Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Sankt Petersburg - Wikipedia

Sankt Petersburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel behandelt die Stadt in Russland, andere Bedeutungen unter Sankt Petersburg (Begriffsklärung)
Wappen Karte
Wappen St. Petersburg in Europa
Basisdaten
Staat: Russland
Föderationskreis: Nordwestrussland
Gemeindeart: Stadt mit Subjektstatus
Fläche: 2.000 km²
Einwohner: 4.790.000 (1. Januar 2005)
Bevölkerungsdichte: 2.300 Einwohner je km²
Höhe: 3 Meter ü. NN
Postleitzahlen: 190000-199406
Telefonvorwahl: +7 812
Geographische Lage: Koordinaten: 59° 56' N, 30° 16' O 59° 56' N, 30° 16' O
Kfz-Kennzeichen: 78, anschließend 98
Stadtgliederung: 20 Stadtbezirke
Adresse
der Stadtverwaltung:
Russland,
St. Petersburg,
191060, Smolny
Offizielle Website: www.gov.spb.ru
E-Mail-Adresse: gov@gov.spb.ru
Politik
Gouverneurin Walentina Iwanowna
Matwijenko
Liste der Städte in Russland
Peter-und-Paul-Festung. In der Mitte die beiden vergoldeten Türme der Peter-und-Paul-Kathedrale
vergrößern
Peter-und-Paul-Festung. In der Mitte die beiden vergoldeten Türme der Peter-und-Paul-Kathedrale

Sankt Petersburg (russisch Санкт-ПетербургSankt-Peterburg, oft auch kurz Питер – Piter genannt), gegründet 1703 als Sankt-Pieterburch, kurz darauf in Sankt Petersburg umbenannt, von 1914 bis 1924 als Petrograd (Петроград), und von 1924 bis 1991 als Leningrad (Ленинград) bezeichnet (alle vier Namen     anhören ? / i), ist mit über vier Mio. Einwohnern nach Moskau die zweitgrößte Stadt Russlands und eine der größten Städte Europas. Die Stadt liegt im Nordwesten des Landes, an der Mündung der Newa am Ostende des Finnischen Meerbusens. St. Petersburg ist die nördlichste Millionenstadt der Welt.

Die Stadt war vom 18. bis ins 20. Jahrhundert die Hauptstadt des russischen Reiches, ist ein europaweit wichtiges Kulturzentrum und beherbergt den wichtigsten russischen Ostsee-Hafen. Die Innenstadt ist Weltkulturerbe der UNESCO.

Inhaltsverzeichnis

Der Name der Stadt

Denkmal für Peter den Großen
vergrößern
Denkmal für Peter den Großen
Lenin-Statue gebaut in Leningrad. Das Gebäude im Hintergrund sollte ursprünglich als Sitz der Stadtverwaltung dienen, zum Größenvergleich: rechts unten sind Menschen
vergrößern
Lenin-Statue gebaut in Leningrad. Das Gebäude im Hintergrund sollte ursprünglich als Sitz der Stadtverwaltung dienen, zum Größenvergleich: rechts unten sind Menschen

Anders als oft angenommen wird, hat Peter der Große die Stadt nicht nach sich selbst benannt, sondern nach seinem Schutzheiligen, dem Apostel Simon Petrus. Nachdem die Festung kurzzeitig den niederländischen Namen Sankt-Pieterburch trug, wurde sie schon früh in das deutsche Sankt-Peterburg umbenannt. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde der deutsche Name zu Petrograd russifiziert. Nach Lenins Tod 1924 wurde die Stadt in Leningrad umbenannt. Dies geschah auf Antrag der damaligen Petrograder Parteiführung und nach deren Angaben auf Wunsch der Arbeiter, die Lenins Tod betrauerten.

Der erneute Namenswechsel der Stadt wurde vom Zentralkomitee damit begründet, dass in ihr die von Lenin geführte Oktoberrevolution stattgefunden hatte. Auf der Ebene der Symbolpolitik gab es aber tiefere Gründe: Sankt Petersburg stand für das zaristische Russland und war die Vorzeigestadt des Zarenreichs gewesen. Schon damals war Sankt Petersburg die zweitgrößte Stadt des Landes und das bedeutete großes Prestige für den neuen Namensgeber. Die Umbenennung in Leningrad symbolisierte den Wechsel des sozialen wie politischen Systems an einer hervorgehobenen Stelle. Als solcher wurde er auch wahrgenommen.

Im Volksmund wurde aber auch nach der Umbenennung oft die Abkürzung Pieter (russisch Питер) als Kosename verwendet.

Die Dichterin Anna Achmatowa schrieb 1963 in ihrem Poem ohne Held, offenbar an ihren guten Freund und von ihr als „Zwilling“ bezeichneten Ossip Mandelstam gerichtet, der Opfer der stalinistischen Säuberungen wurde: In Petersburg werden wir uns wieder sehen..., Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky schrieb 1987 in Erinnerungen an Leningrad:

„Leningrad, so sehr ich diesen Namen für die Stadt verabscheue. ... Von der Nation wird diese Stadt entschieden als Leningrad erlebt; mit der zunehmenden Vulgarität dessen, was sie umfasst, wird sie mehr und mehr zu Leningrad. Außerdem klingt dem russischen Ohr "Leningrad" als Wort bereits so neutral wie "Bau" oder "Wurst". Und doch sage ich lieber "Pieter", denn ich erinnere mich an diese Stadt in einer Zeit, wo sie noch nicht wie "Leningrad" aussah.“

Joseph Brodsky: Erinnerungen an Leningrad, 1987

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion führte eine Volksabstimmung 1991 zu einer knappen Mehrheit zugunsten der Rückbenennung in Sankt Petersburg. Gleichzeitig wurden auch Straßen, Brücken, Metro-Stationen und Parks wieder rückbenannt. Im Zusammenhang mit historischen Ereignissen wird nach wie vor der zum Ereignis "passende" Name genutzt, z.B. „Heldenstadt Leningrad“ beim Gedenken an den Zweiten Weltkrieg.

Das umliegende Verwaltungsgebiet (föderative Einheit) Oblast Leningrad (russ. Leningradskaja Oblast) behielt nach einer Volksabstimmung den alten Namen.

Geographie

Satellitenaufnahme von Petersburg und Umgebung: Von links nach rechts Finnischer Meerbusen, Sankt Petersburg, Ladogasee. Links oben die Landesgrenze zu Finnland, in der Bucht vor Petersburg die Inselfestung Kronstadt und davon ausgehend der Damm vor Petersburg
vergrößern
Satellitenaufnahme von Petersburg und Umgebung: Von links nach rechts Finnischer Meerbusen, Sankt Petersburg, Ladogasee. Links oben die Landesgrenze zu Finnland, in der Bucht vor Petersburg die Inselfestung Kronstadt und davon ausgehend der Damm vor Petersburg
Historische Karte (um 1888)
vergrößern
Historische Karte (um 1888)
Gribojedow-Kanal. Einer der vielen Kanäle in St. Petersburg
vergrößern
Gribojedow-Kanal. Einer der vielen Kanäle in St. Petersburg
Industrie- und Hafenanlagen an der Newa
vergrößern
Industrie- und Hafenanlagen an der Newa

Die ursprünglich in einem Sumpfgebiet gebaute Stadt liegt an der Mündung der Newa in den Finnischen Meerbusen. Das Stadtgebiet umfasst etwa 606 km² (etwa 2000 km² einschließlich der administrativ seit 1999 zu Sankt Petersburg gehörenden Vororte wie z.B. Peterhof und Puschkin), davon ca. 10% Wasser. Die Stadt besteht aus 42 Inseln. Ursprünglich waren es mehr, zahlreiche Kanäle zwischen ihnen sind jedoch mittlerweile zugeschüttet worden. Die Stadt selbst musste zwei bis vier Meter hoch gebaut werden. Die Newa-Mündung befindet sich nämlich ungefähr auf Meereshöhe, und die ersten Bauarbeiter stießen in wenigen Zentimetern Tiefe auf Grundwasser. Die Ufer wurden schon früh mit Granitgestein befestigt, das Sankt Petersburg nicht nur vor dem Wasser schützt, sondern auch viel zum spezifischen Stadtbild beiträgt. Alexander Puschkin beschrieb es als: Die Stadt kleidet sich in Granit.

Durch ihre Lage wenige Meter über dem Meeresspiegel ist die Stadt stets durch Hochwasser bedroht. Das in der Nähe gelegene Kronstadt ist ein Referenzpunkt für Normalnull – der Punkt liegt etwa 15 cm tiefer als der in Deutschland gültige Amsterdamer Pegel und ist in großen Teilen Osteuropas und war in den neuen Bundesländern bis 1993 Referenzpunkt für Höhenmessungen. Die Stadt ist oft ein Opfer von Überschwemmungen geworden. Die offizielle Statistik zählt seit der Stadtgründung 295 Überschwemmungen (Stand: 2003), davon allein 44 seit 1980. Die schlimmsten Fluten waren 1824 (je nach Statistik 200 bis 500 Tote) und 1924.

Klimadiagramm von Sankt Petersburg
vergrößern
Klimadiagramm von Sankt Petersburg[1]

Sankt Petersburg liegt auf dem selben Breitengrad wie die Städte Oslo und Stockholm sowie der Südteil Alaskas und die Südspitze Grönlands. Es hat ein typisches Meeresklima, das Wetter ist wechselhaft und kann innerhalb kurzer Zeit umschlagen. Die Sommer sind vergleichsweise mild mit Durchschnittstemperaturen von 19 bis 22 °C, im Winter sinken die Durchschnittstemperaturen allerdings auf –4 bis –8 °C. Aufgrund der Lage wird es zur Zeit der Sommersonnenwende auch nachts nicht vollständig dunkel (sog. "weiße Nächte").

Die Newa ist mit 74 km zwar ein sehr kurzer, aber auch einer der wasserreichsten Flüsse Europas. Sie wird bis zu 600 m breit und hat eine starke Strömung. Von den 74 Kilometern seiner Strecke liegt der Fluss rund 28 Kilometer lang innerhalb des Stadtgebiets von Sankt Petersburg.

Bis in das 19. Jahrhundert hinein genügte die Biologie der relativ flachen Bucht der Newa allein, um das Abwasser aus St. Petersburg zu reinigen. Selbst heute machen die Abwässer der fast 5 Millionen Einwohner zählenden Industriestadt erst 2 % der Gesamtwassermenge der Newa aus. Mitte des 19. Jahrhunderts jedoch brachen erste wassergebundene Epidemien wie Cholera und Typhus aus. Allein während der Typhus-Epidemie von 1908 starben etwa 9.000 Menschen. Durch eine Änderung der Einleitungsbedingungen konnte dem Problem ab 1910 vorerst abgeholfen werden. In den 1950ern und 1960ern sorgte der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen erneut für eine Eskalation des Abwasserproblems. Hinzu kam die stärkere Verschmutzung der Newa an ihrem Flusslauf – sie entwässert den Ladogasee, an dessen Ufer zahlreiche Fabriken liegen und der selbst über seine Zubringer das Schmutzwasser zahlreicher russischer Städte aufnimmt. Eine Kläranlage wurde gebaut, allerdings erreichen bis heute 25 bis 30 % der städtischen Abwässer ungeklärt den Fluss und die Bucht. In der Bucht leben vor allem Süßwasser-, aber auch einige Brackwasserbewohner. Das biologische System ist hoch veränderlich und leidet unter menschlichen Eingriffen. Zusammen mit Moskau gilt Petersburg als eine der am stärksten verschmutzten Städte Russlands. Laut Greenpeace leben etwa 200.000 Einwohner der Stadt in den so genannten Health-Protection-Zonen, in denen das Leben aus gesundheitlichen Gründen eigentlich verboten ist.

Seit 1978 ließ die sowjetische Regierung den Petersburger Damm quer durch die Newa-Bucht bauen, um die Stadt vor Überschwemmungen zu schützen. Im Gegensatz zu den meisten Überflutungen durch Flüsse rühren die Überschwemmungen an der Newa nicht daher, dass der Fluss von seinem Oberlauf mehr Wasser mitbringt, sondern daher, dass Westwind in den Finnischen Meerbusen drückt und den Abfluss des Wassers verhindert oder in extremen Fällen die Fließrichtung umkehrt. Die Konstruktion wurde Ende der 1980er aus Gründen des Umweltschutzes abgebrochen: Der Damm störte die Zirkulation des Küstenwassers, große Teile des Wassers standen still, die Wasserqualität sank erheblich. Befürchtungen gehen dahin, dass die gesamte Bucht sich in einen Sumpf verwandeln könnte. Der Damm soll seit 1990 mit niederländischer Hilfe und Unterstützung der Europäischen Investitionsbank weiter gebaut werden. Da die Umweltschutzargumente gegen den Damm aber weiterhin vorhanden sind, ist das Thema in der Stadt sehr umstritten.

