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Geschichte Litauens

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Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Jüngere Steinzeit

Erste Spuren menschlicher Siedlungen im Baltikum nach dem Ende der letzten Eiszeit sind etwa 12.000 Jahre alt. Zur sprachlichen und ethnischen Zugehörigkeit gibt es nur Daten anhand von Skelettuntersuchungen.

Es wird angenommen, dass die Ahnen der Balten ca. 3.000-2.500 v. Ch. die heutigen baltischen Gebiete erreichten und die bereits Ansässigen assimilierten. Woher diese kamen, ist umstritten, wie auch die Frage nach der Urheimat der Indogermanen, von denen sie abstammen. Das Territorium, in dem die Balten siedelten, umfasste etwa 800.000 km²: von der Ostsee bis zur oberen Wolga und Dnjepr. Schätzungen gehen von etwa 500.000 Menschen aus. Eine Unterteilung in Ostbalten und Westbalten erfolgt nach rein sprachlichen Gesichtspunkten und ist erst ab etwa dem Jahre 0 anzunehmen, was unter Wissenschaftlern úmstritten ist.

Man erwägt, ob die geographischen Beschreibungen des Herodot im Jahr 450 v. Ch. über zwei Stämme, und zwar den der Boudinoi und den der Neuroi, damalige baltische Gebiete betroffen haben können. Die Neuroi werden in der Historiographie rein hypothetisch mit den Ostbalten verbunden. Die erste wahrscheinliche Erwähnung der Westbalten stammt von dem römischen Historiker Tacitus, der im ersten Jahrhundert über die Aesti (gentes Aestorium) schrieb. Da diese Menschen an der Ostseeküste östlich der Germanen lebten, wird angenommen, dass sie (West-)Balten waren.

Erst nach der Jahrtausendwende bildeten sich die mehr bekannten baltischen Stämme: Pruzzen, Schemaiten, Jotwinger, Nadrauer, Skalwen, Kuren, Siemgallen, Selonen, Galinden, Latgallen, Letten und Litauer. Letztere lebten auf dem Gebiet zwischen den Flüssen Memel (Oberlauf) und Neris.

Litauen ist etwa seit 850 n. Chr. von dem Volk der Litauer bewohnt. Die Vorzeit bis 1230 ist mythisch. Bis dahin lebten die litauischen Stämme unter kleinen Fürsten. Sie hatten eine strenge Kasteneinteilung in Priester, Fürsten (preuß. Reiks oder Rekis, lit. kunigas, lett. kungs), Krieger, Grundbesitzer, freies Volk und Leibeigne.

Geschriebene Gesetze oder Rechtssammlungen gab es damals nicht. Die oberste Gewalt befand sich in der Hand des ersten Priesters Kriwe-Kriweito (lit. Krivis Krivaitis). Mord und Diebstahl wurden sehr streng bestraft.

Hauptbeschäftigung waren Ackerbau und Handel mit den Schweden und Slawen. Als erster Großfürst wird Ringold (1230-35) genannt. Sein Sohn Mindowg ließ sich 1252 vom Erzbischof von Riga taufen und zum König krönen, trat dem Deutschen Orden Samaiten und Schalauen ab und versprach ihm für den Fall seines Todes sein ganzes Reich. Doch 1261 fiel er vom Glauben wieder ab, vernichtete ein Ordensheer in der blutigen Schlacht an der Durbe und reizte die heidnischen Preußen zum Aufstand. Fast alljährlich fanden in den nächsten 20 Jahren Einfälle der Litauer ins Ordensland statt, wofür der Orden seit 1283 seinerseits blutige Rache nahm, neue Plünderungszüge der Litauer jedoch nicht verhindern konnte.

[Bearbeiten] Staatsbildung - Großfürstentum Litauen

Der Name Litauen (als Lituae) erscheint in schriftlichen Quellen zum ersten Mal im Jahre 1009 in den Quedlinburger Annalen im Zusammenhang mit dem Mönch Bruno, der das dortige Volk zum Christentum bekehren wollte und dabei "von den Heiden erschlagen wurde und mit seinem ganzen Gefolge gen Himmel fuhr".

