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Priesterbruderschaft St. Pius X.

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Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX, von lat.: Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X.) sieht sich als eine „Priestervereinigung mit Gemeinschaftsleben ohne Gelübde“ der Römisch-Katholischen Kirche, besitzt allerdings keine Anerkennung durch die Kirche. Die FSSPX lehnt die Ökumene, die Religionsfreiheit, die Kollegialität der Bischöfe und die Liturgiereform der Römisch-Katholischen Kirche im 20. Jahrhundert ab. Sie entstand unter der Führung des 1988 exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre. Seit 1994 wird die Bruderschaft vom exkommunizierten Bischof Bernard Fellay geleitet. Der Bruderschaft gehören z. Zt. nach eigenen Angaben[1] 472 Priester an.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Gründung, Zielsetzung und Entwicklung

Die FSSPX sieht ihr Ziel in der Erneuerung des Priestertums und betreibt ohne Erlaubnis Roms und der Kirchenführung auf diözesaner Ebene Priesterseminare. Weiterhin betreibt sie Priorate und Kapellen. Theologisch nimmt sie einen traditionalistischen Standpunkt ein und lehnt einige Punkte des Zweiten Vatikanischen Konzils - wie die Ökumene, die Religionsfreiheit, die Kollegialität der Bischöfe und die Liturgiereform im Anschluss an das Konzil ab, weil sie sie für mit der katholischen Lehre unvereinbar ansieht.

Die Priesterbruderschaft wurde 1970 vom Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil trat dieser zunehmend in Opposition zu Entwicklungen innerhalb der Römisch-Katholischen Kirche und gab nach und nach die Ämter auf, die er in der Kirche innehatte. Kurz nach seinem Rücktritt als Generalober der Väter vom Heiligen Geist wurde Lefebvre von Seminaristen des Französischen Seminars in Rom angesprochen, die sich wegen ihres Festhaltens an traditionellen Glaubensvorstellungen und Doktrinen verfolgt sahen. Diese suchten ein konservatives Seminar, um ihre Studien zu beenden. Lefebvre verwies sie an die Universität Freiburg in der Schweiz.

Nachdem Lefebvre gebeten worden war, diese Seminaristen persönlich zu unterrichten, wandte er sich an den Diözesanbischof von Lausanne, Genf und Freiburg, François Charrière, der die Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX) als pia unio genehmigte, einen vorläufigen Status in Richtung eines offiziell anerkannten religiösen Institutes oder einer Gemeinschaft apostolischen Lebens. François Charrière genehmigte den pia-unio-Status zunächst für sechs Jahre ad experimentum. Kardinal Wright, Präfekt der Kongregation für den Klerus, sandte ein Schreiben, in dem er Erzbischof Lefebvre zur Gründung der Bruderschaft gratulierte.

Als Spannungen zwischen Erzbischof Lefebvre und verschiedenen europäischen, insbesondere französischen Bischöfen entstanden und mit der Zeit größer wurden, berief Papst Paul VI. eine Kommission ein, die den Auftrag erhielt, die Angelegenheit zu untersuchen. In der Folge veröffentlichte Lefebvre am 21. November 1974 eine "Grundsatzerklärung", in der er schrieb, die FSSPX „lehne es ab, und habe es immer abgelehnt, dem Rom der neo-modernistischen und neo-protestantischen Tendenz zu folgen“.[2]

Am 24. Januar 1975 schrieb Bischof Mamie, der Nachfolger von Bischof Charrière, an die Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und für die Gemeinschaften des apostolischen Lebens, dass er nach der sorgfältigen Studie der Erklärung Mgr. Lefebvres die traurige, aber dringliche Notwendigkeit sehe, der FSSPX die von seinem Vorgänger gewährte Anerkennung wieder zu entziehen. Kardinal Tabera, Präfekt der Kongregation, antwortet am 25. April: In dem Schreiben drängt er Bischof Mamie dazu, der FSSPX die Anerkennung mit sofortiger Wirkung zu entziehen. Bischof Mamie informierte Erzbischof Lefebvre am 6. Mai in diesem Sinne.

