Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Max Hahn - Wikipedia

Max Hahn

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Max Hahn (* 4. Oktober 1895 in Treis an der Mosel; † 12. Mai 1939 in München) war ein promovierter Jurist, Syndikus der nordrhein-westfälischen Schwerindustrie und Geschäftsführer des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Hahn wurde als Sohn des Notars Johann Hahn geboren. Er besuchte die Volksschule und das Realgymnasium in Trier bis Ostern 1914. Hahn meldete sich freiwillig zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg, bei dem er schon im September 1914 verwundet wurde und sein linker Arm amputiert werden musste. Damit zerschlugen sich auch seine Ambitionen auf das Studium eines Musikinstruments. Noch während des Krieges begann und vollendete er das Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft. Danach schloß er eine Dissertation über die Mosel- und Saarkanalisierung an, die er mit summa cum laude bestand.

[Bearbeiten] Lehrjahre in der Schwerindustrie

1920 trat er in den Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und in Westfalen (Langnamverein) in Essen und bei der Nordwestlichen Gruppe des Vereins Eisen- und Stahlindustrieller ein. Der Schwerpunkt seines Aufgabengebietes waren handelspolitische und agrarwirtschaftliche Fragen. Schon bald wurde er der Hauptmitarbeiter von Dr. Max Schlenker, dem Geschäftsführer des „Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und in Westfalen“, den man in aller Kürze nur als »Langnam-Verein« bezeichnete. Im Nachruf der Schriftenreihe der volks- und betriebswirtschaftlichen Vereinigung im rheinisch-westfälischen Industriegebiet werden ausdrücklich Hahns „besondere Verdienste“ während des Ruhrkampfs hervorgehoben, ohne sie genauer zu benennen. Lobende Erwähnung findet auch „seine hervorragende Mitarbeit an der Planung und dem Aufbau der "Abteilung Reparationen" im Düsseldorfer Wirtschaftsmuseum.“ Anhand von Graphiken machte er jedermann mit einfachen Mitteln anschaulich, wie nach dem Dawes-Plan die amerikanischen Kredite wieder die Zahlung der deutschen Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg ermöglichten. Es geht aus der knappen Angabe nicht hervor, ob Hahn neben dem kurzfristigen Nutzen einer nur anfänglich moderaten Reparationspflicht auch auf die mittelfristige Gefahr einer Schuldenfalle durch die Kreditzinsen hinwies. Denn dies war das eigentliche Kalkül des Dawes-Plans, das dann auch tatsächlich erfolgreich aufging.

[Bearbeiten] Lobbyist des MWT

Mitten in der Wirtschaftskrise und dank ihrer erfolgte im August 1931 der entscheidende Karrieresprung: er wechselte vom Ruhrgebiet in die Hauptstadt Berlin, wo er nun die Geschäftsführung des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages (MWT) übernahm. Ursprünglich war der MWT nur ein politisches Büro für die Interessen der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie in Berlin. Doch in strikter Abstimmung mit dem Düsseldorfer Stahlhof erweiterte sich unter Hahns Ägide der Lobbyismus auf die gesamte deutsche Exportindustrie. Aufgrund der Restriktionen und den Sanktionen der Nachkriegsordnung sollte sich nach Hahns Überzeugung das deutsche Export- und Importinteresse zunächst auf Osteuropa konzentrieren. Ziel war die Wiederherstellung einer autarken Wirtschaftsunion. Wegen des Verlustes der deutschen Rohstoffquellen in Übersee nach dem Ersten Weltkrieg und nach der schlagartigen Zugangsbeschränkung vieler Märkte durch die im August 1931 eingetretene Devisenzwangswirtschaft sollten nun die Donauländer als Ausgangsbasis für den Kampf um die Hegemonie in der Weltwirtschaft dienen.

Für dieses so ehrgeizige, verschwiegene wie weitreichende Vorhaben knüpfte er umsichtig und umtriebig eine Vielzahl von Kontakten zwischen Südosteuropa und Deutschland und leitete ebenso viele Wirtschaftsbeziehungen in die Wege. Die erste wichtige Etappe auf diesem Weg war die Errichtung einer deutsch-südosteuropäischen Zollunion unter deutscher Kontrolle und damit einen vielfach erweiterten deutschen Binnenmarkt. Genau das wollten jedoch die Siegermächte Frankreich und Großbritannien unter allen Umständen verhindern, so daß Hahn mit größter Diskretion und Raffinesse sein imperialistisches Projekt vorantrieb. Dabei agierte er in steter Absprache mit den maßgeblichen Institutionen und tonangebenden Verbänden. Die Journalistin Margret Boveri beschreibt ihn dabei so: „Hahn stelle ich mir vor als kleine schwarze Spinne, herrschend über ein weitgespanntes Netz von Fäden, unbekannt, unsichtbar, verschwiegen, allwissend. [...] Zu den Fäden des Netzes gehörten die Informationskanäle des Chemie-Verbandes, des Langnam-Vereins, der Elektroindustrie, des Vereins deutscher Maschinenbau-Anstalten, der Preußischen Hauptlandwirtschaftskammer, des Essener Zweckverbands, des Deutschen Städtetags.“ Damit ist seine Tätigkeit mit der von Dr. Joseph Retinger bei den späteren Bilderberg-Konferenzen zu vergleichen.

Zur Autarkiepolitik im angestrebten Kriegsfall zählte auch der Anbau von Sojabohnen und Ölsaaten in Bulgarien, Rumänien und Ungarn durch die I.G. Farben. Dieser Konzern war auch zuständig für die Beschaffung synthetischer Rohstoffe wie Benzin und Gummi (Buna). Sohn-Rethel (1948, 20) gewann als MWT-Hilfswissenschaftler und unerkannter Marxist dabei den Eindruck, als sei den I.G. Farben „die ganze Rohstoff-Frage durch Geheimvertrag vom Generalstab [der Reichswehr] übertragen worden.“ Erst durch Sohn-Rethels Publikationen sind viele Details der Wirtschaftspolitik des diskret agierenden MWT bekannt geworden.

[Bearbeiten] Persönliches

Hahns Schwester Grete war Mitglied der KPD und lebte in Schwerin, sie wurde 1933 verhaftet und er konnte sie nur unter großen Schwierigkeiten wieder frei bekommen. Trotz seiner teilweisen Indienstnahme des Hitler-Regimes für die großkapitalistischen Zwecke war Hahn nach Aussage von Freiherr von Wilmowsky „ein erbitterter Nazigegner“ und „vom Widerstandswillen gegen das System durchdrungen“ (Sohn-Rethel 1992, 50). Mit dieser Einstellung war er sich einig mit den führenden Industriellen der Schwerindustrie wie sie der Düsseldorfer Stahlhof und die Ruhrlade repräsentierten. Hahn hatte Übergewicht und starb 1939 an einer Nierenkolik auf Reisen in München. Bernhard Dietrich wurde sein Nachfolger im MWT, der jedoch bald an Einfluß gegenüber anderen Organisationen verlor.

[Bearbeiten] Werke

  • 1931: Die Wirtschaft in Mitteleuropa, in: Volk und Reich. Politische Monatshefte 7, 115 – 124.
  • 1931: Mitteleuropa als Ziel deutscher Politik, in: Volk und Reich 7, 563 – 572.
  • 1932: Zur Handelspolitik der Gegenwart I, Rhein und Ruhr 13/39, 23. September 1932, 629 – 631.
    Dieser Aufsatz ist zwar offiziell von Hahns Vorgesetztem Max Schlenker unterzeichnet worden, doch lt. Sohn-Rethel (1970, 32) ist Hahn der wahre Verfasser. Der Artikel formuliert in vorsichtiger Weise den mühsam ermittelten Interessenausgleich zwischen Großagrariern und Großindustrie und machte mit dieser Konzeption eine Diktatur erst möglich (ebd.). Näheres unter MWT.
  • 1934: Wirtschaftliche Zusammenarbeit Deutschlands mit dem Südosten, in: Europäische Revue, Sonderheft Balkan 10, Heft 8, 487 – 492.
  • 1934: Deutscher Zollverein damals, Mitteleuropa heute. Zur hundertjährigen Wiederkehr des Gründungstages des Deutschen Zollvereins, in: Volk und Reich 10, 1 – 7.
  • 1934: Das deutsche Reich und Italien im Donauraum, in: Volk und Reich 10, 289 – 293.
→ Die Monatszeitschrift Volk und Reich wurde vom MWT herausgegeben.

[Bearbeiten] Literatur

  • Sohn-Rethel, Alfred (1948): "Die politischen Büros der deutschen Großindustrie", Blick in die Welt 15, 20 – 22.
  • Pudor, Fritz (1955): Hahn, Max, in: ebd. (Bearb.), Nekrologe aus dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Jahrgang 1939 – 1951. Düsseldorf: A. Bagel, 14 – 15.
  • Boveri, Margret (1969): "Erinnerte Mutmaßungen", Neue Deutsche Hefte. Beiträge zur europäischen Gegenwart 16, 205 - 208.
  • Sohn-Rethel, Alfred (1979): "Die soziale Rekonsolidierung des Kapitalismus", erstmals anonym erschienen in: Deutsche Führerbriefe (Berlin), 16. und 20. September 1932, Nr. 72 und 73. Ein Kommentar nach 38 Jahren, in: Kursbuch Nr. 21, September 1970, 17 – 35.
  • «Einige Unterbrechungen waren wirklich unnötig.» Gespräch mit Alfred Sohn-Rethel, in: Mathias Greffrath (1989): Die Zerstörung einer Zukunft. Gespräche mit emigrierten Sozialwissenschaftlern. Frankfurt a.M.: Campus, 213 - 262.
  • Sohn-Rethel, Alfred (1992): Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Hrsg. und eingel. von Carl Freytag. Berlin: Wagenbach 1992

[Bearbeiten] Weblinks


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