Stadtbezirke (Rajons)

Rajon Russischer Name Einwohner
1. Januar 2004
Einwohner
1. Januar 2005
Admiralität Адмиралтейский район 184.400 181.704
Frunse Фрунзенский район 402.700 398.994
Kalinin Калининский район 467.200 464.570
Kirow Кировский район 336.100 332.413
Kolpino Колпинский район 174.800 176.213
Krasnoje Selo Красносельский район 304.300 302.890
Kronstadt Кронштадтский район 43.100 42.992
Kurort Курортный район 67.100 67.235
Lomonossow Ломоносовский район 37.300 37.420
Moskau Московский район 272.400 268.873
Newa Невский район 434.500 435.097
Pawlowsk Павловский район 16.100 16.006
Petrodworez Петродворцовый район 76.800 77.574
Petrograd Петроградский район 131.500 128.469
Primorsk Приморский район 397.500 401.609
Puschkin Пушкинский район 101.000 103.009
Krasnogwardeisk Красногвардейский район 330.200 327.484
Wassiljewski-Insel Василеостровский район 198.700 196.815
Wyborg Выборгский район 417.300 414.812
Zentrum Центральный район 231.100 225.821

Geschichte

Vorgeschichte, Gründung und Aufbau der Stadt

Peters Sommerresidenz Peterhof: Große Kaskade, im Hintergrund der finnische Meerbusen
vergrößern
Peters Sommerresidenz Peterhof: Große Kaskade, im Hintergrund der finnische Meerbusen

Die Stadtgründung von St. Petersburg ist Gegenstand eines um Peter den Großen gewobenen Mythos. Danach soll der weitsichtige Zar, bereits bei deren erstem Anblick, eine unbewohnte und öde Sumpflandschaft an der Newa-Mündung zum Standort seiner zukünftigen Hauptstadt, einem "Fenster zum Westen" für Russland, auserkoren haben. Die wortmächtigste und am häufigsten zitierte Ausformulierung dieses Mythos von der eine "Hauptstadt aus dem Nichts" erschaffenden Willenskraft Peters des Großen findet sich in dem Gedicht „Der eherne Reiter“ (1834) von Alexander Puschkin.

Tatsächlich ignoriert diese populäre Erzählung von den Ursprüngen St. Petersburgs jedoch, dass der Bereich der unteren Newa schon lange zuvor Teil einer Kulturlandschaft war, dem Ingermanland, wo seit dem 10. Jahrhundert Vertreter verschiedener finno-ugrischer Völker größtenteils von der Landwirtschaft lebten. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts stritten Schweden und Nowgorod unentschieden um eine Kontrolle über das Gebiet. Eine schwedische Siedlung an diesem Ort wurde angeblich im Jahr 1301 zerstört, danach einigte man sich darauf, die Region als Pufferzone zwischen den Einflusssphären zu betrachten, in der keine Festungen errichtet werden durften.

In den folgenden Jahrhunderten wurde das Gebiet zumindest als Landungsstelle für die Newa befahrende Schiffe, möglicherweise aber auch als Handelsplatz genutzt. Letzteres gilt sicher für die Zeit einer erneuten schwedischen Dominanz in der Region nach der Errichtung der Festung Nyenschanz im Jahr 1611 und der sie bald umgebenden Siedlung Nyen. Beide lagen auf dem Stadtgebiet des heutigen St. Petersburg am nördlichen (oder rechten) Ufer der Newa. Es gibt auch Hinweise auf größere städtebauliche Ambitionen der Schweden für Nyen im 17. Jahrhundert. Allerdings erlebten diese einen herben Rückschlag als Siedlung und Festung 1656 während des 1.Nordischen Krieges von russischen Truppen zerstört wurden.

Dem baldigen Wiederaufbau folgte am 1. Mai 1703, während des Großen Nordischen Krieges, die endgültige Eroberung von Nyenschanz durch die newaabwärts vorrückenden Russen unter Scheremetjew. Nyen war zu diesem Zeitpunkt bereits von den Schweden selbst präventiv geräumt und teilweise zerstört worden. Das Ende von Nyen und Nyenschanz markierte gleichzeitig den Beginn der Stadtgeschichte von St. Petersburg. Offiziell verbindet man diesen mit dem Datum 16. Mai 1703 (nach dem damals in Russland gültigen julianischen Kalender) bzw. 27. Mai 1703 (nach dem gregorianischen Kalender). An diesem Tag wurde auf einer Nyenschanz gegenüber gelegenen Insel im Newa-Delta der Grundstein für die nach dem Namenspatron des Zaren benannte Peter-und-Paul-Festung gelegt (in alten Urkunden und Karten findet sich neben der deutschen Bezeichnung Sankt Petersburg auch die holländische Sankt Piter Bourgh oder St.Petersburch).

Entgegen dem zuvor zitierten Mythos gibt es keine Quellen, die glaubhaft belegen würden, dass Peter der Große das Bollwerk von Beginn an als Keimzelle einer größeren Siedlung oder gar seiner zukünftigen Hauptstadt ansah. In erster Linie sollte die Peter-und-Paul-Festung zunächst wohl die Funktion von Nyenschanz übernehmen, also die Newa-Mündung strategisch absichern, nur jetzt für die Russen. Die äußeren Bedingungen für eine Stadtgründung waren, soweit stimmt die Überlieferung, auch denkbar ungeeignet. Das Delta wurde häufig von Überschwemmungen heimgesucht, ein Großteil der Gegend war nicht einmal für die Landwirtschaft geeignet. Nur einige Fischer hielten sich hier in den Sommermonaten auf. Auch später sollte es aufgrund der ungünstigen Lage immer wieder zu Überschwemmungen kommen, bei denen unzählige Bewohner ihr Leben ließen.

Erst ab dem Jahr 1706 ist, durch die Zwangsrekrutierung zahlreicher Leibeigener für die Bauarbeiten an der Newa-Mündung, ein wirklicher Plan für die Errichtung einer neuen Stadt erkennbar. Sobald dieses Ziel vor Augen stand, wurde es mit großem Nachdruck und mit Rücksichtslosigkeit von Zar Peter in wenigen Jahren umgesetzt. Während die Stadt in ihren Grundmauern erstand, verbot er die Errichtung von Steingebäuden in ganz Russland außerhalb Sankt Petersburgs – jeder verfügbare Steinmetz sollte an der Erbauung der neuen russischen Hauptstadt arbeiten. Die Flucht von Arbeitern aus der Stadt und vom oft tödlichen Bauprojekt wurde mit harten Strafen geahndet.

1706 wurden 30.000 Leibeigene im russischen Reich zwangsrekrutiert, 1707 waren es 40.000. Ungefähr die Hälfte von ihnen schaffte es, auf dem Weg nach Nordwesten zu fliehen. Schon während der Errichtung der Stadt kamen vermutlich Zehntausende von Zwangsarbeitern und Leibeigenen ums Leben. Sie starben an Sumpffieber, Skorbut, an der Ruhr oder einfach an Hunger und Entkräftung. Große Teile der Stadt sind auf Pfählen im Boden errichtet, aufgrund der großen Zahl von Toten beim Bau sprechen viele Leute davon, dass sie eigentlich auf Skeletten ruht. Zudem befand Russland sich noch bis 1721 im Krieg gegen Schweden, mehrere Gefechte fanden in der Nähe der gerade gegründeten Zarenresidenz statt. Erst nachdem die Schweden 1709 in der Schlacht bei Poltawa geschlagen sind, kann die Stadt weitgehend als gesichert angesehen werden.

Kupferstich: Sankt Petersburg und Newa (1761)
vergrößern
Kupferstich: Sankt Petersburg und Newa (1761)

Da auch der russische Adel nicht bereit war, in die Stadt zu ziehen, beorderte Peter sie ebenfalls nach Sankt Petersburg. Sie mussten mit ihrem gesamten Haushalt in die Stadt ziehen, in Häuser, deren Stil und Größe genau festgeschrieben waren – selbstverständlich auf eigene Kosten. 1714 standen in Sankt Petersburg etwa 50.000 bewohnte Häuser, die Stadt war die erste in Russland, die eine offizielle Polizei sowie eine effektiv funktionierende Feuerwehr hatte. Die Innenstadt wurde abends und nachts künstlich beleuchtet, die Bewohner dazu angehalten, Bäume zu pflanzen.

Dass Peter der Große dennoch diesen Ort für seine neue Hauptstadt auswählt, ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass hier vorzüglich ein Seehafen angelegt werden kann und zudem der Anschluss an das binnenrussische Flusssystem gegeben ist. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass das Stadtwappen neben dem Zepter einen See- und einen Binnenanker zeigt. Des weiteren ist die Nähe zu Westeuropa ausschlaggebend, geht es Peter dem Großen doch darum, wie Alexander Puschkin es später ausdrückt, ein „Fenster nach Europa“ zu öffnen.

St. Petersburg wird Hauptstadt

Das Bauprogramm des Zaren kann nur mit drastischen Maßnahmen durchgeführt werden. Baumaterialien sind an der Newamündung ein seltenes Gut. So wird 1710 ein Erlass herausgegeben, nach dem jeder Einwohner der Stadt jährlich 100 Steine abliefern oder aber eine hohe Geldstrafe zahlen muss. Auch jedes Frachtschiff, das die Stadt anlief, musste einen bestimmten Prozentsatz der Ladung Steine anliefern. Ein Erlass von 1714 besagt, dass Steinbauten nur noch in St. Petersburg gebaut werden dürfen (dieser Erlass wurde erst 1741 wieder aufgehoben). Die drakonischen Erlasse des Zaren zeigen Erfolg: Schon 1712 erklärt Peter der Große Sankt Petersburg anstelle von Moskau zur Hauptstadt des Russischen Kaiserreiches. Beim Adel stößt die Maßnahme auf wenig Begeisterung, nur ungern gibt man die bequemen Wohnsitze in Moskau auf.

Die Blütezeit der Stadt

Katherinenhof, Gartenansicht
vergrößern
Katherinenhof, Gartenansicht

Peter, einer der Pioniere der Industriespionage, ließ Handwerker und Ingenieure aus ganz Europa, insbesondere aus den Niederlanden, kommen, die die Stadt von Anfang an zu einem Zentrum europäischer Technik und Wissenschaft machen sollten. 1712 wurde die Stadt offizielle Hauptstadt Russlands. Bis auf ein kleines Intermezzo in den Jahren 1728 bis 1732, als der Hof in Moskau weilte, sollte die Stadt bis 1918 Hauptstadt bleiben.

Nachdem Peter der Große 1725 verstarb, legte sich der Enthusiasmus der russischen Herrscher für das Fenster zum Westen. Moskau wurde wieder Hauptstadt. Erst Zarin Anna kehrte wieder nach Sankt Petersburg zurück. Die Stadt wurde erneut Hauptstadt, Annas stadtplanerische Entscheidungen prägen die Stadt noch heute. Sie verlegte sowohl das Stadtzentrum von der heute so genannten Petrograder Seite auf die Admiralitätsseite der Newa, zum anderen legte sie die bis heute wichtigsten Hauptstraßen, den Newski Prospekt, die Gorochowaja Uliza und den Wosnessenski Prospekt an. Trotzdem residierte sie weiterhin lieber und öfter in Moskau.

Die "Zwölf Kollegien", unter Peter I. Sitz der russischen Ministerien
vergrößern
Die "Zwölf Kollegien", unter Peter I. Sitz der russischen Ministerien

Zarin Elisabeth (1741–62) und vor allem Katharina die Große (1762-92) setzten wieder auf eine verstärkte Öffnung des Reichs nach Westen, indem sie Künstler und Architekten nach St. Petersburg holten. In der Zeit Elisabeths entstanden die meisten der Prunkbauten, die bis heute das Stadtbild bestimmen, sie ließ unter anderem den Winterpalast, das Smolny-Kloster bauen. Den Katharinenpalast ließ sie zu Ehren ihrer Mutter umgestalten, der Stil Francesco Rastrellis begann die Stadt zu prägen.

