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St. Martini (Bremen)

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Die Martini-Kirche, daneben die Domtürme
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Die Martini-Kirche, daneben die Domtürme

Die St. Martini-Kirche in der Altstadt von Bremen liegt in unmittelbarer Nähe zur Weser über dem nach ihr benannten Schiffsanleger an der Schlachte und gehört mit zu den ältesten Kirchen der Stadt. Der spätgotische Backsteinbau erlitt 1944 schwere Zerstörungen und wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Die Gründungsgeschichte von St. Martini geht zurück auf Klagen aus der damals 10.000-15.000 Einwohner zählenden Bevölkerung Bremens über geistliche Unterversorgung, die ursächlich mit dem Bau der Stadtmauer Ende des 12. Jahrhunderts zusammenhing, wodurch der weserabwärts gelegenen Teil der Stadt um den Steffensberg mit seinem Sprengel St. Stephani ausgesperrt und damit zweitrangig wurde. St. Veit (Unser Lieben Frauen) war jetzt die einzige Pfarrkirche in der Stadt und weder im Fassungsvermögen bei den Gottesdiensten noch für die Seelsorge ausreichend.

Am 31. Juli 1227 befahl Papst Gregor IX. dem Bremer Erzbischof Gerhard II. die bestehenden Mißstände zu beheben, was 1229 zur Neufestsetzung der Kirchspielgrenzen führte. Neben Unser Lieben Frauen (St. Marien, frühere St. Veits Kapelle) wurden die neuen Sprengel für St. Ansgarii und St. Martini zugewiesen.

Die erste urkundliche Erwähnung von St. Martini als selbständige Pfarrgemeinde datiert demzufolge aus dem Jahre 1229 und ihren Namen erhielt sie nach dem in Frankreich beheimateten Nationalheiligen Sankt Martin (um 316 bis 397), der im Jahre 375 Bischof von Tours wurde und später der Nationalheilige der Franken war.

Die zunächst gebaute Kapelle außerhalb der Stadtmauer sollte den Schiffern und reisenden Kaufleuten auch nach dem Schluss des Stadttors (Fischertor - porta piscatorum, die spätere Erste Schlachtpforte) Gelegenheit zum Kirchgang und zum Hören der Messe geben. Aber St. Martini hat damit eine exponierte und wegen der Gefahr durch Hochwasser unsichere Lage im Westteil der damaligen Balgeinsel direkt am unbefestigten Ufer der Weser zugewiesen bekommen. Noch bis ins 19. Jahrhundert, bis zur Weserkorrektion, kam es trotz Bau einer Wehrmauer 1371 an der Flussseite und mehrfacher Erhöhung des Fußbodens in der Kirche zu Überschwemmungen. Das spiegelt sich auch in einem alten Reim wieder: Sunt Marten – wo de Wind döer weit; wo´t Water döer geiht (Sankt Martin - wo der Wind durch weht; wo das Wasser durch geht).

St. Martini galt jahrhundertelang als die Kirche der Kaufleute. Im Volksmund nannte man sie „Ollermannskarken“ - nach den Älterleuten der Kaufmannschaft, die hier ihren eigenen Altar hatten und als das Collegium Seniorum (die spätere Handelskammer) im zum Gemeindesprengel gehörenden nahegelegenen Haus Schütting vertreten waren.

[Bearbeiten] Geistliches Leben in St. Martini

Blick auf den Chor
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Blick auf den Chor
Blick vom Chor
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Blick vom Chor

Bereits 1524 – also nur sieben Jahre nach dem Anschlag der 95 Thesen durch Martin Luther zu Wittenberg und nur drei Jahre nach dem Reichstag zu Worms – stand mit Johann Timann aus Amsterdam in den Niederlanden erstmals ein lutherischer Prediger auf der Kanzel von St. Martini. 1534 schuf Timann Bremens erste reformatorische Kirchenordnung, die er sich von Luther persönlich bestätigen ließ. Er pflegte enge Kontakte zu den reformatorischen Kreisen in den Niederlanden, die auch in der Folgezeit erhalten blieben. So unterschrieb neben anderen der Martini-Prediger Ludwig Crocius für Bremen die 1618/19 erarbeiteten Dordrechter Artikel, in denen die Theologie des Reformators Johannes Calvin, nach der der irdische Weg des Menschen durch Gott von Geburt an vorherbestimmt ist (Prädestinationslehre), ihren Ausdruck fand.

