Wittenberger Bewegung
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Die Wittenberger Bewegung war ein Ausgangspunkt zur Ausbreitung der Reformation.
[Bearbeiten] Situation
Als sich Martin Luther vom 4. Mai 1521 bis zum 3. März 1522 auf der Wartburg aufhielt und das Neue Testament übersetzte, versuchten einige seiner Anhänger die Konsequenzen aus seinen Programmschriften von 1520 zu ziehen. Dies galt für die Messe, das Zölibat der Priester und die Mönchsgelübde. Im Mai 1521 heiratete Bartholomäus Bernhardi. Viele andere Priester folgten diesem Beispiel. Luther begrüßte diese Entwicklung, hatte er doch in seiner Adelsschrift ausdrücklich festgestellt, dass das Gebot der Ehelosigkeit der Priester gegen die Schrift verstoße (1 Tim 3,2; 4,3).
Anders verhielt es sich bei den Mönchsgelübden. Andreas Bodenstein und auch Philipp Melanchthon hatten erklärt, Gelübde, die man nicht halten könne, hätten keinen Verpflichtungscharakter. Martin Luther sah hier einen Unterschied zwischen Zölibat und Mönchsgelübde und rang um die rechte Begründung für einen Klosteraustritt. Nachdem Luthers Ordensbruder Gabriel Zwilling im Oktober 1521 heftig gegen die Gelübde gepredigt hatte, verließen 15 von 40 Augustinern das Kloster.
Im November 1521 entstand Luthers Schrift De votis monasticis ... iudicium. Darin fand er die Lösung der Gelübdefrage in der Freiheit des Evangeliums. Er hielt dabei fest, das ein Gelübde, das gegen die evangelische Freiheit verstoße, nichtig sei, wenn es unter der Voraussetzung abgelegt worden ist, dass der Ordensstand notwendig sei, um Gerechtigkeit und Heil zu finden. Diese sind nur im Glauben an Christus zu erlangen, nicht im Vertrauen auf das eigene Werk des Gelübdes. Gelübde könne man nur leisten vorbehaltlich der Freiheit, das Klosterleben wieder aufzugeben, andernfalls wären die Gelübde, von Menschen gesetzte Bedingungen für das von Gott geschenkte Heil.
Auch in der Ordnung des Gottesdienstes wurden in Wittenberg Änderungen durchgeführt. Andreas Bodenstein und Justus Jonas der Ältere feierte Weihnachten 1521 mit über 2000 Gläubigen das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Damit war die erste evangelische Gottesdienst vollzogen worden. Die lateinische Sprache wurde durch die deutsche ersetzt und Bodenstein zelebrierte in weltlicher Kleidung. Zur gleichen Zeit wurden in Wittenberg die privaten Messen abgeschafft, die Beichte für unnötig erklärt und die Fastengebote ebenfalls als überflüssig angesehen. Des Weiteren forderte Bodenstein die Abschaffung der Bilder und Seitenaltäre, was den Bildersturm hervorrief.
Der Rat der Stadt und die lutherisch gesinnten Universitätslehrer fassten die kultischen Neuerungen im Januar 1522 in der Wittenberger Reformordnung zusammen. In ihr war auch festgelegt, dass der Kirchen- und Klosterbesitz in Gemeingut übergeführt werden sollte. Für diese Güter wurden der Gemeine Kasten eingeführt, aus dem die Sozialfürsorge für die Armen und Schwachen bestritten werden sollte. Wobei der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise nicht mit den Reformen einverstanden war. Dies verstärkte sich als die Zwickauer Propheten mit ihren Predigten in der Stadt Wittenberg für Unruhe sorgten.
In ihren Predigten beriefen Sie sich auf den unmittelbaren Geistbesitz und schrieben ihm eine größere Bedeutung zu als der Schrift. Daraufhin berief man Martin Luther von der Wartburg. Ab dem 9. März 1522 predigte Luther mit Invocavitpredigten in der Stadtkirche zu den Themen der Abschaffung der Messe, der Einführung der Priesterehe, der Aufhebung der Fastengebote, vom Abtun der Bilder und dem Abendmahl in beiderlei Gestalt. Er erkennt dabei diese Reformen als berechtigt und als Frucht seiner eigenen Gedanken an, er kritisiert jedoch die Durchsetzung der Reformen. Bei der Durchführung solcher Reformen müsse man auf die Schwachen, die noch am Hergebrachten hängen, Rücksicht nehmen. Die Gläubigen seien auf die Reformen noch nicht vorbereitet. Luther gelingt es, die alte Ordnung in Wittenberg wieder herzustellen. Erst 1526 wird seine eigene deutsche Messordnung, die sich weitgehend an das römische Vorbild hält, in Wittenberg offiziell eingeführt. Zuvor hatte er bereits die lateinische Messe vom Opfergedanken gereinigt (1523), in dem er die Offertoriumsgebete strich und den Messkanon auf die Einsetzungsworte reduzierte. Gleichzeitig wurde das Abendmahl in beiderlei Gestalt eingeführt.
[Bearbeiten] Literatur
- Illustrierte Geschichte der deutschen frübürgerlichen Revolution Dietz Verlag Berlin 1974
- Martin Luther Städte Stätten Stationen bei Köhler und Amelang, Leipzig 1983
- Rolf Decot: Kleine Geschichte der Reformation in Deutschland [www.herder.de|Verlag Herder] in Freiburg im Breisgau 2005, ISBN 3-451-28613-0
- Georg Buchwald und Karl Stockmeyer: Die Geschichte der deutschen Kirche und kirchlichen Kunst im Wandel der Jahrhunderte Druck Emil Herrmann Leipzig, Wartenburg Verlag Köln 1924