Die neben Peter wahrscheinlich wichtigste Gestalt in der Geschichte der Stadt ist Katharina II. ("die Große"), die 1762 den Thron bestieg. Sie sah sich – zumindest bis die Französische Revolution ausbrach – dem Geist der Aufklärung verpflichtet und setzte auf Bildung und Kunst. Katharina II. gründete in ihrer Zeit 25 akademische Einrichtungen sowie mit dem Smolny-Institut die erste staatliche russische Schule für Mädchen. Das Reiterstandbild Peters des Großen, ein Wahrzeichen der Stadt, stammt ebenfalls aus dieser Zeit.

Winterpalast (beherbergt heute die Eremitage) von der Newa aus aufgenommen
vergrößern
Winterpalast (beherbergt heute die Eremitage) von der Newa aus aufgenommen

Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte die Stadt eine Blütezeit, vorerst vor allem auf kulturellem, später auch auf wissenschaftlich-technischem Gebiet. Die erste russische Ballettschule entstand 1738 in der Stadt. 1757 eröffnete die Akademie der Künste, in der bis heute Maler, Bildhauer und Architekten ausgebildet werden. Theater und Museen, höhere Schulen und Bibliotheken entstanden. 1783 eröffnete das Mariinski-Theater, in dem später die großen Nationalopern Michail Iwanowitsch Glinkas aufgeführt werden sollten. 1819 entstand aus dem Pädagogischen Institut die Petersburger Universität.

Die Aufhebung der Leibeigenschaft in Russland durch Zar Alexander II. sorgte ab 1861 dafür, dass zahlreiche Menschen in die Stadt einwanderten. Die Bevölkerungszahl schnellte innerhalb weniger Jahre empor.

Schriftsteller und Intellektuelle schlossen sich in literarischen Kreisen zusammen und gaben Wörterbücher und Zeitschriften heraus. Zu den wichtigsten Zeitschriften zählen etwa der Polarstern von Rylejew und Bestuschew oder Puschkins Sowremennik (Der Zeitgenosse).

Aufstände, Attentate, Revolutionen

Grabmal der letzten Zarenfamilie in der Peter-Paul-Kathedrale
vergrößern
Grabmal der letzten Zarenfamilie in der Peter-Paul-Kathedrale

In der Soldaten- und Regierungsstadt Sankt Petersburg fanden bis 1918 alle wichtigen Revolten und Revolutionen der russischen Geschichte statt, der Dekabristenaufstand 1825 ebenso wie die Ereignisse, die langfristig zur Gründung der Sowjetunion führten. In St. Petersburg nahmen Ende des 19. Jahrhunderts Unruhen und kleinere Aufstände zu. Die Stadt war Schauplatz zahlreicher Attentate gegen Mitglieder des Zarenhofs und der russischen Verwaltung; unter anderem wurde Alexander II. hier 1881 ermordet.

Revolutionäre Parteien und Vereinigungen gründeten sich, die von der Polizei blutig verfolgt wurden. In Sankt Petersburg begann mit dem Petersburger Blutsonntag die Revolution von 1905 bis 1907. Als Folge wurde die zweite Duma der russischen Geschichte in der Stadt eröffnet, sie blieb politisch allerdings einflusslos. Auch die Februarrevolution 1917 fand vor allem in St. Petersburg statt. Das Startsignal für die Oktoberrevolution 1917 gab ein Schuss des Kreuzers Aurora im Petrograder Hafen. Der nahe gelegene Hafen von Kronstadt bildete das Zentrum eines anarchistisch und rätekommunistisch inspirierten Matrosenaufstands gegen die Diktatur der Bolschewiki, der von Leo Trotzki blutig niedergeschlagen wurde. Lenin erklärte Moskau (wieder) zur sowjetischen und russischen Hauptstadt. Die Bevölkerung der Stadt sank innerhalb weniger Jahre durch Bürgerkrieg und die dadurch verursachte Hungersnot ebenso wie sekundär durch den Statusverlust und den Umzug der gesamten Regierung und Verwaltung nach Moskau erheblich.

Leningrad

Panzerkreuzer Aurora, der heute vor der Kadettenakademie liegt
vergrößern
Panzerkreuzer Aurora, der heute vor der Kadettenakademie liegt

Nach dem Tode Lenins wurde die ehemalige Stadt der Zaren in Leningrad umbenannt. Das Machtzentrum der UdSSR verschob sich dennoch immer mehr nach Moskau. Hatten die Funktionäre der KPdSU in Leningrad anfangs noch gesamtstaatlichen Einfluss, änderte sich das mit dem Ausbau der persönlichen Macht Stalins. 1934 wurde im Rahmen der stalinistischen Säuberungen der populäre Leningrader Parteichef Sergei Kirow in seinem Büro ermordet, der ehemalige Vorsitzende des Petrograder Sowjets Grigori Sinowjew fiel einem Schauprozess zum Opfer, ein anderer ehemaliger Vorsitzender des Petrograder Sowjets Leo Trotzki wurde 1940 im mexikanischen Exil ermordet.

Auch in der Stadtplanung zeigte sich die Auseinandersetzung zwischen Moskau und Leningrad. Der Generalplan von 1935 sah vor, das Stadtzentrum nach Süden zu verlegen, an den neu geschaffenen Moskauer Platz am Moskauer Prospekt. Zentrum Leningrads sollte das an dessen Ostseite gelegene Haus der Sowjets werden, ähnlich dem für Moskau geplanten Palast der Sowjets. Der Moskauer Platz und seine Umgebung sind in der Form des typischen Zentrums der Sozialistischen Stadt angelegt, wie man es dutzendfach in der ehemaligen Sowjetunion finden kann. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und materielle Schwierigkeiten bedeuteten schließlich das Aus für die Verlegung des Zentrums. Der Platz ist bis heute der größte der Stadt. Beobachter werten den Leningrader Generalplan allgemein als Angriff auf das alte Petersburg. Durch die Verlegung des Zentrums sollte das alte St. Petersburg abgewertet werden. Form und Benennung (Moskauer Platz, Moskauer Prospekt) der neuen Mitte sollten der Stadt ihre Besonderheit nehmen und sie zu einer unter vielen Sowjetstädten machen.

Während des 2. Weltkrieges wurde die Stadt fast 900 Tage lang von deutschen Truppen unter Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb belagert. In der Zeit der Leningrader Blockade vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944, in der die Wehrmacht auf Befehl Hitlers keine Eroberung Leningrads versuchte, sondern stattdessen die Stadt systematisch von jeglicher Versorgung abschnitt, starben über eine Million Zivilisten. Eine geheime Weisung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 23. September 1941 lautete: „Der Führer ist entschlossen, die Stadt Petersburg vom Erdboden verschwinden zu lassen. Es besteht nach der Niederwerfung Sowjetrusslands keinerlei Interesse am Fortbestand dieser Großsiedlung.“ Ab Frühjahr 1942 wurde das historische Ingermanland, zu dem ein Großteil des Gebietes von Leningrad gehörte, dann als „deutsches Siedlungsgebiet“ in die Annexionspläne des Generalplan Ost mit einbezogen. Das implizierte den Genozid an den etwa drei Millionen Einwohnern Leningrads, die bei dieser „Neuordnung des Ostraums“ keinen Platz mehr gehabt hätten.

In der Zeit der deutschen Belagerung Leningrads konnten Nahrungsmittel zur Versorgung der Millionenstadt nur unter großen Gefahren per Flugzeug oder im Winter über den vereisten Ladogasee per Bahn und LKW nach Leningrad gebracht werden. Die Route über den See lag im Schussfeld der Wehrmacht, im Schnitt kam von drei gestarteten LKW einer in Leningrad an. Besonders dramatisch war die Situation im Jahr 1941. Durch Luftangriffe wurde ein Großteil der Nahrungsmittelvorräte vernichtet, zudem brach der Winter ungewöhnlich früh ein. Der Abwurf gefälschter Lebensmittelbezugsscheine aus Flugzeugen der Wehrmacht tat ein übriges. Die Rationen sanken im Oktober auf 400 Gramm Brot für Arbeiter, 200 Gramm für Kinder und Frauen. Am 20. November 1941 wurden sie auf 250 Gramm, respektive 125 Gramm reduziert. Zudem herrschten Temperaturen von bis zu –40 Grad Celsius in einer Stadt, in der Heizmaterial äußerst knapp war. Allein im Dezember 1941 starben circa 53.000 Menschen, viele von ihnen fielen einfach vor Entkräftung auf der Straße um. Die Dichterin Anna Achmatowa beschrieb 1941 die Stimmung in der Stadt:

Gedenkstätte an die Belagerung der Stadt
vergrößern
Gedenkstätte an die Belagerung der Stadt
Todesvögel stehen in der Luft
da Leningrad um Hilfe ruft
Lärmt nicht, noch kann es atmend sich erheben
hört: noch alles ist am Leben
Auf der Ostsee tiefem Grund
stöhnen die Söhne im Schlaf sich wund
"Brot!" – aus innersten irdischen Qualen
dringt dieser Ruf zu den Himmelsschalen
Doch der Himmel hat kein Brot
Und aus den Fenstern blickt der Tod

Sawitschews sind gestorben. Gestorben sind alle. Tanja blieb allein“ schrieb die elfjärige Tanja Sawitschewa in ihr Heft in Großbuchstaben, bevor sie verhungerte. Dieses Tagebuch wurde zum Symbol der Blockade und war eines der Beweisdokumente im Nürnberger Prozess.

Während der Belagerung wurden etwa 150.000 Artilleriegeschosse auf die Stadt abgeschossen, etwa 100.000 Fliegerbomben fielen.

Wiederaufbau unter sowjetischen Vorzeichen: Monumentales Siegesdenkmal der Roten Armee und typische Bauten für die 1970er im Hintergrund
vergrößern
Wiederaufbau unter sowjetischen Vorzeichen: Monumentales Siegesdenkmal der Roten Armee und typische Bauten für die 1970er im Hintergrund

Bei Versuchen der Roten Armee die Belagerung zu sprengen, kamen dazu etwa 500.000 sowjetische Soldaten ums Leben. Versuche 1941 und 1942 scheiterten, erst mit der Einnahme von Schlüsselburg am 18. Januar 1943 gelang es, wieder eine Versorgungslinie in die Stadt zu etablieren. Die Offensive, die die Stadt befreien sollte, begann am 14. Januar 1944 und konnte am 27. Januar 1944 zum Abschluss gebracht werden.

Nach neueren Angaben des russischen Historikers Walentin Kowaltschuk starben in den drei Jahren der Belagerung ca. 2 Millionen Russen, davon mindestens 750.000 Zivilisten. Damit starben etwa 3-4 Mal so viele Sowjetbürger wie in der damals etwa 450.000 Einwohner umfassenden Wolga-Metropole Stalingrad.

Der Versuch, die Blockade von Leningrad und deren Folgen völkerrechtlich und moralisch zu bewerten, hat in der Geschichtswissenschaft zu kontroversen Ergebnissen geführt. Ein Teil der Historiker sieht dabei den Hungertod von Hunderttausenden von Menschen als tragisches Ergebnis einer Strategie an, für die es in der Geschichte viele Präzedenzfälle gibt und die daher nicht per se gegen überkommenes Kriegs- und Völkerrecht verstoßen habe. Andere Forscher hingegen sprechen von einem deutschen „Genozid“ an der Bevölkerung Leningrads, basierend auf einer „rassistisch motivierten Hungerpolitik“, welche sich zum integralen Bestandteil eines beispiellosen deutschen Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion entwickelt habe.[2]

Die Behandlung Leningrads nach dem Großen Vaterländischen Krieg, wie der Zweite Weltkrieg in Russland bis heute genannt wird, war widersprüchlich. Einerseits war die Stadt zu dem sowjetischen Symbol von Widerstandswillen und Leiden im Krieg geworden - andererseits tobten Machtkämpfe zwischen Leningrader und Moskauer Funktionären noch bis in die 1950er-Jahre hinein. Der Wiederaufbau Leningrads wurde zur Prestigeangelegenheit der Sowjetunion. Innerhalb kürzester Zeit wurden eine Million Arbeiter in die Stadt gezogen, die sie wiederaufbauten - die Restaurierung der Kulturdenkmale besaß dabei eine besondere Wertigkeit. Bereits 1945 erhielt die Stadt zusätzlich die Auszeichnung als Heldenstadt

Englischer Innenstadtplan Leningrads von 1978
vergrößern
Englischer Innenstadtplan Leningrads von 1978

Ebenfalls in den Nachkriegsjahren wurden zahlreiche neue Stadtteile gebaut - 1963 war das Jahr in dem mehr neuer Wohnraum in der Stadt geschaffen wurde als je vorher oder nachher. Andererseits musste das 250-jährige Stadtjubiläum verschoben werden: 1953 war der Machtkampf noch im Gange und jede positive Erwähnung unerwünscht - zudem war gerade Stalin gestorben, eine Feierlichkeit, egal aus welchem Anlass, erschien nicht angebracht. Die Feier musste 1957 unter Nikita Chruschtschow nachgeholt werden - ohne die Erwähnung, dass es eigentlich der 254. Geburtstag war. In den Folgejahren hielt die Stadt ihren Ruf als große Industriestadt und eines der wissenschaftlichen Zentren der Sowjetunion. Das politisch-kulturelle Zentrum Russlands und der Sowjetunion lag zu dieser Zeit aber klar in Moskau. Die Bevölkerung war durch die Ereignisse der Kriegs- und Nachkriegszeit ebenfalls zu einem Großteil ausgetauscht worden - die Verbundenheit mit Petersburg in der Stadt wurde zunehmend schwächer.

