Posse
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Posse ist ein Bühnenstück, das auf Verwechslungen, ulkigen Zufällen und unwahrscheinlichen Übertreibungen aufgebaut ist und durch derbe Komik Lachen erzeugen soll.
Eine Posse hatte meist drei Akte und war das populäre, privatwirtschaftliche Gegenstück zur höfischen Komödie. Deshalb war sie weniger angesehen als diese. So gab es seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche Versuche, bürgerliche Komödien zu entwickeln, die keine Possen waren, zum Beispiel das Lustspiel. Die meisten deutschen Possen waren Übertragungen aus dem Französischen, weil die Mehrzahl der Stücke in Paris produziert wurde und das Urheberrecht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch wenig ausgeprägt war.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Ursprünge
In der Antike war das Satyrspiel eine Art Posse, auch die Komik des Aristophanes hat etwas Possenhaftes.
Die Posse der Neuzeit hat sich aus dem Fastnachtsspiel des 16. Jahrhunderts und aus der Commedia dell'arte (italienische Stegreifkomödie) entwickelt. Eine weitere Quelle der Posse sind Puppenspiele. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts steht im Mittelpunkt der Posse eine lustige Person (Hanswurst, Kasper, Harlekin). Weil die Zensur den gesamten Text vor der Aufführung kontrollieren wollte, wurde die teilweise improvisierte Posse um die Zeit der französischen Revolution zum schriftlich festgehaltenen Volksstück.
[Bearbeiten] Barock
Die älteren Possen stehen dem Zauberspiel bzw. der Maschinenkomödie nahe oder haben als Besserungsstücke einen moralistischen Inhalt, der zum anständigen Leben ermahnt und gerade dadurch eine Plattform für obszöne Scherze oder politische Provokationen schafft. Die Posse hat ein Happyend wie die zustande gekommene Heirat oder die eingetretene Besserung. Viele Possen sind Parodien oder Travestien höfischer Tragödien.
Wie allgemein im Barocktheater spielen Bühnenillusionen eine wichtige Rolle, und der Text ist oft nur Mittel zu diesem Zweck. Im Freilichttheater oder in den Komödiantenbuden waren die bühnentechnischen Mittel beschränkt. Dagegen entstanden in Wien ähnlich wie in Paris schon im 18. Jahrhundert "stehende Bühnen" für das Volkstheater, was die Produktion neuer Stücke förderte.
Den Abschluss dieser Epoche bildete Johann Nestroys Welterfolg Der böse Geist Lumpazivagabundus (1833), ein Stück, das zwar noch Elemente des Fauststoffs und eine barocke Rahmenhandlung enthält, aber diese Eigenschaften der älteren Possen verspottet. Die liederlichen Handwerksgesellen darin bleiben unverbesserlich, die Märchen- und Zauberelemente der Handlung werden zum naiven, altmodischen Plunder.
[Bearbeiten] Lokalposse
Die modernere "Lokalposse" ist realistischer und spielt auf regionale Besonderheiten an, wie Dialekte und geografische Verhältnisse. Oft ist dieses Lokalkolorit austauschbar und lässt sich leicht auf andere Regionen übertragen. Die Helden der Lokalposse sind meist kleinbürgerlicher Herkunft. Gesellschaftliche Unterschiede und finanzielle Umstände werden zum Thema gemacht. Aristokraten werden eher verspottet. Die Wiener Lokalposse hatte ihre Zeit im 19. Jahrhundert, den Höhepunkt bilden die Werke Nestroys, in denen eine Vermischung mit dem großstädtischen Pariser Vaudeville geschieht. Auch die Berliner Lokalposse mit Vertretern wie David Kalisch kam seit der Gründung des Königsstädtischen Theaters zu Bedeutung.
Die Posse ist fast immer mit Gesang verbunden, eines ihrer Merkmale ist das eingängige Couplet, das die Handlung unterbricht und sich an die Zuschauer wendet. Außerdem kann sie zahlreiche Chöre und Tänze enthalten, steht also dem Musiktheater nahe. Ihr ging eine ausgedehnte, von einem Sinfonieorchester gespielte Ouvertüre voran. Nach 1850 ist die Posse eng mit der Operette verwandt. Franz Lehár etwa glaubte sich mit seinen Wiener Operetten von der Posse distanzieren zu müssen.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Volker Klotz: Bürgerliches Lachtheater. Komödie, Posse, Schwank, Operette. Hamburg: Rowohlt 2002. ISBN 3499554518
Kategorien: Posse | Theatergenre | Humor