In St. Martini haben nach der Reformation viele Glaubensrichtungen den Weg der Gemeinde bestimmt. Bekannte Prediger in der pietistischen Periode waren Theodor Undereyck (1670 bis 1693) und Joachim Neander (1679 bis 1680). Gottfried Menken und Georg Gottfried Treviranus vertraten im 19. Jahrhundert den Biblizismus, die buchstäbliche Auslegung des Wortlautes der Heiligen Schrift. Treviranus war Mitbegründer der Inneren Mission, der Evangelischen Allianz und des Deutschen Evangelischen Kirchentages; er führte in Norddeutschland die Konfirmation ein.

1867 trat mit Treviranus’ Nachfolger, Pastor Moritz Schwalb, ein Umschwung ein, wie er sich dramatischer kaum denken lässt. Schwalb vertrat eine freisinnige, später sogar radikal-sozialistische Theologie, die bis in das 20. Jahrhundert auch von den Pastoren Albert Kalthoff und Emil Felden fortgesetzt wurde.

Die St. Martini-Gemeinde vertritt heute die Verkündigung des unverfälschten biblischen Wortes. Ihr 1979 aufgenommenes Bekenntnis fußt auf den Inhalten des Heidelberger Katechismus, den drei altkirchlichen Symbolen (Apostolikum, Athanasianum und Nicänum), und sie weiß sich der Theologischen Erklärung von Barmen von 1934 verpflichtet.

[Bearbeiten] Aus der Baugeschichte

Grundriß im 13./14.Jahrhundert
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Grundriß im 13./14.Jahrhundert

Die früheste Kirche zu St. Martini, eine in Backstein errichtete dreischiffige Basilika, war mit einer äußeren Länge ihres Mittelschiffs von 38,60 m und 24,50 m Gesamtbreite die kleinste Bremer Pfarrkirche. Zu ihrem romanischen Grundriß hätten zwei Türme vor den Seitenschiffen gehört, oder ein Turm vor das Mittelschiff. Gebaut wurde aber nur ein Turm (62 m hoch) vor dem nördlichen Seitenschiff, vielleicht wegen Gründungsschwierigkeiten im Schwemmsand der Balgeinsel. Der Turm ist offenbar, wie eine Baufuge bis zum Erdboden zwischen ihm und dem Nordschiff erkennen läßt, erst nachträglich errichtet worden. Seine monumentale Art belegt eine fortgeschrittene gotische Gestaltung, sein Schaft enthält kein einziges romanisches Bauelement. Im Bereich des Turmes befindet sich der auf den Beginn des 13. Jahrhunderts zurückgehende älteste Teil dieses Gotteshauses. 1384 wurde der Umbau von der Basilika zur Hallenkirche und die Entstehung des feingliedrigen Chores mit seinem reichen plastischen Dekor im Osten der Kirche beendet.

Durch die unmittelbare Lage am Weserfluss musste das unsichere Ufergelände beim Bau des ersten Gotteshauses erheblich aufgeschüttet und befestigt werden und im Laufe der Zeit bestand mehrmals akute Einsturzgefahr. Den Hochwasserstand im Kirchenraum vom März 1881 zeigt eine Beschilderung im vorderen Teil des Südschiffes. Die infolge der 1887 bis 1892 vorgenommenen Weserregulierung eingetretene Grundwasserabsenkung beseitigte zwar die Überschwemmungsgefahr, sie konnte aber der auf Eichenpfahlrosten gegründeten Kirche auf dem labilen Baugrund keine höhere bauseitige Stabilität verleihen.

Im Oktober 1944 erlitt dieser spätgotische Backsteinbau in einer der Bombennächte des Zweiten Weltkrieges schwerste Zerstörungen. Alle Dächer, fast sämtliche markanten Kreuzgewölbe und die Giebelreihe an der Weserseite lagen in Schutt und Asche. Auch der Turmhelm und die Glockenanlage überstanden den Feuersturm nicht. Nur die Umfassungsmauern ragten noch auf.

Gegen Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts begann der Wiederaufbau der Ruine. Die ursprünglich die Sprechakustik so positiv beeinflussenden hölzernen Emporen und das Chorgestühl an der Nordseite des Kirchenraumes blieben bei den Bauarbeiten unberücksichtigt, so dass die Hörbarkeit des gesprochenen Wortes heute mit Hilfe einer Verstärkeranlage unterstützt werden muss.

[Bearbeiten] Ausstattung

Zu den Kleinodien der Kirche gehört heute das vor dem Krieg ausgelagerte Inventar, insbesonders der Orgelprospekt und die hölzerne Kanzel.

Die vormals weißen Fenster wurden nach dem Wiederaufbau durch farbige ersetzt. Das Martinsfenster im Nordschiff, die acht Fenster im Chor und das sogenannte Hohe Fenster in der Südwand wurden durch die Bremer Künstlerin Elisabeth Steineke (†2003) auf handbemaltem Glas gestaltet. Die Wappenfenster in den Seitenschiffen sind Neuschaffungen des Worpsweder Künstlers Werner Rohde.

[Bearbeiten] Die Orgel

Die erste Orgel von St. Martini wurde bereits 1563 urkundlich erwähnt. Der aus den Niederlanden stammende Orgelbauer Marten de Mare erhielt 1603 den Auftrag die Orgel zu erneuern. Christian Bockelmann aus Lüneburg erweiterte zwischen 1616 und 1619 den Orgelprospekt in der heute noch erhaltenen Form. Der berühmte Hamburger Orgelbaumeister Arp Schnitger hat in den Jahren 1707 bis 1709 die Orgel repariert und teilweise erneuert.

Der Orgelprospekt auf der Schwelle zwischen Renaissance und Frühbarock gilt als einer der schönsten seiner Art in Nordeuropa. Er wurde im Zweiten Weltkrieg ausgelagert und blieb dadurch bis heute erhalten. Er zeigt die Verbindung zwischen dem irdischen und dem himmlischen Jerusalem. Zwei Engel und der Psalmsänger König David krönen das Rückpositiv. Darüber thront die himmlische Stadt mit ihren Türmen.

Das alte Orgelwerk (Furtwängler und Hammer, 1894) wurde durch Kriegseinwirkungen 1944 völlig zerstört, da es nicht ausgebaut werden konnte. Beim Wiederaufbau der Kirche gegen Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts schufen die Orgelbauer Jürgen Ahrend und Gerhard Brunzema aus Leer in Ostfriesland ein neues Instrument. Es besitzt drei Manuale, Pedal, 33 Register und zeichnet sich durch einen besonders farbigen, milden Klang mit ausgeprägtem Grundton und brillanten Obertönen aus und erreicht damit eine Annäherung an das Klangideal des 17. und 18. Jahrhunderts. In den Jahren 2004/05 wurde die Orgel gründlich renoviert und mit einer Bach/Kellner-Stimmung versehen. Sie gilt nun als eine Orgel, die vorzüglich für die Wiedergabe Bach´scher Orgelwerke geeignet ist.

Die Martini-Orgel zeigt heute folgende Dispositionen:

Hauptwerk Rückpositiv Brustpositiv Pedal
Praestant  8' Praestant  4' Gedackt  8' Praestant 16'
Bordun 16' Gedackt  8' Blockflöte  4' Octave  8'
Hohlflöte  8' Rohrflöte  4' Principal  2' Octave  4'
Octave  4' Octave  2' Flöte  2' Nachthorn  2'
Spitzflöte  4' Nasat 1 1/3' Cimbel Mixtur
Octave  2' Waldflöte 2' Regal 8' Posaune 16'
Rauschpfeife Sesquialtera Trompete 8'
Mixtur Scharf Trompete 4'
Dulcian 16' Krummhorn 8'
Trompete 8'
Rp/Hw Bp/Hw Hw/Pd Rp/Pd


