Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Rudolf de la Vigne - Wikipedia

Rudolf de la Vigne

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Rudolf de la Vigne (* 23. Dezember 1920 in Böhmisch Leipa) ist ein ehemaliger deutscher Fußballer. Er ist der Spieler, der für den VfR Mannheim die meisten Begegnungen in der Oberliga Süd bestritten hat. 1949 wurde er mit den „Mannemer Rasensportlern“ Deutscher Meister.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Krieg und Gefangenschaft statt Fußballkarriere

De la Vigne, dessen Familienname auf seine hugenottischen Vorfahren hinweist, wuchs im Sudetenland auf und spielte als Kind und Jugendlicher zunächst beim Deutschen Sportverein Böhmisch-Leipa, anschließend im benachbarten Haida beim Deutschen Sportclub Fußball. Laut Knieriem/Grüne (siehe unten) soll er in der Saison 1938/39 – seine Heimat war gerade „ins Reich heimgekehrt“ – für den Warnsdorfer FK angetreten sein und mit diesem als Meister der neugeschaffenen Gauliga Sudetenland die Endrunde zur Deutschen Meisterschaft erreicht haben; falls de la Vigne tatsächlich dort spielte, konnte auch er nicht verhindern, dass sein Klub in den vier Vorrunden-Gruppenspielen gegen Dresdner SC und Schweinfurt 05 vier deutliche Niederlagen kassierte.

Mit 18 oder 19 Jahren wurde er zur Wehrmacht eingezogen, zum Fallschirmjäger ausgebildet und schon 1940 in Rotterdam gefangengenommen. Über Großbritannien wurde er als POW nach Kanada in ein Internierungslager, das Camp 133, verbracht. Dort lernte er in den folgenden Jahren mit Henninger, Jöckel, Langlotz, Müller und Senck mehrere Mannheimer Fußballer kennen, die gemeinsam in Nordafrika in Kriegsgefangenschaft geraten waren und mit denen er im Lager häufig zusammen kickte. Diese verpassten ihm auch den Spitznamen „Bella“, den er bis zu seinem Karriereende behielt: sein Familienname war ihnen zu lang und schwierig auszusprechen. Erst im Februar 1946 wurde de la Vigne entlassen und fand sich zunächst in Norddeutschland auf dem britischen Truppenübungsplatz Munsterlager wieder. Eine Rückkehr in das inzwischen erneut tschechische Sudetenland war für einen „Reichsdeutschen“ problematisch, wenn nicht unmöglich, und erschien ihm wohl auch wenig attraktiv; auch sein Vater lebte inzwischen nicht mehr dort. Deswegen machte er sich auf den Weg ins kriegszerstörte Mannheim, wo er einzelne Mitgefangene wiedertraf und mit ihnen zusammen beim VfR die Fußballschuhe schnürte. Diese Gruppe von Spielern bekam schnell den Beinamen „die Kanadier“. Daneben begann er eine kaufmännischen Lehre.

[Bearbeiten] Die erfolgreichsten Jahre als Spieler

Der VfR Mannheim gehörte ab der Saison 1945/46 zur neugeschaffenen Oberliga Süd, bis zur Einführung der Bundesliga die höchste deutsche Spielklasse, und darin machte Rudolf de la Vigne bald auf sich aufmerksam – eine beachtliche Leistung für jemanden, der überhaupt erst mit 26 Jahren (im Frühjahr 1947) im Ligafußball debütiert hatte. In den Mannschaftsaufstellungen tauchte sein Name zwar meist auf der Linksaußenposition auf, er war aber eher ein Spielmacher als ein an der Seitenlinie klebender Flügelstürmer. Dabei kam ihm, wie es in einem Zeitungsbericht von 1949 heißt, seine „subtile Technik“ zugute; seine Spielweise wurde als „ästhetisch“ beschrieben, und außerdem war er außerordentlich torgefährlich.

[Bearbeiten] 1948/49: Deutscher Meister

Sportlich riss der VfR bis 1948 zwar keine Bäume aus – er landete auf den Plätzen 14, 12 und 8 –, aber in der Saison 1947/48 stand de la Vigne mit 21 Treffern auf Platz 5 der Torjägerliste. Im Jahr darauf allerdings wurde Mannheim, wenn auch deutlich von den Offenbacher Kickers distanziert, Oberliga-Zweiter, was zur Teilnahme an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft berechtigte. Im Viertelfinale bezwang der möglicherweise unterschätzte VfR den Hamburger SV sensationell hoch mit 5:0; de la Vigne hatte den Torreigen eröffnet. Darin bewährte sich auch die offensive Ausrichtung, die Trainer Hans „Bumbes“ Schmidt seiner Mannschaft mit der einfachen Fußballweisheit näherbrachte: „Leute, nach vorn orientieren! Wenn der Ball in des Gegners Hälfte ist, dann kann bei uns kein Tor fallen“. Im Halbfinale bekam sein Team es mit den Offenbachern zu tun, gegen die man in der Oberliga zweimal remisiert hatte. Diesmal schoss der Linksaußen den letzten Treffer der Begegnung – und sein 2:1 bedeutete gleichzeitig den überraschenden Finaleinzug der Mannheimer Elf.
Auch gegen den Endspielgegner Borussia Dortmund galten die Nordbadener als klarer Außenseiter, obwohl Fußballinteressierte in ganz Deutschland inzwischen insbesondere auf die fünf Angreifer (neben de la Vigne stürmten Fritz Bolleyer, Ernst Langlotz, Ernst Löttke und Kurt Stiefvater), aber auch auf den Mittelläufer Kurt Keuerleber aufmerksam geworden waren. Mannheim hatte sich in einem dreitägigen Trainingslager, für das die meist berufstätigen Kicker Urlaub nehmen mussten, extra auf dieses Spiel vorbereitet. An einem brütend heißen Julisonntag – das Spiel ging als „Stuttgarter Hitzeschlacht“ in die Annalen ein – konnte der VfR zweimal die Dortmunder Führung egalisieren, so dass die 92.000 Zuschauer im Neckarstadion für ihr Eintrittsgeld noch eine 30-minütige Zugabe erhielten. De la Vigne führte in dieser enorm kräftezehrenden Partie auch dann noch vorbildlich Regie, als sich hüben wie drüben mancher Spieler immer häufiger bei den Wassereimern neben der Seitenlinie aufhielt; er selbst schoss zwar in diesen 120 Minuten kein Tor, aber Löttke erzielte in der 108. Minute den entscheidenden Treffer zum 3:2, so dass die Kurpfälzer anschließend auch noch den überdimensionierten Siegerkranz auf mehreren Ehrenrunden durch die Sonnenglut tragen mussten. Die Stadt Mannheim bereitete den Kickern einen triumphalen Empfang, und der VfR belohnte seine Endspielhelden mit einer Siegprämie von je 650 DM. Von den „Kanadiern“ standen außer „Bella“ und Langlotz auch noch Torhüter Hermann Jöckel, Verteidiger Philipp Henninger und Außenläufer Jakob Müller in der Meistermannschaft.

[Bearbeiten] Als „Tscheche Adamowski“ bei Racing Strasbourg

In der Spielzeit 1949/50 qualifizierte sich der VfR Mannheim erneut für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, und daran hatte de la Vigne mit 16 Treffern (Platz 4 der Torjägerliste) erneut großen Anteil, obwohl er vom Süddeutschen Fußballausschuss für vier Wochen gesperrt worden war – und zwar wegen „Wildspielens“: als Vertragsspieler durfte er zwar offiziell maximal 320 D-Mark brutto verdienen, aber als ihm der Mannheimer Ex-Frankreich-Profi Oskar Rohr anbot, für einen namhaften Betrag als Gastkicker bei Racing Strasbourg anzutreten, machte er sich auf die damals noch beschwerliche Reise über mehrere Grenzen – von der amerikanischen Besatzungszone durch die französische ins Saarland und von dort aus nach Frankreich. Anfang November 1949 spielte er in einer Freundschaftsbegegnung im Stade de la Meinau als „tschechischer Gastspieler Adamowski“ für die Elsässer gegen Lokomotive Zagreb. Die Geschichte flog auf – dazu war Rudolf de la Vigne, der deutsche Meister, schon zu bekannt –, und außer mit der Spielsperre bezahlte er den Ausflug auch noch mit 20 Mark Geldstrafe. Sein Verein vermittelte ihm daraufhin einen kleinen Kredit, mit dem er einen Tabakladen mit Lotto- und Wäschereiannahme in Q 1, also bester Mannheimer Innenstadtlage, erwerben und in dem man ihn die nächsten dreieinhalb Jahrzehnte auch persönlich antreffen konnte, wenn er nicht gerade in Sachen Fußball unterwegs war.

Ob ihn diese Eskapade möglicherweise auch Berufungen in die westdeutsche Nationalelf gekostet hat, ist schwer zu klären; als diese im November 1950 ihr erstes Nachkriegsländerspiel bestritt, war er immerhin schon fast 30 und die Position des Spielgestalters beim Bundestrainer Herberger ohnehin fest an Fritz Walter vergeben. Andererseits gehörte „Bella“ als einer von fünf Flügelstürmern – die anderen waren Blessing vom VfB Stuttgart, mit Herbert Erdmann der zweifache Dortmunder Torschütze des 1949er Endspiels, „Fiffi“ Gerritzen (VfB Oldenburg) und Berni Klodt (STV Horst-Emscher) – zu den 30 Spielern, die der „Bundessepp“ wenige Tage vor de la Vignes Elsassausflug zu einem Sichtungslehrgang berufen hatte und aus denen er eine neue Nationalmannschaft zu formen beabsichtigte. Insofern bleibt auch fraglich, ob seine spätere Vermutung, der Bundestrainer habe ihn persönlich nicht gemocht, mehr als nur ein subjektiver Eindruck ist.

[Bearbeiten] 1949/50: Erneute Endrundenteilnahme

In der Endrunde um die deutsche Meisterschaft im Sommer 1950 traf der VfR, obwohl nur Tabellenvierter – aus den Oberligen West und Süd qualifizierten sich in diesem Jahr je vier Mannschaften –, zunächst auf den Endspielgegner des Vorjahres; dank zweier Tore von de la Vigne fiel diesmal der Sieg über die Dortmunder Borussen (3:1) etwas leichter. In der Zwischenrunde allerdings brachte der Torwart der gegnerischen Preußen Dellbrück, der spätere Nationalkeeper Fritz Herkenrath, die Stürmer des Titelverteidigers wiederholt zur Verzweiflung, ließ nur den Anschlusstreffer zum 1:2 zu und verhinderte damit, dass im Halbfinale vier süddeutsche Oberligisten den Kuchen alleine unter sich verteilten.

[Bearbeiten] Die fünfziger Jahre

In den 1950ern konnten die Mannheimer diese Erfolge nicht mehr wiederholen – mehr als ein dritter Oberliga-Platz in der Saison 1955/56 sprang nicht mehr heraus –, und auch Rudolf de la Vigne, der in dieser Zeit nebenbei noch in der Tischtennisabteilung des VfR aktiv war, schoss nicht mehr ganz so viele Tore wie in seinen ersten Jahren; dafür waren nun neue Sturmkollegen wie Werner Basler und Ernst-Otto Meyer zuständig. Im Sommer 1959, mit fast 39 Jahren, beendete de la Vigne seine Karriere. Er hat in den gut 12 Jahren beim VfR Mannheim insgesamt 317 Oberligaspiele absolviert und dabei 121 Tore erzielt. Diese Zahlen machen ihn zum Rekordspieler und zum zweitbesten Schützen seiner Mannheimer in deren Oberligazeit; er steht außerdem nach Einsätzen auf Platz 16 und nach Treffern auf Platz 9 aller Fußballer, die je in der Oberliga Süd gespielt haben.

De la Vigne, der übrigens sehr abergläubisch war – nur wenn sein VfR vor dem gegnerischen Team im Stadion ankam, war er zuversichtlich, dass das Spiel gewonnen werden könne, und er hat seine Mitspieler mit dieser Marotte regelrecht verrückt gemacht, wie er in einem späteren Interview bekannte –, bestritt auch einige Auswahlspiele, die in jener Zeit noch große Zuschauermassen anzogen. So stürmte er beispielsweise am 18. Mai 1949, fünf Tage vor der Gründung der Bundesrepublik, für Baden beim Länderpokalspiel gegen Pfalz-Rheinhessen; an diesem Wettbewerb beteiligten sich letztmalig auch die Verbände der sowjetischen Besatzungszone. Und am 11. November 1950 spielte er, natürlich auf der Linksaußenposition, für die Südauswahl gegen den Südwesten.

[Bearbeiten] Leben nach der aktiven Zeit

De la Vigne, der zu der Generation gehört, der durch Nazismus und Krieg ein Teil ihrer Jugend gestohlen wurde, blieb dem Fußball auch anschließend verbunden: einige Jahre arbeitete er als Trainer, unter anderem für Phönix Ludwigshafen und die Sportfreunde Dossenheim. Außerdem spielte er gelegentlich noch mit der 1949er Traditionsmannschaft des VfR. Daneben führte er bis 1985 seinen Tabakladen in den „Quadraten“ weiter und setzte sich dann mit seiner Frau in Dossenheim an der Bergstraße zur Ruhe. Den Weg seines VfR, der ab 1963 nie wieder erstklassig spielte, hat er dennoch über viele Jahre engagiert verfolgt.

[Bearbeiten] Vereinsstationen als Spieler

  • Deutscher Sportverein Böhmisch-Leipa
  • Deutscher Sportclub Haida (vor 1938/39)
  • Warnsdorfer Fußballklub (1938/39)(1), dann evtl. auch noch Nationalsozialistische Turngemeinde Warnsdorf (1939/40)
  • Sportverein Munster (1946)(1)
  • Verein für Rasensport Mannheim (1946/47-1959)

(1) Diese Stationen werden nur bei Knieriem/Grüne erwähnt

[Bearbeiten] Literatur

  • 100 Jahre VfR Mannheim 1896–1996 (Jubiläumsschrift)
  • Lorenz Knieriem/Hardy Grüne: Spielerlexikon 1890-1963. AGON, Kassel o. J. (2006) ISBN 3-89784-148-2
  • Werner Skrentny: Kanadier in der „Hitzeschlacht“. In: Werner Skrentny (Hg.): Als Morlock noch den Mondschein traf. Die Geschichte der Oberliga Süd 1945-1963. Klartext, Essen 1993 ISBN 3-88474-055-5
  • G. Zeilinger: Triumph und Niedergang in Mannheims Fußballsport 1945-1970. Fußball-Archiv Mannheim 1995, ISBN 3-929295-14-8

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