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Gottfried Wilhelm Leibniz

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem deutschen Philosophen. Für weitere Bedeutungen des Namens vgl. auch Leibniz.
Gottfried Wilhelm Leibniz
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Gottfried Wilhelm Leibniz

Gottfried Wilhelm Leibniz (* 1. Juli 1646 in Leipzig; † 14. November 1716 in Hannover) war ein deutscher Philosoph und Wissenschaftler, Mathematiker, Diplomat, Physiker, Historiker, Bibliothekar und Doktor des weltlichen und des Kirchenrechts. Er gilt als der universale Geist seiner Zeit und war einer der bedeutendsten Philosophen des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Denkmal in Leipzig
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Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Denkmal in Leipzig

Leibniz wurde am 21. Juni (nach dem im Deutschen Reich erst 1700 eingeführten Gregorianischen Kalender am 1. Juli) 1646 in Leipzig geboren. Seine Eltern, insbesondere sein Vater, der aus Altenberg/Erzgeb. stammende Rechtsgelehrte Friedrich Leibniz, weckten früh ein Interesse an juristischen und philosophischen Problemen. Sein Vater war Jurist und Professor für Moralphilosophie (Ethik) und seine Mutter Tochter eines Rechtswissenschaftlers. Der achtjährige Leibniz erlernte anhand der umfangreichen väterlichen Bibliothek autodidaktisch die lateinische und die griechische Sprache. Zwölfjährig entwickelte er beim Durchdenken logischer Fragestellungen die Anfänge einer mathematischen Zeichensprache.

1661 immatrikulierte sich Leibniz an der Leipziger Universität und betrieb philosophische Studien bei dem Theologen Adam Scherzer und dem Philosophietheoretiker Jakob Thomasius. 1663 wechselte er an die Universität von Jena, um sich dort unter Anleitung des Mathematikers, Physikers und Astronomen Erhard Weigel pythagoreischen Gedanken zu öffnen. Mit 20 Jahren wollte er zum Doktor der Rechte promovieren, doch die Leipziger Professoren lehnten ihn als zu jung ab. Leibniz ging nach Nürnberg, um dort an der Universität Altdorf das Verwehrte nachzuholen. Vorübergehend stand er in Verbindung zu einer dortigen alchimistischen Geheimgesellschaft, deren Experimente er jedoch schon bald verspottete. Anschließend stand er bis 1672 im Dienst des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn.

1672 reiste Leibniz als Diplomat nach Paris. Dort unterbreitete er dem „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. einen Plan für einen kreuzzugsähnlichen Eroberungsfeldzug gegen Ägypten, um ihn von den geplanten Eroberungskriegen in Europa abzubringen. Der König lehnte diesen Plan ab; über hundert Jahre später jedoch setzte Napoléon Bonaparte ihn um. 1672/73 vollendete Leibniz Arbeiten an einer Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten und wurde Mitglied der Londoner „Royal Society“. 1676 wurde er Hofrat und Hofbibliothekar in Hannover und 1691 auch Bibliothekar der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Ab 1685 reiste Leibniz im Auftrag des Welfenhauses durch Europa, um eine Geschichte der Welfen zu schreiben. Dadurch hatte er 1688 die Gelegenheit zu einer Audienz bei Kaiser Leopold I. in Wien. Dabei trug Leibniz seine Pläne für eine Münzreform, zum Geld-, Handels- und Manufakturwesen, zu der Finanzierung der Eroberungskriege gegen die Türken, zum Aufbau eines Reichsarchives und vieles andere vor. Doch es wurde ihm nur wohlwollende Aufmerksamkeit zuteil.

1700 wurden nach Verhandlungen mit dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., dem späteren König Friedrich I., Pläne für eine Preußische Akademie der Wissenschaften nach englischem und französischem Vorbild in die Tat umgesetzt. Die Akademie wurde in Berlin gegründet, Leibniz wurde ihr erster Präsident. Um diesen Erfolg auszudehnen führte er 1704 in Dresden Verhandlungen über die Gründung einer sächsischen Akademie. Leibniz bereiste Zeit seines Lebens Europa und knüpfte stets Kontakte zu anderen Wissenschaftlern.