[Bearbeiten] Die Kanzel

Die Kanzel ist das kostbarste erhaltene Stück der mittelalterlichen Ausstattung. Aus einer alten Urkunde geht hervor, dass „de nie predichstoel“ (der neue Predigtstuhl) – so in der Rechnung bezeichnet – in der Werkstatt des Bremer Holzschnitzers Hermen Wulff 1597 angefertigt wurde. Er stammt somit aus der „Goldenen Zeit Bremens”. Dieser Wendezeit vom 16. zum 17. Jahrhundert verdankt die Stadt viele noch heute existierende Zeugen des einheimischen Kunstwerks.

Auf den Seitenflächen des reich verzierten Kanzelkorbes sind von den sieben Tugenden fünf dargestellt: Klugheit, Liebe Gottes, Gerechtigkeit, Hoffnung und Tapferkeit. Die Schnitzarbeiten waren früher zum Teil unter Farben und Vergoldungen verborgen. Während der Generalrenovierung des Kirchenraumes 1980 wurde die Kanzel wieder in die Mitte des Kirchenschiffes gesetzt und erhielt eine neue Treppe. Die alte Kanzeltreppe, kein Werk von Hermen Wulff und in späterer Zeit angefertigt, führt jetzt zur Orgel hinauf. Vom Schalldeckel, der früher wie eine Krone gestaltet war, sind nur die fünf bekrönenden Ornamentteile erhalten geblieben.

[Bearbeiten] Der Chor

Der nach Osten weisende, erhöht angeordnete spätgotische Chor entstand in den Jahren 1376 bis 1384. Seine beiden Kreuzgewölbe haben figürliche Abschlusssteine und jeder der unteren Kapitelle zeigt ein anderes Motiv. Der Schlussstein im Gewölbe der Apsis stellt die segnende Gestalt Christi als Weltenrichter dar.

Als Ausdruck reformierter Nüchternheit und Strenge von St. Martini steht lediglich im vorderen Teil dieses Raumes ein schlichtes griechisches Messingkreuz, das über einer lichtdurchfluteten „Weltkugel” thront.

Die Scheidelinie zwischen Chorraum und dem übrigen Kirchenschiff bildet der hölzerne Hauptaltar mit dem die Fülle und Vollkommenheit Gottes symbolisierenden schweren, bronzenen, siebenarmigen Tischleuchter. Die in den Gottesdiensten ausliegende große Altarbibel trägt auf ihrem Deckblatt folgende handsignierte Inschrift des verstorbenen Urwaldarztes Albert Schweitzer: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Möge von dieser Bibel, wenn aus ihr im Gottesdienst gelesen wird, der Geist Gottes die Herzen der Menschen bewegen und fähig machen, sich von ihm regieren zu lassen.

[Bearbeiten] Die Fenster im Chorraum

Das siebte Fenster
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Das siebte Fenster

Das erste Fenster stellt die Schöpfungsgeschichte dar. Den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies, Adam arbeitet im Schweiße seines Angesichts auf dem Felde, Kain erschlägt seinen Bruder aus Missgunst und wird aus dem Frieden in die Ruhelosigkeit hinausgetrieben. Die Sintflut vernichtet die Menschheit, nur Noah, der auf Gottes Geheiß eine Arche baut, überlebt mit den Seinen und je einem Paar Tieren die Katastrophe.

Im zweiten Fenster wird der Glaube an den Allmächtigen benannt. Eine Gegenüberstellung des Alten und des Neuen Bundes Gottes mit den Menschen. Im oberen Teil des Fensters ist dieses durch Mose mit den Gesetzestafeln und die Auslegung der Gesetze durch die Bergpredigt Christi veranschaulicht.

Das dritte Fenster zeigt Gestalten aus dem Alten Testament. Es berichtet verständlich von den Prophezeiungen über den verheißenen Messias.

Das vierte Fenster in seiner violetten Grundtönung zeigt neben der Verkündigung der Maria, der Geburt Jesu Christi, der Hochzeit zu Kana, einer Krankenheilung, der Speisung der 5000, der Auferweckung des Lazarus, der Salbung in Bethanien, der Fußwaschung, des Judaskusses sowie der Verleugnung des Heilandes durch Petrus das Leiden und die Kreuzigung des Gottessohnes.