Weiterhin teilte die von Papst Paul VI. einberufene Kardinalskommission, die aus Kardinal Garrone, Kardinal Wright und Kardinal Tabera bestand, mit, dass mit der Zustimmung von Papst Paul VI. folgende Entscheidungen getroffen wurde:

  • Es wurde die Entscheidung getroffen, einen Brief an Bischof Mamie zu senden, der diesem das Recht bescheinigt, der Bruderschaft die von seinem Vorgänger gewährte Anerkennung zu entziehen. Dieser Brief wurde von Kardinal Tabera an Mgr. Mamie gesandt. Durch den Entzug der Anerkennung fehlt der Bruderschaft eine juristische Basis und insbesondere das Seminar in Ecône verliert sein Existenzrecht.
  • Lefebvre wird keinerlei Unterstützung erhalten, solange die Erklärung vom 21. November Basis seiner Arbeit bleibt.

Lefebvre akzeptierte weder die Entscheidung der Kardinalskommission noch die Maßnahmen von Bischof Mamie. Er begründete dies gegenüber der Apostolischen Signatur damit, dass

  • Verfahrensfehler gemacht worden seien,
  • die Kardinalskommission nicht befähigt dazu gewesen sei, seine Erklärung zu beurteilen,
  • dass seine Erklärung eine persönliche Erklärung gewesen sei und es deshalb nicht angehe, dass aufgrund dieser Erklärung die FSSPX und das Priesterseminar der FSSPX aufgelöst würden.

Der Rekurs von Erzbischof Lefebvre wurde von der Apostolischen Signatur am 10. Juni 1975 abgelehnt, da die Entscheidung der Kardinalskommission von Papst Paul VI. in forma specifica befürwortet worden war. Dieses wurde von Papst Paul VI. in einem persönlichen Brief an Erzbischof Lefebvre bestätigt. Aus Sicht der Kirche existierte ab diesem Zeitpunkt die FSSPX nicht mehr als offiziell anerkannte Organisation innerhalb der römisch-katholischen Kirche.

Trotz der Auflösung der FSSFX durch die Kirche setzte sie ihre Arbeit fort. Lefebvre ignorierte sowohl die Weisungen des Diözesanbischofs als auch die Weisungen Roms. In der Concistoro vom 24. Mai 1976 kritisierte Papst Paul VI. Erzbischof Lefebvre öffentlich und appellierte an Lefrebvre und seine Anhänger, sich zu besinnen.[3]

Am 29. Juni 1976 weihte Lefebvre FSSPX-Seminaristen zu Priestern, obwohl er zwei Briefe von Erzbischof (später Kardinal) Giovanni Benelli, Substitut des vatikanischen Staatssekretariats, erhalten hatte, die ihm verboten, die Weihe durchzuführen. In der Predigt anlässlich dieser Priesterweihe bekundete Lefebvre:[4] „Wir befinden uns in einer wahrhaft dramatischen Situation. Wir müssen uns entscheiden. Es geht um einen sozusagen scheinbaren Gehorsam, denn der Heilige Vater kann von uns nicht mit Recht verlangen, unseren Glauben aufzugeben. Unmöglich! Unmöglich können wir unseren Glauben aufgeben! Wir entscheiden uns dafür, unseren Glauben nicht aufzugeben, denn darin können wir uns nicht täuschen.“ Lefrebvre wurde am gleichen Tag suspendiert a collatione ordinum, ihm war es also von nun an nicht mehr möglich, rechtmäßig Priesterweihen durchzuführen. Eine Woche später wurde Lefebvre von Kardinal Sebastiano Baggio, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe, aufgefordert, sich wegen der trotz des Verbotes durchgeführten Priesterweihen beim Papst zu entschuldigen. In seinem Antwortschreiben forderte Lefebvre Papst Paul VI. auf, „die richtige Auffassung der verfälschten Ideen wiederherstellen, die zu Idolen des modernen Menschen geworden sind: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Demokratie.“[5] Der Papst solle das „unglückselige Unternehmen eines Kompromisses mit den Ideen des modernen Menschen aufgeben“, das vor dem Konzil mit einem geheimen Abkommen zwischen hohen kirchlichen Würdenträgern und den Freimaurern seinen Anfang gefunden hätte (vermutlich meinte er die Lichtenauer Erklärung[6]). Er weigerte sich, sich beim Papst zu entschuldigen, und wurde in Folge suspendiert a divinis. Ihm wurden damit alle Vollmachten seines Priester- und Bischofsamtes entzogen.