Der Gelehrte wurde trotz seiner vielseitigen Begabungen von Minderwertigkeitskomplexen geplagt und war nicht in der Lage, seine wissenschaftlichen Errungenschaften in bare Münze zu verwandeln. Sein sächsischer Akzent und ein offenkundiger Sprachfehler schwächten sein Selbstvertrauen. Dazu kamen ungünstige Körpermaße, die seine Hände und Füße zu lang und zu dünn erschienen ließen. In den letzten Lebensjahren litt Leibniz an der Gicht. Er starb am 14. November 1716 in Hannover und wurde dort in der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis beigesetzt.

[Bearbeiten] Letzter Universalgelehrter

Als Jurist, Naturwissenschaftler, Politiker, Philosoph, Historiker, Theologe und Diplomat konnte Leibniz über sich selbst sagen: „Beim Erwachen hatte ich schon so viele Einfälle, dass der Tag nicht ausreichte, um sie niederzuschreiben.“

Er wuchs in die Zeit der Aufklärung hinein und wird oft als letzter Universalgelehrter bezeichnet. Seine Entdeckungen in den Naturwissenschaften und seine philosophischen und historischen Schriften werden bis heute von Gelehrten aller Welt zu Rate gezogen. Er repräsentierte als letzter großer Denker die vor dem 18. Jahrhundert praktizierte Wissenschaft der vielfältigen Verknüpfung und des Analysierens der Zusammenhänge.

Einige seiner Forschungsergebnisse und Initiativen waren:

[Bearbeiten] Philosophie

Leibniz hat sein Denken kontinuierlich revidiert. Eine komprimierte und bekannte Darstellung wichtiger Ideen zur Metaphysik findet sich in seiner Monadologie (1714).

(Siehe: Monadentheorie)

Auch das Problem der „Essai de Théodicée“ (1710) erscheint bei Leibniz gelöst. Unsere Welt ist die beste aller möglichen, sie besitzt einen maximalen Reichtum von Momenten und in diesem Sinne die größtmögliche Mannigfaltigkeit.

(Siehe: Weltverständnis, Theodizee; Beste aller möglichen Welten)

In seiner Begriffslehre geht Leibniz davon aus, dass sich alle Begriffe auf einfache, atomare Konzepte zurückführen lassen. Er beschäftigte sich damit, wie man diesen Konzepten Zeichen zuordnen könnte und so wiederum alle Begriffe ableiten könnte. So ließe sich eine ideale Sprache aufbauen. Neben anderen haben die Philosophen Russell und Wittgenstein diese Idee aufgegriffen und weitergeführt. Mit der Ars combinatoria (1666) versuchte Leibniz eine Wiederaufnahme des Projektes der Heuristik.

[Bearbeiten] Aufklärung

Leibniz zählt zu den Frühaufklärern, die den Grundstein für die Bewegung der Aufklärung, „den Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (Immanuel Kant), gelegt haben. Er hatte einen starken Einfluss auf die Aufklärung, die klassische deutsche Philosophie, den deutschen Idealismus und die Literatur der Klassik. Leibniz formuliert früh die Maxime der Verstandesmäßigkeit. Zitat: „Jeder Mensch besitzt Fähigkeiten zur vernünftigen Lebensführung.“ Wenn Religion und Vernunft übereinstimmen, entstünde eine wahrhafte Religion. Leibniz postulierte, alle Gaben können den Menschen verderben, nur die echte Vernunft sei ihm unbedingt heilsam, aber an ihr werde erst dann kein Zweifel mehr haften, wenn sie sich überall gleich klar und gewiss, wie die Arithmetik, erweisen könne. Der Mathematiker Leibniz war im Gefolge des Pythagoras der Auffassung, dass sich in den Zahlen die tiefsten Geheimnisse verbergen. Das heißt, wenn man Vernunft mit Zahlen ausdrücken könnte, wäre der Einwand widerlegt: „Woher weißt du, dass deine Vernunft besser ist als meine? Welches Kriterium hast du für die Wahrheit?“

[Bearbeiten] Logik

Leibniz befasste sich intensiv mit Logik; das Leibniz'sche Gesetz geht auf ihn zurück.