„Auferstanden von den Toten!” Das fünfte Fenster ist das Osterfenster. Es zeigt die Auferstehungsgeschichte nach dem Johannes-Evangelium Kapitel 20 und 21. Das leere Grab, die Erscheinungen des auferstandenen Christus und seine Himmelfahrt in einen goldfarbenen Himmel, wobei das Gold die Weisheit und das Reich Gottes ausdrücken soll.

Das sechste Fenster symbolisiert die Pfingstfreude. Der Heilige Geist gießt aus dem pfingstlichen Rot des Maßwerkes sein Licht über die Jünger aus. Die vier Evangelisten, Matthäus mit dem Zeichen des Engels, Markus (Löwe), Lukas (Stier) und Johannes (Adler) – deren Symbole sich auch an den Beschlägen der Kircheneingangstür befinden – schreiben ihr Wissen über Jesus Christus auf. Aus den ersten Gemeinden von Petrus und Paulus entsteht die Kirche. Auch die römisch-katholische Kirche mit ihrer Hierarchie ist in den Bildern vertreten: Papst, Kardinal, Bischof, Mönch und Nonne. Das Leben in der Gemeinde wird dargestellt durch die Predigt, die Erteilung der Sakramente, das Wirken der Diakonie und das Eingehen der Menschen in die ewige Heimat.

Das siebte Fenster gibt Zeugnis vom Text der Offenbarung des Apostels Johannes Kapitel 1, Vers 12 bis 16. Darunter sind die Engel des Gerichts und das Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen, Jesus Christus mit den Kindern, die anvertrauten Pfunde und der verlorene Sohn abgebildet. Am Fenstergrund liegt in Form eines Drachens das Böse in Ketten gebunden.

Im achten Fenster kommen die Menschen aus allen Nationen, um den Herrn, ihren Gott, anzubeten. Darüber befindet sich eine Stadt mit herrlich geschmückten Toren und dem Strom des lebendigen Wassers, der vom Throne Gottes und des Lammes ausgeht, das himmlische Jerusalem.

[Bearbeiten] Das Martinsfenster und das Martinsrelief

An der Ostseite des Nordschiffes befindet sich das größte Einzelfenster der Kirche. Es erzählt in vielen separaten Bildern die Legende des heiligen Martin. Die Begebenheit, wie Martin seinen Mantel mit einem ihn anflehenden Bettler teilt wird auch in dem mittelalterlichen Sandsteinrelief darunter dargestellt.

Im Fenster befindet sich weiter die Darstellung des Offizierssohnes Martin nachdem er Christ geworden war und den Wehrdienst mit der Waffe verweigerte. Als man ihm Feigheit vorgeworfen hatte, gelobte er vor dem römischen Kaiser, waffenlos in den Kampf zu ziehen. Er ist ohne Schwert und Harnisch, nur ein Kreuz in den Händen haltend, inmitten der umstehenden bewaffneten Kriegsleute abgebildet. Eine andere Darstellungen zeigt ihn als Begründer einer Klosterschule und auf der Flucht über das Meer anlässlich theologischer Auseinandersetzungen.

[Bearbeiten] Das Hohe Fenster

Das Hohe Fenster (Neanderfenster)
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Das Hohe Fenster (Neanderfenster)

An der dem Eingang gegenüberliegenden Südwand befindet sich das Hohe Fenster. Es erinnert an Joachim Neander, der 1679-1680 Früh-Prediger an St.Martini war und seinen hier zum ersten Mal erklungenen Choral Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren. Im unteren Teil des Bildes sieht man Neander an der Orgel, von musizierenden und singenden Menschen umgeben. Darüber Posaunenengel und ein die Herrlichkeit Gottes versinnbildlichendes strahlendes Gelb.

