 15 %.

Der neue Airbus A380, dessen Fertigung durch EU-Subventionen unterstützt wurde
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Der neue Airbus A380, dessen Fertigung durch EU-Subventionen unterstützt wurde

In der Verkehrspolitik der EU, die in erster Linie auf Optimierung der Mobilität von Personen und Gütern im Binnenmarkt gerichtet ist, spielt das Ziel der Umweltverträglichkeit ebenfalls eine Rolle, die sich vor allem in der programmatischen Akzentuierung des Schienenverkehrs zeigt. 1996 legte die EU-Kommission ein Weißbuch zur „Revitalisierung der europäischen Eisenbahnen“ vor, das die Bildung sogenannter transeuropäischer Freeways für den Güterschienenverkehr vorsieht. In einem Segment des Auf- und Ausbaus transeuropäischer Netze (TEN) gibt es Großprojekte wie die Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris-Brüssel-Köln-Amsterdam-London. Bis 2020 sollen die verschiedenen europäischen Regionen miteinander vernetzt werden. Straßen, Eisenbahnstrecken, Binnenwasserstraßen, der kombinierte Verkehr (Vernetzung verschiedener Verkehrsträger) Häfen, Flughäfen und Umschlaganlagen für den Güterfernverkehr, auch Verkehrsmanagement, Informations- und Navigationssysteme sind im TEN-Projekt enthalten.

Die zunehmende Belastung von Wohnbevölkerung und Umwelt, die sich aus dem Überschreiten der Verkehrswegekapazität vor allem im Straßenverkehr, aber auch in der Luftfahrt ergibt, bedingt durch die Vorrangstellung von PKW und LKW im heutigen Verkehrssystem, trägt die EU-Kommission mit Vorschlägen Rechnung, die den Nutzern vermehrt Wege- und Umweltkosten anlasten und erhöhte technische Umweltstandards der Fahrzeuge vorsehen.

Jenseits der binnenmarktorientierten Verkehrspolitik verfolgt die EU eine eigene Weltraum-Politik, deren Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit der ESA erfolgt. Für die Raumfahrt-Politik der EU und die Koordination mit der ESA und weiteren Partnern ist der zu diesem Zweck gebildete Europäische Weltraumrat zuständig.

Kontroversen und Perspektiven

Die nachfolgend zusammengestellten, meist kontrovers diskutierten Merkmale und Entwicklungsperspektiven der Europäischen Union können nur Ansatzpunkte einer kritischen Auseinandersetzung vermitteln, sollen die eigene Urteilsbildung aber nicht ersetzen. Die Offenheit der Problemstellungen ergibt sich bereits aus der Frageform der Überschriften.

Die Europäische Union – eine bürgerferne Konstruktion?

Dass die EU eine Herzensangelegenheit ihrer Bürger sein sollte, ist eine verbreitete Forderung in Politikerkreisen und seitens proeuropäisch Engagierter; dass sie es mehrheitlich nicht ist, könnte aus den jüngsten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden unschwer abgeleitet werden. Nicht die EU, sondern der Nationalstaat bildet den traditionellen politischen Orientierungsrahmen der Europäer und zugleich jene Öffentlichkeit, in der sie – auch durch Sprachbarrieren bedingt – Orientierung suchen und Interessen artikulieren. Die EU-Bevölkerung bildet bis jetzt keine durch Zusammengehörigkeitsgefühl geeinte Bürgerschaft; die nationalen Kulturen und die im nationalstaatlichen Rahmen gemachten historisch-politischen Erfahrungen herrschen einstweilen vor. „Brüssel“ liegt insofern für viele fernab, tritt aber als „überbürokratisierter“ Störfaktor in Erscheinung, wenn es zum Beispiel das Reinheitsgebot deutscher Bierbraukunst im Bereich des heimischen Markts aufweicht.

Anders als die deutsche Einheit von 1990 ist die EU nicht aus einer Volkserhebung hervorgegangen, sondern aus Regierungsinitiativen und –vereinbarungen, die den jeweiligen Volksvertretern und ihren Wählern anschließend vermittelt werden mussten (nicht immer mit Erfolg, wie bereits das Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gezeigt hat). Der demnach strukturell bedingten Bürgerferne der EU abzuhelfen, ist mit verschiedenen Maßnahmen versucht worden, so 1979 mit den ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament, mit der Einführung einer Unionsbürgerschaft, der Schaffung eines Europäischen Bürgerbeauftragten, dem individuellen Petitionsrecht beim Europäischen Parlament. Eine größere Rolle für den Alltag der EU-Bürger dürften aber demgegenüber der Schengen-Raum und vor allem der Euro als gemeinsame Währung spielen. Inwieweit dies einem europäischen Identitätsbewusstsein aufhelfen kann, bleibt abzuwarten.