1988 wurden bei einem Brand in der Akademie der Wissenschaften ungefähr eine Million Bibliotheksbände ein Opfer der Flammen. 1989 wurde die Innenstadt unter Denkmalschutz gestellt.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion

Nach einer Volksabstimmung, in der sich am 12. Juni 1991 54% der Bevölkerung für die Annahme des historischen Namens aussprachen, nahm die Stadt am 6. September 1991 wieder ihren ursprünglichen Namen an. Die umgebende Verwaltungseinheit blieb aber ebenfalls nach einer Volksabstimmung weiterhin das Leningrader Gebiet, russ. die Oblast Leningrad.

Stadtbild Sankt Petersburg 2004
vergrößern
Stadtbild Sankt Petersburg 2004

Bei dem Putschversuch gegen Boris Jelzin im Oktober 1993 sammelte der damalige Bürgermeister Anatoli Sobtschak die Anhänger der Demokratie um sich, es kam zu einer großen Demonstration vor dem Winterpalast gegen die Putschisten.

1999 wurde die Fläche der Stadt Sankt Petersburg durch die Satellitenstädte Kolpino, Puschkin, Gatschina, Sosnowy Bor, Lomonossow, Kronstadt, Peterhof, Schlüsselburg und angrenzende Vororte großzügig erweitert. Diese Städte gelten jetzt als Stadtbezirke von Petersburg und gehören daher nicht mehr administrativ und territorial zur Oblast Leningrad.

Am 27. Mai 2003 wurde das 300-jährige Jubiläum der Stadt begangen. Im Zuge dessen wurden im Vorfeld Teile der Altstadt und verschiedene Paläste saniert, sowie das legendäre Bernsteinzimmer rekonstruiert. Der russische Staat gab für die Rekonstruktionen ein bis zwei Milliarden Euro aus. Die deutsche Firma Ruhrgas, eng verbunden mit dem staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom, hat sich erheblich durch eine Spende von 3,5 Millionen Dollar an den Kosten zur Rekonstruktion des Bernsteinzimmers beteiligt. Am 31. Mai des Jahres weihten Wladimir Putin und Gerhard Schröder offiziell das rekonstruierte Bernsteinzimmer ein.

Die Stadt stand das erste Mal seit langer Zeit wieder im Zentrum der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Da sich ein Großteil der Renovierungen allerdings auf die Fassaden und die besonderen Prunkstücke konzentrierte, vermuteten Kritiker, dass es sich hierbei um – geschichtlich ohnehin eng mit Petersburg verbundene – Potjomkinsche Dörfer handele.

Inzwischen (2004/05) sind die kritischen Vermutungen, alle Arbeiten würden nur für die Festtagsgäste zum 300-jährigen Jubiläum durchgeführt und danach eingestellt, verstummt. Die Renovierungen der Stadt gingen auch nach den Feierlichkeiten weiter und dauern, auch durch private, oftmals ausländische, Investitionen an.

Politik

Sankt Petersburg ist Verwaltungssitz der Oblast Leningrad und des Föderationskreises Nordwestrussland. Innerhalb Russlands ist die Stadt jedoch - genauso wie auch Moskau - ein eigenständiges Verwaltungssubjekt. Die Spitze der Exekutive bildet der für vier Jahre direkt gewählte Gouverneur der Stadt. Die Legislative, die Duma, besteht aus 50 hauptamtlichen Mitgliedern, die ebenfalls für vier Jahre gewählt werden. Der Vorsitzende der Kammer ist protokollarisch mit dem Gouverneur gleichgestellt.

Der Sitz der Sankt Petersburger Duma im Stadtzentrum
vergrößern
Der Sitz der Sankt Petersburger Duma im Stadtzentrum

1996 war es Wladimir Jakowlew, der Anatoli Sobtschak ablöste. Jakowlew trat 2003 nicht mehr zur Neuwahl an. Sobtschak war ein strikter Reformer der nach-kommunistischen Ära, der aufgrund seines radikal marktwirtschaftlichen Kurses viele Animositäten in der Stadt erzeugte. Sobtschak verweigerte mehrmals die Entlassung Wladimir Putins aufgrund von Korruptionsvorwürfen, als dieser noch in der Stadtregierung arbeitete. Putin organisierte den erfolglosen 1996er-Wahlkampf von Sobtschak.

Jakowlew, ehemaliger Kollege von Putin unter Sobtschak und Putin in gegenseitiger Abneigung verbunden, präsentierte sich als ideologisch ungebundener Pragmatiker. Ob sich das langfristige Ziel der St. Petersburger Politik, eine "Freie und Hansestadt" zu werden, angesichts des stets vorhandenen und unter Putin wieder forcierten Zentralismus Russlands verwirklichen lässt, ist allerdings zweifelhaft.

Derzeitige Amtsträgerin ist seit Oktober 2003 Walentina Matwijenko, die Wladimir Jakowlew nachfolgte. Matwijenko war die Favoritin der russischen Regierung. Während der hart umkämpften Wahl wurden mehrfach Vorwürfe laut, die russische Regierung würde direkt und indirekt in die Wahl eingreifen. Zum einen sei Matwijenko die einzige, die regelmäßig in den Medien und besonders im Fernsehen vorgestellt werde, zum anderen würden die anderen Kandidaten und ihre Helfer massiv durch die Polizei belästigt und behindert.

International und in Deutschland bekannt wurde die Stadt politisch unter anderem durch den Petersburger Dialog - die regelmäßigen deutsch-russischen Gespräche in der Stadt - und das Petersburger Komitee der Soldatenmütter, das regelmäßig gegen den Krieg in Tschetschenien und gegen die Dedowschtschina protestiert. Im Juli 2006 fand in St. Petersburg außerdem der jährliche G8-Gipfel statt (siehe G8-Gipfel in St. Petersburg 2006), da Russland 2006 turnusgemäß Vorsitz in der Gruppe der wichtigsten Industriestaaten übernommen hat.

Bevölkerung

Laut dem Ergebnis der letzten Volkszählung vom 9. Oktober 2002 hat Sankt Petersburg 4.159.635 Einwohner. Das sind etwa 3 Prozent der gesamten Einwohnerzahl Russlands. Der durchschnittliche Bruttomonatslohn betrug 2005 nach offiziellen Angaben 10498 Rubel (etwa 309 Euro).

St. Petersburg war seit seiner Gründung eine Stadt großer sozialer Gegensätze. Seit der Perestroika und dem Untergang der Sowjetunion brechen diese wieder verschärft auf. Menschen, die betteln oder auf der Straße ihr letztes Hab und Gut verkaufen, sind zwar seit dem Stadtjubiläum 2003 aus der Innenstadt vertrieben, gehören etwas außerhalb aber zum alltäglichen Straßenbild. Etwa 15% der Bevölkerung leben in so genannten Kommunalkas, Gemeinschaftswohnungen, in denen sich viele Familien eine Wohnung, eine Küche und ein WC teilen müssen, meist besitzt jede Familie nur ein einziges Zimmer.

In St. Petersburg gilt eine Zuzugssperre – Wohnrecht in der Stadt erhält nur, wer Wohnung und Arbeit nachweisen kann oder mit einem Einwohner verheiratet ist. Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt, dass in der Stadt im Jahr 2000 etwa 16.000 Straßenkinder lebten.

Die ehemals multikulturell geprägte Stadt ist heute überwiegend, laut offizieller Statistik zu 89,1 Prozent, von ethnischen Russen bewohnt. Dazu kommen 2,1 Prozent Juden, 1,9 Prozent Ukrainer, 1,9 Prozent Weißrussen sowie kleinere Gruppen von Tataren, Kaukasiern, Usbeken, Wepsen und Finnen.

Trotz der zu Sowjetzeiten staatlich verordneten Religionsfeindschaft sind 2004 nach Schätzungen nur noch 10 Prozent der Bevölkerung Atheisten. Der Großteil ist russisch-orthodox, wobei es in der Stadt aber heftige Auseinandersetzungen zwischen Traditionalisten und Reformern gibt. Die Kirchengebäude gehören überwiegend dem russischen Staat. Peter der Große untersagte den Bau von Zwiebeltürmen. Dies ist der Grund, dass sich in der ganzen Stadt nur ein einziger solcher Turm aus der Vorkriegszeit findet – er befindet sich an der Stelle, wo Zar Alexander II. ermordet und die Auferstehungskirche für ihn errichtet wurde. Die zahlreichen Kirchenneubauten in den Randgebieten werden hingegen meist im traditionellen russischen Stil errichtet. 1914 wurde von der tatarischen Gemeinde am Nordufer der Newa die weithin sichtbare Petersburger Moschee errichtet. In der Nähe des Mariinski-Theaters befindet sich die im orientalischen Stil erbaute und 2003 komplett renovierte Synagoge. Sie ist das drittgrößte jüdische Gotteshaus in Europa.

Bevölkerungsentwicklung

Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis 1944 handelt es sich meist um Schätzungen, von 1959 bis 2002 um Volkszählungsergebnisse und 2005 um eine Berechnung. Aufgeführt wird die Anzahl der Einwohner in der Stadt selbst ohne die Einwohner im Vorortgürtel.

Grafik: Bevölkerungsentwicklung
vergrößern
Grafik: Bevölkerungsentwicklung
        Jahr         Einwohner
1725 75.000
1750 150.000
1800 300.000
1846 336.000
1852 485.000
1858 520.100
1864 539.100
1867 667.000
1873 842.900
1881 876.600
1886 928.600
1891 1.035.400
1897 1.264.900
1901 1.439.400
Jahr Einwohner
1908 1.678.000
1910 1.962.000
1915 2.318.600
1920 722.000
1926 1.616.100
1936 2.739.800
1939 3.191.300
1944 2.559.000
15. Januar 1959 2.888.000
15. Januar 1970 3.512.974
17. Januar 1979 4.072.528
12. Januar 1989 4.460.424
9. Oktober 2002 4.159.635
1. Januar 2005 4.039.751

Kultur

Alexandra-Theater am Ostrowski-Platz
vergrößern
Alexandra-Theater am Ostrowski-Platz

Sankt Petersburg ist eine Stadt, die in der Literatur, Musik und dem Theater Weltgeltung hat.

Theater

In der Stadt befinden sich rund 40 verschiedene Theater. Das Mariinski-Theater ist eines der bekanntesten Opernhäuser der Welt. Es ist die Heimat des Kirow-Balletts.

Das Alexandra- oder Alexandrinski-Theater wurde auf Erlass von Zarin Elisabeth I. 1756 gegründet. Eine aus Schülern des Kadettenkorps zusammengestellte Truppe bildete das erste ständige Theater Russlands. Erst 1832 erhielt das Ensemble sein heutiges prächtiges Gebäude, das unter Leitung des Architekten Carlo Rossi entstand. Wie die deutschsprachige Sankt-Petersburger-Zeitung am 24.10.2006 mitteilte, wurde das älteste Theater der Stadt im Innenbereich gründlich renoviert. 900 Mio. Rubel (26,5 Mio. Euro) wurden für die Restaurierung ausgegeben.

Grabmal Rimski-Korsakows auf dem Gelände des Alexander-Newski-Klosters
vergrößern
Grabmal Rimski-Korsakows auf dem Gelände des Alexander-Newski-Klosters

In der Stadt lebten und arbeiteten die Komponisten Michail Glinka, Modest Mussorgski, Nikolaj Andrejewitsch Rimski-Korsakow, Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Igor Strawinsky und Dmitri Schostakowitsch. Besonders verbunden mit der Stadt ist unter anderem Schostakowitschs siebte oder Leningrader Symphonie; entstanden während der Belagerung durch die Deutschen, war sie ein Ausdruck des Durchhaltewillens und der russischen Kultur. Die Uraufführung fand in Moskau ebenfalls unter Lebensgefahr für Aufführende und Zuhörer statt, am 8. August 1942 wurden die Orchesterpartituren durch die deutsche Blockade hindurch in die Stadt geschafft, das Konzert im gesamten sowjetischen Rundfunk übertragen.

