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Zwickauer Propheten

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Die Zwickauer Propheten waren eine radikale Gruppierung in der Frühzeit der Reformation.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Die "72 Jünger"

Im Mittelpunkt des von Martin Luther in despektierlicher Absicht als „Zwickauer Propheten“ bezeichneten Kreises religiöser Schwärmer standen Nikolaus Storch, Thomas Drechsel, Markus Thomae genannt Stübner, zwei Tuchknappen und ein Student, die sich nach einem gescheiterten Aufruhr gegen den Magistrat von Zwickau 1521 in Wittenberg niederließen. Unter ihren 72 „Jüngern“ befand sich auch der Prediger und spätere Bauernkriegsführer Thomas Müntzer, der Wittenberg allerdings im Laufe des Jahres 1521 auf Druck des Magistrats verlassen musste.

[Bearbeiten] Die "Zwickauer Propheten" in Wittenberg

In Wittenberg, der Keimzelle der evangelischen Bewegung, glauben die „Zwickauer“ einen geeigneten Boden für die Verbreitung ihrer Gedanken zu finden. Der Konflikt mit der von Luther angeführten Wittenberger Bewegung war damit allerdings in mehrerlei Hinsicht vorgezeichnet, schon dadurch, dass sich die Männer um den Handwerker Storch gegen jede Art von Gelehrsamkeit, und damit auch gegen die Autoritäten der 1502 gegründeten Universität Wittenberg wandten. Vor allem aber vertraten die „Propheten“ einen radikalen Biblizismus, dessen Heilsvorstellungen sie konsequent nicht nur von der kirchlichen, sondern auch der weltlichen Autorität wegführte. Aufgrund ihrer unverblümten Kritik an der landesfürstlichen Obrigkeit, der sie eine strikte Befolgung evanglischer Glaubensgrundsätze abverlangten, waren sie in der Sicht des stark obrigkeitskonformen Luther inakzeptabel. Durch die selbstbewusste Art ihres Auftretens und ihre erstaunliche Bibelkenntnis machten die Zwickauer Propheten dennoch einen tiefen Eindruck. Selbst Philipp Melanchthon und Andreas Bodenstein gerieten vorübergehend unter ihren Einfluss.

[Bearbeiten] Das Votum Luthers

Das herausfordernde Verhalten der „Zwickauer“ forderte indes das das Einschreiten von Luthers Patron, des sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise, heraus, der den Wittenberger Stadtrat unter der Führung der Bürgermeister Anton Niemegk und Christian Beyer mit der Klärung der Angelegenheit beauftragte. Der mit der theologischen Dimension der Auseinandersetzung überforderte Magistrat rief daraufhin Luther zur Hilfe, der dem Kurfürsten am 24. Februar 1522 seine bevorstehende Rückkehr von der Wartburg zum 6. März 1522 angekündigt hatte. Luther folgte der Anforderung durch den Kurfürsten und begründete ausführlich das in seiner Sicht bestehende Missverständnis seiner Lehre durch die Zwickauer. Vom 9. März 1522 an, dem Sonntag Invocavit, hielt Luther jeden Tag eine Predigt in der Wittenberger Stadtkirche. In diesen Invocavitpredigten nahm er zu den durchgeführten Reformen Stellung: Abschaffung der Messe, Einführung der Priesterehe, Aufhebung der Fastengebote, Entfernung der Bilder, Abendmahl unter beiderlei Gestalt (Brot und Wein), sprach sich aber gegen die sehr viel weiter reichenden sozial- und kirchenpolitischen Forderungen der "Propheten" aus.

Unter dem Druck von Stadt- und Landesobrigkeit wichen die „Propheten“ rasch aus Wittenberg. Wie Storch, dessen näheres persönliches Schicksal ungeklärt blieb, schlossen sie sich vermutlich der Bauernkriegsbewegung an.

[Bearbeiten] Historische Einordnung

Radikale Erweckungsbewegungen wie die der Zwickauer Propheten waren für die Frühzeit der Reformation charakteristisch. Inspiriert von religiösen Visionen (dabei u.a. Endzeitvorstellungen) einerseits und angetrieben von der Empörung über die vielerorts verschlechterten sozialen und rechtlichen Verhältnisse andererseits verbanden sie religiösen Enthusiasmus mit einer für legitim gehaltener Kritik an Obrigkeiten jedweder Art. Dagegen setzten die meist fürstlichen Obrigkeiten, nicht anders aber auch die Führungsgremien derReichsstädte, die konfessionelle „Einhegung“ im Sinne des Landesherrlichen Kirchenregiments und eine kompromisslose Bekämpfung der „Schwärmer“. Mit Ausnahme der Täufer bzw. Mennoniten, die sich auch nach der Niederschlagung des Täuferreichs von Münster 1535 noch punktuell halten konnten, war den alternativen Bekenntnisformen neben dem „Luthertum“ und dem (auf Reichsebene erst 1648 geduldeten) „Calvinismus“ aufgrund ihrer "staatsfeindlichen" Einstellung keine Zukunft beschieden.

[Bearbeiten] Literatur

  • Rolf Decot: Kleine Geschichte der Reformation in Deutschland, Freiburg i. Br. 2005, ISBN 3-451-28613-0
  • James M. Stayer: Sächsischer Radikalismus und Schweizer Täufertum. Die Wiederkehr des Verdrängten, in: Günter Vogler (Hg.), Wegscheiden der Reformation : Alternatives Denken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Weimar 1994, S. 151-178
  • Reiner Groß: Zwickau in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Ders. (Hg.), 500 Jahre Ratsschulbibliothek Zwickau. 1498-1998, Zwickau 1998, S. 160-175
  • Horst Rabe: Deutsche Geschichte 1500-1600. Das Jahrhundert der Glaubensspaltung, München 1991
  • Hans-Jürgen Goertz, Religiöse Bewegungen in der frühen Neuzeit (= Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 20), München 1993
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