[Bearbeiten] Wappenfenster und Epitaphien

Die Fenster in den Seitenschiffen sind mit Wappen der Bauherren versehen, die in der Zeit von 1376 – 1959 im Dienst von St. Martini standen. In einem Fenster des Südschiffes findet man mit der Jahreszahl 1591, dem Beginn seines Bauherren-Amtes, das Wappen von Henrich Zobel. Er stiftete, 1597 zum bremischen Bürgermeister gewählt, das Portal mit Epitaph zum Neanderhaus an der Südostseite der Kirche, das der Martini-Prediger durchschreiten musste, wenn er zum 5-Uhr-Morgengottesdienst für das Herrschaftsgesinde von seiner Wohnung aus das Gotteshaus betrat. Der über dem Portal angebrachte Zobel-Epitaph entstand 1598.

An der Südwand, rechts und links der Tür zum Kirchgarten mit ihrem schmiedeeisernen Gitter, lehnen zwei wuchtige Wandgrabmäler aus dem frühen Mittelalter.

[Bearbeiten] Kreuzigungsreliefs

Zwei gotische Kreuzigungsreliefs befinden sich in den Seitenschiffen und sind als Kopie auch an der Außenseite der Kirche eingelassen. Das ältere, mit Sonne und Mond in Trauer über dem Gekreuzigten, daneben Maria und Johannes, wurde um 1440 in der flächigen, volkstümlichen Weise der frühen Holzschnitte angefertigt.

Das zweite mit einem Korbbogen abgeschlossenen Relief, das mit der gedrängten Anordnung der drei Gestalten dem spätgotischen Empfinden entsprach, trägt die nur schwer lesbare Inschrift ANNO DOMINI 1474.

[Bearbeiten] Das Tympanon

Portal mit Tympanon aus dem 13. Jh.
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Portal mit Tympanon aus dem 13. Jh.

Das romanische Portal an der Außenfront der Südseite stammt aus der Zeit um 1400 und gehörte zur Martinsbasilika. Es diente als Eingang von der Weserseite, an dem auch der Kirchhof lag, oder wurde beim späteren Umbau zur Hallenkirche hierhin übertragen. Sein stark profiliertes Gewände mit den eingefügten Glasursteinen umschließt ein Tympanonfeld mit seinen seitlichen Pfeilern. Tympanon und Seitenpfosten bestehen aus feinkörnigem Sandstein, der wahrscheinlich an der oberen Weser in der Rehburger Gegend gebrochen wurde.

Das Tympanon ist in Entwurf und Ausführung vermutlich nicht die Arbeit eines Künstlers, sondern eines kunstfertigen Handwerksmeisters und findet wegen der streng symmetrischen Anordnung der Figuren besondere Beachtung. In der stark plastischen Reliefdarstellung thront Christus als Weltgericht unter einem Baldachin mit dem aufgeschlagenen Buch des Lebens in der rechten und einem Bischofsstab in der linken Hand, eingerahmt von zwei Engeln, von denen einer ein Weihrauchfass schwenkt und zu seinen Füßen heben Auferstandene die Deckel ihrer Gräber. Das dargestellte Thema, Christus als Bischof der Seelen, ist in Deutschland höchst selten in bildlicher Form zu finden.

Die Entstehungszeit des Tympanon wird von Fachleuten in das zweite Viertel des 13. Jahrhundert datiert, es gehört mit dem thronenden Christus im Dom zu den ältesten Werken bremischer Plastik.

[Bearbeiten] Das Glockengeläut

St. Martini hatte bis 1917 drei Läuteglocken. Nach einer Kriegs-Metallspende verblieb noch die älteste, 1772 gegossene Glocke im Turm. Sie wurde in der Bombenangriffsnacht im Oktober 1944 zerstört. Dreizehn Jahre danach, im Dezember 1957, wurden drei neue Läuteglocken geliefert und montiert. Die größte, für den Stundenschlag bestimmte c'-Glocke mit einem Gewicht von 2250 kg, bekam die von Manfred Hausmann verfasste Inschrift: Ich will Dich ehren mit jedem Ton, gib uns, o Herr, den Frieden zum Lohn. Zerstört am 5.Oktober 1944 - neugegossen im Advent 1957.