Ballett

Die Stadt ist ebenfalls einer der wichtigsten Orte für die Entwicklung des Balletts. Sergej Pawlowitsch Diaghilew, Marius Petipa, Wazlaw Nischinski, Mathilda-Maria Kschessinskaja und Anna Pawlowa waren maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt. Hier befindet sich auch die wahrscheinlich berühmteste Ballettschule der Welt - Waganowa-Ballettakademie, gegründet im Jahre 1738.

Schach

Zu den Bewohnern von Sankt Petersburg zählten auch einige herausragende Schachspieler: Michail Botwinnik (langjähriger und mehrmaliger Weltmeister zwischen 1948 und 1963), Boris Spasski (Weltmeister von 1969 bis 1972 und bekannt durch das Match mit Bobby Fischer (USA) 1972 in Reykjavík, das wegen des damals existierenden Ost-West-Konfliktes weltweites Interesse erregte), sowie Viktor Kortschnoi (heute Schweiz), langjähriger Vize-Weltmeister und Emigrant aus der UdSSR. Kortschnoi erlangte internationale Bekanntheit wegen der Duelle mit Anatoli Karpow um die Weltmeisterschaft 1978 in Baguijo und 1981 in Meran, welchen große politische Brisanz innewohnte. Karpow lebte lange Jahre in Leningrad, wo er auch studierte. Der Titel eines Schach-Großmeisters wurde erstmals von Zar Nikolaus II. nach einem Turnier 1914 in der Stadt erfunden und verliehen.

Literatur

Neues Gebäude der Russischen Nationalbibliothek am Moskauer Prospekt
vergrößern
Neues Gebäude der Russischen Nationalbibliothek am Moskauer Prospekt

Die Stadt besitzt mehrere eindrucksvolle Bibliotheken. Die 1795 gebaute Saltykow-Schtschedrin-Bibliothek ist Heute ein Teil der Russischen Nationalbibliothek. Die Russische Nationalbibliothek ist mit einem Bestand von 30 Millionen Werken nach der Russischen Staatsbibliothek in Moskau die zweitgrößte Russlands. In ihrem Bestand befinden sich Bücher in 85 Sprachen. Die Sammlung enthält auch die erste datierte im ostslawischen Raum entstandene Handschrift, das kirchenslawische Ostromir-Evangelium aus dem Jahr 1057. Die 1714 gebaute Bibliothek der Akademie der Wissenschaften besitzt ebenfalls einen Bestand von 17 Millionen Bänden. Die Puschkin-Bibliothek ist mit 5000 Werken zwar deutlich kleiner, besitzt dafür aber einen eindrucksvollen Bestand von Werken aus der privaten Bibliothek des Dichters.

Zahlreiche der bekanntesten russischen Künstler haben in Sankt Petersburg gelebt und gearbeitet, darunter Literaten wie Alexander Puschkin, Fjodor Dostojewski, Anna Achmatowa, Alexander Blok, Georgi Adamowitsch und Joseph Brodsky.

Der "Petersburger Text"

Petersburg, als Zarenstadt über Jahrhunderte kulturelles Zentrum Russlands, zog auch eine große Zahl von Schriftstellern an, welche die Stadt literarisch verewigten. Nachdem in den ersten Jahrzehnten nach dem Bau der Stadt den Zaren preisende Auftragslyrik das Bild bestimmte, begann 1833 mit Alexander Puschkins Gedicht Der eherne Reiter eine andere Art der Literatur dominant zu werden. Das Gedicht thematisiert den russischen Beamten Jewgeni, der am Reiterstandbild Peters des Großen, dem Wahrzeichen der Stadt, zur Zarenbeschimpfung ansetzt. Doch er erregt den Zorn der Statue.

Und auf des Hengstes blankem Rücken
Mit der emporgestreckten Hand
Ihn vorwärts treibend mit den Blicken
Braust funkensprühend der Gigant
Der arme Irre hastet weiter
Wohin auch immer er sich kehrt,
Der eherne, erzürnte Reiter
Folgt überall auf seinem Pferd
Puschkin-Denkmal in St. Petersburg
vergrößern
Puschkin-Denkmal in St. Petersburg

Diese späteren Texte haben eine verblüffende Ähnlichkeit, was Motive, Sprache, Atmosphäre, aber auch oft den Sinn anbelangt - soviel Ähnlichkeit, dass die Literaturwissenschaft dafür den Begriff Petersburger Text geprägt hat. Die Allgegenwart der Macht des Zaren wie des russischen Staatsapparates, die Beamten- und Soldatenstadt, sind ebenso ein stetig wiederkehrendes Thema, wie der Wahnsinn, Hochwasser und Überschwemmung, Zerstörung, Untergang, Fieberwahn und (Alp-)Traumstadt. Viele Literaten attestieren der Stadt eine gewisse Unwirklichkeit, eine Aura dessen, dass sie nicht ganz real ist. Das beginnt schon mit dem Mythos, die Stadt sei in der Luft gebaut worden und erst danach auf die Erde gesunken, weil man auf diesem Gelände eigentlich gar nicht bauen könne. Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky attestiert: Es gibt keinen Ort in Russland, wo die Imagination sich mit solcher Leichtigkeit von der Realität ablöst. Nikolai Gogol sagt bereits 1835 über den Newski-Prospekt: Hier ist alles Trug, alles Traum, alles nicht das, was es scheint.

Allein der Plan, eine Großstadt am Ende der Welt inmitten von Sümpfen zu bauen, gibt St. Petersburg diesen Gründungsmythos mit, der die literarische Stimmung bis zur Oktoberrevolution bestimmt. Selbst Giacomo Casanova ließ sich von der Stimmung der Stadt beeinflussen. 1764 schrieb er: Alles erschien mir, als hätte man es schon als Ruine gebaut. Man pflasterte die Straßen und wusste, dass man sie sechs Monate später erneut würde pflastern müssen.

Grabmal Dostojewskis in Sankt Petersburg. Auf dem unteren Stein sind die ersten Zeilen von "Die Brüder Karamasow" zu lesen.
vergrößern
Grabmal Dostojewskis in Sankt Petersburg. Auf dem unteren Stein sind die ersten Zeilen von "Die Brüder Karamasow" zu lesen.

Besonders bekannte Nachfolger Puschkins waren in dieser Tradition Nikolai Gogol mit dessen Petersburger Erzählungen sowie der wahrscheinlich berühmteste Schriftsteller der Stadt, Fjodor Dostojewski, dessen Romane Weiße Nächte, Arme Leute, Der Doppelgänger, Der Idiot und Verbrechen und Strafe in der Stadt spielen. Dostojewskis Charakter Raskolnikow war der Stadt nahe: Es wehte ihn daraus immer eine rätselhafte Kälte an, dieses prächtige Panorama war für ihn mit einem stummen, dumpfen Geist erfüllt.

Mit dem symbolistischen Roman Petersburg (1913) schrieb Andrei Bely eines der Meisterwerke der russischen Literatur. Er steht am Beginn der Reihe der Großstadtromane der Moderne und wurde so oft mit James Joyces Ulysses und Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz verglichen.

Mit der Oktoberrevolution und der Verlagerung der Hauptstadt entstanden weiterhin literarische Werke hoher Bedeutung, die allerdings nicht mehr den typischen Petersburger Text widerspiegelten. Alexander Bloks Erzählung Die Zwölf von 1918 schilderte den Marsch von zwölf Rotarmisten durch die Stadt. Schließlich erscheint Jesus an der Spitze der Gruppe. Daniil Charms, einer der letzten Vertreter der frühen russischen Avantgarde, verfasste neben Die Komödie der Stadt Petersburg auch zahlreiche kurze Stücke. Eines, An der Quaimauer, greift wiederum die klassischen Motive des Petersburger Textes auf:

An der Kaimauer unseres Flusses hatte sich
eine sehr große Menschenmenge versammelt
In den Fluß gefallen war der Regimentskom-
mandeur Sepunow. Er verschluckte sich in
einem fort, sprang bis zum Bauch aus dem Wasser.

...

"Er geht unter", sagte Kusma
"Klar geht er unter", bestätigte ein Mann mit
einer Schirmmütze.
Und tatsächlich, der Regimentskommandeur
ging unter
Die Menge begann sich zu verlaufen.

Der gebürtige Petersburger Vladimir Nabokov kehrt in seinen Büchern immer wieder an den Ort seiner Kindheit zurück. Anna Achmatowa, Marina Zwetajewa, Ossip Mandelstam, Welimir Chlebnikow, Sergei Jessenin und Joseph Brodsky verewigten die Stadt durch ihre Lyrik. Ebenso wie als Stadt der Literatur erschien die Stadt immer als eine der verfolgten Literatur. Bereits Dostojewski und Puschkin wurden vom Zar verfolgt, nach der Oktoberrevolution wurden zahlreiche Literaten ermordet, bekamen Berufsverbot oder, sofern es ihnen möglich war, wanderten aus. Ossip Mandelstam bemerkte: Kein anderes Land nimmt Poesie so wichtig wie Russland, nirgendwo sonst werden ihretwegen so viele Menschen umgebracht.

Die Eremitage

Die Eremitage bei Nacht von der Newa aus gesehen
vergrößern
Die Eremitage bei Nacht von der Newa aus gesehen
Einer der tausend Räume der Eremitage
vergrößern
Einer der tausend Räume der Eremitage

Hauptartikel: Eremitage (St. Petersburg)

Von den ungefähr 250 Museen der Stadt ist die Eremitage mit 3 bis 4 Millionen Besuchern im Jahr das bestbesuchte und wohl auch international bedeutendste. Die Eremitage ist eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Sie beherbergt eine immens große Sammlung der europäischen bildenden Kunst bis 1917 sowie die weltweit größte Juwelensammlung.

Der Winterpalast, in dem ein Großteil der Sammlung untergebracht ist (insgesamt nimmt das Museum 5 Bauten in Anspruch, mit Gesamtausstellungsfläche von 57.475 m² und Lagerfläche von 45.000 m²), ist dabei eine eigene Sehenswürdigkeit. In ihrem Archiv beherbergt die Eremitage mehr als 2,7 Millionen Ausstellungsstücke. In den 350 Ausstellungsräumen sind davon 65.000 organisiert in sechs Sammlungen ausgestellt. Es sind Sammlungen über Prähistorische Kunst, Kunst und Kultur der Antike, Kunst und Kultur der Völker des Ostens, Westeuropäische Kunst und Russische Kunst zu sehen, sowie Juwelenschätze und numismatische Exponate. Da der größte Teil der russischen Kunst mittlerweile in das russische Museum ausgelagert wurde, ist die westeuropäische Kunst und Kultur der bedeutsamste Teil der Sammlung.

In ihr befinden sich unter anderem Werke von Leonardo da Vinci (2 der weltweit bekannten zwölf Originale), Raffael, Tizian, Paolo Veronese, El Greco, Goya, Lucas Cranach dem Älteren, mehr als 40 Bilder von Rubens, 25 Werke von Rembrandt und diverse seiner Schüler, Vincent van Gogh, 37 Bilder von Henri Matisse, Pierre-Auguste Renoir, Paul Gauguin, 31 Bilder von Pablo Picasso, sowie Bilder von Édouard Manet und Wassily Kandinsky.

Das Museum entstand als Privatsammlung der Zaren, seit 1852 war es öffentlich zugänglich. Nach der Oktoberrevolution wurden zahlreiche Privatsammlungen enteigneter russischer Adliger in die Eremitage überführt. Die Belagerung der Stadt überstanden die Bestände weitgehend unbeschadet im Keller des Museums, die wertvollsten Stücke waren ausgelagert worden. 1948 wurden die Kunstbestände aufgestockt durch einen großen Teil der Sammlung des Museums für neue westliche Kultur in Moskau. Von den vielen Touristenzielen der Stadt ist die Eremitage wahrscheinlich das bedeutendste. Es besteht eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Guggenheim-Museum.