Lefebvre blieb weiterhin an der Spitze der FSSPX. Die FSSPX eröffnete - ohne die Genehmigung der jeweiligen Diözesanbischofe - Kapellen in verschiedenen Diözesen rund um den Globus sowie mehrere Priesterseminare. Auch wurden von der Bruderschaft weitere ungenehmigte Priesterweihen durchgeführt. Die FSSPX geht davon aus, dass Rom eine häretische Mentalität habe (Gegensatz zum Sedisvakantismus, der von einem förmlichen Glaubensabfall ausgeht) und leitet daher ein Recht zum Ungehorsam gegenüber Rom und der Kirchenführung auf diözesaner Ebene ab.

[Bearbeiten] Die Bischofsweihen von 1988

In der römisch-katholischen Kirche erfordern Bischofsweihen einen päpstlichem Auftrag. Papst Pius XII. beschrieb in der Enzyklika Ad Apostolorum Principis das Wirken von Bischöfen, die ohne die Genehmigung des Papstes geweiht wurden, als kriminell und als Sakrileg.[7].

Im Jahr 1987 verkündete der 81-jährige Lefebvre seine Absicht, einen Nachfolger zum Bischof zu weihen. Er stellte klar, dass er beabsichtige, die Weihe mit oder ohne Erlaubnis des Heiligen Stuhls durchzuführen. Der Stuhl Petri und die amtlichen Stellen in Rom seien von antichristlichen Kräften besetzt. Da das modernistische und liberale Rom sein Werk der Zerstörung der Herrschaft Jesu weiterverfolge, sehe er sich gezwungen, die Gnade des katholischen Bischofsamtes weiterzugeben, damit die Kirche und das katholische Priestertum fortfahre zu bestehen und um die Fortdauer des wahren Opfers gemäß der Definition des Konzils von Trient zu gewährleisten [8]. Rom missbilligte den Plan, begann aber mit Verhandlungen, die am 5. Mai 1988 zur Unterzeichnung eines Protokolls führten [9].

Im ersten Teil, der doktrinalen Charakter hat,

  • verspricht Erzbischof Lefebvre als Vertreter der Priesterbruderschaft St. Pius X. der katholischen Kirche sowie dem Papst und seinem Primat als Oberhaupt der Gesamtheit der Bischöfe immer treu zu sein
  • erklärt, die in Sektion 25 der von Papst Paul VI. promulgierten Dogmatischen Konstitution über die Kirche (Lumen Gentium) enthaltene Lehre über das kirchliche Lehramt und die ihm geschuldete Zustimmung anzunehmen
  • verpflichtet sich, hinsichtlich vom Zweiten Vatikanischen Konzil gelehrten Punkte und nach dem Konzil erfolgten Reformen der Liturgie und des Kultes, bei deren Studium und einem Vorbringen beim Heiligen Stuhl eine positive Haltung einzunehmen und jede Polemik zu vermeiden.
  • erklärt, die Gültigkeit des Messopfers und der Sakramente anzuerkennen, die in den von den Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. promulgierten offiziellen Ausgaben des römischen Messbuches und den Ritualen für die Sakramente enthalten sind.
  • und verspricht, die allgemeine Disziplin der Kirche und die kirchlichen Gesetze zu achten, insbesondere die Gesetze des von Papst Johannes Paul II. promulgierten Kirchlichen Gesetzbuches.