[Bearbeiten] Rechtswesen

1667 veröffentlichte Leibniz eine Schrift zur Reform des Rechtswesens. Darin fordert er eine Vereinheitlichung der Gesetzeswerke der christlichen Nationen. Er versuchte, in jeder Religion etwas Wahres zu finden und dies in eine große Harmonie, in eine allumfassende allgemeine Religion einzuordnen. Mit diesen Bemühungen begab er sich auf die Ebene eines Erasmus von Rotterdam, der ein ähnliches Ziel hatte, nämlich eine Gelehrtenrepublik zu erschaffen, in der antike und christliche Elemente verbunden werden und zu Toleranz und Humanität führen sollten. Leibniz bemühte sich Zeit seines Lebens um den Frieden. Er versuchte 1670 zu einer Reunion von Katholiken und Protestanten beizutragen. Zwischen 1679 und 1702 führte er Verhandlungen mit den Bischöfen Spinola und Bossuet. Bis 1706 bemühte er sich ergebnislos um einen Zusammenschluss wenigstens der evangelischen Konfessionen. Diesen Bemühungen lag seine Erkenntnis zu Grunde, dass die Glaubensgemeinschaft eine unerlässliche Voraussetzung für die Bewahrung der abendländischen Kultur ist. Alle seine Anstrengungen konnten den Eigensinn der tief voneinander getrennten Länder nicht überwinden. Daran scheiterte Leibniz' Streben nach Synthese und Harmonie.

[Bearbeiten] Harmonie

Synthese bedeutet die Vereinigung von Teilen zu einem Ganzen, die Verbindung gegensätzlicher Dinge zu etwas Neuem. Harmonie ist ein prägender Begriff von Leibniz' Philosophie. Er beschreibt Harmonie als Summe von unendlich vielen, unendlich kleinen Krafteinheiten, sogenannten Monaden, den Urbestandteilen der Weltsubstanz, die durch Gott vereint wurden und so die Welt zusammenhalten.

(Siehe: Monadentheorie).

Leibniz geht davon aus, dass Gott alles aus dem Nichts geschaffen hat (creatio ex nihilo) und alles, was Gott geschaffen hat, gut ist. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass überall eine wunderbare Ordnung zu finden ist. Als Beispiel nennt er die Zahlen, da dort keine Veränderungen vorgenommen wurden.

(Siehe: Entwicklung eines Zahlenwerkes aus der Religion)

Dieses Sinnbild des christlichen Glaubens wollte Leibniz sogar zur Heidenbekehrung einsetzen. „Alles weltliche Übel entsteht aus dem endlichen Wesen der Natur.“ Doch die Erkenntnis, dass die Welt in ihrer Unvollkommenheit ein notwendiges Teilübel und dadurch die bestmögliche aller Welten ist, macht den Vorwurf an das Gotteswerk Natur wieder wett. Diese Wissenschaft nannte Leibniz Theodizee.

[Bearbeiten] Monadentheorie

Eine Monade – der zentrale Begriff der Leibnizschen Welterklärung – ist eine einfache, nicht ausgedehnte und daher unteilbare Substanz, die äußeren mechanischen Einwirkungen unzugänglich ist.

Das gesamte Universum bildet sich in den von den Monaden spontan gebildeten Wahrnehmungen (Perzeptionen) ab. Sie sind eine Art spirituelle Atome, ewig, unzerlegbar, einzigartig. Die Idee der Monade löst das Problem der Wechselwirkung von Geist und Materie, welches dem System René Descartes' entspringt. Ebenso löst sie das Problem der Vereinzelung, welches im System Baruch Spinozas problematisch erscheint. Dort werden einzelne Lebewesen als bloß zufällige Veränderungen der einzigen Substanz beschrieben. Ein Beispiel: Eine Substanz kann ohne Denken existieren, aber das Denken nicht ohne Substanz.

Da Leibniz die Grundfrage der Philosophie idealistisch löst und die Materie für ihn nur ein „Anderssein der Seele“ ist, leugnet er den objektiven Charakter von Raum und Zeit. Die Theorie der Substanz von Leibniz schließt die Möglichkeiten der allseitigen Entwicklungen ein. Obwohl die Monaden in ihren Keimen identisch sind, entwickeln sie sich verschieden. Entwicklung bedeutet nach Leibniz nicht das Entstehen von grundsätzlich Neuem, sondern nur die Entfaltung des Vorhandenen. Leib, Seele und Geist sind nicht grundsätzlich verschieden, sie sind bloß unterschiedlich entwickelt. Leibniz löst das Problem der Verbindung von Körper und Seele, indem er darlegt, dass alle Monaden, obwohl sie keinen gegenseitigen Einfluss auf ihre innere Struktur ausüben, koordiniert wirken. Er behauptet, dass Gott beim Schaffen der Monaden ihre Einheit und koordinierte Wirkung gesichert habe. Er kennzeichnet diesen Zustand mit dem Begriff der „prästabilierten Harmonie“. Trotz des idealistisch-teleologischen Wesens dieser Anschauung ist das Bemühen zu spüren, die Einheit der Welt nachzuweisen und die in ihr wirkenden Gesetzmäßigkeiten aufzudecken.

[Bearbeiten] Kritik an der Monadologie

Leibniz greift den Monadenbegriff aus der neuplatonischen Tradition auf. Der Begriff Monade, „Einheit“, stammt aus der Stoicheiosis theologike des spätantiken Philosophen Proklos. Wenn man die unendliche Substanz Baruch de Spinozas und des Mathematikers Blaise Pascal in unzähligen Punkten repräsentiert findet, deren jeder das Universum enthält, dann hat man ein Bild für das Bewusstsein, das in seinem Ichpunkt das ganze All umfasst: dann hat man die Leibnizschen Monaden.

Weiter betont Leibniz, dass Monaden Individuen seien: Es gebe keine zwei gleiche Monaden mit gleicher Perspektive und Wachheit, denn jede Monade sei ein punktuelles Bewusstsein, und so sei jede Monade ohne Wechselwirkung mit den unzähligen anderen Monaden, obwohl sie alle einander enthielten. Damit gibt er eine deutliche Beschreibung der Privatheit der Empfindung, d.h. der Unmöglichkeit (jedes Nicht-Telepathen), Empfindungen eines anderen einsehen zu können. Monaden sind demnach eher als Bewusstseins-Einheiten denn als Materien aufzufassen. Dieser Ansatz kann als Solipsismus kritisiert werden, solipsistische Ansätze blieben in der Folge gerade in der mitteleuropäischen Philosophie sehr einflussreich.

[Bearbeiten] Weltverständnis

Zentrale Begriffe im Leibniz'schen Weltverständnis sind die:

[Bearbeiten] Prästabilierte Harmonie
Es gibt nur die Monaden und ihre Vorstellungen, sonst nichts. Also auch keine Wechselwirkungen zwischen den Monaden. Die Monaden haben aufeinander keinerlei Wirkung. Jede existiert für sich und aus sich. Warum wirken dann aber die Monaden im Weltganzen auf so offensichtliche Weise zusammen? Wieso bilden sie das harmonische Ganze der Welt? Antwort: Gott hat zu Beginn der Welt die Monaden, die aus der Urmonade Gott hervorgegangen sind, so geschaffen, dass sie, wenn jede einzelne nur ihren eigenen Gesetzen folgt, sie alle so zusammenwirken, als ob sie eine Wirkung aufeinander hätten. Die Harmonie war also von vornherein festgelegt.

[Bearbeiten] Theodizee
Der Begriff Theodizee kommt aus dem Griechischen und bedeutet die Rechtfertigung Gottes gegenüber dem Vorwurf seiner Verantwortlichkeit für die Übel in der Welt.
Angesichts einer prästabilierten Harmonie, in der ja nichts gegen den göttlichen Willen geschieht, stellt sich die Frage, wie das Böse überhaupt in die Welt gekommen ist.

[Bearbeiten] Beste aller möglichen Welten
Der berühmte Satz von der „besten aller möglichen Welten“ ist oft missverstanden worden, unter anderem hat ihm Voltaire mit dem Candide einen ganzen Spottroman gewidmet. Die Idee der „besten aller möglichen Welten“ soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr wird von Leibniz auf einen notwendigen Zusammenhang zwischen Gutem und Übeln hingewiesen. Es gäbe nämlich Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist. Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die „beste aller möglichen Welten“ dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.
Gerade dieses Entwicklungspotential ermöglicht es, den derzeitigen Zustand zu verbessern, nicht hin auf einen utopischen Endpunkt, sondern immer weiter, in einem nicht endenden Prozess der ständigen sich überbietenden Entwicklung.
Leibniz argumentiert einerseits, dass einige der Übel nur scheinbar sind, bzw. dass weniger Übel an einer Stelle ein mehr an anderer Stelle notwendig machen würde. Auch führt er zum Beispiel die Vielfalt an, die die Qualität der Welt ausmache. Es gibt aber auch einen logischen Grund, warum diese die beste aller möglichen Welten sein muss. Wenn nämlich Gott eine Welt aus dem Möglichen ins Wirkliche überführen möchte, so braucht er einen zureichenden Grund, da er nicht willkürlich wählen kann. Das einzige Kriterium, das eine Welt aber qualitativ von allen anderen unterscheidet, ist, die beste zu sein. Im Gegensatz etwa zu Descartes vertritt Leibniz die Ansicht, dass Gott nicht logische Wahrheiten schaffen oder ändern kann. Die Summe aller möglichen Welten findet Gott ebenso vor wie mathematische Sätze. Er hat darum auf den Zustand und die Geschehnisse innerhalb einer Welt keinen Einfluss. Selbst wenn er - Naturgesetze außer Kraft setzend - ein Wunder wirkt, so ist dieses Wunder mit der Auswahl der möglichen Welt schon ein für allemal festgelegt.
Dass Gott unter allen möglichen Welten die beste geschaffen habe, weil er allmächtig, allwissend und allgütig sei, ist insofern nur ein Teilaspekt. Leibniz unterscheidet dann zwischen drei Übeln:
1. Metaphysisches Übel
Das metaphysische Übel bzw. Elend besteht in der Endlichkeit der Welt. Diese war nicht zu vermeiden, wenn Gott eine Welt schaffen wollte. (Siehe Platon)
2. Physisches Übel
Leiden und Schmerzen gehen mit einer gewissen Notwendigkeit aus dem metaphysischen Übel hervor, da geschaffene Wesen zwangsläufig unvollkommen sind.
3. Moralisches Übel
Ein geschaffenes Wesen hat die Möglichkeit zu fehlen bzw. theologisch formuliert zu sündigen, da Gott ihm die Gabe der Freiheit verliehen hat.
Nach Leibniz gibt es keinen Widerspruch zwischen Determinismus und Freiheit. Obwohl mit der Wahl der Welt jede Handlung eines Menschen zum Beispiel vollständig unverrückbar festliegt, so ist die Tatsache, dass sich ein Mensch in einer Situation so und nicht anders verhält, völlig frei. Dass sich ein Mensch so verhält (so verhalten würde), ist gerade der Grund, warum die Welt gewählt wurde. Ein anderes Verhalten wäre entweder logisch nicht möglich (nicht kompossibel mit dem Rest der Welt) oder würde eine moralisch schlechtere Welt bedingen.

[Bearbeiten] Mathematik

Bereits 1672 konstruierte Leibniz eine Rechenmaschine, die multiplizieren, dividieren und die Quadratwurzel ziehen konnte.

In den Jahren 1672 bis 1676 entdeckte Leibniz während eines Parisaufenthales die Grundlagen der Infinitesimalrechnung. Diese baute er in den folgenden Jahren weiter aus. Der englische Naturwissenschaftler Sir Isaac Newton, als dessen wichtigster Gegenspieler Leibniz gilt, hatte sein Prinzip der Infinitesimalrechnung bereits 1666 entwickelt, jedoch nicht veröffentlicht. Leibniz veröffentlichte sein System 1684, woraufhin Newton 1687 folgte, doch setzte sich das Leibnizsche Zeichensystem durch. Leibniz wurde später von Anhängern Newtons angegriffen, er habe die Ideen von Newton aus einem Briefwechsel der beiden von 1676 gestohlen. Dies führte zu einer Plagiatsklage, die 1712 von einer Kommission der Royal Society of London untersucht wurde. Die Kommission, von Newton beeinflusst, sprach Leibniz fälschlicherweise schuldig.

Von Leibniz stammen die immer noch gebräuchliche Notation \frac{dy}{dx} in Differentialschreibweise und das Integralzeichen \int dx. Darüber hinaus beschäftigte er sich auch mit Folgen und Reihen und fand das nach ihm benannte Leibniz-Kriterium zur Konvergenz unendlicher alternierender Reihen, aus dem insbesondere die Konvergenz der so genannten Leibniz-Reihe

\sum_{n=0}^{\infty} \frac{(-1)^n}{2n+1} = 1 - \frac{1}{3} + \frac{1}{5}- \dots

folgt, deren Grenzwert \frac{\pi}{4} beträgt, siehe dazu auch Kreiszahlberechnung nach Leibniz.

Leibniz entwickelte auch die Dyadik (Dualsystem) mit den Ziffern 0 und 1 (Dualzahlen), welche für die moderne Computertechnik von grundlegender Bedeutung ist.

[Bearbeiten] Philosophie, Religion und Zahl

Leibniz betrachtete die Wissenschaft als eine Einheit. Seine Erkenntnisse in der Integralrechnung, die Theorie der unendlichen Reihen, seine neuartige Geometrie, die Theorien der Kombinatorik, die Vorstellung über die Grundlagen der Mathematik und die Wahrscheinlichkeitsrechnung entwickelten sich in enger Verbindung mit seinen philosophischen Ansichten. Das gleiche trifft auf seine Erkenntnisse der Dynamik, auf die biologischen und geologischen Konzeptionen sowie auf die Forschungen im Bereich der praktischen Politik und der theoretischen Geschichtswissenschaft zu.

Das philosophische Schaffen von Leibniz gruppiert sich um drei große Problemkreise: die Monadentheorie, die Determinationskonzeption und den erkenntnistheoretisch-logischen Ansichten.

Leibniz entwickelte die Monadentheorie als Gegenentwurf zu den zeitgenössischen Strömungen. Die Philosophen des 17. Jahrhunderts arbeiteten in der Regel entweder eine neue Substanztheorie aus oder sie entwickelten die Atomtheorie nach neuzeitlichen Maßstäben weiter. Leibniz befriedigte keine dieser Auffassungen. Er nennt die Philosophie der Atomisten eine „faule“ Philosophie, da diese Auffassung, welche die Atome als letzte Bausteine ansieht, die lebendige, sich verändernde Welt nicht tiefgründig genug analysiere. Entgegen atomistischer Zeit- und Raumauffassungen, die diese Existenzformen der Materie mit einem leeren Gefäß vergleichen, vertritt Leibniz eine dialektische Konzeption, in der Raum und Zeit Ordnungsbeziehungen in der materiellen Welt sind. Der Raum ist die Ordnung der zur gleichen Zeit existierenden Dinge, die Zeit ihre Abfolge.

