Gorzanów
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Gorzanów (deutsch Grafenort) ist ein Dorf im Powiat Kłodzki der Wojewodschaft Niederschlesien, sieben Kilometer nördlich von Bystrzyca Kłodzka (Habelschwerdt), zu dessen Gemeinde es gehört.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die ursprüngliche Bezeichnung von Grafenort war Arnoldisvilla, als das es erstmals 1341 genannt wird. Später wurde es als Arnoldsdorf und danach als Arnsdorf bezeichnet. 1670 erlangten die Grafen von Herberstein die kaiserliche Genehmigung zur Umbenennung in Grafenort. Seine politische und kirchliche Zugehörigkeit ist weit gehend identisch mit der Geschichte der ehemaligen Grafschaft Glatz, zu der es gehörte.
Die mittelalterliche Burg auf dem Keilberg wurde im Kampf der Schlesier gegen den böhmischen König Georg von Podiebrad 1460-69 zerstört. Im Dorf befanden sich drei Rittersitze, die bis Anfang des 17. Jahrhunderts verschiedenen Besitzern gehörten:
- Der Moschenhof wurde von der namengebenden Familie Moschin um 1382 erworben.
- Der Ratschinhof hat seinen Namen vermutlich von dem Ort Racin, der in Grafenort aufgegangen ist und nach dem sich die Besitzer von Ratschin nannten.
- Der Schlosshof war ab 1625 im Besitz des Freiherrn Johann Arbogast von und zu Annenberg.
Wegen ihrer Beteiligung am Böhmischen Aufstand verloren die Familien Moschen und Ratschin 1625 ihren Besitz an die Freiherren von Annenberg. Durch Heirat kam die Herrschaft Grafenort, die aus zehn Dörfern bestand, 1651 an die aus der Steiermark stammenden Reichsgrafen von Herberstein, die den gesamten Besitz in ein Fideikommiss umwandelten. Nach dem Tode des kunstsinnigen Grafen Hieronymus von Herberstein 1847 und dem Umzug seiner Nachfahren auf die steiermärkischen Güter ging die gesellschaftliche Bedeutung von Grafenort, das auch zeitweise Kurort mit zwei Säuerlingen und einer Schwefelquelle war, zurück. 1930 erwarb die Stadt Habelschwerdt Schloss und Herrschaft Grafenort.
Als Folge des Zweiten Weltkriegs wurde Grafenort 1945 polnisch und in Gorzanów umbenannt. Die deutsche Bevölkerung wurde vertrieben. Die neuen polnischen Siedler waren zum großen Teil Heimatvertriebene aus Ostpolen. Viele Häuser des ehemals stattlichen Dorfes wurden jedoch dem Verfall preisgegeben.
[Bearbeiten] Die Schlossanlage
Das Schloss, das an der Stelle des ehemaligen Schlosshofes erbaut wurde, ist ein hervorragendes Werk der Renaissance. Es ist außen mit Sgraffiti geschmückt und wird von einem mächtigen Turm beherrscht, zu dem vom Innenhof eine Freitreppe hochführt. Es wurde in den 1620er Jahren durch Johann Arbogast von Annenberg zu einer vierflügeligen Schlossanlage mit zwei Innenhöfen erweitert und im Stil der böhmischen Renaissance vereinheitlicht. Johann Friedrich von Herberstein ließ die Schlossanlage 1653-58 durch Carlo Lurago unter Leitung von Lorenzo Niceli und Andrea Carove erweitern und barockisieren. Gleichzeitig wurde an der Ostseite ein Gartensaal angebaut und eine Schlosskappelle mit Netzgewölbe errichtet, die dem Hl. Georg geweiht ist. Die Auffahrt zum Schloss und das Haupttor, das mit einer Skulptur des Hl. Georg geschmückt ist, wurden 1668-72 errichtet. Weitere Umbauten und Ergänzungen erfolgten 1735. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Schloss von der Familie von Herberstein nur zeitweise bewohnt. In den Jahren 1900-1903 erfolgte eine grundlegende und großzügige Renovierung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es nur vorübergehend genutzt. Es ist heute unbewohnt und in einem schlechten baulichen Zustand.
Der Schlosspark wurde Mitte des 17. Jahrhunderts angelegt. 1738 sind ein großer Ziergarten mit Terrassen, Gartenpavillons, Triumphbögen, Obelisken, Vogelhaus und Schießstand nachgewiesen; dahinter ein Boskett mit Lusthaus, Fasanerie, Ballsaal und Reitbahn; daran angrenzend der Bleichplatz sowie Gemüse- und Obstgärten. 1774 erfolgte eine Umgestaltung zu einem englischen Park.
Der frühbarocke Gartenpavillon (Nymphaeum) wurde 1653-57 durch Carlo Lurago und seine Werkstatt errichtet. Er wurde reich mit Skulpturen, Putten und Stuckdekoration ausgestattet. Vorhanden sind noch Reste einer Skulptur Plutos und des Herkules sowie ornamentaler Malereien. Von einem 1800 errichteten klassizistischen Pavillon sind nur Ruinenreste erhalten.
[Bearbeiten] Das Schlosstheater
Das im Schloss befindliche Theater erlangte zwischen 1816 und 1847 eine kulturelle Bedeutung. Sein Begründer war der kunstsinnige Graf Johann Hieronymus von Herberstein (1772-1847). Carl von Holtei war viele Spielsaisons als Theaterleiter und Schauspieler am Theater in Grafenort tätig. Auch Karl Seydelmann begann hier seine Bühnenlaufbahn.
Die Spielzeit lief gewöhnlich von September bis Mai. An der Decke des Theaters befand sich eine Täfelung mit wundervoll gemalten Bildern. Als Szenenbeleuchtung wurden in Blechkästen eingegossene Talglichter, als Geräuschmaschine eine alte österreichische rollende Kanonenkugel benützt.
Die Vorstellungen wurden von Theaterfachleuten geleitet und von Berufs- und Laienschauspielern aufgeführt. Das Ensemble umfasste zehn bis zwölf Berufsschauspieler mit einem Tanzmeister. Kleinere Rollen und die gesamte Statisterie wurden von der Ortsbevölkerung übernommen. Auch das Orchester bestand ausnahmslos aus Musikern aus Grafenort und Umgebung. Gespielt wurden neben klassischen Schauspielen auch Singspiele und kleinere Opern. In allen musikalischen Bühnenstücken verlangte der Graf Tanzeinlagen.
Die einheimische Bevölkerung hatte Zutritt zum Theater, sollte jedoch in ihrer Volkstracht erscheinen. Einen künstlerischen und gesellschaftlichen Höhepunkt bildete eine besonders glanzvolle Aufführung nach der Herbstjagd, an der hohe preußische und österreichische Offiziere und fast der gesamte Grafschafter Adel teilnahmen.
[Bearbeiten] weitere Sehenswürdigkeiten
- Die Pfarrkirche Maria Magdalena (Kościół Św. Marii Magdaleny) wurde erstmals im Jahre 1341 erwähnt und 1658 durch Carlo Lurago und seine Mitarbeiter Domenico Antonio Rossi, Andrea Galli, Andrea Cyrus, Carlo Serena, Baptista Spinetti und Biaggo Verde grundlegend im Barockstil umgebaut. 1708 wurde die Kirche um die beiden Kapellen mit den Seitenaltären Hl. Familie und Heiliger Joseph ergänzt. Der Hochaltar mit Retabel und Figur der Heiligen Maria Magdalena ist von 1786 und soll von Michael Klahr dem Jüngeren stammen.
- Die Kirche ist von einer Friedhofsmauer umgeben, in der sich zwei Tore von 1631 und drei Kapellen befinden: St.-Barbara-Kapelle (1651), St.-Franz-Xaver-Kapelle (1701) und Totenkapelle (Ende 17. Jh.).
- Die St.-Antonius-Kapelle (Kaplica Św. Antoniego) liegt östlich des Ortes am Eichberg (Dębowa Góra). Sie wurde 1660-65 durch Johann Friedrich v. Herberstein gestiftet und im 18. Jahrhundert umgebaut. Die hölzerne Figur Ecce Homo ist von 1780. Die Skulptur neben der Kapelle stellt den Hl. Onuphrius dar. Die Pietà ist von 1734.
- Das Renaissance-Schlösschen Ratschenhof (Dwór Raczyn) wurde 1559 errichtet und 1573 umgebaut. Es war architektonisch reich geschmückt und mit Sgraffiti bedeckt. Derzeit Ruine.
- Der Moschenhof (Dwór Muszyn) wurde um 1573 für Hans von Mosch errichtet und ist 1617 niedergebrannt. Nach dem Wiederaufbau war er seit 1622 Sitz der Gutsverwaltung der Grafen von Herberstein. 1821 erfolgte ein Umbau mit klassizistischer Außendekoration und Walmdach.
[Bearbeiten] Literatur
- Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen Schlesien, München / Berlin 2005, ISBN 3-422-03109-X
- Handbuch der historischen Stätten Schlesien, hg. von Hugo Weczerka, Stuttgart 1977
- Das Glatzer Land, ISBN 3-928508-03-2
- Paul Preis, Musik- und Theaterleben von Stadt und Kreis Glatz, 2. Teil, Hg. Stadt Lüdenscheid 1969