Der zweite (juristische) Teil des Dokumentes, sah vor dass

  • die Priesterbruderschaft eine Gesellschaft Apostolischen Lebens wird
  • Erzbischof Lefebvre oder ein von ihm gebilligter anderer Bischof autorisiert werden, FSSPX Seminaristen zu Priestern zu weihen
  • dem Papst aus praktischen und psychologischen Gründen vorgeschlagen wird, im Rahmen der doktrinalen und kanonistischen Lösung der Wiederversöhnung einen Priester der Bruderschaft zum Bischof zu ernennen, der dann in Zukunft die Aufgabe übernimmt, innerhalb der FSSPX Priesterweihen vorzunehmen
  • eine Kommission für die Koordinierung der Beziehungen zwischen der FSSPX den verschiedenen Dikasterien und Diözesanbischöfen sowie für die Lösung eventueller Probleme und Streitsachen eingesetzt wird
  • die suspensio a divinis von Erzbischof Marcel Lefebvre aufgehoben wird
  • es zu einer „Amnestie“ und einer Genehmigung für die Häuser und Kultstätten, die die Bruderschaft ohne Autorisierung der zuständigen Bischöfe errichtet und benutzt hatte, kommt.

Das Dokument wurde von Erzbischof Lefebvre und Kardinal Joseph Ratzinger unterzeichnet und an Papst Johannes Paul II. mit der Bitte um Zustimmung gesandt. Allerdings kam Lefebvre bald zur Überzeugung, er sei in eine Falle gelockt worden. Schon am nächsten Tag verkündete er, sein Gewissen würde ihn dazu verpflichten, am 30. Juni einen Nachfolger zum Bischof zu weihen, mit oder ohne päpstliche Erlaubnis.

Am 24. Mai wurde Erzbischof Lefebvre versprochen, dass der Papst einen Priester aus den Reihen der Bruderschaft zum Bischof ernennen würde. Die Weihe würde am 15. August stattfinden. Im Gegenzug müsse Erzbischof Lefebvre auf der Basis des am 5. Mai von ihm unterzeichneten Protokolls um Aussöhnung mit dem Papst bitten.

Erzbischof Lefebvre stellte nun drei Bedingungen:

  • die Weihe müsste am 30. Juni stattfinden
  • nicht einer, sondern drei Bischöfe müssten geweiht werden
  • die Mehrheit der einzusetzenden Kommission müsse aus Mitgliedern der Bruderschaft bestehen.

Auf Anweisung von Papst Johannes Paul II. schrieb Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., Erzbischof Lefebvre am 30. Mai 1988, dass der Heilige Stuhl die von ihm gestellten Bedingungen als inakzeptabel ansehe.

Am 3. Juni 1988 antwortete Lefebvre aus Ecône, er würde am 30. Juni die von ihm geplanten Bischofsweihen auch ohne Erlaubnis durchführen.

Papst Johannes Paul II. schrieb am 9. Juni 1988 einen persönlichen Brief an Lefebvre, in dem er ihn an die von ihm am 5. Mai unterzeichnete Vereinbarung erinnert und an ihn appelliert, nicht mit seinem Plan fortzufahren, der als nichts anderes als ein schismatischer Akt gesehen würde, und dessen theologischen und kanonischen Konsequenzen Lefebvre kenne. Als Lefebvre auf diesen Brief nicht antwortete, wurde der Brief am 16. Juni 1988 öffentlich gemacht. Auch ein später Vermittlungsversuch des frz. Philosophen Jean Guitton scheiterte.

Am 30. Juni 1988 weihte Erzbischof Lefebvre, assistiert vom emeritierten Bischof von Campos (Brasilien), Antonio de Castro Mayer, nicht wie bereits von ihm angekündigt drei, sondern vier FSSPX-Priester (Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Galarreta) unerlaubt zum Bischof. In der Predigt anlässlich der Bischofsweihen begründete Lefebvre den Abbruch der Verhandlungen mit Rom:[10]