[Bearbeiten] Zahlen aus dem Geist der Religion

Durch die geistige Auseinandersetzung mit der Religion, insbesondere mit dem Yijing-Orakel, das besagt, dass das Universum, die Erde und das All nach Gewicht, Maß und Zahl gezeugt sind, ist es Leibniz möglich ein neues Zahlensystem zu entwickeln. Die Zahl in ihrer metaphysischen Grundgestalt und die Arithmetik als Statik des Universums enthüllen die Kräfte aller Dinge. Für Leibniz gilt die Devise: „Ohne Gott ist nichts.“ Deshalb setzt er für Gott die Eins und für das Nichts die Null. Gleichzeitig untersucht er die Sprache und stellt fest, dass sie ständig Fehler zulässt. Dadurch entstehen enorme Verständigungsprobleme, die über kurz oder lang zu Konflikten führen. Leibniz setzte als Ziel seiner Forschungen die Lösung dieser Konflikte. Er meinte erkannt zu haben, dass unser Denken eigentlich ein Rechenvorgang sei, womit sich der Kreis zur Religiosität und jener von Gott und Nichts, von 1 und 0, schließt. Konsequenterweise versuchte er eine sichere logische Symbolsprache zu entwickeln ('matesis universalis'). Hieraus entstand das Dualsystem, welches in der Natur und Philosophie kein Vorbild hat. Es bildet die operationale Grundlage der modernen Computertechnik. Außerdem erkannte Leibniz, dass man jedem Gegenstand eine charakteristische Zahl beilegen kann, ähnlich den arithmetischen Zeichen für die natürlichen Zahlen. Damit, so Leibniz, wollte Gott uns zeigen, dass unser Verstand noch ein weit tieferes Geheimnis birgt, von dem die Arithmetik nur ein Schattenbild ist.

[Bearbeiten] Sonstiges

Leibniz' Rechenmaschine
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Leibniz' Rechenmaschine
Brief von Leibniz nach Kiel aus dem März 1716 eine Veröffentlichung betreffend
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Brief von Leibniz nach Kiel aus dem März 1716 eine Veröffentlichung betreffend

Viele bedeutende Erfindungen stammen von Leibniz, zum Beispiel eine Rechenmaschine sowie Erfindungen zur Nutzung des Windes bei der Grubenentwässerung im Harzbergbau.

Leibniz war einer der wichtigsten interdisziplinären Gelehrten seiner Epoche. Ein großer Teil seines Wirkens ist in Briefen dokumentiert. Aus der Zeit zwischen 1663 und 1716 sind über 20.000 Briefe an Leibniz überliefert, die er von rund 1.100 Korrespondenten aus 16 Ländern erhalten hat. Im Leibniz-Archiv sind rund 15.000 Briefe dokumentiert. Er war ein "homo societatis".

Zu Ehren Leibniz' wurde die Universität Hannover am 1. Juli 2006 in Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover umbenannt.

[Bearbeiten] Nominierung des Briefwechsels für „Memory of the World”

Das Deutsche Nominierungskomitee hat den in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover aufbewahrten Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz im Jahr 2006 für das UNESCO-Programm Memory of the World vorgeschlagen. Durch diese Nominierung wird der Briefwechsel von Deutschland als Bestandteil des Weltgedächtnisses und somit als besonders schützenswert erklärt. Er wird später als Teil des Weltdokumentenerbes in Deutschland u. a. neben der Gutenberg-Bibel, Goethes literarischem Nachlass, Beethovens Neunter Sinfonie und weiteren Dokumenten stehen.

Der Briefwechsel enthält rund 15.000 Briefe mit 1.100 Kor­respondenten. Er ist Bestandteil des in Hannover aufbewahrten Leibniz-Nachlasses mit ca. 50.000 Nummern mit rund 200.000 Blättern. Zum Nachlass gehören auch die Bibliothek von Leibniz und das einzig erhaltene Exemplar der von ihm konstruierten Vier-Spezies-Rechen­maschine.

[Bearbeiten] Werke

  • 1686: Metaphysische Abhandlung (Originaltitel: Discours de métaphysique)
  • 1704: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand (Originaltitel: Nouveaux Essais sur L'entendement humain)
  • 1710: Theodizee (Originaltitel: Essais de théodicée)
  • 1714: Monadologie (Originaltitel: Principes de la Nature et de la Grace fondés en Raison - Monadologie)

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Werke

[Bearbeiten] Textausgaben

  • Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, hg. C. I. Gerhardt, 7 Bde., 1875-1890 (wiederholt nachgedruckt).
  • Leibnizens mathematische Schriften, hg. C. I. Gerhardt, 7 Bde., 1849-1863.
  • Opuscules et fragments inédits de Leibniz, hg. Louis Couturat, 1903.
  • Textes Inédits, hg. Gaston Grua. Paris: Presses Universitaires de France, 1948.

