Indigene Bevölkerung Brasiliens
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Die indigene Bevölkerung Brasiliens umfasst eine Vielzahl verschiedener ethnischer Gruppen, die das Gebiet des heutigen Brasilien schon vor der Entdeckung durch die Portugiesen im Jahr 1500 bewohnten. Wie zuvor Christoph Columbus, nannten auch die Portugiesen die Eingeborenen índios (Indianer), ein Name der sich bis in die heutige Zeit hielt.
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[Bearbeiten] Ursprung der brasilianischen Urbevölkerung
Nach der gängigsten Theorie liegt der Ursprung der indigenen Völker Brasiliens in Asien. Während der letzten Eiszeit wanderten Menschen über die Beringstraße nach Nordamerika und besiedelten den Kontinent. Wahrscheinlich gab es zu einem kleinen Teil auch Immigration von Südostasien und Melanesien aus. Im Laufe der Zeit gelangten sie über den schmalen Landstreifen des heutigen Panama nach Südamerika, u.a. auch nach Brasilien.
Allerdings gibt es auch Argumente gegen diese Theorie. Geht man davon aus, dass sich die Einwanderer mit einer Geschwindigkeit von einem Kilometer pro Jahr ausbreiteten, hätten die Siedler von Alaska bis nach Pará mindestens 20.000 Jahre benötigt. In Piauí wurden allerdings archäologische Funde entdeckt, die etwa 60.000 Jahre alt sind. Weitere Fundorte erstrecken sich bis in die argentinischen Pampas, wo die Funde auf über 10.000 Jahre Alter geschätzt werden. Auch ein Fund von über elftausend Jahre alten menschlichen Gebeinen im brasilianischen Luzia, Minas Gerais, belastet diese Theorie. Das Skelett weist deutlich polynesische Züge auf, was auch auf eine Bevölkerung aus dem südpazifischen Raum hindeutet. Diese Umstände verlangen eine Erweiterung der bisher angenommenen Theorie.
Das einschneidendste Ereignis in der Geschichte der brasilianischen Urvölker ist wohl die Ankunft der Europäer um 1500 und die darauffolgende Kolonialisierung Amerikas.
[Bearbeiten] Kolonialzeit
In den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts wurden die Indianer noch mit Respekt behandelt, viele Europäer waren sogar von ihnen beeindruckt und lobten ihre reinen und kräftigen Körper. Die Stämme aus Küstengegenden halfen den Portugiesen sogar beim Beladen der Schiffe mit Brasilholz. Doch schon bald hatten die Indianer genug Lohn erhalten, so suchte die Kolonialmacht einen Vorwand, die Einheimischen versklaven zu können. Als dann ein Tupi-Volk einen schiffbrüchigen portugiesischen Bischof gegessen hatte, nahmen sie die ersten Indianer als Sklaven, obwohl der Papst es verboten hatte. Damals gab es nach heutigen Schätzungen 2,5 bis 6 Millionen Indianer. Missionare machten die Indianer, die zuvor durch den Regenwald streiften, sesshaft und bekehrten sie zum Christentum. Außerdem wollten die Geistlichen die Indianer schützen, sodass auf deren Druck 1609 die Sklaverei verboten wurde. Zwei Jahre später, aufgrund der wirtschaftlichen Probleme im Land, wurde sie aber wieder eingeführt. In den Siedlungen, die mehr und mehr überfüllt waren, kam es zu meist tödlichen Krankheitsepidemien. Schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts waren ganze Landstriche am Amazonas entvölkert. 1755 wurde die Sklaverei zwar erneut verboten, doch weil die Jesuiten, die die Indianer bis zuletzt schützen wollten, gleichzeitig ausgewiesen wurden, mussten weiterhin viele Ureinwohner unter Zwangsarbeit leiden. 1808 wurde im Süden des Landes die Sklaverei wieder erlaubt. Schon bald existierte bei den Kolonisten das Bild, alle Indianer seien alkoholabhängig und faul.
[Bearbeiten] 20. Jahrhundert
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts sank die Zahl der indigenen Bevölkerung Brasiliens erstmals unter 1 Million. Nur noch etwa 500000 Indianer leben heute in Brasilien. Es gibt circa 200 Volksgruppen, die verschiedene Sprachen sprechen. Durch die Rodung des Regenwaldes wird der Lebensraum dieser Volksgruppen immer mehr verkleinert. Aber die Brandrodung des Regenwaldes zeigt sich auch für Krankheitsepidemien, Umsiedlung und das Zerstören ihrer Kultur verantwortlich. Ihre Rechte sind zwar durch Gesetze geregelt, doch viele missachten sie einfach. Zum Schutz der Volksgruppen, viele sind in den letzten 50 Jahren ausgestorben, wurde die Behörde FUNAI (Fundação Nacional do Índio) gegründet, die aber auch nicht allein für den Schutz sorgen kann und deshalb oft kritisiert wird.
Verbindungen (zumeist ohne offizielle Ehe) zwischen Portugiesen und Einheimischen oder Sklaven waren nicht ungewöhnlich und so begann schon früh in der Geschichte eine Verschmelzung der Ethnien und Kulturen.
[Bearbeiten] Liste indigener Völker Brasiliens
siehe auch: Indigene Völker Südamerikas
Die Schwierigkeit in der Kategorisierung der brasilianischen Urvölker besteht darin, dass während der fünf Jahrhunderte seit Beginn der Kolonialisierung des Landes die indigene Bevölkerung oft gezwungen war, ihre angestammte Kultur und Lebensweise aufzugeben. Die Zerstörung ihrer Lebensräume im Urwald, Verbot ihrer Religion und Umsiedlungen, um nur einige Faktoren zu nennen, trugen zu dieser Nivellierung im Charakter zwischen den ethnischen Gruppen bei.
Man unterscheidet heute etwa 200 bis 220 verschiedene indigene Volksgruppen, die in Brasilien leben. Nachfolgend eine Liste der größeren indianischen Völker.
Volk | Lebensraum (heute) | Größe |
Aimoré (Botocudo) | ||
Apinajé | Tocantins | 1262 |
Asháninka | Acre, Peru | 813 (Acre), 55000 in Peru (im Jahr 1993) |
Avá-Canoeiro | Tocantins, Goiás | 16 |
Baniwa | Amazonas, Kolumbien, Venezuela | 5141 (Am.), 6790 (Kol.), 3236 (Ven.) |
Bororo | Mato Grosso | 1024 |
Caripuna | ||
Fulni-ô | Pernambuco | 2930 |
Guajajara | Maranhão | 13100 |
Guarani (einschließlich Ñandeva, Kaiowa und Mbya) |
Argentinien, Bolivien, Paraguay, Uruguay Rio Grande do Sul, Santa Catarina, Paraná, |
34000 in Brasilien |
Kaingang | Rio Grande do Sul, Paraná, Santa Catarina, São Paulo | 28830 (Stand 2005) |
Kamayurá | Mato Grosso | 355 |
Karajá | Mato Grosso, Tocantins, Pará | 2500 |
Katukina | Acre, Amazonas | 318 |
Kaxinawá | Acre, Peru | 3964 (Acre), 1400 (Peru) |
Kayapó (einschließlich Gorotire, A'ukre, Kikretun, Mekrãnoti, Kuben-Kran-Ken, Kokraimoro, Metuktire, Xikrin und Kararaô) |
Mato Grosso, Pará | 7096 |
Krahô | Tocantins | 1900 |
Macuxi | Roraima, Guyana | 16500 (Roraima), 7500 (Guyana) |
Munduruku | Pará | 7500 |
Ofaié | Mato Grosso do Sul | 56 |
Pataxó | Bahia | 2790 |
Potyguara | Pernambuco | 7575 |
Tapirapé | Mato Grosso | 438 |
Tapuio | Goiás | 235 |
Tamoio | ||
Terena | Mato Grosso do Sul | 15795 |
Ticuna | Amazonas, Peru, Kolumbien | 32613 (Am.), 4200 (Peru), 4535 (Kol.) |
Tupininquim | Espírito Santo | 1386 |
Wajãpi | Amapá, Guyana, Französisch-Guyana | 525 (Amampá), 412 (Guyanas) |
Waorani | ||
Xacriabá | Minas Gerais | 6000 |
Xavante | Mato Grosso | 9602 |
Xerente | Tocantins | 1814 |
Xucuru | Pernambuco | 6363 |
Yanomami (einschließlich Yanomam, Sanumá und Ninam) |
Roraima, Amazonas, Venezuela | 11700 (Brasilien), 15193 (Venezuela) |
Yawanawá | Acre | 450 |
Zuruahã | Amazonas | 143 |
[Bearbeiten] Weblinks
- FUNAI (Fundação Nacional do Índio); port.
- Instituto Socioambiental: portugiesisch - englisch