„Was ist die Wahrheit für diese Menschen? Es ist die Wahrheit des Zweiten Vatikanischen Konzils, dieser konziliaren Kirche. Folglich ist für den Vatikan die heute einzige existierende Wahrheit, die konziliare Wahrheit, die Wahrheit des ‚Geistes des Konzils‘. Es ist der Geist von Assisi. Das ist heute ‚die Wahrheit‘. Diese Wahrheit wollen wir nicht, um alles in der Welt! Der feste Willen der gegenwärtigen römischen Behörden ist, die Tradition zu vernichten und alle in diesen Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils hineinzuziehen, in diesen Geist von Assisi. Darum haben wir es vorgezogen, uns zurückzuziehen. Diesem Geist konnten wir nicht zustimmen, das war unmöglich. Für uns war es nicht möglich, sich einer solchen Obrigkeit zu unterwerfen. Wir hätten der Amtsgewalt von Kardinal Ratzinger, des Präsidenten dieser römischen Kommission, die uns hätte leiten sollen, unterstanden. Wir wären ihm ausgeliefert gewesen. Wir wären in die Hände der Personen gefallen, die uns dem Geist des Konzils und dem Geist von Assisi unterwerfen wollen. Das ist unmöglich!“

Als Reaktion auf die unerlaubten Bischofsweihen erließ die Kongregation für die Bischöfe am 1. Juli 1988 ein Dekret[11], in dem Lefebvre als exkommuniziert erklärt wird. Am folgenden Tag bestätigte Papst Johannes Paul II. dieses Dekret mit dem Apostolischen Brief Ecclesia Dei. Der Vollzug illegitimer Bischofsweihen durch Lefebvre im Ungehorsam gegenüber dem Papst sei ein schismatischer Akt (Vgl. Codex des Kanonischen Rechtes, Canon 1382). Papst Johannes Paul II. forderte alle Katholiken, die bisher in irgendeiner Weise mit der FSSPX in Verbindung standen, auf, diese nicht weiter zu unterstützen.

[Bearbeiten] Gegenbewegung

Einige Priester verließen unmittelbar nach den unerlaubten Bischofsweihen die FSSPX. Sie gründeten noch 1988 die päpstlich anerkannte Priesterbruderschaft St. Petrus. Hinsichtlich ihres theologischen Standpunkts unterscheidet sie sich in mehreren Punkten, insbesondere werden alle Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils anerkannt, unter anderem auch die Ergebnisse der Liturgiereform.

[Bearbeiten] Die FSSPX heute

Die FSSPX betreibt Priesterseminare in Ecône (Schweiz), Zaitzkofen (Deutschland), Flavigny (Frankreich), Goulburn (Australien), Winona (USA) und La Reja (Argentinien). Es wurde 2002 in der Ukraine eine Parallel-Priesterbruderschaft mit dem Namen Priesterbruderschaft St. Josaphat mit dem Ziel der „Bekehrung des schismatischen Ostens zur Anerkennung des Papstes und der traditionellen katholischen Lehre“ errichtet. Die FSSPX ist weltweit tätig: Neben Europa (Frankreich, Deutschland, Österreich, Polen und andere) ist sie in Nord- und Südamerika, Asien, Australien und Afrika vertreten. Im Jahr 2006 gehören zirka 472 Priester, 75 Brüder, 115 Schwestern und 70 Oblatinnen der Priesterbruderschaft an. Weltweit besitzt die Bruderschaft 175 Priorate und Kapellen und betreut zirka 75 Schulen, drei Universitäten und vier Altersheime. In Deutschland betreibt sie etwa 42 Priorate und Kapellen, drei Schulen, ein Seminar, ein Kloster, ein Schwesternnoviziat und ein Altenheim.

Die Bruderschaft sieht insbesondere die von ihr betreuten Schulen, die „nicht nur Wissen vermitteln, sondern ebenso auf die Erziehung und Charakterbildung der Schüler Wert legen“ als „große Hoffnungsträger für die Zukunft“. Im Mitteilungsblatt der FSSPX vom Juli 2005 ist zu lesen, der „katholische Lehrer“ müsse die „Hauptirrlehren unserer Zeit“ erklären, allerdings müsse dabei vermieden werden, diese „zu loben“ oder sie gar „anzunehmen“. Schüler müssten sich mit Luther, Descartes, Hume, Kant, Hegel und Sartre in der Weise beschäftigen, wie sich Medizinstudenten mit Krankheiten beschäftigen: mit dem Ziel, diese Krankheiten dann bekämpfen zu können.

