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Stangerbad

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Spezialwanne für Stangerbad und Unterwasserdruckstrahlmassage
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Spezialwanne für Stangerbad und Unterwasserdruckstrahlmassage

Das Stangerbad (auch Hydroelektrisches Vollbad bzw. Hydroelektrisches Dreiviertelbad) gehört zu den Elektrotherapien, genauer gesagt zu den Hydroelektrischen Bädern, und wird meistens von Masseuren und Physiotherapeuten, seltener von Ärzten angewendet. Der Patient sitzt in einer mit Wasser gefüllten Badewanne und wird von konstantem Gleichstrom (Galvanisation) durchflutet. Es handelt sich um eine Kombination aus einer elektrophysiologischen Anwendung mit einem Wärmereiz. Das Stangerbad ist in den Heilmittelkatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen[1].

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Die ersten Erwähnungen von hydroelektrischen Bädern stammen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Bei diesen Bädern befand sich der eine Pol im salzhaltigen Badewasser und der andere Pol am Patienten. Albert Eulenberg brachte 1883 das Buch Die hydroelektrischen Bäder heraus, in dem er seine wissenschaftlichen Untersuchungen darstellte[2]. Die Gerbermeister Johann und Heinrich Stanger fanden heraus, dass die Effekte des galvanischen Stromes durch den Zusatz von gerbstoffhaltigen Mitteln verstärkt werden. Zur damaligen Zeit waren die Badewannen, die aus elektrisch isolierendem Material bestehen müssen, aus Holz oder Fayence (Ton)[3]. Heutzutage werden die Wannen aus Kunststoff, manchmal verstärkt durch Glasfaser, hergestellt.

[Bearbeiten] Anwendung

In den Badewannen für das Stangerbad, die meist auch mit einer Unterwasserdruckstrahlmassage ausgestattet sind, befinden sich am Fußende und an den Seiten Metallplatten. Zusätzliche Metallplatten können am Boden und am Kopfende der Wanne sein, diese müssen aber aus Sicherheitsgründen mit gelöcherten Kunststoffüberzügen versehen sein. Diese Platten dienen als Anode (Pluspol) und Kathode (Minuspol). Da der Patient immer auf dem Rücken liegt, die Wirkung der Anode aber gegenteilig zur der Wirkung der Kathode ist, kann die Polarität der Metallplatten geändert werden. Manche Ausführungen der Wannen bieten die Möglichkeit einen Pol an einer Bürste zu schalten, der dann gezielt über die zu behandelnde Stelle des Körpers geführt werden kann. Die Wassertemperatur ist ganz von der Verträglichkeit beim Patienten und dessen Erkrankung abhängig. Bei Schmerzen und Muskelhypertonus wird die Wassertemperatur bei 34°C und drüber, bei Muskelhypotonie und Paresen darunter liegen. Die Stromstärke wird dem Empfinden des Patienten angepasst. Der Strom sollte auf der Haut kribbeln, aber keine Schmerzen oder Unwohlsein auslösen. Für gewöhnlich kommen Stromstärken von 200 - 600 mA zum Einsatz. Oft werden dem Wasser salz- oder gerbstoffhaltige Zusätze beigemischt, die die Leitfähigkeit des Wassers verbessern. Was zu der Annahme geführt hat, dass dies der Grund für die Zusätze ist. Gillert und Rulffs, die Autoren eines Lehrbuches[3], widersprechen dieser Annahme, da eine Verbesserung der Leitfähigkeit eine weitere Minderung des sowieso schon geringen Stromanteils (nur ca. 1/3[3][2]), der durch den Körper fließt, bedeuten würde und damit dem Therapieziel eher im Wege stünde. Sie gehen vielmehr davon aus, dass die Zusätze eine Hautreizung verursachen, die den Hautwiderstand reduziert und somit die Haut durchlässiger für den Strom macht. Da die Gesetzgeber bei der Kombination von Wasser und Strom sehr strenge Vorgaben geben, müssen Stangerbäder heutzutage die Vorschriften der Medizingeräteverordnung (MedGV), die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Berufsgenossenschaften, die Gewerbeordnung, die Vorschriften des TÜV und die DIN-Normen erfüllen. Des Weiteren müssen die Geräte das GS-Zeichen (alternativ auch das VDE-Zeichen) und die CE-Kennzeichnung haben. Ferner muss der Raum, in dem ein Stangerbad aufgestellt werden soll, den IEC-Festlegungen entsprechen.

[Bearbeiten] Wirkung

Mit Hilfe von Wärmeleitzahlmessungen konnte nachgewiesen werden, dass sich bei einer Durchflutung mit Gleichstrom die Durchblutung in der Haut um 500%, in tiefer gelegenen Muskeln noch bis zu 300% erhöht[3]. Die oberflächliche Durchblutungssteigerung wird zusätzlich durch den Wärmereiz des Badewassers begünstigt. Durch die gesteigerte Durchblutung wird der Stoffwechsel der Zellen (Trophik) verbessert und die Ausscheidung der Stoffwechselprodukte beschleunigt. Die beruhigende Wirkung der Anode auf die Erregbarkeit der Nerven führt zu einer Schmerzdämpfung und Muskeltonussenkung. Die Kathode bewirkt durch ihre Steigerung der Erregbarkeit der Nerven eine Erhöhung des Muskeltonus und erreicht, bezogen auf die Wirkung der Anode, eine stärkere Mehrdurchblutung des Gewebes. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass das Stangerbad eine tonusregulierende, schmerzdämpfende und durchblutungsfördernde Wirkung hat.

[Bearbeiten] Indikation

Da mit dem Stangerbad der Tonus der Muskulatur in beide Richtungen verändert werden kann, lässt sich die Therapie sowohl bei Muskelhypertonus oder -hypotonus, Spastiken und Paresen einsetzen. Die Steigerung der Durchblutung hat positive Auswirkungen auf peripher-arteriellen Durchblutungsstörungen. Weitere gute Ergebnisse zeigt die Behandlung bei Rheuma, Ischiasbeschwerden und bei Morbus Bechterew und Spondylarthrosen. Das Stangerbad kann auch bei Adnexitis (Entzündungen der Anhangsgebilde) und Menstruationsbeschwerden (auch bei Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation) angewendet werden. Eine Studie im Auftrag des türkischen Gesundheitsministeriums zeigte, dass bei Patienten mit Fibromyalgie eine Therapiekombination von Amitriptylin und Stangerbad ein länger anhaltender Effekt eintritt, als bei einer reinen medikamentösen Therapie[4].

[Bearbeiten] Kontraindikation

Der hydrostatische Druck, die Wärme des Wassers und der elektrische Strom sind Risikofaktoren bei Patienten mit akuten Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz und Herzschrittmachern. Hier ist von einer Therapie mit dem Stangerbad auf jeden Fall abzuraten. Auch Patienten mit Metall im Körper (z. B. Splitter oder nach einer Osteosynthese) und Hauterkrankungen sollten nicht behandelt werden. Des Weiteren sind Fieber und ein geschädigtes Lymphsystem Kontraindikationen für das Stangerbad.

[Bearbeiten] Kritik

Das Stangerad ist auf Grund seiner Anschaffungs- und Unterhaltskosten und dem Wasserverbrauch (bis zu 800 l pro Anwendung) eine sehr kostspielige Therapie. Daher sind Stangerbäder nur selten in kleinen Therapiezentren oder privaten Massagepraxen zu finden. In den großen Kurzentren und den Universitätskliniken zieht man inzwischen das günstigere Vierzellenbad dem Vollbad vor. Die Universität Heidelberg verfügte z. B. im Jahr 1999 über insgesamt 3 Anlagen für Stangerbäder, inzwischen nur noch über eine. Das Klinikum der Universität Wien behandelt seit einigen Jahren nur noch im Vierzellenbad[5].

[Bearbeiten] Referenzen

  1. Heilmittelkatalog der Gesetzlichen Krankenkassen in Kraft getreten am 02.04.2005 (PDF; 400 KB) (siehe unter Hydroelektrische Bäder)
  2. a b Steuernagel: Skripten zur Elektrotherapie Band II, siehe Literatur, Seite 22ff
  3. a b c d Gillert, Rulffs: Hydrotherapie und Balneotherapie, siehe Literatur, Seite 183ff
  4. Eksioglu et al.: Effects of Stanger bath therapy on fibromyalgia, siehe Literatur
  5. Stand 2006, Information von der Verwaltung des jeweiligen Klinikums

[Bearbeiten] Literatur

  • Otto Steuernagel: Skripten zur Elektrotherapie Band II. Praxis in Frage und Antwort. Niederfrequenz - Mittelfrequenz - Interferenz.. Boppard, ISBN 3-9800445-2-1
  • Otto Gillert, Werner Rulffs: Hydrotherapie und Balneotherapie. Theorie und Praxis.. Pflaum, München 1990, ISBN 3-7905-0586-2
  • Bernard Kolster, Gisela Ebelt-Paprotny: Leitfaden Physiotherapie. Befund, Techniken, Behandlung, Rehabilitation. Urban & Fischer Verlag 1996. ISBN 3-437-45160-X
  • Pschyrembel Naturheilkunde und alternative Heilverfahren. 3. Auflage. Berlin, New York: de Gruyter, 2006. ISBN 3-11-018524-5
  • W. Bechtoldt: Experiences with the Stangerbad treatment of orthopedic disorders. In: Archiv für physikalische Therapie. Band 17 (1965), S. 69-73, PMID 5294846
  • E. Eksioglu, D. Yazar, A. Bal, HD. Usan, A. Cakci: Effects of Stanger bath therapy on fibromyalgia. Springer-Verlag, London 2006, PMID 16897112

[Bearbeiten] Weblinks

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