Architektur

siehe auch: Sehenswürdigkeiten in Petersburg

Bauzustand und Denkmalschutz

Sankt Petersburg war lange Zeit der Sitz der russischen Zaren. In der Stadt entfalteten sie die ganze Pracht ihres immensen Reichtums, von der bis heute zahlreiche Zeugnisse zu sehen sind. Im Hinblick auf die 300-Jahr-Feier im Jahr 2003 wurden zahlreiche der Sehenswürdigkeiten aufwändig restauriert. Die Stadt besitzt neben den 250 Museen auch ungefähr 4000 geschützte Kultur-, Geschichts- oder Baudenkmäler. 15% der Gebäude in Sankt Petersburg – 2400 Gebäude – wurden von der UNESCO als Denkmäler der Architekturgeschichte eingestuft. Damit wird Petersburg in dieser Hinsicht nur noch von Venedig übertroffen. Die Stadt hat allerdings Probleme, die Kosten zur Erhaltung dieser Baudenkmäler aufzubringen. Neben der schieren Menge gibt es auch andere Probleme: Teilweise sind die Häuser nach der Sowjetzeit in einem desaströsen Bauzustand und müssten dementsprechend aufwändig restauriert werden. Zum anderen sorgen die Industrie und der starke innerstädtische Verkehr für eine starke Luftverschmutzung, die insbesondere den Fassaden zusetzt. Obwohl seit 2004 Anstrengungen unternommen werden, zumindest einige Baudenkmäler zu privatisieren, gehören immer noch etwa 80% aller Petersburger Immobilien dem russischen Staat.

Vorherrschende Stilrichtungen

Frontseite der Isaakskathedrale - vom gleichnamigen Platz aus fotografiert
vergrößern
Frontseite der Isaakskathedrale - vom gleichnamigen Platz aus fotografiert
  • Die Stadt ist vergleichsweise jung und architektonisch stark von westeuropäischen Einflüssen geprägt. Besonders finden sich im Stadtbild Bauten eines zurückhaltend-repräsentativen Frühbarocks, eines voll ausgeprägten Barocks, des Klassizismus, des Historismus, des Jugendstils und einige Bauten der frühen Moderne, wie z.B. die (Kaiserlich) Deutsche Botschaft von Peter Behrens und Mies van der Rohe.
  • Die Bauten zu Zar Peters Zeiten (beispielsweise die Peter-Pauls-Festung, die Zwölf Kollegien, das Menschikow-Palais, das Kinkin-Palais von Andreas Schlüter, das Sommer-Palais Peters des Großen (mit Terrakottareliefs ebenfalls von Andreas Schlüter), die Kunstkammer und das Palais Peters II.) sind vom Europäischen Barock beeinflusst.
  • Später bildete sich der Russische Barock zu voller Blüte aus. Die Gebäude wurden dreifarbig, auch an den Fassaden reicher geschmückt, die Grundrisse wurden noch komplizierter. Baumeister dieser Zeit sind vor allem Bartolomeo Francesco Rastrelli, aber auch Sawwa Tschewakinski. Typische Gebäude dieser Zeit sind der Winterpalast, der Katharinenpalast, der Konstantinpalast, der endgültige Ausbau des Peterhofs, das Stroganoff-Palais, das Woronzow-Palais, das Scheremetjew-Palais, das Schuwalow-Palais, das Metropoliten-Palais, das Smolny-Kloster, die Nikolaus-Marine-Kathedrale und die Wladimir-Kathedrale.
  • Die klassizistischen Bauten sind wieder dezenter und weniger verspielt. Die Formen gehen von einfachen geometrischen Grundformen aus. Als Paradebeispiel gilt die Rossi-Straße: Sie ist 220 Meter lang, 22 Meter breit, die sie säumenden Gebäude sind 22 Meter hoch, ihre Fenster je 2,20 Meter groß. In dieser Zeit entstehen ganze Ensembles wie der Schlossplatz oder das gesamte Viertel um das Alexandratheater. Bedeutendster Architekt dieser Zeit ist der Italiener Carlo Rossi. Eine eher russische Variante des Stils wird vor allem von Wassili Petrowitsch Stassow geprägt.
  • Im Jugendstil ist die Architektur sehr verspielt wie z.B. das „Dom Knigi“ (Haus des Buches), das Jelissejew-Feinkostgeschäft, das Postgebäude, der Witebsker Bahnhof, das Grand Hotel Europe, das Astoria Hotel sowie die Gebäude des Kamennoostrowski-Prospekts und des Österreichischen Platzes und die Wohngebäude um die gesamte Stadt.
  • In der Petersburger Moderne – einer späteren Variante des Klassizismus – werden weitere Prunkbauten von dem Architekten Frederik Lidwal errichtet, z.B. die Don-Asow-Bank.
  • Nach der Oktoberrevolution werden viele konstruktivistische Projekte verwirklicht wie z.B. die Verwaltungsgebäude des Kirow-Rajon, das von Noi Trotzki projektiert wurde.
  • Später speziell beim Wiederaufbau nach 1945 wurden die alten Gebäude restauriert, die Neubauten werden in der besten Tradition der Sowjet-Architektur errichtet. Sehr schöne Beispiele sind die Metro und der Moskowski-Prospekt.

Stadtrundgang

Markantestes Gebäude der Skyline und höchstes Gebäude der Stadt ist der Fernsehturm Sankt Petersburg. Er befindet sich allerdings außerhalb der Innenstadt. Diese liegt vor allem auf der so genannten Admiralitätsseite der Newa. Der Newski-Prospekt, die Hauptstraße der Stadt, erstreckt sich von der Admiralität beziehungsweise der Eremitage nebst "Dworzowaja Ploschtschad" – dem Parade- und Schlossplatz – bis zum Alexander-Newski-Kloster, der sogenannten Lawra. Letzteres ist nach dem russischen Volkshelden Alexander Jaroslawitsch Newski, der Prospekt allerdings nach der Newa benannt. Zu den am Newski-Prospekt gelegenen Sehenswürdigkeiten zählen die Kasaner Kathedrale und das Kaufhaus Gostini Dwor. Der Prospekt stößt auf den "Ploschtschad Wosstanija", den Ort des Dekabristenaufstands von 1825. Der Newski-Prospekt wird von folgenden Kanälen geschnitten:

Die Admiralität. Die Spitze ist vom größten Teil des Newski-Prospekts aus gut zu erkennen.
vergrößern
Die Admiralität. Die Spitze ist vom größten Teil des Newski-Prospekts aus gut zu erkennen.
  1. Der Kanal Moika in Höhe der Kasaner Kathedrale. Auf der linken Seite, also gegenüber der Kathedrale, sieht man am Ufer der Moika in geringer Entfernung die Christi-Auferstehungskirche, die der Kathedrale am Roten Platz in Moskau äußerlich sehr ähnelt. Am Ufer der Moika befindet sich ebenfalls das Haus, in dem der russische Nationaldichter Puschkin lebte und nach einer schweren Verwundung in einem Duell mit dem Franzosen Dantes auch verstarb.
  2. Der Kanal Gribojedowa. Links (östlich) davon erstreckt sich das Marsfeld, der Sommergarten mit dem Sommerpalast und der Wladimir-Palast.
  3. Der Kanal Fontanka, den die Anitschkow-Brücke überspannt. Hier befindet sich auch der gleichnamige Palast, in dem der bekannte Schachtrainer Zak unter anderem mit dem späteren Weltmeister Spasski arbeitete.

Unweit des Newski-Prospekts liegen weitere Sehenswürdigkeiten. Dies sind das Russische Museum, das sich neben der Auferstehungskirche befindet, die Isaakskathedrale die sich unmittelbar an die Admiralität und die Eremitage anreiht, die Peter-und-Pauls-Festung – eine befestigte Insel, auch Haseninsel genannt, auf der dem Prospekt gegenüberliegenden Seite der Newa, mit zugehöriger Kathedrale, in der Zaren und Großfürsten beerdigt wurden. In einer Kapelle der Kathedrale wurde auch der letzte Zar Nikolaus II. mit seiner Familie und seiner Dienerschaft beigesetzt. In der Festung wurden schließlich auch zahlreiche Prominente der russischen Geschichte (zum Beispiel die Dekabristen, Michail Bakunin und Peter Kropotkin) festgehalten. Der Kreuzer Aurora kann auf derselben Newa-Seite nordwestlich der Festung besichtigt werden.

Aufnahme von der Newa aus: Reiterstandbild Peter des Großen ("Der eherne Reiter"), Isaakspark und Isaakskathedrale
vergrößern
Aufnahme von der Newa aus: Reiterstandbild Peter des Großen ("Der eherne Reiter"), Isaakspark und Isaakskathedrale

Der eherne Reiter, der Smolny, die Rossistraße, der Sommergarten und die Christi-Auferstehungskirche befinden sich alle auf der südlichen Newa-Seite. Besonders lohnend ist ein Spaziergang durch die Stadt während der Weißen Nächte im Sommer.

In der südlichen beziehungsweise süd-westlichen Umgebung Sankt Petersburgs sind der Peterhof, Pawlowsk und die Stadt Puschkin beliebte Ausflugsziele. Im Letzteren kann man im Katharinenpalast das legendäre Bernsteinzimmer bewundern. Der Peterhof ist eine direkt am Meer gelegene weite Schlossanlage mit Palast, Schlosskirche, Orangerie, kleinen Lustschlössern wie "Mont Plaisir", "Marly" und einer besonders schönen Fontänen-Anlage in Hanglage, der sogenannten Kaskade, mit herrlichen vergoldeten wasserspeienden Bronzeskulpturen. Der Peterhof, das Schloss Pawlowsk, sowie der Katharinenpalast wurden im Verlauf des Zweiten Weltkrieges von den deutschen Besatzern zu großen Teilen verwüstet, und nach dem Krieg in mühevoller Kleinarbeit wieder aufgebaut und restauriert. Vom Witebsker Bahnhof aus lassen sich Pawlowsk und Puschkin leicht mit dem Vorortzug, der "Elektritschka" erreichen. An dieser Bahnstrecke befindet sich der Halt "21 km", der an der südlichen Belagerungslinie der Stadt im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Neben den Gleisen erinnern gegen Süden gerichtete damalige Kanonen an die deutsche Belagerung.

Der Komplex der Eremitage. Von links nach rechts: Eremitage-Theater – Alte Eremitage – Kleine Eremitage – Winterpalast (die "Neue Eremitage" liegt nicht sichtbar hinter der Alten Eremitage)
vergrößern
Der Komplex der Eremitage. Von links nach rechts: Eremitage-TheaterAlte EremitageKleine EremitageWinterpalast (die "Neue Eremitage" liegt nicht sichtbar hinter der Alten Eremitage)

Petersburg im Film

Das Ende der kulturellen Blütezeit Sankt Petersburgs fiel zeitlich mit dem Aufkommen der Filmindustrie zusammen. Während das sowjetische Kino kaum Filme von internationaler Bedeutung hervorbrachte, war es Produktionen aus anderen Ländern nicht möglich, in die Stadt zu gelangen. Bei bemerkenswerten Filmen bis 1990 handelt es sich zu einem Großteil um Verfilmungen klassischer russischer Literatur. Es gibt dutzende Verfilmungen von Anna Karenina (die ersten eine russische und eine französische je von 1911, die erste westliche, die vor Ort gedreht wurde von 1997) oder einige Versionen von Dostojewskis Der Idiot (die erste ist Russland, 1910).

Einige Filme beziehen sich auf die Stadtgeschichte. Neben einer großen Anzahl sowjetischer Propagandafilme gibt es bisher aber erst wenige Werke: In seiner Art eigenständig ist der Film Noi Vivi (Italien, 1942), eine Verfilmung des in der Stadt spielenden Buches von Ayn Rand Wir leben, der vor dem Hintergrund der sowjetischen Oktoberrevolution eine Kritik des faschistischen Italien versucht. Die Geschichte um die Tochter des letzten Zaren Anastasia wurde mehrfach verfilmt. Besonders bekannt sind die Versionen von 1956 mit Ingrid Bergman und das Zeichentrick-Musical (USA, 1997) von Don Bluth, ehemaliger Chefzeichner von Walt Disney. Besonders das Zeichentrick-Musical bezieht sich zwar sowohl auf die Stadtgeschichte als auch deren optische Opulenz, verfremdet beides aber so stark, dass es kaum wiederzuerkennen ist. Der italienische Spezialist für Filme über die russische Geschichte Giuseppe Tornatore plant einen Film über die Belagerung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Für die meiste internationale Resonanz sorgte bisher von allen Petersburger Filmen Russian Ark, der, in der Eremitage gedreht, 300 Jahre russische Geschichte in einem einzigen Schnitt Revue passieren lässt. Der Film Der Untergang wurde in der Stadt gedreht, da die historische Innenstadt in Teilen große Ähnlichkeiten zum Berlin des Jahres 1945 aufweist.

