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Absolutheitsanspruch

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Judentum, Christentum und Islam erheben in jeweils verschiedener Weise einen Absolutheitsanspruch. Diese Religionen beanspruchen, im Besitz einer besonderen geoffenbarten Wahrheit eines alleinig existierenden und wirkmächtigen Gottes (Monotheismus) zu sein, was denknotwendig eine gleichzeitige Gültigkeit anderer (d.h. kontradiktorischer) Wahrheiten ausschließt. Begründet wird diese Haltung auch mit göttlichen Geboten aus Torah, Bibel und Koran.

In seiner Form als "intensiver Absolutheitsanspruch" ist darunter die absolut gesetzte ausschließliche Bindung an den eigenen Gott zu verstehen. In den von Gustav Mensching so genannten Volksreligionen besteht diese intensive Absolutheit. Die Universal- oder Weltreligionen vertreten extensive Absolutheitsansprüche, beanspruchen, die allein wahre und gültige zu sein und als solche anerkannt zu werden. Nach Mensching wird der Absolutheitsanspruch falsch verstanden, wenn er als logisch-erkenntnismäßige Richtigkeitsaussage aufgefasst und apologetisch gegen andere Religionen gewendet wird. Das "einzig" und "allein" der Absolutheitsansprüche ist seinem ursprünglichen Sinn nach ein Merkmal bekennender Sprache, Ausdruck einer "intensiven Bindungsqualität".


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Judentum

In den Chumasch der Tora wird im Sefer Schemot, dem Buch der Namen, geschildert, wie Mose die Zehn Gebote empfängt. Das Erste Gebot lautet:

„Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“

(entspricht in der christlichen Bibel Exodus 20,2-3)

Dies ist historisch zu verstehen als eine Abgrenzung des einen, absoluten, unsichtbaren und allmächtigen Gottes, an den die Juden glaubten, von den Gottheiten anderer Kulturen.

Im modernen, vor allem dem liberalen Judentum wird nicht unbedingt daran festgehalten, dass die Tora die einzige heilige Schrift sei. Vielmehr wird angenommen, dass auch andere Völker ihre Propheten hatten, die ihnen heilige Schriften übermittelt haben. Insofern deren Wahrheiten nicht den jüdischen widersprechen, ist der Absolutheitsanspruch des Judentums begrenzt. In allen jüdischen Richtungen, von orthodox bis liberal, werden Nichtjuden akzeptiert, sofern sie sich an die sieben noachidischen Gesetze halten. Somit entfällt die Notwendigkeit des Missionierens unter Nichtjuden.

[Bearbeiten] Christentum

[Bearbeiten] Wurzeln des Christentums im Judentum

Das Christentum entwickelte sich auf der Basis der jüdischen Religionsgeschichte und teilt mit dem Judentum die Schriften des Alten Testaments. Schon dadurch übernimmt das Christentum den entsprechenden Absolutheitsanspruch aus dem Judentum.


[Bearbeiten] Unterschiedliche Auffassungen über den Messias

Im Alten Testament wird - für Juden wie Christen gleichermaßen verbindlich - vorhergesagt, dass Gott einen Heilsbringer in die Welt senden wird.

Nach jüdischem Verständnis ist dieser Heilsbringer, der Maschiach, bis heute noch nicht gesandt worden. Nach christlichem Verständnis dagegen ist der Messias bereits in Gestalt Jesu Christi in die Welt gekommen, indem Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist und sich selbst offenbart und zur Sündenvergebung geopfert hat.

Insofern besteht hier eine Quelle für einen Absolutheitsanspruch des Christentums gegenüber dem Judentum und umgekehrt.

[Bearbeiten] Absolutheitsanspruch bezüglich des christlichen Heils

Jesus verkündet dass er allein der Schlüssel zum Heil (d.h. zum ewigen Leben) nach christlichem Verständnis ist:

Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich!

