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Ungarndeutsche

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Ungarndeutsche nennt sich heute jene deutschsprachige Minderheit in Ungarn, die zur Gruppe der Donauschwaben gezählt wird. Es handelt sich um die Nachfahren der einst ins Karpatenbecken eingewanderten Deutschen, also eine Minderheit im heutigen Ungarn. Es leben seit der Vertreibung 1946-48 außerdem Ungarndeutsche (oder Deutsche aus Ungarn) heutzutage in Deutschland, Österreich, aber auch Brasilien, in den USA etc. Die Deutschen wanderten in verschiedenen Epochen in das Karpatenbecken ein und ließen sich zerstreut auf dem Gebiet des heutigen Ungarns nieder.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Die Einwanderung der ersten Deutschen erfolgte um 1000, als deutsche Ritter in Begleitung der Königin Gisela, Herzogin aus Bayern, in das Karpatenbecken kamen. Gisela war die Frau des ersten ungarischen Königs St. Stephan.

Die größte Einwanderungswelle erfolgte nach der Türkenherrschaft. Zwischen 1700 und 1750 kamen deutsche Siedler aus Süddeutschland, Österreich und Sachsen in die nach den Türkenkriegen zum Teil menschenleeren Bereiche Pannoniens, des Banat und der Batschka und trugen entscheidend zur wirtschaftlichen Erholung und kulturellen Eigenart dieser Regionen bei. Von etwa 1,5 Millionen Donauschwaben, die 1918 in Ungarn, Jugoslawien und Rumänien lebten, sind die meisten um 1920 oder nach 1945 zurückgewandert, viele wurden vertrieben; kaum 30 Prozent sind geblieben.Ende des 18. Jahrhunderts lebten im damaligen Vielvölkerstaat Königreich Ungarn mehr als eine Million Deutsche, die vor allem in der Landwirtschaft tätig waren. Es gab aber auch eine blühende deutsche Kultur mit literarischen Werken, Zeitungen, Zeitschriften, Kalendern in den Städten. Ein großes deutsches Theater wurde am 9. Februar 1812 in der Hauptstadt eröffnet.

Im 19. Jahrhundert bildeten sich "deutsche Industriezweige" wie Glasbläser, Metallgießer, Steinmetze, heraus. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann eine radikale Magyarisierungspolitik, deren Folge war, dass sich das städtische deutsche Bürgertum, um seine wirtschaftlichen Interesse zu wahren, dem Ungarntum anpasste, so wurde die deutsche Sprache allmählich durch die ungarische ersetzt.

Die Zahl der Deutschen wurde durch den Vertrag von Trianon 1920 mehr als halbiert, als Ungarn viele seiner Gebiete an die Nachbarstaaten abtreten musste. Gegen den Magyarisierungsdruck auf Staats- und Schulebene wehrte sich "Der Ungarnländische Deutsche Volksbildungsverein" 1924 unter der Leitung von Jakob Bleyer. Die ungarische Regierung setzte ihre Magyarisierungspolitik fort. In dieser Situation erhoffte das Deutschtum in Ungarn die Hilfe zur Verbesserung ihrer sprachlichen Situation von außen. Diese Tatsache kam Hitler-Deutschland zugute. Das Deutschtum in Ungarn wurde zum Spielball der ungarischen und der deutschen Regierung. Nach dem verlorenen Krieg wurden die Deutschen in Ungarn zum Sündenbock gemacht. Viele Deutsche wurden zur Zwangsarbeit nach Russland verschleppt, in Ungarn enteignet, entrechtet und zwischen 1946 und 1948 nach Deutschland, zuerst in die amerikanische, später in die russische Besatzungszone vertrieben. Ca. 220.000 Deutsche mussten Ungarn verlassen. Von diesem Zeitpunkt an ist die Geschichte der Deutschen in Ungarn in zwei Aspekte aufzuteilen:

  • 1. Das Schicksal der in Ungarn verbliebenen Deutschen (Ungarndeutschen)
  • 2. Das Schicksal der vertriebenen Deutschen aus Ungarn

[Bearbeiten] Vertreibung

Die Vertreibung der Deutschen aus Ungarn begann 1946 bei Budapest und dauerte bis 1948. Das ungarische Parlament entschied bereits 1944, dass die deutsche Bevölkerung Ungarn verlassen muss und legte den endgültigen gesetzlichen Rahmen am 22. Dezember 1945 und in der Durchführungsverordnung vom 4. Januar 1946 fest. Personen, die bei der Volkszählung 1941 deutsche Nationalität und deutsche Muttersprache angaben, Mitglieder des Volksbundes oder der deutschen SS, Personen, die ihren magyarisch klingenden oder magyarisierten Namen wieder in einen deutschen umgewandelt hatten, wurden ausgewiesen (d.h. vertrieben). Am 1. Juni 1946 wurden die Transporte in die amerikanische Zone von den Amerikanern gestoppt, weil Ungarn das zurückgelassene Vermögen der Deutschen auf seine Reparationsverpflichtung anrechnen lassen wollte, was die Amerikaner nicht anerkannten. In dieser Phase mussten ca. 170.000 Deutsche Ungarn verlassen. Die nächste Phase der Vertreibung erfolgte ab August 1947, jetzt aber in die sowjetische Zone. Oftmals mussten Deutsche, deren Vermögen oder Besitz einem Neuansiedler oder einem Kommunisten gefallen hat, Ungarn verlassen, unanhängig von ihrer früheren politischen Ansicht oder Haltung. Diese Phase der Vertreibung kann als planlos bezeichnet werden, weil einige Ortschaften in der Schwäbischen Türkei vollständig abtransportiert wurden, wie Kakasd, während andere - wie z.B. Ófalu - verschont blieben. In diesem Zeitraum verließen ca. 50.000 Deutsche Ungarn und kamen in die Auffanglager in Sachsen, vor allem in das Lager Pirna.

[Bearbeiten] Zwischen 1948 und 1990 (Wende)

Nach der Vertreibung der Deutschen zwischen 1945-48 wurden die vertriebenen Deutschen in Ungarn gleichsam "staatenlos", weil ihnen ihre Staatsbürgerschaft aberkannt wurde. Erst ab 1950 bekamen sie Personalausweise und wurden als Staatsbürger anerkannt. Von 1950 bis 1956 folgte die Periode der totalen Diktatur, in der neben den "Kulaken" (reiche Bauern) auch die Ungarndeutschen als Staatsfeinde betrachtet wurden. Beim ungarischen Militär bekamen die ungarndeutschen Männer oftmals keine Waffen und wurden in diesem Bereich auch nicht ausgebildet, weil sie nicht vertrauenswürdig gewesen seien, dafür mussten sie etwa drei Jahre Arbeitsdienst absolvieren. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass Ungarndeutsche an den Universitäten nicht studieren durften oder ihre Studien wegen ihrer Herkunft abbrechen mussten. Die Diskriminierungen führten dazu, dass 1956 beim ungarischen Volksaufstand viele Ungarndeutsche Ungarn verließen und nach Deutschland kamen oder in die USA, nach Kanada oder Australien auswanderten. Bis zu den 1970er Jahren wurden Ungarndeutschen von Passanten auf der Straße oft der Satz zugeworfen, wenn sie sich in ihrer deutschen Muttersprache unterhielten: "Wer ungarisches Brot isst, soll Ungarisch sprechen". Während der als "Gulaschkommunismus" bezeichneten Periode der gesellschaftlichen Liberalisierung unter dem Partei-Generalsekretär János Kádár bekamen die Minderheiten in Ungarn, auch die Deutschen, bestimmte bescheidene Rechte auf die Pflege ihrer Kultur. 1955 wurde der Verband der Ungarndeutschen gegründet, der sich in einem Rahmen, der von der ungarischen Regierung zugelassen wurde, versuchte, die Interessen der deutschen Minderheit zu vertreten. Da es in den Schulen kaum oder wenig Deutschunterricht gab, war die Folge, dass "eine stumme Generation" aufwuchs, die der deutschen Sprache nicht mächtig war oder allenfalls ein wenig die Mundart verstand. Eine vergleichsweise positive Entwicklung für die Ungarndeutschen begann ab Mitte der 1980er Jahre, als ein spezieller Unterricht "Deutsch als Nationalitätensprache/Minderheitensprache" in zahlreichen Schulen eingeführt wurde und niveauvolle wissenschaftlichen Forschungen in den Bereichen Volkskunde, Mundarten, Zweisprachigkeit, Sprachkontakte, Interkulturalität (z.B. K. Manherz, E. Knipf-Komlósi, M. Erb in Budapest; Cs. Földes in Wesprim/Veszprém; K. Wild in Fünfkirchen/Pécs) anfingen. Es entwickelte sich eine Ungarndeutsche Literatur. Die Zahl der zweisprachigen Schulen (vor allem Gymnasien) wuchs, es wurden zudem deutsche Chöre, Tanzgruppen etc. ins Leben gerufen, nach der Wende wurden Vereine gegründet, bis November 1995 entstanden 164 deutsche "Minderheiten-Selbstverwaltungen".

[Bearbeiten] Heutige Situation

Dünaburg (Sopron) nahe der österreichischen Grenze ist heute die einzige Stadt in Ungarn, in der Deutsch einen offiziellen Status genießt und zweisprachige Strassen- und Ortsschilder aufweist.
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Dünaburg (Sopron) nahe der österreichischen Grenze ist heute die einzige Stadt in Ungarn, in der Deutsch einen offiziellen Status genießt und zweisprachige Strassen- und Ortsschilder aufweist.

Über die jetzige Lage der Minderheiten in Ungarn formuliert Dr. Jenö Kaltenbach, der Parlamentsbeauftragte für Minderheitenrechte in Ungarn: Gesellschaftlich weitgehend integriert (assimiliert), in keinem geschlossenen Siedlungsgebiet lebend, zahlenmäßig klein, kein ausgeprägtes Identitätsbewusstsein, eher eine Doppelidentität.

Sein Fazit: Die Assimilation der Ungarndeutschen und der Sprachverlust haben eine Stufe erreicht, bei der fragwürdig ist, ob der Assimilationsprozess trotz positiver Impulse der letzten Zeit rückgängig gemacht werden kann.

Ihre Zahl beträgt heute schätzungsweise höchstens 210.000. Seit kurzem gibt es viele Orte mit ungarndeutscher Minderheiten-Selbstverwaltung. Obwohl dies und die Zweisprachigkeit auch Vorteile bringt, wanderten in den letzten Jahren doch viele nach Deutschland aus.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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