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Peter Scholl-Latour

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Peter Scholl-Latour im August 2006 auf dem Flughafen Mehrabad, Teheran, Iran
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Peter Scholl-Latour im August 2006 auf dem Flughafen Mehrabad, Teheran, Iran

Peter Roman Scholl-Latour (* 9. März 1924 in Bochum) ist ein deutscher Journalist. Er besitzt neben der deutschen auch die französische Staatsbürgerschaft.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lebenslauf

Von 1936 bis 1940 besuchte Scholl-Latour ein von Jesuiten im integristischen Geist der Gegenreformation geführtes Gymnasium im Schweizerischen Fribourg. In verschiedenen Fernsehsendungen hat er angedeutet, dass er während des Dritten Reiches in „Schutzhaft“ saß. Dieses Thema erwähnt er auch in seinem Buch „Leben mit Frankreich – Stationen eines halben Jahrhunderts“, wobei der genaue Grund für seine Widerstandstätigkeit jedoch unklar bleibt. Er berichtet lediglich darüber, dass er sich den Partisanen des Marschalls Tito im damaligen Jugoslawien anschließen wollte, aber schon an der Grenze zu Slowenien von der Gestapo verhaftet wurde.

Nachdem Scholl-Latour 1945 als Angehöriger des französischen Fallschirmjäger-Expeditionskorps, dem Commando Parachutiste Ponchardier, zwei Jahre am Indochinakrieg teilgenommen hatte, studierte er in Mainz, Paris (Sorbonne) und Beirut an der Universität Saint Joseph Philologie, Politologie und Arabistik und arbeitete bereits während seines Studiums als Reisejournalist für deutsche und französische Zeitungen und Rundfunkanstalten. Sein Volontariat absolvierte er 1948 bei der Saarbrücker Zeitung. Für seine Berichte bereiste er Amerika, den vorderen Orient und große Teile Südost- und Ostasiens. Im Jahr 1954 promovierte er in Paris zum Docteur ès lettres. Anschließend war er in den Jahren 1954 und 1955 Sprecher der Regierung des Saarlandes.

1956 entschied er sich endgültig für den Journalismus, reiste nach Afrika und Südostasien, wurde 1960 bis 1963 ständiger Afrika-Korrespondent der ARD, von 1963 bis 1969 zuerst Studioleiter der ARD in Paris und anschließend bis 1971 Programmdirektor des WDR-Fernsehens. Er reiste von Paris regelmäßig als Sonderkorrespondent nach Vietnam, wo er sich 1973 unfreiwillig für eine Woche bei der Volksfront für die Befreiung Vietnams (NLF) aufhielt. Trotz guter Behandlung durch die NLF waren er und sein Team Gefangene dieser Gruppe. 1971 bis 1983 war er Chefkorrespondent und Leiter des ZDF-Studios in Paris. Anschließend wandte er sich wieder den Printmedien zu und wurde als Chefredakteur und Herausgeber des durch die Affäre der gefälschten Hitler-Tagebücher schwer angeschlagenen Stern-Magazins auch zum Vorstandsmitglied des Stern-Verlags Gruner + Jahr AG & Co KG berufen. 1984 wurde er Beiratsmitglied der UFA-Film- und Fernseh-GmbH. Nach seinem Ausscheiden bei Gruner + Jahr und dem Stern ist er bis heute als Publizist und Autor von Dokumentarfilmen tätig.

[Bearbeiten] Rezeption Scholl-Latours

Scholl-Latour ist erklärtermaßen Gaullist und betrachtet die politischen Vorgänge auf dem Balkan, in Afrika, im Nahen Osten und Ostasien insbesondere aus der Sicht französischer Machtpolitik. Dies garniert er gerne mit historischen Bezügen, die nicht selten in dem Urteil „unhistorisch“ über deutsche oder amerikanische Politik gipfeln. Durch seine vielen Auslandsreisen, die er seit den 1950er Jahren unternommen hat, erwarb sich Scholl-Latour schnell den Ruf des „Kenners der Kontinente“ (ZDF). Den deutschen Medien gilt er seit vielen Jahren als Ansprechpartner und Experte für die Themenbereiche Naher Osten und Islam. In vielen Fernsehdiskussionsrunden äußerte sich Scholl-Latour kritisch über die Rolle der USA und Großbritanniens bei geplanten und durchgeführten Kriegen in Afghanistan und im Irak.

Gleichwohl wird Scholl-Latour von Orientalisten und Politikwissenschaftlern für seine Berichterstattung gerügt. Sie werfen ihm vor, durch undifferenzierte Sichtweisen bestehende Feindbilder aufrechtzuerhalten und alte Ängste zu schüren. Inhaltlich und stilistisch sahen Kritiker auch Parallelen zum klassischen Kolonialroman[1]. Auch ließe er in seinen Büchern einige wichtige Aspekte unberücksichtigt. Befürworter hingegen weisen u. a. darauf hin, dass sich seine Warnungen vor dem radikalisierten Islam nach dem 11. September 2001 bestätigt und sich viele seiner Prognosen bewahrheitet hätten.

Es gibt auch prominente Muslime, die Scholl-Latour schätzen, wie etwa der liberale Bassam Tibi, der seinerseits von einigen Orientalisten kritisiert wird. In der Iranischen Revolution von 1979 sieht Scholl-Latour den Anfangspunkt einer größeren „islamischen Erneuerung“, über die er in vielen seiner Bücher schreibt, und die er als eine der großen Herausforderungen des neuen Jahrhunderts ansieht. Scholl-Latour ist seit 1986 Mitglied des Beirates der Deutsch-Arabischen Gesellschaft.

Jedoch sind der Islam und der Nahe Osten nur ein Aspekt der journalistischen Arbeit von Scholl-Latour. Zu vielen Themen und Kulturkreisen erschienen Bücher (zum Beispiel zu Nordkorea und der Volksrepublik China). Als weiteren Hauptschwerpunkt seiner Arbeit kann man Afrika und die vielfältigen Probleme dieses Kontinents, die sich schon seit der Entkolonialisierung deutlich zeigen, nennen.

[Bearbeiten] Auszeichnungen

Peter Scholl-Latour wurde durch viele Journalistenpreise für seine Arbeit ausgezeichnet:

  • Adolf-Grimme-Preis, Goldene Kamera, Goldener Bambi, Aristide Briand-Preis, Straßburger Goldmedaille für deutsch-französische Annäherung, Elise-Kühn-Leitz-Preis (1989), Ehrenpreis des Bayerischen Fernsehens (1991), Telestar und Preis des Deutsch-Französischen Kulturrates (1992), Hildegard-von-Bingen-Preis für Publizistik (1999).
  • Ehrenprofessur der Ruhr-Universität Bochum (1999).[2]
  • Für sein journalistisches Lebenswerk wurde Scholl-Latour Mitte November 2003 mit dem „Siebenpfeiffer-Preis“ ausgezeichnet, der demokratisch und humanitär besonders engagierten Journalisten verliehen wird.
  • Für sein publizistisches Lebenswerk erhielt Scholl-Latour den ersten Henri-Nannen-Preis (2005).
  • Für die verständliche Vermittlung des umfassenden Sicherheitsbegriffs in seinem Gesamtwerk erhielt er den Karl Carstens-Preis des „Freundeskreises der Bundesakademie für Sicherheitspolitik“.[3]
  • Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2006)

[Bearbeiten] Veröffentlichungen

  • Matata am Kongo (1961) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, ohne ISBN
  • Im Sog des Generals – Von Abidjan nach Moskau (1966) Deutsche Verlags-Anstalt, ISBN 3-421-01338-1
  • Tod im Reisfeld – Dreißig Jahre Krieg in Indochina. (1980), ISBN 3-421-01927-4
  • Allah ist mit den Standhaften – Begegnungen mit der islamischen Revolution. (1983) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, ISBN 3-421-06138-6
  • 7 Gesichter Chinas (Koautor Josef Kaufmann) (1983) Ullstein Verlag, Frankfurt am Main, ISBN 3-548-34160-8
  • Mord am großen Fluß – Ein Vierteljahrhundert afrikanische Unabhängigkeit. (1986) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, ISBN 3-421-06307-9
  • Leben mit Frankreich – Stationen eines halben Jahrhunderts. (1988) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, ISBN 3-421-06399-0
  • Kabel- und Satellitenkommunikation in Europa – Kongressband Hrsg.: P. Scholl-Latour (1989) Online GmbH, Velbert, ISBN 3-89077-062-2
  • Helmut Kohl – Fotographien von Konrad R. Müller und einem Essay von Peter Scholl-Latour (1990) Lübbe, Bergisch Gladbach, ISBN 3-7857-0570-0
  • Der Wahn vom Himmlischen Frieden – Chinas langes Erwachen (1990) Siedler, Berlin, ISBN 3-88680-367-8
  • Das Schwert des Islam – Revolution im Namen Allas (1990) Wilhelm Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-03990-4
  • Der Ritt auf dem Drachen – Indochina – von der französischen Kolonialzeit bis heute (1990) Heyne, München, ISBN 3-453-04009-0
  • Asien: ein verlorenes Paradies (fotografiert von Josef Kaufmann, Texte im Bildteil: Hans-Helmut Röhring) (1990) Rasch und Röhring, Hamburg, ISBN 3-89136-287-0
  • Den Gottlosen die Hölle – Der Islam im zerfallenden Sowjetreich (1991) Deutscher Bücherbund, Stuttgart; Bertelsmann, München, ISBN 3-570-00426-0
  • Weltkrise Arabien. Allah, Blut und Öl – Hintergründe eines Konflikts (1991) Stern-Bücher: Fotoreportage, Gruner+Jahr, Hamburg, ISBN 3-570-06697-5
  • Unter Kreuz und Knute – Russische Schicksalsstunden (1992) Bertelsmann, München, ISBN 3-570-01792-3
  • Aufruhr in der Kasbah: Krisenherd Algerien (1992) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, ISBN 3-421-06625-6
  • Pulverfass Algerien – Vom Krieg der Franzosen zur islamischen Revolution (Bis 2. Auflage: Aufruhr in der Kasbah (1992)) 3. erweiterte und aktualisierte
  • Eine Welt in Auflösung – Von den Trümmer der Neuen Friedensordnung (1993) Siedler Verlag, ISBN 3-88680-405-4
  • Im Fadenkreuz der Mächte – Gespenster am Balkan (1994) Bertelsmann, München, ISBN 3-570-12147-X
  • Schlaglichter der Weltpolitik: die dramatischen neunziger Jahre (1995) Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, ISBN 3-421-06672-8
  • Das Schlachtfeld der Zukunft – Zwischen Kaukasus und Pamir (1996) Siedler Verlag, Berlin, ISBN 3-88680-602-2
  • Lügen im Heiligen Land – Machtproben zwischen Euphrat und Nil (1998) Siedler Verlag, Berlin, ISBN 3-88680-542-5
  • Allahs Schatten über Atatürk – Die Türkei in der Zerreißprobe zwischen Kurdistan und Kosovo (1999) Siedler, Berlin, ISBN 3-88680-630-8
  • Afrikanische Totenklage – Der Ausverkauf des Schwarzen Kontinents. (2001), Bertelsmann, München, ISBN 3-570-00544-5
  • Der Fluch des neuen Jahrtausends – Eine Bilanz. (2002) Bertelsmann, ISBN 3-570-00537-2
  • Kampf dem Terror – Kampf dem Islam? Chronik eines unbegrenzten Krieges. (2002) Propyläen Verlag, München 2002, ISBN 3-549-07162-0
  • Die Tragödie des Westens – Beiträge und Interviews nach dem 11. September. (2003) U. a. von Peter Scholl-Latour, Arundhati Roy, Franz Alt, Alain de Benoist. Hrsg. von Dieter Stein. Junge Freiheit Verlag, ISBN 3-929-88610-3
  • Weltmacht im Treibsand – Bush gegen die Ayatollahs. (2004) Propyläen Verlag, München/Berlin, ISBN 3-549-07208-2
  • Koloss auf tönernen Füßen – Amerikas Spagat zwischen Nahem und Fernem Osten (2005) Propyläen Verlag, München/Berlin, ISBN 3-549-07252-X
  • Rußland im Zangengriff. Putins Imperium zwischen Nato, China und Islam (2006) Propyläen Verlag, ISBN 3-549-072651

[Bearbeiten] Sekundärliteratur

  • Peter Scholl-Latours Fernsehserie ‚Das Schwert des Islam‘. In: Jäger, Siegfried / Link, Jürgen (Hrsg.). Die vierte Gewalt. Duisburg 1993.
  • Dokumentation der 8. Siebenpfeiffer-Preisverleihung am 9. November 2003 an Peter Scholl-Latour (2004), Siebenpfeiffer-Stiftung c/o Saarpfalz-Kreis, ISBN 3-9807983-2-1

[Bearbeiten] Quellen

  1. Verena Klemm, Karin Hörner (Hg.): Das Schwert des Experten – Peter Scholl-Latours verzerrtes Araber- und Islambild (1993) Palmyra, Heidelberg, ISBN 3-9802298-6-6
  2. http://www.ruhr-uni-bochum.de/pressemitteilungen-1999/msg00247.html
  3. [1]

[Bearbeiten] Weblinks

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