Anhaltendes Demokratiedefizit?

Die EU im Spannungsfeld zwischen Staatenbund und Bundesstaat
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Die EU im Spannungsfeld zwischen Staatenbund und Bundesstaat

Als 1979 die ersten Direktwahlen zum Europäischen Parlament stattfanden, war dieses Repräsentationsorgan der Gesamtbevölkerung der Gemeinschaft gegenüber dem Ministerrat noch in einer ausgeprägt unterlegenen Stellung. Daraus ergab sich aus staatsrechtlicher Sicht für manche ein bedenkliches Demokratiedefizit der Gemeinschaft, da der Rat als Gesamtorgan der beteiligten einzelstaatlichen Regierungen – als vereinigte Exekutive gewissermaßen – auch die Gesetzgebung in der Gemeinschaft hauptsächlich bestimmte. Auch wenn dafür argumentiert werden konnte, dass diese Akteure der Exekutive alle einer demokratischen Kontrolle auf nationalstaatlicher Ebene unterlagen, war doch auf Gemeinschaftsebene das Gewaltenteilungsprinzip nicht angemessen berücksichtigt. Seither haben zwar die Einheitliche Europäische Akte, der Unionsvertrag und die nachfolgenden Verträge die Stellung des Europäischen Parlaments gegenüber dem Rat deutlich aufgewertet, eine Gleichstellung ist aber noch immer nicht gegeben; und der nochmalige Kompetenzzuwachs, wie ihn der Verfassungsvertrag brächte, steht einstweilen aus.

Eine weitere problematische Facette des Demokratie-Prinzips im EU-Rahmen – mit der eben genannten teilweise zusammenhängend – ergibt sich aus der Überlagerung der Volkssouveränität auf nationalstaatlicher Ebene durch Maßnahmen der demokratietheoretisch angreifbaren EU-Organe. Als Österreich 2000 eine Mitte-Rechts-Regierung aus der ÖVP und FPÖ bildete, wurden seitens der damals 14 anderen Mitgliedstaaten der EU diplomatische Sanktionen durchgesetzt.[7]. Die Aufforderung der anderen Mitgliedstaaten, bilaterale Kontakte mit österreichischen Politikern zu meiden und österreichische Bewerber bei der Ausschreibung internationaler Stellen nicht zu berücksichtigen[8], wurde in etwa ein halbes Jahr später nach einem Bericht über die Menschenrechtssituation und die Auswirkungen der Sanktionen durch drei Gutachter der EU (bekannt als „Die drei Weisen“) zurückgezogen.[9] Rechtlich legitimiert wären Sanktionen nur bei einer schwerwiegenden Verletzung demokratischer Grundprinzipien, die jedoch nicht nachgewiesen werden konnte.[10]

Absehbare Handlungsunfähigkeit?

Die nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation 1989/90 von der Gemeinschaft gesehene und eingegangene Verpflichtung, nun auch den bis dahin sowjetischer Hegemonie unterworfenen Völkern Osteuropas den Beitritt zu ermöglichen, war verbunden mit der Perspektive, dass eine sich daraus ergebende stark erweiterte Gemeinschaft struktureller Reformen sowohl im Bereich des Finanzhaushalts als auch im institutionellen Bereich bedürfte. Solche Anpassungsreformen haben im Agrarbereich, bei der regionalen Strukturförderung und bei der Modifizierung des Briten-Rabatts – mit den üblichen Schwierigkeiten behaftet – stattgefunden, sind aber im Hinblick auf das Institutionengefüge vorerst steckengeblieben.

Die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit des Rates der EU erfordert nach der umfänglichen Osterweiterung eine durchgreifende Stärkung des Mehrheitsprinzips und den möglichst gänzlichen Verzicht auf das Einstimmigkeitsprinzip, wenigstens im Bereich der „ersten Säule“ (siehe oben), die nicht in der Form der Regierungszusammenarbeit organisiert ist. Und die Arbeitseffizienz der Kommission hängt maßgeblich davon ab, dass die Anzahl der gleichzeitig amtierenden EU-Kommissionsmitglieder deutlich hinter der vermehrten Anzahl der Mitgliedstaaten zurückbleibt. Die im EU-Verfassungsvertrag dafür jeweils vorgesehenen Regelungen könnten erst mit dessen ungewiss gewordener Ratifikation greifen.