In Deutschland begann die FSSPX Mitte der 1990er eigene Privatschulen zu gründen. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. führt unter anderem das Don-Bosco-Gymnasium in Wadersloh, Diestedde mit angeschlossenem Jungeninternat, sowie in der Nähe von Bonn das St.-Theresien-Gymnasium mit Mädcheninternat. Kritiker der FSSPX bemängeln, die völlig weltfremde Erziehung sei den Schülern in ihrem weiteren Leben von großem Nachteil. Im Internat ist es beispielsweise nicht gestattet, Handys, Radios oder MP3-Player zu besitzen. Es gibt Aufenthaltsräume, in denen die Schüler klassische Musik hören dürfen, Pop-Musik und Rock-Musik seien unerwünscht.

Nachdem die Mutter eines ehemaligen Schülers Anzeige erstattete, ermittelte die Staatsanwaltschaft von April 2005 bis Juni 2006 gegen die Lehrer und die Leitung der Herz-Jesu-Schule in Saarbrücken wegen Misshandlungen von Schülern. Es kam zu Anklagen und Strafbefehlsanträgen wegen Körperverletzung, Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung.[12] Im März 2006 wurde der Erweiterten Realschule vom saarländischen Kultusministerium zunächst mit Wirkung zum 1. August die Betriebsgenehmigung entzogen, das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes erlaubte allerdings am 7. August den vorläufigen Weiterbetrieb unter Auflagen.[13]

In den Diözesen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz wird der Bruderschaft die Nutzung von Kirchengebäuden der Römisch-Katholischen Kirche nicht gestattet, auch nicht für Beerdigungen, Taufen und Eheschließungen sowie die Nutzung von Wallfahrtskirchen. In Frankreich wurden der FSSPX 2005 je einmal in Lisieux und in Lourdes Hochämter in Kirchengebäuden der Römisch-Katholischen Kirche gestattet.

Unregelmäßig stattfindende Gespräche zwischen Rom, derzeit vertreten durch den Präsidenten der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, Kardinal Darío Castrillón Hoyos, und der Priesterbruderschaft führten bisher zu keinen wesentlichen Ergebnissen.

Im Sommer 2005 fanden erstmals nach 17 Jahren Gespräche zwischen dem Heiligen Stuhl und Vertretern der Priesterbruderschaft Pius X statt: Papst Benedikt XVI empfing Bischof Bernard Fellay und den 1. Assistenten der Bruderschaft Franz Schmidberger. Das Gespräch verlief in freundlicher Atmosphäre, blieb jedoch ohne konkretes Ergebnis.

Im Umfeld des 1. Konsistoriums von Papst Benedikt XVI. am 24. März 2006 wurden verstärkte Bestrebungen bekannt, den Anhängern der Bruderschaft eine vollkommenere Gemeinschaft mit der Römischen Kirche zu ermöglichen. Maßgebliche Beobachter schätzen die Erfolgsaussichten eher gering ein, da die heutigen Repräsentanten der FSSPX mehr als ein Entgegenkommen bezüglich der Liturgischen Frage fordern. In den Medien verlautete, der Generalobere der FSSPX, Bischof Bernard Fellay, habe kurz nach seiner Audienz beim gegenwärtigem Papst diesem eine mit Korrekturanmerkungen versehene Fassung des Kompendiums des Katechismus' der Katholischen Kirche zukommen lassen. Die Anmerkungen konzentrierten sich dabei auf Fragen der katholischen Staatsdoktrin, der Religionsfreiheit und dem Ökumenismus.

