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Rimini Protokoll

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Rimini Protokoll ist ein Label, unter dem die Autoren und Regisseure Helgard Haug (*1969), Stefan Kaegi (*1972) und Daniel Wetzel (*1969) ihre Theater-, Performance- und Hörspiel-Projekte ankündigen, unabhängig davon, ob sie einzeln, zu zweit oder im Dreier-Team erarbeitet worden sind.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Name

Im Gegensatz zum Rimini-Protokoll des Geologen Colin Campbell (2004) verbindet dieses deutsch-schweizerische Team, von dem das Label Rimini Protokoll bereits seit 2002 genutzt wird, keine politische Botschaft, sondern eher ein ästhetisches Programm, in dem die unterschiedlichen Formen von Protokoll – als Textgattung bzw. als Ablaufplan für die Inszenierung beispielsweise von Internationalen Beziehungen – dem Drama als vorherrschender Textform des Theaters und des Hörspiels gegenübergestellt werden.

[Bearbeiten] Werdegang

Die drei studierten in den 90er Jahren am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Justus Liebig Universität Gießen. Markenzeichen ihrer Theater- und Radioprojekte ist die Arbeit mit sogenannten „Experten aus der Wirklichkeit“ oder „Spezialisten“, also Theater-Laien, die jedoch nicht als Laien sondern als Darsteller ihrer selbst auftreten. Sie spielen keinen Dramen-Text, sondern sich selbst in Theaterprojekten, deren Text und Verlauf auf Basis ihrer Biografien und Berufe erarbeitet wird. In Abgrenzung vom Laientheater oder Amateurtheater entstanden so seit 2003 eine Reihe von Inszenierungen, u.a. auch an großen Schauspielhäusern und entstand ein Gegenentwurf zum herkömmlichen Berufstheater an dessen angestammten Spielstätten, mit dem Rimini Protokoll u.a. auch zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurden.
Neben dieser speziellen, dokumentarischen Spielart des Sprechtheaters realisieren Rimini Protokoll ortsspezifische Projekte, bei denen das Theater weniger erzeugt als vorgefunden wird. International bekannt wurden sie mit der „Raubkopie“ einer gesamten Sitzung des Deutschen Bundestags, bei der Bonner Wähler sich zu dem Experiment bereit erklärten, einen Tag lang in analog zur Sitzverteilung des Originals verteilten Rollen in der Manier von Simultanübersetzern mitzusprechen, was im kurz zuvor nach Berlin umgezogenen Bundestag gesprochen wurde („Deutschland 2“, Bonn 2002). Dabei mussten sie auf die Räumlichkeiten des Beueler Schauspielhauses ausweichen, da Wolfgang Thierse, damals Präsident des Deutschen Bundestages mit Hausrecht für alle dazugehörigen Gebäude, die Nutzung der in Bonn befindlichen ehemaligen Parlamentsgebäude untersagte.Bei Sonde Hannover saßen die Zuschauer im obersten Stockwerk des Kröpcke-Hochhauses in der Hannnoveraner Innenstadt mit Blick auf den Knotenpunkt mehrerer Einkaufsstraßen. Das Stück entwickelte sich aus der Verdichtung des zufälligen Straßengeschehens vermittels Soundtrack und live-Kommentaren, die den Zuschauern auf Kopfhörer gesendet wurden und aus den verdeckten Aktionen sogenannter "Sondern" - als Passanten getarnter junger Menschen, die mit Mikrofonen ausgestattet waren. Für ihr „Mobile Phone Theatre“ unter dem Titel „Call Cutta“ (2005) casteten Rimini Protokoll Callcenter-Agenten in Kalkutta und richteten dort eine eigene Callcenter-Einheit ein, von der aus der Berliner Theatergänger telefonisch mit dem Stücktext versorgt wurde, einzeln und in den Dialog mit jeweils einem Callcenter-Performer vertieft, der ihn durch Hinterhöfe und verlassene Parks vom Berliner Hebbel am Ufer zu einer Einkaufspassage am Potsdamer Platz führte.
Zwischen der theatralen Auseinandersetzung mit der Schauspiel-Tradition auf ihren Bühnen und solchem experimentellen Entgrenzen der Möglichkeiten des Theaters sind alle bisherigen Projekte von Rimini Protokoll angesiedelt.
2002 gewannen Rimini Protokoll den NRW Impulse Theaterpreis, 2003 wurden sie in der Kritikerumfrage der Zeitschrift Theater heute zu Nachwuchsregisseuren des Jahres gewählt, 2005 für den Wiener Nestroy-Theaterpreis nominiert. Ihre Projekte „deadline“ (Haug / Kaegi / Wetzel) und „Wallenstein. Eine dokumentarische Inszenierung“ (Haug / Wetzel) wurden 2004 bzw. 2006 zum Theatertreffen Berlin eingeladen; „Mnemopark“ von Stefan Kaegi gewann den Jurypreis des Festivals „Politik im Freien Theater“ 2005.