In Petersburg (damals noch Leningrad) spielt auch der Kultfilm Intergirl von Pjotr Todorowski, der letzte große Kinoerfolg der UdSSR vor deren Untergang, mit eindrucksvollen Aufnahmen insbesondere der Stadt.

Die Stadt ist nur selten Handlung vollkommen fiktiver Filme ohne literarischen Bezug. Diese benutzen Petersburg vor allem als eindrucksvollen optischen Hintergrund. Der James Bond-Film Goldeneye (1995) zeigt die Stadt in einem schon fast postapokalyptisch zu nennenden Zustand. Ein anderer Action-Film, Midnight in St. Petersburg (UK, 1996) hingegen versucht seine filmischen Defizite mit opulenten Aufnahmen der Petersburger Sehenswürdigkeiten auszugleichen. Der Film Onegin (1999 unter anderem mit Liv Tyler) nimmt die Existenz des Puschkin-Gedichtes als Ausgangspunkt, neigt aber auch dazu die Handlung gegenüber opulenten Aufnahmen der Stadt in den Hintergrund treten zu lassen.

Musik

Mit der relativen Schwächung der Staatskontrolle in der Perestroikazeit war in Leningrad der 80er eine Welle der jungen Rockbands under dem Dach des Leningrader Rockclub entstanden bzw. dorthin aus anderen Städten des Landes übergesiedelt. Im Unterschied zu Moskau, die als Hauptstadt die Bürgerfreiheiten strenger überwacht bzw. zensiert hatte (z.B. Bulldozer-Ausstellung), konnte die Kunst in Lenigrad sich freier entfalten. Diese Bands und Interpreten haben unter dem Begriff „Piterski Rock“ (zu deutsch „Petersburger Rock“) ihren Einfluss immer noch nicht verloren: „Aquarium“ mit Boris Grebenschtschikow, „Kino“ mit Wiktor Zoi, „Alissa“ mit Konstantin Kintschew, „AuktYon“ mit Leonid Fjodorow, „Pop-Mechanika“ mit Sergei Kurjochin, „Zoopark“ mit Michail „Mike“ Naumenko, „DDT“ mit Juri Schewtschuk (aus Ufa).

Die Musik wurde an die westlichen Stilrichtungen, mit einer für „das russische Ohr“ typischen Tonalität, angelehnt. In den Liedertexten findet man auch oft Parallelen zu den Autoren des „Silbernen Zeitalters“ (einer kulturellen Blütezeit in Petersburg und Moskau am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Bildung

Die Kunstkammer, errichtet 1719 vom Deutschbalten Georg Johann Mattarnivi für die 1716/17 von Peter dem Großen angelegte Kuriositätensammlung. Sie ist somit das älteste Museum Russlands.
vergrößern
Die Kunstkammer, errichtet 1719 vom Deutschbalten Georg Johann Mattarnivi für die 1716/17 von Peter dem Großen angelegte Kuriositätensammlung. Sie ist somit das älteste Museum Russlands.

Sankt Petersburg war historisch das Zentrum der russischen Wissenschaft und ist neben Moskau immer noch der wichtigste Bildungs- und Wissenschaftsstandort. In der Stadt sind über 120 Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen ansässig. Davon sind 43 staatlich-zivil, 22 militärisch und etwa 50 werden privat betrieben, sind aber staatlich lizenziert. Zu den bekannteren Universitäten gehören die Staatliche Universität Sankt Petersburg, die Staatliche Universität für Wirtschaft und Finanzen St. Petersburg, die Technische Universität, die Elektrotechnische Universität, die Kunsthochschule und die Seefahrts-Technische Universität. Zu den militärischen Institutionen gehört beispielsweise die Militärakademie für rückwärtige Dienste und Transportwesen.

In der Stadt sind etwa 600.000 Einwohner in Bildung und Wissenschaft beschäftigt, darunter sind ungefähr 340.000 Studierende.

Näheres siehe Liste weiterführender Bildungseinrichtungen in St. Petersburg.

Die Stadt beherbergte zahlreiche Nobelpreisträger, darunter als letzten Schores Iwanowitsch Alfjorow, den Nobelpreisträger für Physik der Jahres 2000.

Religion

St. Petersburg ist Sitz des Zentralen Kirchenamtes und der Kanzlei des Erzbischofs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und Mittelasien (ELKRAS) in der St. Petri-Kirche, Newski Prospekt 22-24. Die finnisch-lutherische und schwedisch-lutherische Kirche befinden sich in der Nähe, ebenso eine römisch-katholische und eine armenisch-apostolische Kirche. Die russisch-orthodoxe Kirche hat in den letzten Jahren wieder deutlichen Zuwachs erhalten, aber auch andere Religionsgemeinschaften haben Zulauf.

Wirtschaft und Verkehr

Wirtschaft

Industrie und Straßenverkehr am Obwodni-Kanal, Nähe Baltischer Bahnhof. (Auf dem Foto nicht zu bemerken ist der dort vorhandene Gestank von Autoabgasen)
vergrößern
Industrie und Straßenverkehr am Obwodni-Kanal, Nähe Baltischer Bahnhof. (Auf dem Foto nicht zu bemerken ist der dort vorhandene Gestank von Autoabgasen)

Sankt Petersburg ist ein Verkehrsknotenpunkt und ein Zentrum russischer Forschung und Entwicklung und beherbergt dementsprechend ein großes Potenzial an Betrieben aus diesem Bereich. Auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der russischen Rubelkrise von 1998 konnte die Stadt große Teile ihres Potenzials retten.

In Sankt Petersburg finden sich Betriebe fast aller Zweige der verarbeitenden Industrie, ein besonderer Schwerpunkt liegt aber auf dem Schiff- und Maschinenbau. Unter anderem werden alle russischen atomgetriebenen Eisbrecher in der Stadt gefertigt. Weitere Schwerpunkte des industriellen Sektors in der Stadt sind Radioelektronik (vor allem in der Luft- und Raumfahrt), Neue Baustoffe (eine der vorrangigen Wachstumsbranchen), Energiemaschinenbau (Branchenbetriebe sind weltweit wettbewerbsfähig), Medizinischer Gerätebau, Vorbeugungsmedizin und Gesundheitswesen sowie Ökologisches Engineering. Außerdem besitzt die Stadt Möbelindustrie, Nahrungsmittelindustrie (zum Beispiel die bekannte Brauerei Baltika) und erdölverarbeitende Industrie. In den letzten Jahren beginnt die Informationstechnologie eine größere Rolle einzunehmen.

Zahlreiche russische Großkonzerne, vor allem solche mit hohem Staatsanteil, verlagern gegenwärtig ihre Hauptquartiere aus Moskau an die Newa. Die Steuern der Gazprom-Öltochter Gazpromneft, der Außenhandelsbank WTB (hält immerhin 4,8% der Aktien an der EADS), der Reederei Sovtorgflot, die Pipeline-Firma Transnefteprodukt oder der Fluggesellschaft Transaero werden in Zukunft das Stadtbudget auffüllen.

Der Erfolg dieser Wirtschaftsansiedlung ist aber nur bedingt auf die guten Petersburger Investitionsbedingungen zurückzuführen, sondern administrativ gesteuert. Ausländische Unternehmen entscheiden sich dagegen aus nüchternen Kalkulationen für ihre Standorte.

Besonders emsig ist gegenwärtig die Automobilindustrie auf der Suche: Russlands Automarkt boomt, die Zulassungszahlen von Import-Autos erreichen inzwischen die des früheren Quasi-Monopolisten Lada. Zudem laufen in diesem Jahr wegen des geplanten WTO-Beitritts Sonderkonditionen bei Importzöllen aus, die das russische Wirtschaftsministerium für die Errichtung von Kfz-Produktionsstätten im Land ausgeschrieben hat.

Aus diesem Grund entwickelt sich das „nördliche Venedig“ nun unvermittelt zum „russischen Detroit“ – und siedelte bislang die Hälfte aller ausländischen Autowerk-Projekte an.

Im heutigen Autobau zählen folgende Faktoren: Ein guter logistischer Anschluss (im Falle Petersburgs über den größten russischen Hafen), qualifizierte Arbeitskräfte, erschlossene Gewerbeflächen, lokale Steuervergünstigungen und die Nähe zum Hauptabsatzmarkt.

Dieses Faktoren sorgte dafür, dass während des diesjährigen Internationalen Wirtschaftsforums in der Newa-Stadt (eine Art kleinem „Davos“ für die GUS-Staaten) in St. Petersburg gleich zwei Projekte für Automobilfabriken offiziell angeschoben: Nissan-Chef Carlos Ghosn unterzeichnete einen Vertrag über den Bau eines Autowerkes im Nordwesten der Stadt – während gleichentags General-Motors-Generaldirektor Rick Wagoner im Südosten den ersten Spatenstich für die erste GM-eigene Autofabrik auf russischem Boden tat.

Der Chevrolet Captiva soll als erstes GM-Modell in Petersburg vom Band rollen. Nissan will 200 Mio. Dollar investieren, um hier ab 2008 jährlich 50.000 Autos zweier Baureihen zu montieren – einen SUV und ein Auto der Golf-Klasse. GM gibt sich mit 115 Mio. Dollar Investitionsvolumen bescheidener und peilt zunächst 25.000 Autos an. Erstes Modell soll der bislang bei Daewoo in Korea gefertigte Soft-Geländewagen Captiva werden. Mit einer provisorischen „Schraubenzieherfertigung“ des Captiva in angemieteten Hallen will GM sogar schon in diesem Herbst beginnen.

Damit treten beide Hersteller aber nur in die Fußstapfen von Toyota: Der japanische Konzern hat nur schon ein Jahr Vorsprung und baut unweit des zukünftigen GM-Werkes bereits an seiner zukünftigen russischen Produktionsstätte für 50.000 Autos pro Jahr. Hier soll vorrangig der Camry entstehen – auch dies kein Kleine-Leute-Auto, sondern eine solide Business-Limousine.

Allen dreien voraus ist Ford: In Wsewoloshsk, etwas außerhalb der Stadtgrenzen von St. Petersburg, läuft bereits seit 2002 ein neu errichtetes Montagewerk für den Ford Focus. Die Kapazität dieses Werkes hat jetzt 60.000 Autos erreicht.

In Bezug auf den Raum Petersburg sprechen Fachleute nun mit Fug und Recht von einem „Automobil-Cluster“. Vier nagelneue Autowerke auf einem Fleck – dies macht Petersburg auch für die Zulieferindustrie interessant. So bekam unlängst das sächsische Unternehmen Hörmann-Rawema den Auftrag, für das Kirow-Werk, einen der Petersburger Industriegiganten, eine neue Gießerei zu projektieren. Als Abnehmer für die geplanten Präzisionsgussteile hat man insbesondere die Autoindustrie im Visier.

Auch der kanadische Kfz-Zulieferer Magna habe entschieden, teilte Maxim Sokolow, Leiter des Komitees für Investitionen und strategische Projekte der Stadtregierung von Sankt Petersburg, am 6. September 2006 vor Journalisten mit, im zweiten Halbjahr 2007 mit dem Bau eines Werkes für Autoteile in Sankt Petersburg zu beginnen. Als Standort wählte Magna das Industriegebiet Schuschary südöstlich von dem im Bau befindlichen Toyota-Werk, sagte Sokolow.

Als einer der größten Hersteller von Automobilteilen beliefert Magna International Ford, Toyota, Honda, Volkswagen, Porsche, General Motors, DaimlerChrysler, Mitsubishi, Hyundai, Great Wall usw. Seine Grazer Tochter Magna Steyr AG wird 50 Mio. Dollar investieren, um hier Kunststoffteile für Karosserien und Kfz-Innenräume herzustellen. Auch von einer Getriebefertigung ist in der Perspektive die Rede.

Toyota hat neben der Ansiedlung seines eigenen Montagewerkes die Niederlassung eines Tochterunternehmens angekündigt, das Autositze herstellen soll. Und ein russischer Konzern plant ganz in der Nähe die Errichtung einer 220 Millionen Dollar teuren Glasfabrik, die unter anderem Autoscheiben produzieren soll.

Die Ansiedlung von seriösen Zulieferunternehmen ist für die Hersteller dringend nötig, denn die stark vergünstigten Zollsätze auf die Einfuhr von Autokomponenten sind ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Russland hat sie an Bedingungen zur schrittweisen Erhöhung der „Lokalisierung“, also des Anteils einheimischer Wertschöpfung am Endpreis des Autos geknüpft.

