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Geschichte der Stadt Darmstadt

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Die Stadt Darmstadt entsteht im Mittelalter aus einer fränkischen Siedlung. Nach der Teilung Hessens im 16. Jahrhundert wird Darmstadt Residenzstadt und politisches Zentrum der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, im 19. Jahrhundert Hauptstadt des Großherzogtum Hessen, nach Ende des Deutschen Kaiserreichs Hauptstadt des Volksstaat Hessen. Mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland sinkt die politische Bedeutung, da man Wiesbaden wegen der deutlich geringeren Zerstörung den Vorzug als Hauptstadt des Landes Hessen gibt.

Darmstadt um 1900
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Darmstadt um 1900

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Frühzeit (bis ca. 800 n.Chr.)

Ab der Jungsteinzeit bis ins erste Jahrtausend n. Chr. sind Siedlungsaktivitäten im Darmstädter Raum durch Bodenfunde, Gräber und Grabbeigaben dokumentiert. Diese frühe Besiedlungsgeschichte war im Gegensatz zu späteren Epochen stärker von geografischen Gegebenheiten bestimmt. Die naturräumlichen Grundlagen des Siedlungsraums sind durch dessen Lage im Bereich des oberrheinischen Gebirgssystems geprägt. Dessen nördlicher Ausläufer, der vor Darmstadt auslaufende Odenwald, geht nach Norden hin zur Ebene über, hat aber zum Westen hin einen ausgeprägten Rand. Zwischen diesem und dem im Westen fließenden Rhein bildete sich ein natürlicher Völkerweg, die Bergstraße. Neben der Lage des Gebietes am nördlichen Ende dieser Route und an weiteren günstigen, naturräumlich vorgegebenen Wegen waren die versandeten Mäander der alten Flussläufe von Rhein und Neckar, die sich ursprünglich in der Höhe von Trebur vereinigten, entscheidend. Sandablagerungen wurden bereits in der Eiszeit zu Dünen verweht, die noch heute an vielen Stellen den Übergang von der Rheinebene zum Odenwald bilden. Diese Dünen und Landzungen waren hochwassersicher und boten so die Möglichkeit einer dauerhaften Besiedlung.

Wenige Einzelfunde belegen eine menschliche Kultur ab dem fünften und vierten Jahrtausend v. Chr. Ackerbauern der Kultur der Bandkeramiker zogen aus der Wetterau herab und hinterließen einzelne Spuren. Auch die nachfolgende, die sogenannte Rössener Kultur, ist wahrscheinlich aus der Wetterau zugewandert. Die vom Süden her in geringer Dichte eingesickerte Michelsberger Kultur hinterließ die wenigsten Zeugnisse. Für alle drei neolithischen Ackerbaukulturen gilt, dass sich Bedeutung und Stellenwert wegen der geringen Funddichte schwer abschätzen lassen.

Ab etwa 2000 v. Chr. sind die wichtigsten Bevölkerungsgruppen des Übergangs zur Metallverarbeitung, die Schnurkeramiker und die Glockenbecherleute, nachweisbar. Erstere, auch Streitaxtleute genannt, dehnten sich von Thüringen kommend bis ins Maingebiet aus und verdrängten durch ihre wehrtechnische Überlegenheit die eingesessene Bevölkerung. Die von ihnen eingeführte Grabhügelbestattung ist nördlich von Arheilgen und in Kranichstein nachweisbar. Etwa gleichzeitig wanderten die Glockenbecherleute, für die erste Kupfergeräte typisch sind, aus Westeuropa ein. Die Interpretation zahlreicher Funde legt nahe, dass diese wiederum die Streitaxtleute aus dem Darmstädter Raum verdrängten. Ein bedeutendes Gräberfeld fand sich 1926. Der besterhaltene Tote, ein in der typischen Hockerstellung beigesetzter junger Mann, findet sich heute als „Ältester Darmstädter“ im Hessischen Landesmuseum Darmstadt.

Aus der frühen Bronzezeit, ungefähr von 1600 bis 1200 v. Chr., ist die Bevölkerungsgruppe der Hügelgräberbronzezeit durch ihre spezifische Bestattungsart – Beisetzung in gestreckter Form unter künstlichen Hügeln – in großer Zahl nachzuweisen. Reiche Keramik-, Schmuck- und Waffenfunde, unter anderem Bernsteinbeigaben von der Ostseeküste oder Armstulpen aus Schlesien, lassen eine erste Kulturblüte erkennen. Bei Wixhausen sind die ersten Hausspuren aus dieser Zeit gefunden worden.

Zu einem völligen Wandel des Kulturbildes kam es ab 1200 v. Chr. durch gesellschaftliche Umschichtungen. An die Stelle der vorherrschenden Weidewirtschaft trat der Ackerbau, Tote wurden fortan verbrannt, ihre Asche in Urnenfeldern beigesetzt. Die danach benannte Urnenfelderkultur hatte hohes technisches Können, was durch reichere Funde der Gebrauchskeramik und auch der Schmuck- und Waffenkunst belegt wird.

[Bearbeiten] Mittelalter (ca. 800 bis ca. 1500)

[Bearbeiten] Ursprünge (ca. 800 n.Chr. - 1330 n.Chr.)

Der Ort Darmstadt wird vermutlich im 8. oder 9. Jahrhundert von den Franken gegründet. Von diesem Zeitpunkt an ist das Gebiet zweifelsfrei durchgänging besiedelt. In die Geschichtsschreibung jedoch tritt Darmstadt erst Ende des 11. Jahrhunderts, als Graf Sigebodo, ein Angehöriger des Adelsgeschlechts der Reginbodonen, Zinsabgaben über Darmundestat verfügt.

Die Bedeutung dieses Namens ist vollkommen ungeklärt. Die häufige, vor allem im Darmstädter Echo zu lesende Behauptung, der Name Darmundestat würde sich von dem Namen eines fränkischen Forstbeamten (Darmund, Darimund oder auch Tarimundis) ableiten, ist eine reine Spekulation ohne jegliche Grundlage. Deutlich wahrscheinlicher ist die Ableitung der Begriffe darre für Tor oder Hindernis und munt, das ein persönliches Schutzverhältnis ausdrückt. Darmundestat wäre demnach dann möglicherweise eine Siedlung bei einem "befestigten Durchgang" gewesen (ein mit Holzverschlag geschütztes Gebäude unbekannter Funktion - möglicherweise eine Zollstation oder, wahrscheinlicher, ein Forsthaus, das sich an der Stelle befand, an der heute das Schloss steht).

Zunächst gehörte Darmstadt zum Wildbann Dreieich. Nachdem das Dorf als Teil der Grafschaft Bessungen im Jahr 1002 in den Besitz des Bistums Worms und 1009 in den Besitz des Bistums Bamberg fällt, wird es am 21. Juni 1013 dann schließlich ein Lehen des Bistums Würzburg, was Darmstadt bis zum Reichsdeputationshauptschluss 1803 bleibt.

Mitte des 13. Jahrhunderts errichten die Grafen von Katzenelnbogen bei Darmstadt eine Wasserburg. Zur Verteidigung siedeln sich südlich der Burg nach und nach Ritter an. Da die ursprüngliche, bäuerliche Bevölkerung östlich der Burg lebt, bilden sich zwei vom Darmbach getrennte Siedlungskerne, die vermutlich ursprünglich auch getrennt verwaltet werden.

[Bearbeiten] Stadtrecht und Mauerbau (1330 - ca. 1500)

Am 23. Juli 1330 verleiht Kaiser Ludwig der Bayer Graf Wilhelm I. von Katzenelnbogen die Stadtrechte für Darmstadt. Diese Privilegierung gilt dem Grafen ausschließlich persönlich, die Stadt selbst, weder ihre Bürger, noch der ansässige ritterliche Adel können daraus irgendeine Berechtigung ableiten. Mit dem damit verbundenen Marktrecht jedoch wächst die Bedeutung der bis dahin eher unscheinbaren Siedlung rasant an und die gesamte Wirtschaft im Umkreis richtet sich auf den Darmstädter Markt aus, während Darmstadt selbst sich auf die älteren und größeren Städte Frankfurt, Worms und Speyer ausrichtet.

In der Folgezeit nach Verleihung des Stadtrechts wird nach und nach, zunächst nur der innere Ring der Stadtmauer gebaut, welche die Fläche des Stadtgebiets strikt begrenzt und so aus dem bald entstehenden Raummangel in der stetig wachsenden Stadt dafür sorgt, dass die beiden Siedlungskerne sukzessive zusammenwachsen. Bis zur Vollendung der Stadtmauer mit innerem und äußerem Ring vergehen rund 100 Jahre.

Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts bauen die Grafen von Katzenelnbogen die Burg immer wieder aus und um, bis sie schließlich Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem repräsentativen Schloss wird. Auch ansonsten wächst die Stadt immer weiter, bis die Grafen von Katzelnelnbogen die Stadt 1385 zu einer ihrer Nebenresidenzen machen.

1479 stirbt das Geschlecht der Grafen von Katzenelnbogen aus, Darmstadt fällt an Heinrich III. von Hessen-Marburg und stagniert für Jahrzehnte wieder. Die gesellschaftliche Struktur entspricht trotz Schloss und Stadtmauer immer noch eher dem eines ackerbürgerlichen Dorfes.

[Bearbeiten] Neuzeit (ca. 1500-1806)

[Bearbeiten] Die letzten Jahre eines einheitlichen Hessens (ca. 1500 - 1567)

1518 greift Franz von Sickingen Hessen und auch Darmstadt an. Die noch relativ junge Stadtmauer erweist sich dabei als technisch hoffnungslos veraltet und kann der Belagerung nicht lange Stand halten. Dabei wird das Schloss das erste Mal zerstört und die Stadt ist in der Folgezeit damit beschäftigt, die zerstörten Gebäude wieder aufzubauen. Dabei stellt man jedoch nur den Status, wie er vor dem Angriff herrscht, wieder her und verzichtet fatalerweise auf eine umfassende Modernisierung der Verteidigungsanlagen. So kann Darmstadt nur wenige Jahre später, 1547, im Rahmen des Schmalkaldischen Krieges von kaiserlichen Truppen erstürmt werden. Dabei werden große Teile des Schlosses und der Stadt erneut zerstört.

Eine der Ursachen dieses Krieges ist die Kirchenspaltung. Landgraf Philipp der Großmütige hat 1527 in Hessen die Reformation eingeführt und sich damit die Ächtung Kaiser Karl V. eingehandelt. Die Folgen dieser Auseinandersetzung lassen Darmstadt weiterhin stagnieren.

[Bearbeiten] Gründungsphase von Hessen-Darmstadt (1567-1596)

Als Landgraf Philipp der Großmütige 1567 stirbt, wird Hessen unter seinen vier Söhnen aufgeteilt. Landgraf Georg I. (der Fromme) gründet daraufhin Hessen-Darmstadt und macht aus dem einstigen Außenposten Darmstadt eine ansehnliche Residenzstadt.

Zunächst noch unter der Vormundschaft seines Bruders Ludwig IV. von Hessen-Marburg wird der Wiederaufbau des Schlosses und der Bau des neuen Rathaus beendet sowie eine Handwerks- und Gewerbeordnung erlassen.

Georg selbst konsolidiert dann den Haushalt, ordnet die Verwaltung neu, reformiert und zentralisiert die Gerichtsbarkeit und baut die Stadt massiv aus. So entsteht ab 1590 die alte Vorstadt in der Magdalenenstraße. Auch das Schloss wird weiter ausgebaut.

Politisch erlebt Darmstadt positive Zeiten und bleibt in der Regierungszeiten Georgs I. von Kriegen verschont. Dadurch wächst die Wirtschaft, der Wohlstand und die Bevölkerung der Stadt rasch an. Ebenso kümmert sich Georg intensiv um eine verbesserte Bildung seines Volkes, indem er die Schulpflicht einführt. 1591 schließlich besiegelt er nach langjährigen, am Ende gescheiterten Verhandlungen mit seinen Brüdern mit der Inkraftsetzung des von seinem Kanzler Johann Kleinschmidt ausgearbeiteten Landrecht die endgültige Teilung und Souveränität Hessen-Darmstadts von den anderen ehemaligen hessischen Gebieten Philipps des Großmütigen. Damit wird auch Darmstadt unwiderbringlich zur dauerhaften Hauptstadt des Herrschaftsgebiets von Georgs Dynastie, selbst als später große Teile des ursprünglichen Hessens unter der Herrschaft der Großherzöge wieder vereint werden.

Spätestens ab 1582 kommt es aber auch zu gesellschaften Spannungen innerhalb der Bevölkerung Darmstadt, als die Stadt von der Hexenhysterie erfasst wird, in dessen Folge etwa 40 Frauen und ein Junge als Hexen verbrannt werden. Ebenfalls in diesem Jahrzehnt kommt es zu wiederholten Ausbrüchen der Pest, an der allein 1585 mehr als 10% der Stadtbevölkerung sterben.

Letzteres veranlasst Georg aber auch dazu, erste Elemente eines Sozialsystems entstehen zu lassen, indem er 1592 ein städtisches Armenhaus einrichten und ab 1594 im Schloss Waisenkinder unterrichten lässt.

Trotz der Hexenverfolgungen und der Pestwelle verdoppelt sich die Einwohnerzahl in Georgs Amtszeit.

[Bearbeiten] Dreißigjähriger Krieg, Pest und Hungersnöte (1597-1661)

Georgs Sohn und Nachfolger Ludwig V. (der Getreue) führt zunächst die Ausbauarbeiten und Neubauten, die sein Vater begonnen hatte, fort, so dass Darmstadt weiter wächst. Der ab 1604 beginnende Erbstreit mit Hessen-Kassel um das Erbe von Hessen-Marburg, vor allem aber der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1618 treffen Darmstadt jedoch hart und führen die Stadt, die trotzdem noch weiter wächst, durch mehrere Krisen.

Ab 1630 verschärft sich dies noch, nachdem Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel sich im Rahmen des Krieges mit dem schwedischen König Gustav Adolf verbündet. Da der Darmstädter Landgraf, mittlerweile Ludwigs Sohn Georg II., auf der Seite des Kaisers steht, unterstützen die Schweden Hessen-Kassel im Streit um das Marburger Erbe. Dies wiederum ruft den Kaiser auf den Plan, der nun seinerseits Georg II. zu Hilfe eilt. Georg verlässt daraufhin Darmstadt nach Gießen, weil er sich dort besser geschützt glaubt. Er kehrt erst 1649, nach Ende des Krieges, zurück.

Nachdem bereits im Winter 1632/33 erneut die Pest in Darmstadt ausgebrochen ist und bis 1635 mehr als 2000 Opfer fordert, besetzen im gleichen Jahr zunächst die Franzosen kampflos die Stadt für einige Woche, wobei sie große Schäden anrichten, die umgebenden Dörfer plündern und teilweise niederbrennen. Auch die Felder werden verwüstet. Es kommt zu Hungersnöten. 1639 wird die Stadt erneut eingenommen, diesmal von bayrischen Truppen, wieder wird die Stadt verwüstet.

Erst mit Ende des Krieges durch den Westfälischen Frieden beginnt Darmstadt sich langsam wieder zu erholen.

[Bearbeiten] Frieden und erneuter Aufschwung (1661-1688)

Mit Ludwig VI. kehrt ab 1661 nicht nur eine Zeit des Friedens, sondern auch des wirtschaftlichen Aufschwungs zurück. Die Bautätigkeiten steigen wieder an und Wohlstand verbreitet sich. Da Georg II. 1659 der Rheinischen Allianz beigetreten ist, kommt es immer wieder zu außenpolitischen Spannungen, die eine Verbesserung der Darmstädter Verteidigungsanlagen notwendig erscheinen lassen. So lässt Ludwig Pläne ausarbeiten, Darmstadt zu einer Sternschanzen-Festung umzubauen. Letztendlich werden aber nur kleinere Verbesserung an der Stadtverteidigung vorgenommen.

Ludwig VI. stirbt am 24. April 1678. Da sein Sohn und Nachfolger Ludwig VII. nur wenige Monate nach ihm stirbt und der nächste in der Erbfolge, Landgraf Ernst Ludwig erst 10 Jahre alt ist, übernimmt dessen Mutter, Elisabeth Dorothea von Sachsen-Coburg die Regierungsgeschäfte. Sie führt die positive Entwicklung der Stadt durch ihren verstorbenen Ehemann fort und lässt die Vorstadt zuende bauen.

[Bearbeiten] Absolutistische Verhältnislosigkeit und wirtschaftlicher Niedergang (1688-1790)

Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt
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Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt

Als Ernst Ludwig schließlich 1688 die Regierungsgeschäfte selbst übernimmt, verschlechtert sich die außenpolitische Lage. Wieder droht es zu Erbstreitigkeiten zu kommen, so dass Ernst Ludwig die nach wie vor schlechte verteidigte Stadt verlässt und wie schon Georg II. von Gießen aus regiert. Er versucht in seinem Staat die Prinzipien des Absolutismus durchzusetzen, was für Darmstadt bedeutet, dass die Rechte des Stadtrats deutlich eingeschränkt werden.

1693 greifen die Franzosen Darmstadt an und zerstören den Burgfried des Schlosses und Teile der um den Weißen Turm liegende Stadtmauer. Genau dort lässt Ernst Ludwig ab 1695 die "neue Vorstadt" bauen. Darmstadt wandelt sich nun endlich auch strukturell von der Ackerbürgerstadt zur Residenzstadt.

1715 brennt die Kanzlei des Schlosses ab. Louis Remy de la Fosse, der bereits die Orangerie in Bessungen entworfen hat, plant daraufhin ein neues Barockschloss mit vier großen Flügeln, die das alte Schloss komplett ersetzen sollen. Aus Geldnot werden bis 1726 jedoch nur zwei Flügel fertiggestellt. Ernst Ludwig regiert weit über seine Verhältnisse und führt das Land nahezu in den Ruin. Bei seinem Tod 1739 belaufen sich die Staatsschulden auf über 4 Millionen Gulden.

Ernst Ludwigs Nachfolger Ludwig VIII. stoppt aufgrund dieser nicht mehr tragbaren Verschuldung den weiteren Ausbau der Stadt größtenteils. Allerdings weitet er mit großen finanziellen Aufwendungen den Jagdapparat aus und residiert auch üblicherweise im Jagdschloss Kranichstein statt im nur halbfertigen Barockbau beim Marktplatz. Ludwig IX., der 1768 das Amt des Landgrafen antritt, stoppt auch diese ausschweifende Verschwendung und verordnet der Stadt einen rigorosen Sparkurs. Für Darmstadt ist die Regierungszeit Ludwig IX. eine Zeit der Reformen und der politischen Bedeutungslosigkeit, da Ludwig seinen Regierungssitz nach Pirmasens verlegt.

Ludwigs Ehefrau, Caroline von Hessen-Darmstadt, scharrt ab 1771 den sogenannten „Kreis der Empfindsamen“ um sich, dem unter anderem auch der junge Goethe angehört. Dieser verleiht ihr den Ehrentitel Die große Landgräfin.

Der Landgraf dagegen hält seinen Sparkurs nicht durch und lässt ein Militärgebäude nach dem anderen errichten. Dabei verliert er jedes Augenmaß für die schlechte Finanzlage der Stadt und lässt ein erst 1769 fertiggestelltes Exerzierhaus 1771 wieder einreißen, um ein neues, viel zu großes und zu teures errichten zu lassen.

[Bearbeiten] Großherzogtum Hessen (1806-1918)

[Bearbeiten] Ende der Landgrafschaft und Beginn des Großherzogtums (1790-1815)

Ludwig X. übernimmt 1790 die Herrschaft und verlegt den Regierungssitz wieder nach Darmstadt. 1806 tritt er dem Rheinbund bei und wird von Napoleon zum Großherzog ernannt. Seitdem nennt er sich Ludewig I. von Hessen-Darmstadt und bei Rhein. Unter dem ersten Großherzog explodiert das Bevölkerungswachstum regelrecht und Georg Moller beginnt 1810 mit der Errichtung der "Mollerstadt" westlich des Schlosses, die schnell von der sozial besser gestellten Bevölkerung bezogen wird, während die Altstadt verarmt und verelendet. Moller baut auch einige Prunkbauten wie das Hof-Operntheater am Herrngarten, das heutige Hessische Staatsarchiv Darmstadt. Sein Vorschlag, die beiden noch fehlenden Schlossflügel zu bauen, wird nicht angenommen.

[Bearbeiten] Vormärz und Industrialisierung (1815-1871)

Ludwig I. hält zunächst am Absolutismus fest, führt aber 1820 eine landesständische Verfassung ein, in der ein Zweikammersystem eingeführt und der Schuldenabbau als ein Verfassungsziel definiert wird.

 Georg Büchner
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Georg Büchner

Zunächst scheint er damit die Auswirkungen des Vormärz abdämpfen zu können, doch mit Regierungsantritt seines Sohnes Ludwig II. im Jahr 1830 setzen sich die revolutionären Ideen auch in Darmstadt mehr und mehr durch.

Im Juni 1834 geht der von Georg Büchner verfasste und Friedrich Ludwig Weidig überarbeitete Hessische Landbote in Druck, in dem die großherzögliche Regierung und der Adel scharf kritisiert und mit der berühmten Parole "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" zur Revolution aufgerufen wird. Trotzdem damit eines der wichtigsten Werke des Vormärz in Darmstadt entstand, bleibt die Stadt selbst von der Märzrevolution relativ unberührt. Zwar kommt es 1848 auch in Darmstadt zu Unruhen, die brutal niedergeschlagen werden, das Machtgefüge der Stadt bringt es jedoch nicht ins Wanken.

Der ungeliebte Großherzog Ludwig II. ernennt seinen Sohn Ludwig III. am 5. März 1848 zum Mitregenten. Ludwig III. ist im Volk sehr beliebt und kann, nachdem er am 16. Juni 1848 nach dem Tod seines Vaters alleiniger Regent wird, die hervorgehobene Stellung des Großherzogs erfolgreich gegen die aufkommenden demokratischen und sozialistischen Ideen verteidigen.

Nach 1848 sorgt vor allem die Industrialisierung für einen Aufschwung der Stadt. Dadurch wird auch die Verelendung in den Armenvierteln vorübergehend gestoppt, was der Revolution ebenfalls Wind aus den Segeln nimmt.

[Bearbeiten] Deutsches Kaiserreich und 1. Weltkrieg (1871-1918)

In der Gründungsphase des Deutschen Kaiserreiches floriert die Wirtschaft in Darmstadt weiter und die Stadt wächst so immens, dass Bessungen 1888 Darmstadt eingemeidet wird. Bereits in den 1860er-Jahren aber zog die Verelendung der Altstadt wieder an. Als Reaktion werden ganze Häuserreihen abgerissen, doch auch das kann die katastrophalen Zustände in der Altstadt, die zu einem sozialen Brennpunkt geworden ist, nicht mehr ändern.

Außerhalb der Altstadt entstehen dagegen weiterhin neue, repräsentative Gebäude, das Museum, Hochschulen und ganz neue Siedlungsgebiete. Das berühmteste ist die 1899 von Großherzog Ernst Ludwig auf der Mathildenhöhe gegründete Künstlerkolonie, die sich zu einem der Zentren des Jugendstils entwickelt.

Bereits vor Ausbruch des 1. Weltkrieges sinkt die Bautätigkeit jedoch ab und der Krieg selbst bringt jeglichen Aufschwung endgültig zum Erliegen. Trotz der vehementen Weigerung von Großherzog Ernst Ludwig abzudanken, endet das Großherzogtum mit der Novemberrevolution 1918. Darmstadt wird Hauptstadt des neu gegründeten Volksstaat Hessen mit republikanischer Verfassung.

[Bearbeiten] Jüngere Geschichte (ab 1918)

[Bearbeiten] Weimarer Republik

Nach dem Krieg versucht man vergeblich der Wohnungsnot durch zahlreiche Neubauten Herr zu werden. Mit Hereinbrechen der Weltwirtschaftskrise spitzt sich die Lage (wie zuvor vor allem in der Altstadt) weiter zu.

[Bearbeiten] Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg

Im März 1933 stimmen 50% der Darmstädter bei der Reichstagswahl für die NSDAP. Zwei Wochen später wird erstmals die Schließung jüdischer Geschäfte verfügt; Zeitungen werden verboten, Beamte entlassen, Politiker wie Carlo Mierendorff und Wilhelm Leuschner verhaftet. Der Luisenplatz wird in Adolf-Hitler-Platz umbenannt.

1937 wird Darmstadt durch Eingemeindung von Eberstadt und Arheilgen Großstadt. In der Reichspogromnacht am 10. November 1938 brennen die Synagogen in der Bleichstraße, in der Friedrichstraße und in Eberstadt.

Am 8. Juni 1940 erlebt Darmstadt den ersten von insgesamt 36 Bombenangriffe.

Im Zusammenhang mit dem Hitlerattentat vom 20. Juli 1944 werden unter anderem Wilhelm Leuschner, Heinrich Delp, Theodor Haubach und Ludwig Schwamb verhaftet und hingerichtet oder kommen im KZ um.

Am 11. September 1944 wird die Stadt in der sog. Brandnacht durch einen Großangriff der Royal Air Force mit anschließendem Feuersturm in eine Trümmerwüste verwandelt. Da der Angriff weitestgehend auf die dichtbesiedelte Innenstadt geführt wird, sterben 11.500 Menschen und rund 66.000 Darmstädter werden obdachlos. Insgesamt werden ca. 99 % der Alt- und Innenstadt, des eigentlichen Stadtkerns (ohne Stadtteile) zerstört, insgesamt fielen 78% der Bausubstanz Darmstadts dem Bombardement zum Opfer. Der Luftangriff auf Darmstadt forderte prozentual zur Gesamtbevölkerung betrachtet nach dem Luftangriff auf Pforzheim die zweithöchste Opferzahl aller Luftangriffe auf deutschen Städte im Zweiten Weltkrieg. Bei Kriegsende hat die fast nur noch aus Ruinen bestehende Stadt insgesamt 12.300 Opfer zu beklagen.

[Bearbeiten] Nachkriegszeit und Wiederaufbau

Am 25. März 1945 besetzen amerikanische Truppen Darmstadt. Ludwig Metzger (SPD) wird als Oberbürgermeister eingesetzt. Ende 1945 sind die meisten Straßen von Trümmern befreit. 1946 wird nicht Darmstadt, sondern das deutlich größere Wiesbaden Landeshauptstadt des neu gegründeten Landes Hessen.

Der Wiederaufbau der Stadt nimmt auf die Tradition und wieder aufbaubare Baudenkmäler wenig Rücksicht. Lieblos werden Neubauten errichtet, die die Wohnqualität herabsenken. Trotz massiver Proteste aus der Bevölkerung wird das wenige, das nach dem Krieg von der mittelalterlichen Altstadt übrig blieb, abgerissen und durch fragwürdige Neubauten ersetzt. Der Theaterneubau stößt dabei auf Skepsis, der Bau des Einkaufszentrum Luisencenter regelrecht für Wut. Bei seiner Einweihung 1977 wird er mit Tomaten und Eier beworfen.

[Bearbeiten] Jüngste Vergangenheit

1988 wird die neue Synagoge eingeweiht, so dass es heute wieder ein aktives jüdisches Gemeindeleben gibt. Darmstadt ist die bis heute einzige Stadt Deutschlands, die als Geste der Versöhnung der jüdischen Gemeinde eine neue Synagoge gestiftet hat.

Aufgrund der vielen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen wurde Darmstadt im August 1997 die Bezeichnung Wissenschaftsstadt vom Hessischen Ministerium des Inneren verliehen.

[Bearbeiten] Darmstädter Regenten

[Bearbeiten] Landgrafen von Hessen-Darmstadt (1568-1806)

1568–1596 Georg I.
1596–1626 Ludwig V.
1626–1661 Georg II.
1661–1678 Ludwig VI.
1678 Ludwig VII.
1678–1739 Ernst Ludwig
1739–1768 Ludwig VIII.
1768–1790 Ludwig IX.
1790–1806 Ludwig X. (ab 1806 als Großherzog Ludwig I.)

[Bearbeiten] Großherzöge von Hessen (1806-1918)

1806–1830 Ludwig I. (vormals Landgraf Ludwig X.)
1830-1848 Ludwig II.
1848-1877 Ludwig III.
1877–1892 Ludwig IV.
1892–1918 Ernst Ludwig

[Bearbeiten] Literatur

  • Friedrich Battenberg u.a.: Darmstadts Geschichte. Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte. Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1984, ISBN 3-7929-0110-2
  • Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Kulturdenkmäler in Hessen: Stadt Darmstadt. Vieweg, Braunschweig 1994, enthält rund 70 Seiten Einführung zu Darmstadts Geschichte, ISBN 3-528-06249-5
  • Klaus Schmidt: Die Brandnacht - Dokumente von der Zerstörung Darmstadts am 11. September 1944, Verlag H.L. Schlapp, Darmstadt 2003 (Erstaufl. Reba-Verlag Darmstadt 1964), kann bei Libri, Georg Lichtenbrinck & Co KG über Buchhandel oder über Internet bestellt werden. ISBN 3-87704-053-5
  • Klaus Honold: Darmstadt im Feuersturm - Die Zerstörung am 11. September 1944, Wartberg Verlag, Gudensberg-Gleichen 2004, ISBN 3-8313-1466-7
  • Manfred Knodt: Die Regenten von Hessen-Darmstadt, Verlag H. L. Schlapp, Darmstadt 1976, ISBN 3-87704-004-7

[Bearbeiten] Weblinks

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