[Bearbeiten] Theaterprojekte (Auswahl)

  • 2000 „Kreuzworträtsel Boxenstopp“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Künstlerhaus Mousontum, Frankfurt am Main)
  • 2001 „Apparat Berlin“ (Haug / Wetzel, Prater der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin)
  • 2001 „Torero Portero“ (Kaegi, Goethe-Institut Inter Nationes Córdoba)
  • 2002 „Shooting Bourbaki. Ein Knabenschiessen“ (Haug / Kaegi / Wetzel, luzerntheater Luzern, Deutsches Schauspielhaus Hamburg u.a.)
  • 2002 „Deutschland 2“ (Haug / Ernst / Kaegi / Wetzel, Festival „Theater der Welt“)
  • 2002 „Sonde Hannover“ (Haug / Ernst / Kaegi / Wetzel, Kröpcke-Hochhaus, Festival „Theaterformen“, Hannover)
  • 2002 „Matraca Catraca. Uma viagem REM“ (Kaegi, Goethe-Institut Inter Nationes, Fundação Cultural Estado da Bahia e Empresa Farol da Barra, Salvador)
  • 2003 „deadline“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Deutsches Schauspielhaus Hamburg / Neues Cinema, u.a.)
  • 2003 „The Midnight Special Agency“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Kunsten Festival des Arts, Brüssel)
  • 2003 „Skrót. Krakau Files“ (Kaegi, Goethe-Institut Krakau)
  • 2003 "Markt der Märkte" (Haug / Wetzel, Theater Bonn)
  • 2004 "Zeugen! Ein Strafkammerspiel" (Haug / Kaegi / Wetzel, Hebbel am Ufer Berlin, schauspielhannover)
  • 2004 „Hot Spots“ (Haug / Wetzel, Thesseum A Theatre for the Arts, Athen / Goethe-Institut Athen)
  • 2004 „Sabenation. go home & follow the news“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Kunsten Festival des Arts, Brüssel / Festival „Theaterformen“, Braunschweig)
  • 2004 „Brunswick Airport. Weil der Himmel uns braucht“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Festival „Theaterformen“, Braunschweig)
  • 2004 „Schwarzenbergplatz“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Kasino im Burgtheater)
  • 2005 „Call cutta. A mobile phone theatre“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Star Theatre / Max Mueller Bhavan (Goethe-Institut) Kolkata, Hebbel am Ufer, Berlin)
  • 2005 „Mnemopark“ (Kaegi, Theater Basel)
  • 2005 „Wallenstein“ (Haug / Wetzel, 13. Internationale Schillertage, Nationaltheater Mannheim, Deutsches Nationaltheater Weimar)
  • 2005 „Cameriga. A Metabureaucracy“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Festival „Homo Novus“, Riga)
  • 2006 „Blaiberg und sweetheart19“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Schauspielhaus Zürich, Hebbel am Ufer, Berlin)
  • 2006 "The Police Training Opera" und "The Memory Job" (Wetzel, X-Wohnungen Caracas, Venezuela)
  • 2006 "Cargo Sofia-X" (Kaegi, div. Orte in Europa, UA: Theater Basel)
  • 2006 "Karl Marx: Das Kapital, Band 1" (Haug / Wetzel, Düsseldorfer Schauspielhaus u.a.)

[Bearbeiten] Hörstücke (Auswahl)

  • 2000 „O-Ton Ü-Tek“ (Haug / Wetzel, Produktion: DeutschlandRadio Berlin)
  • 2001 „Sitzgymnastik Boxenstopp“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Autorenproduktion)
  • 2001 „Apparat Herz“ (Haug / Wetzel, Produktion: DeutschlandRadio Berlin)
  • 2002 „Glühkäferkomplott“ (Kaegi, Produktion: DRS/DLF/intermedium 2)
  • 2002 „Undo“ (Haug / Wetzel, Autorenproduktion in Kooperation mit SFB-ORB)
  • 2002 „Deutschland 2“ (Buch: Rimini Protokoll / Realisation: Haug / Wetzel, Produktion: WDR3)
  • 2003 „Wundersame Welt der Übertragung I-III“ (Buch u. Realisation: Haug / Wetzel, Produktion: SWR2)
  • 2004 „Zeugen! Ein Verhör“ (Haug / Kaegi / Wetzel, Produktion: DeutschlandRadio Berlin)
  • 2004 „Alles muss raus!“ (Haug / Wetzel, Produktion: WDR3)
  • 2006 "Miles & More" (Helgard Haug / Heike Haug / Wetzel, Produktion: WDR/DeutschlandRadio Kultur)

[Bearbeiten] Publikationen

  • Daniel Wetzel: "Das Leute-Leben-Protokoll" in: Albrecht Hirche/Kathrin Krumbein (Hg.): Der freie Fall. Positionen von Performern. Essen: Klartext, 2006. ISBN 3-89861-590-1
  • Stefan Kaegi: "Kunst genug. 33 Stimmen, wie ich sie dem Theater wünsche" in Dros Kolesch / Jenny Schrödl (Hg.): Kunst-Stimmen. Berlin: Theater der Zeit, 2004 (Recherchen 21), S.12-14 (samt Ausschnitten auf beiliegender CD aus den Rimini-Protokoll-Hörspielen "Apparat Herz", "Kanal Kirchner" und "Deutschland 2" ISBN 3-934344-41-0
  • Theater Bonn (Hg.), Markt der Märkte. Programmbuch von Helgard Haug und Daniel Wetzel. Bonn: Bouvier 2003. ISBN 3-416-03050-8
  • Helgard Haug, Daniel Wetzel: "Apparat Berlin" in: Wohnfront 2001-2002. Volksbühne im Prater. Dokumentation der Spielzeit 2001-2002. Berlin: Alexander Verlag, 2002, S. 81-101
  • Helgard Haug, Marcus Dross, Daniel Wetzel: "Etappe: Alibis" in: Brandstetter, Gabriele /Finter, Helga /Weßendorf, Markus (Hg.): Grenzgänge. Das Theater und die anderen Künste. Tübingen: Narr 1998 (Forum Modernes Theater, Band 24) ISBN 3-8233-5224-5

[Bearbeiten] Literatur

  • Miriam Dreysse, "Spezialisten in eigener Sache" in: Forum Modernes Theater, Band 1/2006, Tübingen, Narr 2006.
  • Jens Roselt: "An den Rändern der Darstellung – ein Aspekt von Schauspielkunst heute" in Jens Roselt (Hg.): Schauspieltheorien. Seelen mit Methode. Berlin: Alexander Verlag, 2005, S. 376-380 ISBN 3-89581-139-4
  • Wege zu einer neuen Authentizität? Strategien der Realitätskonstruktion. Ein Gespräch mit Dirk Cieslak (Lubricat), Annemarie M. Matzke (SheShePop), Arved Schultze (Dramaturg X Wohnungen) und Daniel Wetzel (Rimini Protokoll)", in: Erika Fischer-Lichte u.a. (Hg.): Wege der Wahrnehmung. Authentizität, Reflexivität und Aufmerksamkeit im zeitgenössischen Theater. Berlin: Theater der Zeit 2006 (Recherche 33), S.14-27 ISBN 3-934344-64-X
  • Peter Laudenbach: "Hexenküche Wirklichkeit. Theatertreffen 2006: Das Dokumentarstück ist wieder da", in: Süddeutsche Zeitung Nr.117, 22.Mai 2006, S.11
  • Renate Klett: "alle machen mit, die meisten wisseen's nicht" DIE ZEIT 03/2003, S.32
  • "Männer – Meldet Euch". Katalogtext / Bilder zu "Männer – meldet Euch!" (Helgard Haug und Daniel Wetzel), sowie Interview mit Helgard Haug – in: Kunsthalle Wien u.a. (Hg.): "Don Juan oder 'zwei und zwei sind vier' oder 'Lust ist der einzige Schwindel, dem ich Dauer wünsche'". Katalog zur Ausstellung in der Kunsthallte Wien u.a., Nürnberg: Verlag für moderne Kunst, 2006, S.120-123 ISBN 3-938821-42-6

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Siehe auch

Dokumentarisches Theater

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