Für das Glockenspiel folgten dann 1962 weitere sechzehn Glocken. Von den insgesamt neunzehn Glocken unterschiedlicher Größe sind siebzehn in das Glockenspiel einbezogen, fünf werden gleichzeitig als Läuteglocken benutzt. Die zwei großen auf c und d eingestimmten Glocken sind reine Läuteglocken. Das Gesamtgewicht aller Glocken soll 9500 kg betragen. Alle Glocken wurden in der Glockengießerei Otto in Hemelingen gegossen, das Glockenspiel stammt aus der Turmuhrenfabrik Eduard Korfhagen & Söhne in Buer bei Melle.

Das Glockenspiel kann automatisch mit Walzen und auch direkt über eine Klaviatur bespielt werden. Zur Herstellung der Walzen wird zunächst die Melodie auf der Klaviatur eingespielt, wodurch jeder Tonanschlag für die entsprechende Glocke ein Loch in das Spezialpapier stanzt. Bei der Wiedergabe tasten Metallfinger das Papier ab und lösen bei einem Loch den Glockenschlag aus.

Die Läute- und Spielglocken haben folgende Tonfolge:

X X X Läuteglocken
Spielglocken
 c   d   f   g  gis  a   h   c'  cis'  d'   e'   f'  fis'  g  gis'  a'   h'   c´´  d´´

Als Turm, Orgel und Glockenspiel am 18.Juli 1962 gemeinsam eingeweiht wurden, läuteten Dom und Martini zusammen zehnstimmig. Das Altstadtgeläut wird als eines der schönsten in Deutschland bezeichnet und hat die Tonfolge:

Dom Dom Martini Dom Martini Dom Martini Martini Martini Martini Martini
G H c' d' d' e' f' g' a' c´´ d´´

Nach der Läuteordnung wird jeden Sonntag zwischen 9:45 und 10:00 Uhr der Gottesdienst eingeläutet. Täglich um 9:15 Uhr, 12:15 Uhr, 15:15 Uhr und 18:15 Uhr sind auf den zwölf Spielglocken, die noch durch fünf der sieben Läuteglocken erweitert werden, in der Adventszeit die Lieder     Macht hoch die Tür, die Tor macht weit ? / i oder     Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein’ höchsten Bord ? / i zu hören. Zwischen Weihnachten und dem Epiphaniastag erklingen „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ oder „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich, in seinem höchsten Thron“. „Mit Freuden zart zu dieser Fahrt laßt uns zugleich fröhlich singen“ oder „Auf, auf mein Herz mit Freuden, nimm wahr, was heut’ geschieht“ sind die Lieder der Osterzeit, während zu Pfingsten die Melodie von „O Heilger Geist, kehr’ bei uns ein“ intoniert wird. An allen anderen Tagen des Jahres ertönt der Choral, den Joachim Neander 1680 in St. Martini schuf: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“. Weitere Inschriften auf den Martini-Glocken:

  • Ich will dich ehren mit jedem Ton, gib uns, o Herr, den Frieden zum Lohn
  • Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit
  • Stund um Stunde geht dahin, denk, o Mensch, an ihren Sinn

[Bearbeiten] Weitere Ausstattung

  • Der Vorraum, durch den der Besucher die Kirche betritt und wieder verlässt, diente in vorprotestantischer Zeit als Marienkapelle. Hier befinden sich die steinernen Wappen des Ratsherren Hermann Müller und des Ältermanns der Kaufleute Berend Vagt.
  • Die beiden Messing-Kronleuchter, die von der Kreuzgewölbedecke des Mittelschiffes herabhängen und deren vordere als sogenanntes Aufsteckschild den Heiligen Martin trägt, werden in alten Inventaren immer wieder mit Stolz erwähnt und sind flämische Arbeiten aus der Zeit um 1650.
  • Das Taufbecken aus Sandstein, in unmittelbarer Nähe der Kanzeltreppe, befand sich bis vor 20 Jahren als Dekoration im Kirchgarten. Seine Entstehungszeit ist unbekannt.
  • Von großer bildnerischer Kraft zeugt der Opferstock am ersten Pfeiler zum Ausgang hin. Er ist ein Werk reinsten Rokokos aus dem Jahre 1766. Die asymmetrische Wandplatte mit der Inschrift Milde Gaben werden von Gott vergolten verbindet sich gediegen mit der rankenbedeckten Steinkommode. Dieser Almosenstock ist wahrscheinlich in der Werkstatt des bedeutendsten Rokoko-Bildhauers Bremens, Theophilus Wilhelm Freese, entstanden.
  • Das Fresko gleich links neben der Ausgangstür stammt aus der Zeit um 1300. Es stellt eine stark fragmentierte Kreuzigungsgruppe dar, die den Brand der Kirche im Oktober 1944, in der Nacht in der die Bomben fielen, als einzige Abbildung ihrer Art im Gotteshaus einigermaßen überstanden hat. Dieses Fresko wird zu den ältesten im norddeutschen Raum gerechnet.