Nur ein ökonomisches Zweckbündnis?

Entstehung und Geschichte der EU sind vor allem von Integrationsfortschritten auf wirtschaftlichem Gebiet bestimmt, die auch die tragende Funktion der „ersten Säule“ für die Gemeinschaft ausmachen. Die Chancen eines gemeinsamen Marktes für Wirtschaftswachstum und Wohlstandsmehrung im Durchschnitt der beteiligten Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerungen waren wohl bis hin zu den jüngsten EU-Erweiterungen die Hauptmotive der Beitrittsgesuche (und auch in dem Prozess, der unerwartet kurzfristig zur deutschen Einheit führte, bekanntlich das am stärksten antreibende Moment).

Andererseits hat es seit den Anfängen der europäischen Integration immer auch bedeutende Pläne und Initiativen gegeben, das Einigungswerk von der ökonomischen auf die politische und gesellschaftliche Ebene auszudehnen, in der Erwartung, dass nur ein derart geeintes Europa auf Dauer als Einheit bestehen und weltpolitisch eine wichtige Rolle übernehmen könnte. In der politischen Praxis haben sich an dieser Zielstellung – und noch mehr an deren konkreter Umsetzung – die Geister geschieden: Nach wie vor stehen den eher bundesstaatlich-supranational ausgerichteten Strömungen die freihändlerisch-intergouvernementalen bremsend beziehungsweise blockierend gegenüber. Der Unionsvertrag hat den politischen Einigungsprozess wieder stärker zum Programm gemacht, die Entscheidung aber steht aus.

In der Außenwirkung erweist sich die EU-Ökonomie im Vergleich zum Binnenmarkt teilweise als eher schädlich. So haben die garantiepreisbedingten hohen Produktionsüberschüsse im EU-Agrarbereich, die in Entwicklungsländern über Jahrzehnte zu Dumpingpreisen auf die Märkte gelangten, die örtliche Eigenproduktion nicht selten behindert oder zum Erliegen gebracht. Und die Entwicklungshilfen der EU und ihrer Mitgliedstaaten wurden und werden vielfach aufgewogen durch hohe Einfuhrzölle, die die EU für Produkte erhebt, die zu den vorrangigen Exportartikeln solcher Länder gehören.

Die Europäische Union – offenes Projekt oder Modell in Grenzen?

Nach den mit der Einführung des Euro und mit der noch nicht abgeschlossenen Osterweiterung der EU verbundenen tiefgreifenden Veränderungen zeigt die Gemeinschaft angesichts des ausgesetzten Ratifizierungsprozesses der Verfassung Lähmungserscheinungen. Sie resultieren nicht zuletzt aus einer unionsweit geführten, aber gänzlich ungeklärten Debatte über die „Finalität Europas“, die sich um Ziele und Grenzen des europäischen Einigungsprozesses dreht. Dabei handelt es sich einerseits um eine vertikale Komponente: Wie viel supranationale Vertiefung soll künftig noch angestrebt werden?; andererseits um eine horizontale Komponente: Gibt es – und wenn ja, wo – geographische oder kulturelle Grenzen, über die hinaus die EU nicht erweitert werden sollte?

In der vertikalen Dimension stehen einander wiederum die Verfechter möglichst ausgeprägter Souveränintätsvorbehalte der einzelnen Mitgliedstaaten und Befürworter einer engen politischen Union gegenüber. Als Teilschritt in einem Prozess dahin haben manche der letzteren das Modell eines Kerneuropas beziehungsweise eines „Europas unterschiedlicher Geschwindigkeiten“ im Blick, das es einem zu vertiefter Integration entschlossenen Teil der Mitgliedstaaten erlaubte, solche Ansätze sozusagen als Vorhut der übrigen Gemeinschaft zu verwirklichen (wogegen sich andere mit dem Hinweis auf eine Spaltungsgefahr für die Union gewendet haben).

In der horizontalen Dimension geht es gegenwärtig vor allem um die Frage, ob die Aufnahme des Beitrittskandidaten Türkei ernsthaft weiter betrieben werden soll. Gegner führen unter anderem an, dass die EU bereits mit der Osterweiterung im Übermaß gefordert sei, dass der islamische kulturelle Hintergrund nicht zum christlich geprägten Europa passe, dass der außereuropäische geographische Schwerpunkt der Türkei und die Ausdehnung der Binnenmarktfreizügigkeit auf Anatolien sowohl die Stabilität als auch die Identität der Gemeinschaft bedrohen und die EU automatisch in die Konfliktzonen des Nahen Ostens involvieren.

