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Jurahaus

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Das Jurahaus ist eine entlang des Altmühltals sowie auf den angrenzenden Hochflächen und in den Seitentälern zwischen Oettingen im Westen und Regensburg im Osten und zwischen Berching im Norden und Ingolstadt im Süden vorkommende Hausform, die man als weltweit einzigartig bezeichnen kann. Durch ihre Baumerkmale und die verwendeten Materialien fügen sich diese Häuser ideal in das Landschaftsbild des Altmühltals ein.

ehemaliges Gasthaus "Lamm" in Bergen (Kreis Weißenburg-Gunzenhausen), Jurahaus mit fränkischem Fachwerk, errichtet im 17. Jahrhundert
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ehemaliges Gasthaus "Lamm" in Bergen (Kreis Weißenburg-Gunzenhausen), Jurahaus mit fränkischem Fachwerk, errichtet im 17. Jahrhundert
Pfarrhof in Jurabauweise in Wettstetten, errichtet im 17. Jahrhundert
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Pfarrhof in Jurabauweise in Wettstetten, errichtet im 17. Jahrhundert


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Kennzeichen

[Bearbeiten] Architektonische Merkmale

Die Schichtung eines typischen Jura-Daches am Beispiel eines Hauses in der Rotkreuzgasse in Eichstätt
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Die Schichtung eines typischen Jura-Daches am Beispiel eines Hauses in der Rotkreuzgasse in Eichstätt

Das herausragendste Merkmal ist die Konstruktion der Dächer. Sie sind relativ flach geneigt und mit mehreren Schichten dünner Kalkplatten aus Solnhofener Plattenkalk, so genannten Legschieferplatten gedeckt. Damit diese Platten nicht abrutschen, ist eine maximale Dachneigung von 30° Grad möglich. Da durch diese Steindeckung das Dach sehr schwer wird, – ein Quadratmeter wiegt zwischen 180 und 200 Kilogramm – ist der Dachstuhl vergleichsweise massiv gestaltet. Das Dach liegt in der Regel auf einem verhältnismäßig hohen Kniestock auf. Die Wände der Erdgeschoße sind meist massiv aus Kalksteinen gemauert, während die Obergeschoßwände aus Mauerwerk oder Fachwerk bestehen können. Häuser mit gemauerten Obergeschoßen besitzen nahezu keinen Dachüberstand, was im Gewicht des Dachstuhls begründet sein könnte. Bei Häusern mit Fachwerkobergeschoßen ist ein gewisser Dachüberstand häufiger.

[Bearbeiten] Baumaterialien

Die Legschieferplatten wurden genauso wie alle anderen Baumaterialen in der näheren Umgebung gewonnen: Kalksteine für das Mauerwerk, Kalkmörtel für Innen- und Außenputz, Kalkanstriche, Kalkstein-Bodenplatten, Fichtenholz für Dielenböden, Fachwerk und Dachstuhl sowie Lehm für die Innenwände aus Fachwerk.

[Bearbeiten] Geologische Hintergründe

Der Begriff Jurahaus geht auf die Lage in der geologischen Zone des Frankenjura zurück. Die Grundlagen für diese Landschaft entstanden vor ca. 208 – 145 Millionen Jahren, als das so genannte Jura-Meer, ein Teilbereich des Meeres Tethys, über dem heutigen Altmühltal lag. In dieser Zeit entstanden Ablagerungen am Meeresgrund von abgestorbenen Korallen, Schwämmen und Pflanzen, die nach dem Rückzug des Meeres versteinerten und zu den heutigen Plattenkalken wurden. Das ist auch der Grund, warum sich in den versteinerten Plattenkalkschichten immer wieder bedeutende Fossilien finden lassen, wie der erste Fund des Urvogels Archaeopteryx aus dem Jahr 1861 bei Solnhofen im Altmühltal, dem bis in die jüngste Zeit weitere Fundexemplare folgten. Da die Ablagerung nicht kontinuierlich, sondern in „Schüben“ erfolgte, entstand die heute typische Schichtstruktur der Gesteine, die eine Nutzung als Legschieferplatten für die Dachdeckung erst möglich machen.

[Bearbeiten] Verbreitung

Als Kerngebiet der Jurahäuser gilt der heutige Landkreis Eichstätt im nördlichsten Teil von Oberbayern. Aber auch größere Teile der Landkreise Weißenburg-Gunzenhausen, Neumarkt (Oberpfalz) und Kelheim wurden einst von Bauten mit Steindächern dominiert. Darüber hinaus kommen Jurahäuser noch in Randbereichen der Landkreise Roth, Donau-Ries, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen und Regensburg sowie im Stadtgebiet von Ingolstadt und Regensburg vor.

Als Faustregel gilt: Steindächer gibt es in den Orten, von denen aus an einem Tag mit dem Pferde- oder Ochsengespann die Brüche erreicht, die Platten einzeln von Hand aufgeladen werden können und der Rückweg zu schaffen ist.

Nach Süden hin bildet weitgehend die Donau die „Grenze“. Abgesehen von der Strecke zwischen Weltenburg und Regensburg haben Jurahäuser den Fluss nur an ganz wenigen Stellen „übersprungen“. Auch in der Innenstadt von Ingolstadt gab es ursprünglich einmal kalkplattengedeckte Häuser, wie aus dem von 1571 stammenden Sandtner-Modell hervorgeht. Nur eines davon ist, jedoch ohne Kalkplattendach, in der Dollstraße noch erhalten.

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Ursprünge

Wann genau die ersten kalkplattengedeckten Häuser entstanden, lässt sich nur anhand archäologischer und dendrochronologischer Untersuchungen nachvollziehen. Eine Ausgrabung in der Eichstätter Altstadt brachte den „Nachweis eines legschiefergedeckten Hauses, welches gegen Ende des 12. Jahrhunderts errichtet worden sein dürfte“. Dendrochronologische Untersuchungen bei einem Haus aus Marienstein bei Eichstätt ergaben das Baujahr 1367, ein Haus in der Eichstätter Westenstraße wurde auf 1344 datiert. Ein inzwischen abgerissenes Haus aus Matting bei Regensburg entstand um 1300 und ein Gebäude aus Schambach bei Treuchtlingen um das Jahr 1491. Die Verbreitung im 14. Jahrhundert entsprach also in etwa der, die noch im 20. Jahrhundert anzutreffen ist. Die erste urkundliche Erwähnung von Kalkplatten in Eichstätt stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und besagt, dass „ein fuder dachstein“ einen Denar städtischen Pflasterzoll kostet.

Zunächst waren nicht alle Häuser mit Steinplatten gedeckt, es gab auch Strohdächer; repräsentative Gebäude wie Kirchen waren mit Ziegeln gedeckt und hatten daher deutlich steilere Ziegeldächer. Die Prunkkarte der Grafschaft Graisbach aus dem Jahr 1570, die sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München befindet, zeigt neben der Ortschaft Solnhofen Arbeiter in einem Steinbruch, die gerade einen Wagen mit Steinen beladen. Dies zeigt, dass zu dieser Zeit die Steinbrüche, in denen ja auch die Platten für die Dächer gewonnen wurden, so wichtig waren, dass sie als Wahrzeichen für den Ort Solnhofen galten.

[Bearbeiten] Weiterentwicklung durch Einführung der Zwicktaschen

Im Jahr 1828 kam dann eine neue Form der Kalkplatten für die Dachdeckung auf. Der Eichstätter Glasermeister Josef Weitenhiller erfand die so genannten Zwicktaschen: „mit Hilfe einer Schablone und Zange 'zugezwickte' Kalkplatte[n], die auch auf steilen Dächern Verwendung finden [können], als Aufhängung dient ein durch ein eingebohrtes Loch gesteckter Nagel.“ Diese Platten müssen im Gegensatz zu den Legschieferplatten auch nur in einer Schicht verlegt werden.

[Bearbeiten] Bedrohung und Schutz des Haustypus

Die Bauform des Jurahauses hat sich über die Jahrhunderte nur wenig verändert. Lediglich die früher übliche giebelseitige Erschließung wurde durch die traufseitige verdrängt. Es gab verschieden Haustypen, die weiter unten noch erläutert werden sollen, die Grundprinzipien haben sich aber bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Erst seit Mitte des letzten Jahrhunderts werden die Jurahäuser durch moderne „Allerweltshäuser“ nach und nach verdrängt, nachdem die Bebauungspläne das Jurahaus als Hausform in den Bebauungsplänen nicht mehr vorschrieben oder sogar Neubauten im Jurastil durch Anforderungen wie zu steile Dachneigungen vereitelten. Durch unsachgemäße Renovierungen und die Versiegelung des umliegenden Bodens entstanden zudem häufig Feuchtigkeitsprobleme, die neben den oft kleinen und niedrigen Räumlichkeiten zum schlechten Ruf der Jurahäuser bei den Dorfbewohnern beitrugen. Um das Verschwinden der Jurahäuser zu bremsen, richteten der Landkreis Eichstätt, der Bezirk Oberbayern und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ein Förderprogramm ein, um Restaurierungen auch über die üblichen denkmalpflegerischen Mittel hinaus finanziell zu unterstützen. Der Jurahaus-Verein versucht, die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, wie wichtig die Erhaltung der verbliebenen Jurahäuser für den Charakter der Region ist. Die Marktgemeinde Nennslingen setzte einigen zerstörten Jurahäusern ein Denkmal: das sogenannte „Verlorene Dorf“ des Bildhauers Stefan Schillig.

[Bearbeiten] Typen von Jurahäusern

Ein typischer Jura-Bauernhof besteht meist aus einem Wohnstallhaus und einem Stadel. Häufig gehören auch ein Back- und ein Austragshaus zum Gebäudebestand. Allgemeine Regeln für die Anordnung der Gebäude um den Hofplatz sind nicht erkennbar. In Teilen des Verbreitungsgebiets ist die Form des Hakenhofs häufig.

[Bearbeiten] Weblinks

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