[Bearbeiten] Übersetzungen

  • Leibniz: Philosophische Werke, hg. Arthur Buchenau/Ernst Cassirer. Leipzig 1915, Neuausgabe Hamburg: Meiner 1996.
  • Leibniz: Philosophische Schriften, hg. Hans Heinz Holz. 4 Bände. Frankfurt/Main: suhrkamp 1986, Neuausgabe 1996.
  • Leibniz: Philosophische Schriften und Briefe: 1683 - 1687, hg. Ursula Goldenbaum. Berlin 1992.
  • Leibniz: Frühe Schriften zum Naturrecht, lat./dt., Phil.Bibl.Bd.543 (ISBN 3-7873-1622-1)
  • Philosophical Essays. Edited and translated by Roger Ariew and Daniel Garber. Indianapolis: Hackett, 1989.
  • Philosophical Papers and Letters, hg. Leroy Loemker, 2. A. Dordrecht: Reidel, 1969.
  • Philosophical Writings. Translated and edited by Mary Morris and G.H.R. Parkinson. London: Dent, 1973.
  • Leibniz: Logical Papers. Translated and edited by G.H.R. Parkinson. Oxford: Oxford UP, 1966.
  • Monadology and Other Philosophical Essays. Translated and edited by Paul Schrecker and Anne Martin Schrecker. New York: Bobbs-Merrill Co., 1965.
  • Leibniz: Selections. Edited by Philip P. Wiener. New York: Charles Scribner's Sons, 1951.

[Bearbeiten] Einführend

  • Werner Schneiders: Gottfried Wilhelm Leibniz: Das Reich der Vernunft, in: Josef Speck (Hg.): Grundprobleme der großen Philosophen, Philosophie der Neuzeit I, Göttingen 1979, S. 139-175

[Bearbeiten] Monographien

  • Ines Böger: »Ein seculum … da man zu Societäten Lust hat«. Darstellung und Analyse der Leibnizschen Sozietätspläne vor dem Hintergrund der europäischen Akademiebewegung im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Herbert Utz Verlag, München 2001, ISBN 3-8316-0018-X
  • Reinhard Finster, Gerd van den Heuvel: Gottfried Wilhelm Leibniz. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 4. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000 (Rowohlts Monographien, 50481), ISBN 3-499-50481-2
  • Aron Gurwitsch: Leibniz. Philosophie des Panlogismus. Walter de Gruyter, Berlin 1974.
  • Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45268-X
  • Michael-Thomas Liske: Gottfried Wilhelm Leibniz. München: Beck 2000.
  • Benson Mates: The philosophy of Leibniz. Metaphysics and language. Oxford Univ. Pr., New York 1986.
  • Kurt Müller, Gisela Krönert: Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine Chronik. Klostermann, Frankfurt am Main 1969 (Veröffentlichungen des Leibniz-Archivs, 2)
  • Hans Poser: Gottfried Wilhelm Leibniz zur Einführung, Hamburg: Junius 2005, ISBN 3-88506-613-0
  • Werner Schüßler: Leibniz' Auffassung des menschlichen Verstandes (intellectus). Eine Untersuchung zum Standpunktwechsel zwischen "système commun" und "système nouveau" und dem Versuch ihrer Vermittlung. Walter de Gruyter, Berlin 1992, ISBN 3-11-013645-7
  • R. S. Woolhouse (Hg.): Gottfried Wilhelm Leibniz. Critical assessments. Routledge, London 1994. (4 Bde.)

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Gottfried Wilhelm Leibniz – Bilder, Videos und/oder Audiodateien
Wikisource: Godefridus Guilielmus Leibnitius – Quellentexte (lat.)
Werke

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