Dem halten Befürworter eines erfolgreichen türkischen Beitrittsprozesses entgegen, dass dem von Atatürk auf säkulare Grundlagen gestellten türkischen Staatswesen die Aufnahme bei Erfüllung der gängigen Beitrittskriterien (siehe oben) seit langem zugesichert sei und dass die Türkei gerade als EU-Mitglied eine kulturell wie strategisch wichtige Brückenfunktion im Verhältnis zwischen westlicher und islamischer Zivilisation übernehmen könne. Mit solchen Einschätzungen ist zum Teil auch die Perspektive einer geographisch gar nicht abgrenzbaren EU verbunden, die ihre integrierende und befriedende Wirkung überall dort entfalten könnte, wo ihre Normen angenommen und ihre Kriterien erfüllt werden.

Quellen

  1. Europ. und Öffentl. Wirtschaftsrecht I; 3. Auflage – Springer, Wien/NewYork
  2. Interview with European Commission President Jose Manuel Barroso on BBC Sunday AM BBC, Sunday, October 15, 2006
  3. Europäische Kommission: The €uro: Our Currency
  4. Europäische Kommission: Kulturelle Zusammenarbeit, auf: dies.: Europäisches Kulturportal (7. Juli 2006)
  5. Europäisches Parlament: Entschließung des Europäischen Parlaments zur kulturellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union (2000/2323(INI)), in: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C72E vom 21. März 2002, S. 144. pdf
  6. Europäische Kommission: Kulturelle Vielfalt, in: dies.: Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Union, Brüssel, Luxemburg: 2006, S. 120f. ISBN: 92-79-00589-8 [1]
  7. http://www.guardian.co.uk/austria/article/0,,191386,00.html US joins campaign to isolate new leaders, in: The Guardian, 5. Februar 2000.
  8. Alle gegen Haider – EU will Österreich wegen Haider isolieren, in: Der Tagesspiegel, 1. Februar 2000.
  9. EU-Weise empfehlen Aufhebung der Sanktionen gegen Österreich, in: Rheinische Post, 8. September 2000 (8. Juli 2006)
  10. Gerd Langguth: EU-Boykott gegen Österreich?, Langfassung des Artikels aus dem Bonner Generalanzeiger vom 8. Februar 2000.

Literatur

Geschichte

  • Niess, Frank: Die europäische Idee - aus dem Geist des Widerstands, Suhrkamp, 2001, ISBN 3-518-12160-X
  • Brunn, Gerhard: Die Europäische Einigung von 1945 bis heute, Reclam, 2002, ISBN 3-15-017038-9

Politikwissenschaft

  • Dinan, Desmond: Ever Closer Union (engl.), Lynne Rienner Pub, 2005, ISBN 1588262340 (sehr detailliertes Standardwerk)
  • Jachtenfuchs, Markus / Kohler-Koch, Beate: Europäische Integration, UTB 2003, ISBN 3825218538
  • Jäger, Thomas / Piepenschneider, Melanie (Hrsg.): Europa 2020. Szenarien politischer Entwicklung, Leske + Budrich Verlag 2002, ISBN 3810013560
  • Kohler-Koch, Beate / Woyke, Wichard (Hrsg.): Die Europäische Union, Bd. 5, Lexikon der Politik, C.H. Beck 1996, ISBN 340636909X
  • Landfried, Christine: Das politische Europa: Differenz als Potenzial der Europäischen Union, 2. Aufl., Nomos, 2005, ISBN 3832910409
  • Pfetsch, Frank R. / Beichelt, Timm: Die Europäische Union. Eine Einführung. Geschichte, Institutionen, Prozesse, UTB 2001, ISBN 3825219879
  • Weidenfeld, Werner (Hrsg.): Die Europäische Union. Politisches System und Politikbereiche (Schriftenreihe der bpb, Bd. 442), Bonn 2004. (wichtiges Standardwerk)

Rechtswissenschaft

  • Keiler, Stephan / Grumböck, Christoph (Hrsg.): EuGH-Judikatur aktuell, Lindeverlag 2006, ISBN 3707306062
  • Thiele, Alexander: Grundriss Europarecht, 5. Aufl., Altenberge 2006, ISBN 3980693228
  • Lecheler, Helmut: Einführung in das Europarecht, 2. Auflage, München 2003
  • Oppermann, Thomas: Europarecht, 3. Auflage, München, 2005

Siehe auch

Weblinks

Commons: Europäische Union – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
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