Am 2. April 2006 erklärte der Generaloberer der FSSPX in einer Predigt:[14]

„Er [Papst Benedikt XVI.] betonte: ‚Sie müssen das Konzil annehmen, aber natürlich das im Licht der lebendigen Tradition ausgelegte Konzil!‘ (...) Wenn er von Tradition spricht, so versteht er darunter das aktuelle Lehramt, welches die Vergangenheit wieder überarbeitet, neu interpretiert und sie uns lehrt. Das ist die lebendige Tradition. Andersgesagt: Die lebendige Tradition, das ist Benedikt XVI. Also ist das im Licht der lebendigen Tradition interpretierte Konzil jenes Konzil, so wie es der jetzige Papst versteht. Natürlich stimmt das nicht mit dem überein, was wir meinen. (...) Ebenso verurteilt er jene, die im Konzil einen Bruch sehen. (...) Da erklärt er uns, der moderne Staat habe sich seit dem 19. Jahrhundert, wo er von der Kirche verurteilt wurde, verändert. Heute sei der moderne Staat besser, versöhnlicher, weniger radikal und folglich musste die Kirche auf dem Konzil bezüglich des Verhältnisses zum Staat eine neue Haltung einnehmen. Und indem sich die Kirche eines der fundamentalen Prinzipien des modernen Staates zu eigen machte, nämlich die Neutralität, die Unparteilichkeit allen Religionen gegenüber, konnte die Kirche ihr (eigentliches) Erbe wiederfinden. (...) Anders ausgedrückt erklärt der Papst, 1700 Jahre der Kirchengeschichte sei außerhalb der Lehre Unseres Herrn abgelaufen; die Kirche habe während 1700 Jahren ihr Erbe verloren und jetzt wiederentdeckt, indem sie auf den katholischen Staat verzichtet. Wenn das kein Bruch sein soll, was ist es dann? (...) Er betont, dass die Kirche eine neue Haltung in ihren Beziehungen mit dem Judentum einnehmen muss. Die Juden lehnen die Gottheit Unseres Herrn Jesus Christus ab. Man fragt sich, was dies bedeuten soll, eine neue Haltung jenen gegenüber zu haben, die Unseren Herrn ablehnen. Das Evangelium sagt sehr deutlich: ‚Wer den Sohn nicht hat, hat auch den Vater nicht.‘ (...) Man fragt sich wirklich, warum es eine neue Haltung braucht. Das ist äußerst schlimm. (...) Wenn man dies alles betrachtet, so ist man sehr wohl verpflichtet, sich zu fragen: Welches Übereinkommen ist dann überhaupt möglich? Es ist sehr einfach, meine lieben Brüder. Solange Rom in einer solchen Position verharrt, ist kein Übereinkommen möglich.“

Ebenfalls im April 2006 erklärte der FSSPX-Bischof Tissier de Mallerais, in einem Interview[15], das von Papst Benedikt XVI. 1968 als noch junger Theologe veröffentlichte Buch Einführung in das Christentum sei „ein Buch voller Häresien“. Die im Buch vertretenen Positionen seien „schlimmer als Luther, viel schlimmer“. Weiterhin erklärte er: „Sie können Vatikanum II nicht als ein katholisches Werk lesen. Es basiert auf der Philosophie des Immanuel Kant. (...) Ich werde sagen, eines Tages sollte die Kirche dieses Konzil tilgen. Sie wird nicht mehr von ihm reden. Sie muß es vergessen. Die Kirche wird weise daran tun, dieses Konzil zu vergessen.“

[Bearbeiten] Kirchenrechtlicher Status der FSSPX

Die FSSPX besitzt keine Anerkennung durch die römisch-katholische Kirche. Der heilige Stuhl sieht die FSSPX zwar nicht als schismatische Kirche an, beurteilt aber das Verhalten verschiedener Mitglieder der Bruderschaft als schismatisch.

Die vier FSSPX-Bischöfe sind gültig geweiht, aber exkommuniziert.[16] Die Priester der Bruderschaft sind gültig geweiht, aber aufgrund der fehlenden Inkardination suspendiert (Can. 265 Codex Iuris Canonici).[17]

Der heilige Stuhl sieht die Messen der Bruderschaft zwar als gültig an, rät aber vom Besuch von FSSPX-Messen ab und betrachtet den Besuch dieser, als moralisch unerlaubt (morally illicit). Die Kommission Ecclesia Dei sieht die Gefahr, dass Gläubige, die solche Messen besuchen, sich langfristig von der katholischen Kirche und vom Papst trennen.[18] Auf die schriftliche Anfrage, ob ein Katholik mit dem Besuch einer FSSPX-Messe die Sonntagspflicht erfüllen könne, antwortete Msgr. Camille Perl, damaliger Sekretär der päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, im September 2002, dies sei im engeren Sinne (in the strict sense) möglich. Die Frage, ob eine Spende bei der Kollekte eine Sünde sei, verneinte er und antwortete, dass eine moderate Spende vertretbar sei. Ferner teilte er mit, dass, wie bereits in einem früheren Schreiben dargelegt, der Besuch von FSSPX-Messen nicht empfohlen werden könne.[19]

Nach Can. 1108 Codex Iuris Canonici (cic) gilt, dass nur jene Ehen gültig sind, die unter Assistenz des Ortsordinarius oder des Ortspfarrers oder eines von einem der beiden delegierten Priesters oder Diakons geschlossen werden. Nach Can. 1160 cic müssten deshalb durch die FSSPX geschlossene Ehen, um aus Sicht der römisch-katholischen Kirche Gültigkeit zu erlangen, von neuem in der kanonischen Form geschlossen werden. Als sich der Heilige Stuhl mit der Bruderschaft des hl. Johannes Maria Vianney (eine zuvor mit der FSSPX theologisch eng verbundene Priesterbruderschaft in Campos, Brasilien) aussöhnte, wurden die von der Bruderschaft des hl. Johannes Maria Vianney geschlossenen Ehen allerdings ohne eine erneute Eheschließung anerkannt.

Umstritten ist, inwieweit eine von einem Priester der FSSPX erteilte Absolution gültig ist. Einerseits ist auch hierfür - außer bei Todesgefahr (Can. 976 cic) - eine vom Ortsordinarius erteilte oder sich aus dem kirchlichen Amt des Priesters ergebende Befugnis („facultas“) zur Spendung des Bußsakraments erforderlich (Can. 967 ff. cic). Andererseits ersetzt die Kirche die fehlende Jurisdiktion dann, wenn das Beichtkind es aus ernsten Gründen nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann, bei einem Priester mit ordentlicher Beichtjurisdiktion die Absolution zu empfangen. Das gilt selbst dann, wenn dieser Notstand objektiv nicht vorhanden ist.

[Bearbeiten] Quellenangaben

  1. http://www.dici.org/dl/fichiers/Christendom_6.pdf
  2. Die Grundsatzerklärung von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre, 21. November 1974
  3. CONCISTORO SEGRETO DEL SANTO PADRE PAOLO VI PER LA NOMINA DI VENTI CARDINALI, Papst Paul VI., 24. März 1976
  4. Predigt von Erzbischof Lefebvre am 29. Juni 1976 in Ecône
  5. Brief von Erzbischof Lefebvre an Papst Paul VI. vom 17. Juli 1976
  6. Gespräche der Freimaurerei mit der katholischen Kirche
  7. Ad Apostolorum Principis, 41
  8. http://www.fsspx.info/erzbischof/artikel.php?show=191
  9. http://www.fssp.org/de/protoc5mai.htm
  10. http://www.fsspx.info/erzbischof/artikel.php?page=0&show=142
  11. http://www.cin.org/users/james/files/l-excomm.htm
  12. Ermittlungen im Zusammenhang mit „Don Bosco Schule“ abgeschlossen - Anklagen und Strafbefehlsanträge wegen Körperverletzung, Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, Dateiformat: Microsoft Word
  13. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 7. August 2006, Aktenzeichen 3 W 11/06
  14. http://fsspx.info/ticker/more.php?show=1147081191
  15. http://truerestoration.blogspot.com/2006/04/my-interview-with-his-lordship-bishop.html
  16. Apostolisches Schreiben „ECCLESIA DEI“
  17. Commission Ecclesia Dei: STATUS OF THE SOCIETY OF ST. PIUS X (Oktober 1998)
  18. Commission Ecclesia Dei: STATUS OF SOCIETY OF ST PIUS X MASSES (September 1995)
  19. Letter by Msgr. Camille Perl Regarding Society of St. Pius X Masses

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Medienberichte

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