Neben der boomenden Autoindustrie haben in der Stadt an ausländischen Unternehmen unter anderem Wrigley, Gillette, Rothmans, Unilever, Japan Tobacco, Coca-Cola und nennenswerte Investitionen getätigt. Wichtigster Außenhandelspartner der Stadt ist Deutschland.

An Rohstoffen finden sich Kies, Sandstein, Ton und Torf. Die Landwirtschaft spielt keine Rolle in der lokalen Wirtschaft.

80 km von Sankt Petersburg entfernt steht in Sosnowy Bor ein großes Atomkraftwerk, das oft auch als Leningrader Atomkraftwerk bezeichnet wird. 50% des Strombedarfs der Region werden hieraus gespeist.

In der Sowjetunion war St. Petersburg der Hauptflottenstützpunkt, noch heute befindet sich der Großteil der ehemaligen Schlachtschiffe und U-Boote in den Petersburger Militärhäfen. Das erste Dieselmotorschiff der Welt, die Vandal, lief von Rybinsk kommend ab 1903 planmäßig St. Petersburg an. Vor der Perestroika bildete der rüstungsindustrielle Komplex 80 Prozent der Leningrader Wirtschaft.

Tourismus wird ein zunehmend wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Stadt. Laut der UNESCO gehört die Stadt zu den zehn für Touristen attraktivsten Reisezielen weltweit.

Das Optik-Kombinat begründete mit der Produktion der LOMO Compact Automat eine eigene Stilrichtung der Fotografie, die Lomographie.

Verkehr

Wie viele Metropolen leidet Sankt Petersburg unter stetig zunehmendem Straßenverkehr. Einer der täglichen Staus (hier an der Fontanka)
vergrößern
Wie viele Metropolen leidet Sankt Petersburg unter stetig zunehmendem Straßenverkehr. Einer der täglichen Staus (hier an der Fontanka)

Sankt Petersburg ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hierbei stellt die Stadt eine wichtige Verknüpfung zwischen Seeschifffahrt und Eisenbahn her. Der Hafen Sankt Petersburgs ist der größte Hafen Russlands und hat Bedeutung für den ganzen osteuropäischen und nordasiatischen Raum. Von Sankt Petersburg aus fahren Fähren nach Kaliningrad (Königsberg), wofür eigenst ein großes Fährterminal eingeweiht wurde. Weitere Fährverbindungen bestehen nach Stockholm, Helsinki, Kiel, Rostock, Lübeck, Sassnitz und anderen Hafenstädten an der Ostsee. Die wichtigen Vorhäfen von Sankt Petersburg befinden sich an der Ostsee in Ust-Luga und in Wyssozk. Über die Newa und verschiedene Kanäle bestehen schiffbare Verbindungen zum Ladogasee, zur Wolga und zum Weißen Meer. Dabei fahren die Schiffe nachts durch das Stadtgebiet, wofür Klappbrücken hochgeklappt werden.

Die erste russische Eisenbahn führte von Sankt Petersburg nach Zarskoje Selo und verband die Hauptstadt mit dem „Zarendorf“. Vor dem ersten Weltkrieg fuhr der Nord-Express direkt von St. Petersburg bis nach Paris. Heute bestehen Eisenbahnlinien nach Murmansk, Helsinki (vom Ladogabahnhof aus), Kirow, Moskau (Moskauer Bahnhof), Kaliningrad, Minsk und Berlin (Witebsker Bahnhof).

Sankt Petersburg ist durch zwölf Autobahnen erschlossen. Am 7. September 2006 wurde die neu gebaute Ringautobahn um St. Petersburg durchgehend für den Verkehr freigegeben. Die 66 Kilometer lange Route umgeht die Hafenstadt im Osten. Doch nach wie vor gibt es Engpässe. Begonnen worden war das mit Kosten von bislang etwa zwei Milliarden Euro größte aktuelle Straßenbauprojekt Russlands im Frühjahr 2001.

Für den sich bisher durch die Stadt quälenden Transitverkehr auf der Route von Finnland nach Moskau bedeutet die Autobahn mit ihrer momentanen Kapazität von 50.000 Fahrzeugen pro Tag eine enorme Erleichterung: Die Fahrtzeit zum Passieren der Fünf-Millionen-Stadt dürfte auf etwa ein Drittel schrumpfen. Zum Wahrzeichen der neuen Autobahn wurde eine Ende 2004 eröffnete 2,8 Kilometer lange Hängebrücke, die hoch genug ist, um als einzige Newa-Brücke in St. Petersburg zum Passieren des Schiffsverkehrs nachts nicht hochgeklappt werden zu müssen. Bislang wies der Ring jedoch noch eine vier Kilometer lange Lücke im Stadtteil Rshewka auf, deren Schließung sich als besonders kompliziert erwies: Hier musste sowohl der Newa-Nebenfluss Ochta als auch ein großes Bahngelände samt eines Bahnhofs überbrückt werden. Außerdem stießen die Bautrupps auf eine bei der Planung übersehene unterirdische Ölleitung, die erst verlegt werden musste.

Engpässe gibt es auf der Strecke aber nach wie vor: Der geplante achtspurige Ausbaustand wurde bislang nur auf 25 Kilometern verwirklicht, ansonsten ist die Autobahn vierspurig. Auch ist in Rshewka eine Brücke noch nicht vollendet, deren Baustelle jetzt lokal umfahren wird. Gespart wurde auch an der Anbindung des Autobahnringes an das restliche Verkehrsnetz. Mit nur elf Abfahrten wurden zwei weniger als ursprünglich geplant realisiert.

In acht bis zehn Jahren soll die Ringautobahn auch im Westen St. Petersburg umgehen. Die dann insgesamt 115 Kilometer lange Trasse wird dazu über den seit 1979 im Bau befindlichen Hochwasserschutzdamm im Finnischen Meerbusen geführt. Ein erster Abschnitt des Westringes ist bereits in Arbeit: Er soll bis 2008 auch den Petersburger Flughafen Pulkovo sowie die Fernstraßen in Richtung Kiew und Tallinn anbinden.

Neben der abgekürzt „KAD“ genannten Ringautobahn wird in St. Petersburg noch die nur sehr aufwändig zu realisierende Nordsüd-Stadtautobahn „SSD“ projektiert. Sie wird unter anderem den Petersburger Hafen an den Autobahnring anbinden. Anders als die KAD soll diese Route mautpflichtig werden. (Quelle: u.a www.Petersburg.aktuell.ru)

Das Sankt Petersburger Kfz-Kennzeichen lautet „78“, neuerdings auch „98“.

Die Sankt Petersburger Metrostation Awtowo
vergrößern
Die Sankt Petersburger Metrostation Awtowo

Etwa zwölf Kilometer südlich der Innenstadt liegt der Flughafen Pulkowo mit seinen Terminals Pulkowo I (Inlandsflüge) und Pulkowo II (Auslandsflüge). Von ihnen aus fliegt Pulkovo Airlines, von Pulkowo II auch zahlreiche ausländische Airlines, darunter die deutsche Billigfluglinie Germanwings, die Direktflüge zwischen Petersburg und Köln/Bonn bzw. Berlin bietet.

Aufgrund der Lage im Sumpf und der Notwendigkeit, den Vortrieb der Tunnel im darunter liegenden Granit vorzunehmen, ist die – 1955 eröffnete – Metro die tiefste U-Bahn der Welt. Die bis zu 90 Meter tief gebaute Petersburger Metro hat vier Linien. Außerdem gibt es zahlreiche Bus- und Trolleybuslinien sowie mit der Tramwai Sankt Petersburg das größte Straßenbahnnetz der Welt. Der größte Anteil des bodengebundenen Reisendenstroms wird aber von den Linientaxis („Marschrutkas“) bewältigt. Sankt Petersburg besitzt zusätzlich ein weit in die Oblast Leningrad und bis nach Oblast Pskow, Oblast Nowgorod und die Republik Karelien reichendes Regionalbahnnetz („Elektritschka“).

Partnerstädte

St. Petersburg unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten:

Persönlichkeiten

Sankt Petersburg war Geburts- und Wohnort zahlreicher russischer und internationaler Adliger, Politiker, Künstler und Wissenschaftler. Zu den bekanntesten von ihnen gehören Wladimir Putin, Fjodor Dostojewski, Alexander Puschkin, alle russischen Zaren seit 1718, Leonhard Euler, Alfred Nobel, Armand Marseille oder Iwan Pawlow.

Literatur

  • Stefan Creutzberger (Hrsg.): St. Petersburg, Leningrad, St. Petersburg. Deutsche Verlags-Anstalt, Hamburg 2000. ISBN 3421053588 (Aufsatzsammlung über die Stadt. Thematisch reicht der Bogen über die "klassischen" Petersburger Themen bis zum Judentum in der Stadt oder die Underground-Musikszene.)
  • Orlando Figes: Nataschas Tanz. Eine Kulturgeschichte Russlands. Berlin Verlag, Berlin 2003. ISBN 382700487X (Exzellente Kulturgeschichte Russlands, die seit dem 18. Jahrhundert untrennbar mit der Entwicklung Sankt Petersburgs verbunden ist.)
  • Jörg Ganzenmüller: Das belagerte Leningrad 1941-1944. Eine Stadt in den Strategien von Angreifern und Verteidigern. Schöningh, Paderborn u.a. 2005. ISBN 3-506-72889-X
  • Gerhart Hass: "Die deutsche Historiografie und die Belagerung Leningrads (1941-1944)", Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 54.2 (2006), 139-162.
  • Peter Jahn (Hrsg.): Blockade Leningrads 1941-1944. Ch. Links Verlag, Berlin 2004. ISBN 3861533243 (Begleitband zu einer Ausstellung des deutsch-russischen Museums. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der deutschen Ziele und des Alltags in der belagerten Stadt.)
  • Klaus Zernack: Zu den orts- und regionalgeschichtlichen Voraussetzungen der Anfänge Petersburgs, in: Id.: Nordosteuropa - Skizzen unde Beiträge zu einer Geschichte der Ostseeländer, Verlag Nordostdeutsches Kulturwerk, Lüneburg 1993, 257-76.

Englisch

  • John Barber (Hrsg.): Life and death in besieged Leningrad, 1941 - 44. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2005. ISBN 1-4039-0142-2 (Schildert die Lebensumstände im belagerten Leningrad)
  • Katerina Clark: Petersburg: Crucible of Cultural Revolution. Harvard University Press, Harvard 1998. ISBN 0674663365 (Konzentriert sich auf die künstlerischen Avantgarde-Strömungen, die kurzzeitig zur Zeit der Oktoberrevolution aufblühten.)
  • Solomon Volkov: St. Petersburg. A Cultural History. Free Press.New York 1995. ISBN 0684832968 (Ausführlicher und leicht exzentrischer Überblick über die gesamte Kulturgeschichte der Stadt.)

Sankt Petersburg literarisch

  • Joseph Brodsky: Erinnerungen an Leningrad. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main. ISBN 3596295394 (Erinnerungen des Literatur-Nobelpreisträgers an seine Kindheit im Nachkriegs-Leningrad.)
  • Nikolai Wassiljewitsch Gogol: Petersburger Novellen. Zahlreiche Ausgaben. (Vier Novellen von einem der Begründer der russischen Prosaliteratur. Insbesondere "Die Nase" und "Der Mantel" gehören zu den Klassikern der russischen Literatur.)
  • Christoph Keller (Hrsg.): Petersburg erzählt. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1999. ISBN 3596132363 (Sammlung von Kurzgeschichten über und aus St. Petersburg mit einem Nachwort zur Stadt und Literatur allgemein. Enthält u.a. Beiträge von Iwan Bunin, Ossip Mandelstam, Vladimir Nabokov und zeitgenössischer Autoren.)
  • Alexander Sergejewitsch Puschkin: Der eherne Reiter. In zahlreichen Anthologien enthalten. (Gedicht, das zu den Klassikern der russischen Literatur zählt. Zahlreiche Literaturwissenschaftler sehen in dem Gedicht den Beginn der modernen russischen Literatur.)

Quellenangaben

  1. Geoklima 2.1
  2. Jörg Ganzenmüller, Das belagerte Leningrad (siehe Literaturliste), S.13-82, Zitate S. 17 und 20.


Weblinks

Commons: Sankt Petersburg – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

Informative Weblinks in englischer Sprache:


Dieser Artikel wurde in die Liste exzellenter Artikel aufgenommen.


Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -