TÜV
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Der Name TÜV ist eine Abkürzung für Technischer Überwachungs-Verein. Dabei handelt es sich um privatrechtliche eingetragene Vereine, deren Mitglieder überwiegend Wirtschaftsunternehmen sind, die überwachungsbedürftige Anlagen betreiben. D.h., von ihrem Ursprung (s.u.) her handelt es sich um Selbsthilfeorganisationen der Wirtschaft mit dem Ziel, staatliche Sicherheitskontrollen durch effizientere Sachverständige der Vereine zu ersetzen.
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[Bearbeiten] Aufgaben und Organisation
In Deutschland sind die TÜV-Gesellschaften überwiegend in den drei großen Holdings TÜV Süd, TÜV Rheinland und TÜV Nord organisiert. Daneben gibt es die konzernunabhängigen TÜV Saarland und TÜV Thüringen. Alle nehmen hoheitliche Aufgaben auf den Gebieten der Kfz-Überwachung, des Fahrerlaubniswesens und der Geräte-und Produktsicherheit wahr. Alle Gesellschaften, die „TÜV“ in ihrem Namen führen, gehören zu mindestens 25,1 % einem Technischen Überwachungs-Verein e.V., der als Selbsthilfe-Organisation der deutschen Wirtschaft mit den genannten hoheitlichen Aufgaben beliehen ist.
Die frühere regionale Abgrenzung in Deutschland (´Regionalprinzip´) ist infolge Deregulierung und Liberalisierung auf immer mehr Arbeitsgebieten aufgehoben. Die Unternehmen agieren auf diesen Gebieten sowie im sog. „freiwirtschaftlichen Bereich“ eigenständig am Markt und stehen untereinander im Wettbewerb. Sie sind in vielen Arbeitsgebieten, etwa im Bereich der Produktzertifizierung und Zertifizierung von Managementsystemen, weltweit durch Tochtergesellschaften vertreten.
Die Folgen von Deregulierung und Liberalisierung werden immer dann öffentlich heftig diskutiert, wenn schwerwiegende Schadensereignisse mit Verletzten und Toten eintreten, etwa in der Bauaufsicht [1].
Während das Inlandsgeschäft aufgrund der starken Marktdurchdringung bei einigen TÜV-Gruppen stagniert, wachsen die Auslandstöchter weiterhin überproportional.
In Österreich besteht die TÜV Österreich Gruppe seit 1872 als Überwachungsverein.
[Bearbeiten] Die Marke „TÜV“
Die Marke „TÜV“ ist eine zugunsten dieser Prüforganisationen sowie des VdTÜV geschützte Marke von sehr hohem Bekanntheitsgrad. Sie ist ein wertvolles Asset der TÜV-Prüfgesellschaften.
In der breiten Öffentlichkeit wurde „der TÜV“ vor allem über die Hauptuntersuchung bekannt, die wohl jeder deutsche Kraftfahrer in seinem Fahrerleben in der einen oder anderen Weise kennen gelernt hat. Die Bezeichnung „TÜV“ hat sich umgangssprachlich zu einem Synonym für technische Prüfungen entwickelt (man bringt sein Auto „zum TÜV“, auch wenn bei einer anderen Organisation geprüft wird).
Weil der TÜV in Deutschland und Österreich ein hohes Ansehen bezüglich Neutralität und Sachkunde genießt und einen hohen Bekanntheitsgrad aufweist, wird der Bedeutungsgehalt dieser Marke auf viele gesellschaftliche Problemfelder und Missstände angewendet, wenn Forderungen nach Kontrolle und Transparenz laut werden („Bürokratie-TÜV" [2], „Schul-TÜV“, „Politiker-TÜV“, „Alkohol-TÜV“[3], „Eltern-TÜV“, „Gebäude-TÜV“). „TÜV-geprüft“ ist umgangssprachlich ein Qualitätssiegel für technische Prüfungen durch eine TÜV-Gesellschaft s.o.).
Offiziell darf die Bezeichnung „TÜV-geprüft“ jedoch nur von einem Technischen Überwachungs-Verein oder einer Tochtergesellschaft verwendet werden. Alles andere ist Irreführung der Verbraucher und damit unlauterer Wettbewerb.
[Bearbeiten] Geschichte
In der Zeit der Industrialisierung gründeten Dampfkesselbesitzer unabhängige regionale Überwachungsorganisationen in Form von Vereinen, deren Erfolg bei der Unfallverhütung so groß war, dass ab 1871 die Mitgliedschaft in einem solchen Verein von der Inspektion durch einen staatlichen Inspektor befreite. Mit zunehmender Anzahl und Leistungsfähigkeit der Dampfmaschinen hatte es nämlich immer mehr Unfälle durch explodierende (genauer: zerknallende) Dampfkessel gegeben.
Die so entstandenen regionalen „Dampfkessel-Überwachungs-und Revisions-Vereine“ (DÜV) waren somit als Selbsthilfe-Organisationen der Dampfkessel-Betreiber ein frühes Beispiel für eine sehr erfolgreiche Privatisierung zuvor staatlicher Prüfungen. Weil sie so erfolgreich bei der Unfallverhütung im Bereich der sich rasch weiter entwickelnden Dampfkessel-Technologie waren, wurden sie später auch mit Sicherheitsprüfungen auf anderen technischen Gebieten, unter anderem bei der wiederkehrenden Prüfung von Kraftfahrzeugen sowie bei der Führerscheinprüfung beauftragt.
Alle aus diesen gemeinsamen Wurzeln hervor gegangenen TÜV-Gruppen benutzen die Marke „TÜV“ und einen regionalen Zusatz (zum Beispiel TÜV Süd, TÜV Rheinland, TÜV Nord, TÜV Saarland, TÜV Thüringen, TÜV Österreich) im Namen. Sie stehen auf einigen Gebieten untereinander und zu anderen Marktteilnehmern im Wettbewerb (s.o.). Allen gemeinsam ist, dass an jeder Kapitalgesellschaft mit „TÜV“ im Namen zu mindestens 25,1% ein Technischer Überwachungs-Verein e.V. mit hoheitlichen Beleihungen beteiligt ist.
[Bearbeiten] Fusionen
In der Geschichte der Technischen Überwachungs-Vereine hat es zahlreiche erfolgreiche Fusionen gegeben. Noch weiter gehende Überlegungen zu einer Fusion aller TÜV-Gruppen zum „TÜV Deutschland“ bzw. „TÜV Europe“ mit dem Ziel, sich nicht gegenseitig zu kannibalisieren und damit wertvolle Wettbewerbspotentiale zu verschenken, sind nicht mehr aktuell. Sie würden heute vermutlich auch am Kartellrecht scheitern. Vor allem TÜV Süd und TÜV Rheinland haben sich immer wieder für Fusionen stark gemacht, konnten sich aber letztlich schon untereinander nicht einigen [4].
[Bearbeiten] VdTÜV
Ein Verband, in dem neben den meisten Technischen Überwachungs-Vereinen auch einige aus dem ehemaligen IG Farben-Konzern hervor gegangene Groß-Chemieunternehmen mit eigner Anlagenüberwachung (ehemals „Eigenüberwacher“) organisiert sind, ist der Verband der TÜV (VdTÜV). Aufgaben dieses Verbandes sind unter anderem die Organisation des Erfahrungsaustausches der bundesweit tätigen TÜV-Sachverständigen, das Eintreten für das “Third-Party-Prinzip" der unabhängigen Prüfung durch einen neutralen Dritten gegenüber Politik und Öffentlichkeit sowie der Schutz der Marke „TÜV“. Seit dem 1. Juni 2006 ist Dr. Peter Hupfer (TÜV Süd) Vorsitzender des VdTÜV. Geschäftsführer des in Berlin ansässigen Verbandes ist Klaus Brüggemann.
TÜV-Mitglieder im VdTÜV sind:
- TÜV Rheinland (bis 2004)
- TÜV Süd
- TÜV Technische Überwachung Hessen
- TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt
- TÜV Nord
- RWTÜV
- TÜV Thüringen
[Bearbeiten] TÜV CERT
Die „TÜV CERT“ TÜV-Zertifizierungsgemeinschaft e.V. ist eine übergreifende Gruppe mit einheitlichen Grundsätzen zur Zertifizierung von Managementsystemen, Personalqualifikationen und Produkten nach internationalen Normen und europäischen Richtlinien. Organ von TÜV CERT ist die Fachzeitschrift „Management und Qualität“. „TÜV CERT“ ist eine geschützte Marke.
[Bearbeiten] Referenzen / Quellen
- ↑ Prüfingenieure: "Deregulierung gescheitert, Privatisierungswahn beenden" (www.baulinks.de, 10.01.06)
- ↑ Höherer Spitzensteuersatz und Bürokratie-TÜV? Neue Details aus Koalitionsverhandlungen (www.heute.de, 28.10.05)
- ↑ Weniger Autofahrer müssen zum Alkohol-TÜV (Spiegel online, 10.08.06)
- ↑ TÜV-Süd macht sich für Fusionen stark. Chef des Überwachungsvereins regt Konsolidierung der vier verbliebenen deutschen Gesellschaften an (Die Welt.de 22.08.2005)
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: TÜV – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |