Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Römische Militärlager - Wikipedia

Römische Militärlager

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Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Bedeutung

Castrum, lat. befestigter Ort, bezeichnet ein Stand- oder Feldlager der römischen Armee. Entlang der Grenzen (= Limites) des römischen Reiches sind viele Legionslager bekannt. Zahlreiche Städtegründungen gehen auf ehemalige römische Legionslager zurück.


[Bearbeiten] Zur Wortgeschichte

Die Verwandtschaft der Worte Castrum und Castellum wird am Liquidwechsel r/l deutlich. Eine diminutive Bedeutung des letzteren scheint sicher, auch wenn sie heute nicht mehr gegeben; insofern ist Kleinkastell ein Pleonasmus. Das dazugehörige Verbum ist castrare, unser deutsches beschneiden, kastrieren. Dies will erläutert sein. Derjenige, der einen Hengst zuerst beschnitt, also zum Wallach kastrierte, war der Dioskure Kastor, griech: κάστωρ, der (Hoden) Schneider, so der Mythos. Dazu benötigte er ein *kastrom, welches wohl, wie Walde vermutet, ein Schneidwerkzeug war, als auch einen Pferch, ein mit Palisaden oder Baumstämmen hoch umgrenzter Bereich, wo geschnitten wurde, aus welchem auch ein verwundeter und damit wilder Hengst nicht entweichen konnte, eben ein *Castrum im Unterschied etwa zum Cohors (Hortus), dem doch größeren Viehhof. So einen Beschneideort, Castrum, einen Pferch errichtete man in der Nähe des Wassers auf sumpfigem, weichem Boden aus zweierlei Gründen. Erstens lieferte der Biber (Castor fiber) dort die Stämme für die Pfähle, und zwar schon angespitzt, und zweitens lässt sich ein Pfahl (lat. palus) nur im Sumpf (lat. palus) gut in den Boden rammen um einen Palisadenzaun zu errichten. Auch war auf weichem Boden die Verletzungsgefahr für das geschnittene Tier, den Kastraten weit geringer. Es besteht die nicht unbegründete Vermutung, daß das Castrum der Ort ist, an welchen man zuerst die barbiturierende Wirkung des Bibergeiles (Castoreum) am geschnittenen Hengste erfuhr und nach similis similibus curantur auch einsetzte, denn Geschnittenes heilt Geschnittenes. Den Alten war zwar der Unterschied zwischen den Analdrüsen des Castor-Tieres und deren Hoden bekannt, jedoch spielte dieser Unterschied in Bezug auf damalige Praxis und Kur keine Rolle. So ist es vorstellbar, warum die röm. Soldaten ihrem befestigten, d. h. palisadenumbauten Lager den Namen des Beschneidepferches, eben Castrum, verliehen. Parallel zu diesem Geschehen ist vorstellbar, daß sich Castrum zu castrare wie lat. Templum zu griech. τέμνω - schneiden verhält.

[Bearbeiten] Zum Lager

Je nach Größe der Truppe wurden unterschiedliche Typen von Lagern errichtet. Alle Lagertypen basieren aber auf dem selben Grundprinzip.

Legionslager; die obere Seite ist dem Feind zugewandt 1 Principia 2 Via Praetoria 3 Via  Principalis 4 Porta Principalis Dextra (rechtes Tor) 5 Porta Praetoria (Haupttor) 6 Porta Principalis Sinistra (linkes tor) 7  Porta Decumana (Hintertor) Die Straße von der Porta Decumana bis zur Via Principalis ist die Via Decumana
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Legionslager; die obere Seite ist dem Feind zugewandt 1 Principia 2 Via Praetoria 3 Via Principalis 4 Porta Principalis Dextra (rechtes Tor) 5 Porta Praetoria (Haupttor) 6 Porta Principalis Sinistra (linkes tor) 7 Porta Decumana (Hintertor) Die Straße von der Porta Decumana bis zur Via Principalis ist die Via Decumana

[Bearbeiten] Kleinkastelle

Kleinkastelle hatten oft nur eine Größe von 300 m². In der Urform gab es nur ein Tor und einen Graben. Der Innenausbau war entweder U-förmig angeordnet oder bei zwei gegenüberliegenden Toren lagen die Mannschaftsbaracken links und rechts der Straße. Die Besatzungsstärke schwankte zwischen 12 und 80 Mann. Oft waren nicht militärische Gründe für die Anlage solcher Kleinkastelle, sondern eine Kontrollfunktion des Menschen- und Warenverkehrs an Eintrittsstellen in das Limesgebiet ausschlaggebend.

[Bearbeiten] Numeruskastelle

Bei einer Größe von 6.000 - 8.000 m² kamen hier etwa 150 Mann der Aufklärungseinheiten (Numeri) unter. Principia, Kommandantenwohnhaus, Mannschaftsunterkünfte fanden sich hier meist in der gleichen Lage wie beim Legionslager.

[Bearbeiten] Kohortenkastelle

Hier fand eine Kohorte mit etwa 480 Mann auf etwa 15.000 - 30.000 m² Platz.

[Bearbeiten] Alenkastelle

Die Reitertruppen der Alen bestanden aus bis zu 1.000 Mann, mit dem nötigen Platz für ihre Pferde wurden Größen bis zu 60.000 m² erreicht.

[Bearbeiten] Legionslager

Man muss bei den Legionslagern zwischen dem Marschlager und dem festen Lager unterscheiden.

[Bearbeiten] Allgemeines

Die römischen Legionslager waren stets nach dem gleichen Schema angelegt. Rechteckig mit zwei Hauptstraßen, der via principalis (3) und der via praetoria (2) in rechtem Winkel zueinander. An den Enden der Straßen befanden sich Tore

  • Porta Praetoria, das Haupttor (5)
  • porta decumana, das Hintertor (7)
  • porta principalis dextra (rechtes Tor der via principalis) (4)
  • porta principalis sinistra (linkes Tor der via principalis) (6)


Am Kreuzungspunkt der beiden Hauptstraßen, genannt locus gromae, nach dem Vermessungsinstrument groma, mit dem das Lager vermessen wurde, lag das Forum, der Versammlungsplatz und die principia (1), das Stabsgebäude. Meist leicht seitlich versetzt davon befand sich das praetorium, das Wohnhaus des Kommandeurs. Zwischen Wall und Unterkünften befand sich ein freier Raum, der zum Einen die Unterkünfte vor Beschuss schützte und zum Anderen als Verkehrsfläche diente (via sagularis).

Bei größeren Lagern mit 6 Toren wurde eine weitere Hauptstraße zwischen diesen Toren freigehalten, die via quintana. Alle weiteren Straßen wurden viae vicinariae genannt.

Von der rechteckigen Form wurde bei der Errichtung von Steinlagern abgewichen, um Geländeformationen auszunutzen. Insbesondere in der Spätantike wurden die Befestigungen stark ausgebaut, dazu wurden bevorzugt natürliche Höhen ausgenutzt.

Je nach Größe des Verbandes waren noch Lazarett, Magazine, Stallungen, Werkstätten, Thermen und Verwaltungsgebäude in den Lagern untergebracht.

[Bearbeiten] Marschlager

Außerhalb befriedeter Provinzen wurde jede Nacht ein Marschlager errichtet. Dieses war stets rechteckig mit abgerundeten Ecken. Hierzu wurde zunächst das Lager vermessen, danach ein Graben (fossa) von ca. 1 m Tiefe ausgehoben und die Erde nach innen aufgeschichtet, auf die Krone dieses ca. 60 cm hohen Erdwalls wurden die pila muralia, die jede Gruppe (contubernium) mitführte, befestigt und mit Seilen verbunden, so dass eine ca. 100–120 cm hohe Palisade entstand. Die Außenseite des Walls wurde nach Möglichkeit durch Rasenziegel abgedeckt.

Die Größenangaben sind nur Durchschnittswerte, die tatsächlichen Werte hingen sehr von der Bodenbeschaffenheit und der zur Verfügung stehenden Zeit und Mannschaft ab. Je größer das Lager, desto kleiner die auf jeden Legionär entfallende Schanzarbeit. So musste bei der Errichtung eines Doppellegionslagers jeder Soldat ca. 25 cm Graben und Wall schanzen, bei einem Kohortenlager bereits ca. 1,2 m und im Falle eines Centurionenkastells bereits über 2 m. Natürlich schanzte nicht jeder Soldat, ein Teil schanzte, der Rest arbeitete an der Errichtung der Zelte/Gebäude.

Stand genügend Zeit zur Verfügung, so wurde erheblich stärker geschanzt, so konnte der Graben, auch eines Marschlager, eine Tiefe von 3 m und eine Breite von bis zu 7 m erreichen. Der Wall wurde entsprechend auf eine Höhe von 2–3 m aufgeschüttet.

Bei einem Marschlager waren die Tore einfache Unterbrechungen im Wall, die von vorgesetzten Wällen geschützt wurden, diese vorgesetzten Wallstücke konnten auch mehrfach gestaffelt sein und auch auf der Innenseite des Hauptwalls ergänzt werden. Wurde das Lager permanent genutzt, so wurden richtige Torflügel, die von Türmen geschützt wurden, errichtet, auch wurde dann die Palisade durchgängig aus Holz errichtet und die Wallkrone zu einem echten Wehrgang ausgebaut.

[Bearbeiten] Standlager

Die Porta Praetoria des Kastell Welzheim am Limes
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Die Porta Praetoria des Kastell Welzheim am Limes
Rekonstruiertes Tor eines römischen Lagers in England
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Rekonstruiertes Tor eines römischen Lagers in England
Modell des Römischen Lagers in Bonn
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Modell des Römischen Lagers in Bonn
Rekonstruierte Gebäude eines römischen Lagers in England
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Rekonstruierte Gebäude eines römischen Lagers in England

Das Standlager wurde für den dauerhaften Gebrauch errichtet und somit fand wesentlich mehr Stein Verwendung, auch wurde Wert auf repräsentative Gestaltung der Stabsgebäude gelegt. Die Marschlager der Legionslager dienten als Modell für die Kastelle der am Limes eingesetzten Einheiten im allerdings stark verkleinerten Maßstab. Ihre grundsätzliche Gliederung entspricht der oben bereits erläuterten Bauweise.

[Bearbeiten] Stabsgebäude (Principia)

Die Stabsgebäude beim Forum wurden grundsätzlich in Stein errichtet, neben dem Stab mit Schreibstuben (tabularia) und den Diensträumen des Kommandeurs befand sich das Fahnenheiligtum (aedes) in dem der Legionsadler aufbewahrt wurde sowie die Waffenkammer (armamentaria). Im Keller wurde die Legionskasse gelagert. Die beiden Hauptstraßen des Lagers bildeten hier ihren Schnittpunkt, die via praetoria führte direkt zum Eingang des Gebäudes. In der großen Halle (basilica) wurden bei schlechtem Wetter Appelle und Übungen abgehalten. Bei einem Doppellegionslager wurden zwei Heiligtümer gebaut. Seitlich versetzt neben den Amtsgebäuden befanden sich die Wohngebäude des Kommandeurs und des Stabes.

[Bearbeiten] Wohnhaus des Kommandanten (Praetorium)

Das Praetorium war meist mit allem Luxus eines Stadthauses der römischen Oberschicht – aus der sich die Kommandanten rekrutierten – ausgestattet. Lieferungen von Luxusgütern aus der Umgebung aber auch aus dem ganzen Reich ermöglichten ein Leben wie in Rom.

[Bearbeiten] Truppenunterkunft

In den Unterkünften wurde die organisatorische Gliederung der Legion beibehalten. Jede Gruppe (contubernium, Zeltgemeinschaft) hatte einen Schlafraum, der über eine Feuerstelle verfügt und einen Vorraum für die Ausrüstung und evtl. vorhandenes unfreies Personal. Teilweise befand sich vor diesen zwei Räumen noch ein Laubengang. Die 10 Räume der Centurie waren in einer Reihe angeordnet. Am Kopfende befand sich die Unterkunft des Centurios, des Optios und der weiteren Dienstgrade. Das Platzverhältnis von einfachen Soldaten zu Centurio betrug dabei ca. 1:10–1:12.

[Bearbeiten] Versorgung

Ein Standlager der Legion umfasste neben den obigen Gebäuden noch Stallungen, Lazarett (Valetudinarium), Thermen und Latrinen, Werkstätten, Magazine. Dabei wurden Lebensmittel für bis zu zwei Jahren in den Magazinen des Lagers bevorratet. (bspw. in Novaesium, dem heutigen Neuss) Diese Magazine waren sehr sorgfältig ausgeführt, die Getreidespeicher (Horreum) wurden auf Pfeilern erbaut und besaßen so eine Belüftung vom Boden her und durchgehende Gaden im Dach. Gelagerte Waren blieben so lange trocken und verdarben nicht.

Neben den Metallwerkstätten gab es teilweise regelrechte Bauhöfe im oder am Lager, da die Legion auch für viele Bauaufgaben in ihrem Bereich zuständig war. So tragen sehr viele Ziegel, auch außerhalb militärischer Bauten, Legionsstempel.

[Bearbeiten] Lagerumfeld

Um ein Standlager bildete sich rasch eine Siedlung von zivilen Begleitpersonal der Legion, das reichte von Werkstätten, Händlern, Wirtschaften bis zu den Lebensgefährtinnen der offiziell unverheirateten Legionäre.

Diese Siedlung (canabae) bildete zusammen mit dem eigentlichen Lager die Keimzelle zur Romanisierung der jeweiligen Provinz, wobei die Romanisierung in unmittelbarer Grenznähe, durch die größere Zahl von Militärlagern, meist stärker oder schneller war als im Hinterland. Teilweise bildete sich, etwa bei den Batavern am Niederrhein eine eigene Militärkaste heraus, die über mehrere Jahrhunderte die jeweilige Legion oder auch das gesamte Heer ergänzte.

Weiterhin befand sich auch der Friedhof außerhalb des Lagers.

Aus römischen Lagern entstanden oftmals die heutigen Städte, bspw:

Siehe auch: Römisches Reich · Römische Legion

[Bearbeiten] Literatur

  • Anne Johnson: Römische Kastelle. Zabern, Mainz 1987.
  • Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus. Zabern, Mainz 1986

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Legionslager – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

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