Im 13. Jahrhundert wurden die einzelnen litauischen Fürstentümer von Großfürst Mindaugas (gewaltsam) vereinigt und ein erster litauischer Staat entstand. Mindaugas ließ sich 1253 zum König Litauens krönen und nahm zu diesem Zwecke zwei Jahre zuvor das Christentum an. Er blieb der einzige König in der litauischen Geschichte. Nach seinem frühen Tod 1263 ging der Königstitel durch die Wiederannahme des heidnischen Glaubens verloren.

Im 14. Jahrhundert erfolgte, insbesondere unter Großfürst Gediminas und unter seinen Söhnen Algirdas und Kestutis, der Aufstieg Litauens zur europäischen Großmacht. 1323 gründete Gediminas die Hauptstadt Vilnius. Nach dem Einfall der Tataren in Osteuropa und der Zerschlagung der Kiewer Rus hatten sich viele ostslawische Fürsten dem Großfürstentum Litauen angeschlossen, andere wurden Litauen tributpflichtig.

Weißrussland, Teile der Ukraine und Westrusslands standen jetzt unter litauischer Herrschaft. Deshalb spielte im Laufe der Zeit die ostslawische Sprache und Kultur im Großfürstentum Litauen eine Rolle. Da es hier bereits eine Schriftsprache gab, wurde diese als Amts-Schriftsprache, das sogenannte Kanzleislawische, des Großfürstentums genutzt. Das Großfürstentum Litauen und später das Königreich Polen-Litauen sah sich von nun an als rechtmäßiger Erbe der Rus (magnus dux Littwanie, Samathie et Rusie) und wurde im 15. und 16. Jahrhundert zum Konkurrenten des Großfürstentums Moskau bei der Sammlung der russischen Erde.

Im Westen konnten Gediminas und sein Sohn Kestutis die Vorstöße der Ordensritter parieren, die von Preußen her immer wieder "Reisen" tief in litauisches Gebiet unternahmen, die Litauer aber nie entscheidend schwächen konnten.

Nach dem Tod von Polens König Kasimirs III. des Großen (Kazimierz III Wielki) eröffnete sich 1385/86 für Jogaila, den Sohn des Algirdas, die Möglichkeit, durch den Übertritt zum Christentum, die polnische Königskrone durch die Heirat mit Kasimirs Tochter Jadwiga Andegaweńska (Hedwig von Anjou) zu erwerben. Jogaila ließ sich also taufen, verband sich in der Union von Krewo ehelich mit Polens Königin und bestieg als König Wladyslaw II. Jagiello (Władysław II Jagiełło) den polnischen Thron. Damit begründete er das Herrscherhaus der Jagiellonen. 1387 gilt daher als Jahr der endgültigen Taufe Litauens, wobei für Teile Niederlitauens erst 1413 als Datum der Christianisierung gilt. Die Personalunion von Krevo hatte für die orthodoxe Bevölkerung einschneidende Folgen. Zwar blieb der Status quo erhalten, doch in Folge wurden die Orthodoxen schlechter gestellt als die katholischen Polen und jetzt auch Litauer.

Nach jahrelangen Streitereien mit seinem Cousin Vytautas um die Macht im litauischen Großfürstentum, in denen sich Jogaila militärisch nicht gegen den mit dem Deutschen Orden paktierenden Vytautas durchsetzen konnte, einigten sich die beiden Cousins 1401 auf die Machtteilung: Jogaila (Władysław II Jagiełło) war als polnischer König für den Westen (die polnischen Gebiete) und Vytautas als litauischer Großfürst für den Osten zuständig. Mit vereinten Kräften (zusätzlich bekamen sie Unterstützung aus Ungarn), gingen sie in der Folgezeit gegen den Deutschen Orden vor. Nach der Befriedung der Westgrenze (die Grenze mit Ostpreußen hatte bis 1918 unverändert Bestand) konnte Vytautas, der bis 1430 regierte, das Herrschaftsgebiet Litauens bis an die Ufer des Schwarzen Meeres ausdehnen.

Im Verbund mit den Polen gelang es Litauen zu Beginn des 15. Jahrhunderts den deutschen Expansionsbestrebungen die entscheidende Niederlage zu bereiten und damit die Westgrenze auf Jahrhunderte hinaus zu befrieden. Grundstein für den militärischen Erfolg bildete die Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410 (litauisch Žalgiris), bei der die Truppen der Deutschen Ritterorden in Preußen vernichtend geschlagen wurden. Die Truppen des Deutschen Ritterordens in Livland nahmen an dieser Schlacht nicht teil.

Nachdem Vytautas 1430 kinderlos starb, konnte Jogaila (gest. 1434), seinen Sohn Kasimir als litauischen Goßfürsten platzieren. In den folgenden 100 Jahren verstärkte sich der polnische Einfluss durch diese enge Anbindung (der spätere polnische König regierte das Großfürstentum Litauen) mehr und mehr, bis die so genannte Realunion von Lublin 1569 die faktische Einigung von Polen und Litauen unter der Führung Polens auch auf dem Papier bestätigte.

Das Großfürstentum Litauen war damals bereits geschwächt durch die Attacken der Moskauer Fürsten (Livländischer Krieg 1558-1582/83). Diese Realunion bildete auch für die Geschichte der (damals litauischen) Ukraine eine deutliche Zäsur. Die ukrainischen Länder wurden nun direkt dem Königreich Polen unterstellt und die kulturelle und religiöse Integration des ukrainischen in den polnischen Adel beschleunigt. Es bildete sich eine tiefe Kluft zwischen dem privilegierten katholischen Adel und den orthodox gebliebenen ukrainischen Unterschichten.

Litauen war eines der Zentren jüdischer Kultur in Osteuropa mit eigenen Schulen, einer großen Bibliothek und zahlreichen Bibelschulen. Die berühmteste Figur ist Rabbi Eliyahu (der Gaon von Wilna, 1720-1797), der sich im Streit mit der mystizierenden Bewegung des Chassidismus und der aufkommenden Erneuerungsbewegung Haskala leidenschaftlich für die Beibehaltung des orthodoxen, strikt an die rationale Auslegung des Talmud gebundenen Judentums einsetzte.

[Bearbeiten] 19. Jahrhundert / Anfang 20. Jahrhundert

Mit der dritten und endgültigen Teilung Polens von 1795 kam Litauen unter russische Herrschaft. Nachdem Litauen zu einer Provinz des Russischen Reiches geworden war, behielt der litauische Adel zunächst die Idee, das Großfürstentum innerhalb Russlands zu erhalten. Dies wurde dennoch nie in die Tat umgesetzt. Im Gegenteil litt das Land für die Unterstützung Napoleons im Jahr 1812 unter den Repressionen Russlands. Eines der schmerzhaftesten Ereignisse war die Schließung der Universität Vilnius im Jahr 1832 als direkte Reaktion auf den Aufstand von 1831.

Im Jahr 1863 schlug die zaristische Armee einen bedeutenden Aufstand in Polen und Litauen nieder. Russland verfolgte von nun an eine Politik der völligen Russifizierung. Erstens wurde der Druck litauischer Texte in lateinischer Schrift verboten. Diese mussten von jetzt an mit kyrillischem Alphabet geschrieben werden. Zweitens mussten die litauischen Grundschulen schließen. Ausschließlich russische Lehrer durften den Unterricht in Russisch abhalten. Weiter wurden verstärkt russische Bauern nach Litauen übergesiedelt, wo sie Privilegien genossen. Die Güter und Herrenhöfe, der litauischen Adligen, die sich an den Aufständen von 1831 und 1863 beteiligt hatten, wurden beschlagnahmt und an russische Herren vergeben. Die Behörden ließen viele katholische Kirchen schließen oder wandelten sie in orthodoxe um.

Im 19. Jahrhundert verstärkten sich - wie überall in Europa - auch in Litauen die nationalen Bewegungen und es erschienen vermehrt Bücher auf litauisch. Als Vater der litauischen Literatur gilt Kristijonas Donelaitis (1713-1780), der in den Jahren 1765-1775 sein Epos "Jahreszeiten" (litauisch Metai) schuf. Er lebte und wirkte in Kleinlitauen (Mažoji Lietuva), nördliches Ostpreußen), wo die litauische Bevölkerungsmehrheit in gewissem Rahmen ihre Kultur und Sprache behalten hatte. Die neue Generation der Intellektuellen engagierte sich vor allem seit den 1880er Jahren für die politische und historische Bildung der litauischen Nation. eine führende Rolle spielte dabei der lange im Ausland lebende Jonas Basanavičius. Er gründete die erste litauischsprachige Zeitung Aušra (Die Morgenröte), die zwischen 1883 und 1886 erschien. Ein anderer Aktivist, Vincas Kudirka, gab von 1885 bis 1905 die Zeitung Varpas (Glocke) heraus. In Zeiten des Druckverbotes mit lateinischen Lettern, wurden diese und andere Werke im benachbarten Ostpreußen gedruckt und von den sogenannten knygnešiai (Bücherträger) ins Land geschmuggelt.

1904 wurde das Druckverbot in lateinischer Schrift aufgehoben, die Zensur blieb jedoch bestehen. Die erste legale Zeitung, Lietuvių laikraštis (Die Zeitung der Litauer), erschien am 24. November 1904 in Sankt Petersburg, gefolgt von Vilniaus žinios (Vilniusser Nachrichten) am 10. Dezember 1904. Am 4. und 5. Dezember 1905 versammelte sich Didysis Vilniaus Seimas (der Großer Vilnius Landtag) und erklärte die Autonomie des litauischen Staates innerhalb des Russischen Reiches. Folglich wurde die litauische Sprache wieder in den Schulen eingeführt.

Im Ersten Weltkrieg besetzte Deutschland 1915 die litauischen Gebiete und fasste sie unter der Federführung des Generals Erich Ludendorff zu einer Verwaltungseinheit Ober Ost zusammen.

Gegen Ende des Weltkrieges wurde die formale Selbständigkeit Litauens, praktisch aber als Satellit des Deutschen Reiches, als Königreich unter Mindaugas II. angestrebt.

Deutschland wollte Litauen als einen souveränen Staat nur dann anerkennen, wenn es in ökonomische und militärische Union mit dem Reich träte. Am 11. Dezember 1917 erklärte die Taryba die Wiederherstellung des "unabhängigen" Staates Litauen mit der Hauptstadt Vilnius und mit Bindung an das Deutsche Reich. Da Deutschland die Anerkennung hinauszögerte, verkündete die Taryba am 16. Februar 1918 erneut die Unabhängigkeit Litauens ohne jegliche Verbindungen zu den anderen Staaten. Dieser Tag ist bis heute nationaler Feiertag.

[Bearbeiten] Unabhängigkeit seit 1918

Karte von Litauen bis 1923
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Karte von Litauen bis 1923

Das Ende des Ersten Weltkriegs brachte die Gründung der Ersten Litauischen Republik (1918). Die junge Republik konnte sich jedoch nicht gegen die territorialen Ansprüche Polens auf die ethnischen Gebiete Litauens rund um Vilnius wehren, die von Truppen des polnischen Marschalls Józef Piłsudski 1920 besetzt worden waren. Die polnische Annexion Mittellitauens wurde vom Völkerbund de facto anerkannt. So wurde Kaunas zur "vorübergehenden Hauptstadt" Litauens. Ihrerseits annektierten die Litauer 1923 das Memelland, den nördlich der Memel gelegenen Teil Ostpreußens mit der Hafenstadt Memel (heute Klaipėda), das seit dem Ende des Ersten Weltkriegs vom Völkerbund verwaltet worden war. 1924 wurde diese Annexion von den vorherigen Schutzmächten anerkannt.

Die Zeit der ersten Republik bedeutete einen großen Aufschwung in der litauischen Kultur und Bildung, dessen Zentrum die Hauptstadt Kaunas war. 1926 kam Antanas Smetona durch einen Putsch an die Macht und löste das Parlament auf, um fortan das Land autoritär zu regieren.

[Bearbeiten] Zweiter Weltkrieg und Okkupation

Im März 1939 musste sich Litauen dem deutschen Druck beugen und das Memelgebiet wieder an Deutschland abtreten. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges begann die Sowjetunion in Übereinstimmung mit den Abmachungen des Hitler-Stalin-Paktes, in denen das Baltikum als sowjetisches Interessengebiet festgelegt worden war, ihren Druck auf Litauen zu verstärken. Litauen wurde ultimativ aufgefordert, militärische Basen der Roten Armee im Land zuzulassen. Der Sowjetunion gewogene Politiker wurden in die höchsten Staatsämtern der Republik Litauen lanciert, die Litauen zur Sozialistischen Republik erklärten und um Aufnahme in die Sowjetunion ersuchten.

Dem wurde im August 1940 stattgegeben. Die kommenden zwölf Monate bis zum Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion (Juni 1941) brachten einen Vorgeschmack auf die kommunistische Nachkriegszeit. Insbesondere Intellektuelle und „bürgerliche Elemente“ wurden interniert und nach Sibirien deportiert; viele von ihnen kehrten nicht zurück.

Mit dem deutschen Blitzkrieg im Osten - Litauen war innerhalb einer Woche vollständig besetzt - rückte die jüdische Bevölkerung ins Visier der Machthaber. Bereits zu Beginn der deutschen Offensive waren bei Pogromen mehrere Hundert, vielleicht auch Tausende Juden getötet worden. Die Deutschen gingen brutal und organisiert vor und richteten in den großen Städten Kaunas, Vilnius und Šiauliai Ghettos ein.

Die nicht arbeitsfähigen Juden wurden bis Herbst 1941 zu Tausenden erschossen, Schätzungen gehen von etwa 80.000 Toten allein in diesen vier Monaten aus. Massenverhaftungen von Kritikern und Minderheiten, Verschleppungen und Deportationen von Zwangsarbeitern setzten ein, das Land erlebte einen schnellen wirtschaftlichen und kulturellen Niedergang. Litauen unterstand während der deutschen Besetzung der neu eingerichteten Zivilverwaltung des Reichskommissariats Ostland mit dem Sitz in Riga. Das Land bildete den Generalbezirk Litauen mit dem Sitz in Kauen, so die damals deutsche Bezeichnung für Kaunas.

Im Herbst 1944 eroberte die Rote Armee Litauen zurück, erneut wurde eine kommunistische Regierung eingesetzt und die Litauische Sozialistische Sowjetrepublik von 1940 wiederhergestellt. Kollaborateure und Helfer der deutschen Besatzer wurden zum Teil verhaftet oder deportiert. Tausende Litauer flohen mit den Deutschen nach Westen und emigrierten später nach Kanada, Australien, Süd- und Nordamerika, wo sich Chicago zu einem Zentrum litauischer Emigration entwickeln sollte. Insgesamt sollen sich alleine in den USA etwa eine Million Litauer niedergelassen haben.

Viele Tausend gingen in den Widerstand und kämpften (bis etwa 1953) als Waldbrüder (litauisch: miško broliai) genannte Partisanen gegen die sowjetische Herrschaft und Russifikation. Insgesamt kostete der Zweite Weltkrieg knapp 200.000 litauische Juden das Leben, fast 500.000 Litauer wurden in die GULAGs deportiert und über 100.000 weitere Litauer starben im anschließenden Partisanenkampf gegen die Sowjets, der noch bis 1953 andauerte.

Die sowjetische Zeit brachte einen starken Zuzug von Personen verschiedener Nationalitäten aus anderen Teilen der Sowjetunion, insbesondere in die praktisch verwaiste Hafenstadt Klaipėda und in die Hauptstadt Vilnius. Es folgte eine starke Industrialisierung Litauens, das noch bis zum Zweiten Weltkrieg vorwiegend bäuerlich geprägt gewesen war. Ziel der sowjetischen Herrscher war es, möglichst viele Russen anzusiedeln und die Region zu russifizieren. Trotz der Vorherrschaft Moskaus konnte Litauen einige Unabhängigkeit bewahren; so blieb das Litauische Amtssprache und in Schulen, Universitäten und im Fernsehen präsent.

Einen besonderen Beitrag zum Erhalt der litauischen Identität leisteten die Katholische Kirche und die Exillitauer, die die Dissidentenbewegung und verschiedene Protestaktionen aktiv unterstützten. Eines der bekanntesten Protestereignisse geschah am 14. Mai 1972, als sich der 19jährige Student Romas Kalanta auf dem Platz vor dem Musiktheater in Kaunas mit Benzin übergoss und anzündete. Wenig später starb er im Krankenhaus. Am Tage seiner Beerdigung zogen Tausende Jugendliche durch Kaunas und riefen „Freiheit für Litauen!“. Fünfhundert Demonstranten wurden festgenommen. Damit war der Name Litauens, wenn auch nur vorübergehend, im Westen zu hören. Für die Exillitauer bildete das litauische Gymnasium in südhessischen Hüttenfeld ein kulturerhaltendes Zentrum.

[Bearbeiten] Unabhängigkeit seit 1990

Mit Glasnost und Perestroika unter Michail Gorbatschow änderte sich die Stimmung auch in Litauen. Bereits 1987 gründete sich die Unabhängigkeitsbewegung "Sajudis".

Im Februar 1990 fanden erstmals freie Wahlen statt, die die "Sajudis" klar für sich entscheiden konnte. Am 11. März erklärte der neu gewählte Oberste Sowjet Litauen für unabhängig und setzte die Vorkriegsverfassung wieder in Kraft. Damit war der Anfang vom Ende der Sowjetunion eingeläutet worden (singende Revolution). Eine wichtige Rolle bei dem waffenlosen Befreiungskampf hat Prof.Vytautas Landsbergis gespielt. Er war der Vorstand von "Sajudis" und der Parlamentsvorsitzende.

Am 13. Januar 1991 versuchten Moskau-treue Kräfte sich mit Unterstützung sowjetischer Militärs an die Macht zu putschen. Dabei starben insgesamt 14 unbewaffnete Zivilisten, die Parlament und Fernsehturm in Vilnius verteidigten, über 1000 wurden verletzt. Der Putsch misslang. Als Antwort auf die blutigen Ereignisse fand das Referendum am 9. Februar 1991 statt. Bei einer Wahlbeteiligung von 85% stimmten 90,5% der Wähler für ein unabhängiges Litauen. Das isländische Parlament beschloss als erstes in der Welt, Litauen als unabhängige Republik anzuerkennen.

Gorbatschow erklärte das Referendum für ungültig, das Fernsehgebäude blieb aufs weitere besetzt. Bei einem Überfall der OMON-Truppen auf einen litauischen Grenzposten wurden sieben Grenzer getötet.

Nachdem im August 1991 auch in Moskau der Putschversuch kommunistischer Hardliner fehlgeschlagen war, wurde Litauens Unabhängigkeit innerhalb kürzester Zeit von über 90 Staaten anerkannt.

Nach anfänglicher Wirtschaftskrise und politischer Instabilität gewann die Reformpolitik zunehmend an Dynamik, insbesondere nach der Überwindung der sog. Russlandkrise von 1998. Im Jahr darauf wurden Litauen und Lettland im "Nachrückverfahren" noch in die Reihe der EU-Beitrittskandidaten aufgenommen.

2003 sorgte eine Affäre um den litauischen Präsidenten Paksas für Wirbel, in der ihm Verwicklungen mit der organisierten Kriminalität vorgeworfen wurden. Am 19. Februar 2004 stimmte das litauische Parlament schließlich mit 62 zu 11 Stimmen für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens. Am 6. April 2004 wurde Staatspräsident Paksas entmachtet. (Genaueres: siehe Rolandas Paksas.)

Am 13. Juni 2004 wurden gleichzeitig der neue Präsident und zum ersten Mal die Delegierten zum Europäischen Parlament gewählt. Der ehemalige Präsident Valdas Adamkus kandidierte wieder und gewann mit 51,89% der Wählerstimmen gegen die ehemalige Ministerpräsidentin Kasimira Danutė Prunskienė (46,66%). Die Wahlbeteiligung war mit 52,46% gering.

Am 29. März 2004 wurde Litauen Mitglied der NATO. Am 1. Mai folgte der EU-Beitritt. Der für den 1. Januar 2007 geplante Beitritt zur Euro-Zone wird aufgrund zu hoher Inflation zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Zum 1. Januar 2008 ist der Beitritt zum Schengener Raum geplant.

[Bearbeiten] Historisches Kartenmaterial

Historisches Kartenmaterial zu den baltischen Staaten aus dem Atlas To Freeman's Historical Geography, Edited by J.B. Bury, Longmans Green and Co. Third Edition 1903 ist von der Universität zu Texas (Austin) für Bildungszwecke frei abrufbar:

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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