[Bearbeiten] Das Neanderhaus mit Jakobusbrunnen

Das ehemalige Pastorenhaus, ein Anbau aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, schmiegt sich in den Winkel zwischen Südschiff und Chor. Den Namen Neanderhaus trägt das Gebäude nach seinem berühmtesten Bewohner, dem Frühprediger an Sankt Martini Joachim Neander. Eine Inschrift über dem Eingang erinnert an ihn und seinen bekannten Choral:

DER DICHTER JOACHIM NEANDER,*1650, STARB 1680
ALS PREDIGER AN SANKT MARTINI, SEIN LIED: LOBE
DEN HERREN, DEN MAECHTIGEN KOENIG DER EHREN.

Das Portal ist inschriftlich datiert mit ANNO 1639 und trägt in dem nachträglich eingefügten Sandsteingewände mit der Halbkreisarchivolte den Spruch:

GOTT WEILET ALEZEIT MIT SCHUTZ UNT SCHIRM BI SEINER KIRCHE

An der Frontseite des Neanderhauses steht seit 1957 eine Kopie des Jakobusbrunnen mit Jacobus, dem Schutzheiligen der Pilger. Das mittelalterliche Original ist im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden und steht heute im Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Focke-Museum). Der Jakobus, es gibt in Bremen von ihm noch weitere Statuen, erhält einmal im Jahr von der Jacobus-Gesellschaft einen Blumenschmuck.

[Bearbeiten] Ehemalige Pastoren

Bekannte Pastoren an St. Martini und ihre Dienstzeit:

[Bearbeiten] Literatur

  • Kirchenführer St. Martini (Erweiterte Neuauflage 2003)
  • Überarbeitung / Aktualisierung St. Martini (Dr. Eberhard Hagemann)
  • Friedrich Gläbe: Bremen einst und jetzt. Bremen 1955
  • Friedrich Gläbe: Die Unterweser. Bremen 1963
  • Claus Heitmann: Von Abraham bis Zion, Die Bremische Evangelische Kirche. 2.Auflage. Edition Temmen, Bremen 2000, ISBN 3-86108-619-0
  • Bodo Heyne: Hospitium Ecclesiae, Forschungen zur Bremischen Kirchengeschichte. Bd. 8, Bremen 1973
  • Dr. Dr. Georg H. Huntemann: Diese Kirche muß anders werden. Bad Liebenzell 1979
  • Fr. Iken: Joachim Neander, Sein Leben und seine Lieder. Bremen 1880
  • Friedrich Krüger: Joachim Neander, Aus seinem Leben und seinem Wirken. Hilden 1957
  • Dr. Walter Schäfer: Georg Gottfried Treviranus. Verden 1963
  • Hans Scheidulin / Dr. Werner Kloos / Dr. Jürgen Wittstock: Alte Kirchen in und um Bremen. Bremen 1982
  • Otto Veek: Geschichte der Reformierten Kirche Bremens. Bremen 1909
  • Wolfgang Wehowsky (Hrsg.): St. Martini zu Bremen, Eine Gemeinde und eine Kirche im Wandel der Zeiten. Bremen 1960

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Kategorie: St. Martini – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Siehe auch

Koordinaten: 53° 4' 30" N, 8° 48' 15" O

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