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Umgangssprache

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Die Umgangssprache (auch Alltagssprache oder Gebrauchssprache) ist die nichtkodifizierte, naturwüchsige Sprache, die im täglichen Umgang mit anderen Menschen verwendet wird. Aus der Umgangssprache, bzw. deren mannigfaltigen regionalen Varietäten in einem abgegrenzten Staatsgebiet, haben sich im Zuge der Staatenbildung in der jüngeren Geschichte und in Abhängigkeit von der Zunahme der Bedeutung der Schriftlichkeit in den modernen Staaten sog. Hochsprachen entwickelt, deren Hauptzweck es war und ist, eine Einheitlichkeit im nationalen Schriftverkehr sicherzustellen.

Dabei wurde meist ein für die Sprachentwicklung als charismatisch geltende Sprachform als Ausgangsmaterial benutzt (in Deutschland die Bibelübersetzung Martin Luthers, in Großbritannien das Englisch des Königshauses, in Frankreich die Umgangssprache der Region von Paris, in Russland das Werk des Dichters Alexander Sergejewitsch Puschkin).

Der Prozess der Bildung, Fortentwicklung und Pflege einer Hochsprache beruht dabei heutzutage in vielen Ländern auf einer ständigen Beobachtung der lebendigen Umgangssprache durch kulturelle Institutionen in den jeweiligen Staaten, die sich dieser Aufgabe entweder selbst verschrieben haben (z.B. der Dudenverlag) oder die damit von staatlicher Seite beauftragt wurden (z.B. Kulturinstitute wie die Académie française oder die Accademia della Crusca). Für das Englische gibt es im Gegensatz dazu (abgesehen von einer gewissen Autorität vor der Ausdrucksweise der Angehörigen des britischen Königshauses oder von Absolventen der namhaften Universitäten) jedoch keine in vergleichbarer Weise die Sprache pflegende Institution.

Vielfach wird fälschlicherweise angenommen, die Umgangssprache sei eine verderbte, auf Grund fehlender Gebildetheit breiter Bevölkerungsschichten unvollkommene Variante der eigentlichen, primären Hochsprache. Dies ist aber oft nicht so, mitunter müsste dogar das Gegenteil behauptet werden, da manche Hochsprachen eine verarmte, weil zu pragmatischen Zwecken zurechtgestutzte Ableitung der viel reicheren Umgangssprachen sind.

Je nach nationaler Geschichte verlief die Entwicklung der Schrift- und Hochsprachen in den modernen Staaten höchst unterschiedlich. Dementsprechend unterschiedlich ist auch die Bewertung des Stellenwerts der Umgangssprache und der Einfluss der für die Gestaltung der Hochsprache zuständigen Institutionen.

Ein anschauliches Verständnis liefert der kontrastive Vergleich des Verhältnisses von Umgangs- und Hochsprache in bezüglich der Entwicklung ihrer Amtssprachen so unterschiedlichen Staaten wie des Königreichs der Niederlande, der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. In den Niederlanden wurde eine umgangssprachliche Varietät des Niederdeutschen seit dem 13. Jh. in einem mehrere Jahrhunderte dauernden Prozeß allmählich zur Hochsprache ausgebaut, während in Deutschland alle Varietäten des Niederdeutschen („Plattdeutsch“) als außerhalb der Hochsprachlichkeit gelten. Das heutige hochsprachliche Niederländische „klingt“ deshalb für den voreingenommenen deutschen Zuhörer beim ersten Eindruck als locker, ungezwungen und umgangssprachlich, obwohl dies mitnichten der Fall ist. Einen vergleichbaren Schritt haben die Schweizer nicht unternommen, denn sie haben für den Schriftverkehr die Hochsprache des großen deutschen Nachbars mehr oder weniger unverändert übernommen, wohingegen die Umgangssprache der eigenen Region nicht hochsprachlich ausgebaut wurde. Die deutsche Hochsprache wird deshalb von vielen Schweizern als Fremdsprache empfunden, die sie für den offiziellen Gebrauch zu erlernen haben.

Während in Frankreich und England aufgrund ihrer eher zentralistischen Geschichte Umgangs- und Hochsprache weitgehend identisch sind, hat es eine vergleichbare Homogenität im deutschsprachigen Raum nie gegeben. Die langandauernde historische Mannigfaltigkeit regionaler Herrschaftsverhältnisse hat ihre Spuren in einem stark heterogenen umgangssprachlichen Sprechverhalten hinterlassen, dem die Hochsprache in weitaus stärkerem Maße hinterherhinkt als andernorts.

Demzufolge gibt es in Deutschland auch keine staatliche Institution, die eine verbindliche Hochsprache für alle festlegen könnte, bzw. eine Abweichung hiervon sanktionieren würde. Der Pflege der Hochsprache hat sich insbesondere der Verlag Brockhaus verschrieben, der in Zusammenarbeit mit staatlichen und nichtstaatlichen Stellen seit vielen Jahren unter dem Markennamen Duden ein Wörterbuch herausgibt, das an den Philologen Konrad Duden erinnern soll. Die Orientierung an diesem Wörterbuch ist eine rein freiwillige Entscheidung der Kultusministerien der Länder, der sonstigen staatlichen Behörden und der großen Verlagshäuser (vgl. Rechtschreibreform).

Obwohl vielfach behauptet, kann daher von einer verbindlichen Norm in der Hochsprache gegenüber einer fehlenden Norm in der Umgangssprache nicht gesprochen werden. Auch die Umgangssprache unterliegt einer gewissen Einheitlichkeit, die dadurch entsteht, dass sich ihre Sprecher an anderen Mit-Sprechern orientieren und anpassen. Im Unterschied zur Hochsprache, bei der die Orientierung ausgesprochen an ein gedrucktes Wörterbuch erfolgt, ist die vereinheitlichende Orientierung der Umgangssprache diffus, wechselhaft und oft nicht eindeutig zu ermitteln. Diese unermessliche Diffusität ist jedoch gleichzeitig die Quelle für ihren für die Fortentwicklung der Hochsprache so wichtigen lebendigen Reichtum.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Allgemeines

Die Abweichungen von der Hochsprache sind gering, so dass die Umgangssprache allgemein verständlich ist.

Umgangssprache redet, wer wie Martin Luther „dem Volk aufs Maul schaut“.

Sie unterscheidet sich von der gehobenen Sprache, von öffentlicher Rede, Drama, Gedicht, aber auch dem Lexikonartikel sowie der Zwischenschicht von populärer gehobener Umgangssprache (Essay, Zeitungsartikel, Rundfunk- oder Fernsehsprache („Fernsehdeutsch“)).

Die Sprecher selbst nennen sie in der Regel nicht Umgangssprache. Beispielsweise, wenn Laien sonst (grammatikalisch etc.) korrekt Fachsprachen mit Spezialausdrücken (der Medizinersprache, Technikersprache) ungenau nutzen. (Siehe auch: Jargon).

Umgangssprache hängt vom Zusammenhang ab, ist ungenau definiert.

Diskrepanzen zwischen ihr und Fachsprachen sind nicht durchwegs ungenau bzw. kontextabhängig. Es gibt unzweideutige, klar definierte Unterschiede, wegen unterschiedlicher Werte zwischen bestimmten Berufsgruppenangehörigen und Laien: Das Auseinanderklaffen heißt abwertend auch déformation professionnelle.

Beispiel: Ein medizinischer Befund ist für die Fachperson „negativ“, wenn er eine bestimmte Diagnose ausschließt. Der Patient hört es, fürchtet (umgangssprachlich „negativ“...) ein festgestelltes Übel.

[Bearbeiten] Umgangssprache und ständiger Sprachwandel

Ohnehin lehnt sich die formelle Beschreibung einer Sprache an die Umgangssprache an. Sie nimmt Elemente aus ihr auf (siehe Sprachgebrauch) und verändert sich ggf. mit.

[Bearbeiten] Einflüsse

Stets prägen insbesondere Jugendsprache und andere Szenesprachen die Umgangssprache der folgenden Generation - wesentlich mehr als die auf speziellere Gruppen beschränkte etwa Soldatensprache, Gefängnissprache, Bergmannssprache, Jägersprache, Fachsprachen...

[Bearbeiten] Regionalsprachen, Umgangssprachen, Dialekte und Mundarten

Durch die gegenwärtige Mobilität und die Massenmedien schwindet die Zahl der Mundarten und Dialekte kontinuierlich. Zugleich schwindet der Regionalcharakter umgangssprachlicher Elemente. Gleichzeitig wächst der Wirkungsbereich der Umgangssprache.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache. Klett, Stuttgart 1982 (8 Bände), ISBN 3-12-570010-8.
  • Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache. Klett, Stuttgart 1987 (959 Seiten), ISBN 3-12-570600-9
  • Alfred Lameli: Standard und Substandard: Regionalismen im diachronen Längsschnitt. Steiner, Stuttgart 2004 (272 Seiten), ISBN 3-515-08558-0
  • Alexandra N. Lenz: Struktur und Dynamik des Substandards: eine Studie zum Westmitteldeutschen (Wittlich, Eifel). Steiner, Stuttgart 2003 (444 Seiten), ISBN 3-515-08349-9

[Bearbeiten] Weblinks

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