Johannes-Evangelium, (Kapitel 14, Vers 6)

Nach christlichem Glauben muss jeder Mensch (also auch alle Nicht-Christen) nach seinem Tod vor den Richterstuhl Christi treten. Dort entscheidet sich, ob er durch die Annahme des stellvertretenden Kreuzestodes von der Sündenschuld befreit in ewiger Gemeinschaft mit Gott leben oder durch Verweigerung der Gnade Christi für immer von Gottes Gegenwart getrennt, d.h. in der Hölle sein wird.

[Bearbeiten] Islam

Der Koran ist zwar sowohl durch das Alte als auch durch das Neue Testament in seinem Inhalt beeinflusst, entfaltet aber eine eigenständige Anschauung bezüglich Wahrheitsbegriff und Gottesvorstellung. Der Absolutheitsanspruch leitet sich aus der Annahme ab, der Koran sei einem in seiner Urschrift dem Himmel entstammenden Buch entnommen und Mohammed offenbart worden. Somit sei dieser der letzte aller Propheten. Die christlich-jüdische Bibel wird folglich in ihrem ursprünglichen Zustand als wahr anerkannt, allerdings hätten die Schriftbesitzer, d.h. die Juden und Christen, ihre Schriften verfälscht - ein Vorwurf, der im Koran an mehreren Stellen aufgegriffen wird und die Grundlage der islamischen Polemik gegen die Juden und Christen bildet.

Folglich sei der Islam die einzige wahre Religion, deren Ursprünge auf Abraham, den Urvater aller monotheistischen Religionen, zurückgingen und Mohammed dessen einzig getreuer Verkünder. Entsprechend betrachtet der Koran die Anhänger des Islam als die beste Gemeinschaft der Menschheit überhaupt. In Sure 3, Vers 110 heißt es:

Ihr (Gläubigen) seid die beste Gemeinschaft, die unter den Menschen entstanden ist. Ihr gebietet, was recht ist, verbietet, was verwerflich ist, und glaubt an Gott.
(Übersetzung Rudi Paret) [1]

Gespeist wird dieser Glaube einerseits durch diesen koranischen Vers: kuntum chaira ummatin arab.: كنتم خير امة und andererseits durch Koranverse, die den Herrschaftanspruch der Muslime untermauern. Genannt sei hier etwa Sure 9, Vers 29 (Übersetzung Paret):

Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Allah und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören - von denen, die die Schrift erhalten haben - (kämpft gegen sie), bis sie kleinlaut (saghiruun) aus der Hand Tribut entrichten!

Der Absolutheitsanspruch des Islam erhält seine Legitimation ferner im islamrechtlichen Grundsatz, dessen Ausformulierung als Prophetenspruch (hadith) auf das erste muslimische Jahrhundert zu datieren ist und besagt (nach dem Sahih von al-Buchari, dschanâ'iz 79):

الاسلام يعلو ولا يعلى عليه / al-islāmu yaʿlū wa-lā yuʿlā ʿalayhi /„Der Islam ist überlegen, nichts ist ihm übergeordnet“

Als zentraler Grundsatz der islamischen Lehre hat er weitgehenden Einfluss auf die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen, auf die Bestimmung des Stellenwerts von interreligiösen Ehen und auf den interreligiösen Dialog sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart.

Dieser Gedanke über den Absolutheitsanspruch des Islam mit Hinweis auf den obigen Grundsatz: "der Islam ist überlegen, nichts ist ihm übergeordnet" kommt in einem Rechtsgutachten betreffs Mischehen deutlich zum Ausdruck:

Why is it permissible for a Muslim man to marry a kaafir woman from among the People of the Book (i.e., Jews and Christians), but it is not permissible for a Muslim woman to marry a kaafir man from among the People of the Book?
This question may be answered from two angles:
1 – That Islam should prevail and not be prevailed over. The role of maintainer and protector in marriage belongs exclusively to the husband, so the man may influence his wife and she may not be able to practice her religion as she should, and she may leave her religion altogether. Similarly the children will follow the religion of their father.
2 – Islam is comprehensive and other religions are limited, on which there is based a social matter that affects family life and the relationship between the spouses. This means is that if a Muslim man marries a Jewish or Christian woman, he believes in her Book and her Prophet, so he will deal with her on a basis of respect for her religion because he believes in it in general terms, and that will give them some common ground which may lead to her becoming Muslim as her own Book tells her. But if a Jewish or Christian man marries a Muslim woman, he does not believe in her religion so he will not have any respect towards her religion or her principles. There is no room for common ground with him with regard to something that he does not believe in at all. So there is no room for harmony or mutual understanding; there is no goodness in such a marriage, so it is forbidden in the first place ... (Fatwa-Nr. 6402)[2]

Eine Ausnahme innerhalb des Islam bilden die Lehren mancher Sufis (islamische Mystiker), wie beispielsweise die von Dschalal ad-Din Rumi (1207 - 1273) aus Konya. Er lebte zu einer Zeit, in der es eine große Anzahl an Christen in Anatolien gab, und diese waren dort bezüglich ihrer Religion akzeptierte Mitbürger. Rumi forderte seine Zeitgenossen auf, sich dem Koran zu unterwerfen, und wer das nicht könne, ein Anhänger des Christentums zu sein. Viele Sufis wurden aufgrund solcher oder ähnlicher Lehren noch zu Lebzeiten oder ggf. später von orthodoxen Korangelehrten als Ketzer verurteilt und deshalb manchmal auch verfolgt. Das hing jedoch von der Epoche und der politischen bzw. religiösen Stimmung ab.

[Bearbeiten] Mission

Christentum und Islam begründen ihre weltweiten Aktivitäten mit dem Absolutheitsanspruch, was sich insbesondere in der Missionstätigkeit beider Religionen ausdrückt. Das Christentum beruft sich auf den Missionsbefehl von Jesus aus Matthäusevangelium 28, 19:

"Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Die alternative Übersetzung derselben Jesu-Wörte durch Günther Schwarz lautet demgegenüber wie folgt:

"Geht! Meldet die Frohbotschaft allen Menschen in der ganzen Welt. Und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich Euch geboten habe!" (Jesus-Evangelium, S. 192)

In der Geschichte hat dies oft zu Fehlentwicklungen geführt, weil zur Erlangung eines gut gemeinten Zieles falsche – also etwa kriegerische – Mittel eingesetzt wurden. Die Mission hat sich jedoch mittlerweile zu einer friedlichen und werbenden Mission gewandelt.

Der Islam kennt keine Mission im christlichen Sinn, sondern versucht sich durch weltweite Präsenz durchzusetzen, teils auch auf politischem Weg (vgl. Dschihad). Nach der Überzeugung weniger exklusivistisch denkender Muslime bedarf es in erster Linie eines vorbildlichen Lebens, wie es Mohammed vorlebte.

Die Absolutheitsansprüche von Christentum und Islam führten in der Vergangenheit und bis heute zu Konflikten.

[Bearbeiten] Zitat

  • "Wenn die Religionen wahr sind, dann aus dem Grund, weil es jedes Mal Gott ist, der gesprochen hat. Und wenn sie unterschiedlich sind, dann aus dem Grund, weil Gott in verschiedenen Sprachen entsprechend der Verschiedenheit der Empfänger gesprochen hat. Und endlich, wenn sie absolut und ausschließlich sind, dann aus dem Grund, weil Gott in jeder Religion von »Ich« gesprochen hat." - Frithjof Schuon in: Den Islam verstehen

[Bearbeiten] Literatur

Gustav Mensching: Toleranz und Wahrheit in der Religion, Heidelberg 1955 (neu hg. mit kritischen Anmerkungen von Udo Tworuschka ), Weimar 1996.

[Bearbeiten] Siehe auch

Satz vom Widerspruch, Exklusivismus

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