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Günter Särchen

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Günter Särchen (* 14. Dezember 1927 in Wittichenau; † 18. Juli 2004 in Hoyerswerda) war ein katholischer Sozialpädagoge, Publizist und Wegbereiter der deutsch-polnischen Aussöhnung. Er leitete die Arbeitsstelle für pastorale Hilfsmittel in Magdeburg.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Günter Särchen wurde 1927 in der katholischen Kleinstadt Wittichenau in der sorbischen Oberlausitz geboren. Dort besuchte er die Volksschule, dann bis 1942 die Lessing-Oberschule in Hoyerswerda, anschließend von 1942 bis 1944 die Handelsschule in Senftenberg. 1944 begann er eine Lehrausbildung als Textilverkäufer. Im Januar 1945 musste er als Soldat in den Krieg, kam in Gefangenschaft und verbrachte Monate im amerikanischen Kriegsgefangenenlager in Winzenheim bei Bad Kreuznach unter freiem Himmel.

Als Invalide, an einer schweren Tbc erkrankt, kehrte er heim. Ein langer Sanatoriumsaufenthalt schloss sich an. Für den jungen Katholiken, der zwar ohne Begeisterung in den Krieg gezogen war, sich aber mitschuldig wusste, wurden die Monate im Lager und in der Heilstätte zu einer Zeit der Besinnung und der Umkehr. Hinter Stacheldraht hörte er zum ersten Mal etwas über Freiheit, Menschenrechte und Demokratie.

Nach seiner Entlassung aus dem Sanatorium begann er in Westberlin ein sozialpädagogisches Studium. In dieser Zeit wurde er mit der katholischen Soziallehre vertraut, die sein künftiges Denken und Handeln bestimmen sollte. Günter Särchen war von Mai 1950 bis 1953 in Görlitz Diözesanjugendhelfer, dann bis März 1957 in Magdeburg.

Ab April 1957 war er Redaktionsmitarbeiter beim St. Benno-Verlag in Leipzig, dem einzigen katholischen Verlag in der DDR. Gleichzeitig begann er mit dem Aufbau einer katholischen Bildstelle für alles Jurisdiktionsbezirke der DDR. Im Januar 1958 wurde er Abteilungsleiter im Bischöflichen Amt Magdeburg und leitete die Arbeitsstelle für pastorale Hilfsmittel, die alle katholischen Gemeinden in der DDR mit Medien versorgt hat. Er verstand seine Arbeit immer als Dienst an den Gemeinden - ein Dienst, der unter den schwierigen Bedingungen in der DDR Beharrlichkeit, Mut und Einfallsreichtum erforderte. Er leitete diese Arbeitsstelle bis 1984. Im Juni 1984 wurde er invalidisiert.

Seine Haltung, die eindeutig im Widerspruch zur marxistischen Ideologie stand, machte ihn in den Augen der SED verdächtig; er wurde jahrzehntelang vom Staatssicherheitsdienst der DDR beobachtet und "operativ bearbeitet".

Seinen Lebensabend verbrachte Günter Särchen mit seiner Frau Brigitte in seiner Geburtsstadt Wittichenau.

1990 wurde Günter Särchen mit der Kommandeursstufe des Verdienstordens der Republik Polen geehrt, 1993 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande. 2003 erhielt er den Lothar-Kreyssig-Friedenspreis. Er war Ehrenbürger seiner Heimatstadt Wittichenau.

[Bearbeiten] Leistungen

Mitte der fünfziger Jahre war Günter Särchen den Leipziger Oratorianern Josef Gülden, Wolfgang Trilling und Theodor von Vittinghoff-Schell begegnet, die, inspiriert von Carl Oskar von Soden, schon vor dem 2. Weltkrieg mit jungen Polen über eine europäische Gemeinsamkeit nachgedacht hatten. Auf diesen Kontakten konnte er aufbauen, als er 1960 zum erstenmal nach Polen fuhr. Er fand Gesprächspartner in Gemeinden und Klöstern, in den Klubs der katholischen Intelligenz, in Laski, dem geistigen Zentrum der polnischen Laienbewegung. Auch Karol Wojtyła, der spätere Papst, damals Bischof in Kraków, unterstützte die Bemühungen des jungen Deutschen.

Dabei legte Günter Särchen vor allem Wert auf praktische Hilfe. Er schaffte nach Polen, was die Gemeinden dort brauchten und was sich in der DDR beschaffen ließ. Von intellektuellen Höhenflügen hielt nicht viel.

Als er Lothar Kreyssig kennen lernte, der nach dem Mauerbau 1961 von Magdeburg aus die Aktion Sühnezeichen in der DDR aufbaute, unterstütze er ihn sofort. Dank seiner inzwischen zahlreichen und engen Kontakte wurde im Sommer 1964 die erste Pilgerfahrt nach Polen vorbereitet. Doch die SED untersagte die Ausreise. Erst ein Jahr später konnten Freiwillige nach Auschwitz und Majdanek pilgern und in den ehemaligen Vernichtungslagern arbeiten.

Günter Särchen gehörte der Leitung der Aktion Sühnezeichen in der DDR von 1963 bis 1975 an. Vielen ging sein ökumenischer Eifer zu weit. Der Magdeburger Weihbischof Friedrich Maria Rintelen unterstützte ihn jedoch vorbehaltlos. So konnte er alljährlich Pilgerreisen nach Polen organisieren und ein Polenseminar aufbauen, aus dem später die Anna-Morawska-Gesellschaft hervorgegangen ist. 1990 gehörte er zu den Initiatoren der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung.

Zudem hat er zahlreiche Publikationen herausgegeben. Da die Publikationsmöglichkeiten für die Kirche in der DDR sehr begrenzt und der staatlichen Zensur unterworfen waren, wurden diese Schriften fast alle in mühevoller Handarbeit vervielfältigt. Denn Schriften, die "für den innerkirchlichen Dienstgebrauch" bestimmt waren, unterlagen der staatlichen Zensur nicht. Auch als Autor ist Günter Särchen vielfach tätig gewesen.

Im September 1991 hielt der damalige polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki in Berlin eine viel beachtete Rede, in der er über die künftige Gestalt Europas und die Chancen einer neuen Nachbarschaft zwischen Deutschen und Polen sprach. Ausdrücklich würdigte er dabei zwei Männer aus der DDR als Wegbereiter: Günter Särchen und Lothar Kreyssig, den Gründer der Aktion Sühnezeichen. Särchen nannte er einen Menschen von außergewöhnlicher Rechtschaffenheit und Opferbereitschaft, mit dem ihn eine enge Freundschaft verbinde.

[Bearbeiten] Werke

  • G.S. [d.i. Günter Särchen] (Hrsg.): Leben aus der Versöhnung. [hektographierte Handreichung für die Gemeindearbeit, Vermerk: Nur für den innerkirchlichen Gebrauch, Druckvermerk: 13/6050/1011/75], Magdeburg o.J. [1975]
  • Günter Särchen und Josef Gülden (Hrsg.): Laski. Heimat der Blinden. [Handreichung, Vermerk: Nur für den innerkirchlichen Gebrauch], [Magdeburg] 1975, [hektographiert]
  • Günter Särchen und Ludwig Mehlhorn: Jan Strzelecki: Erproben im Zeugnis. [Radix Verlag], o.O. [Berlin] o.J. [1989] [radix-Blätter Heft 11. - Samisdat-Druck]
  • Günter Särchen: Ich freue mich, daß ich dabei war. Reflexionen zum 17. Juni 1953. In: Bernd Börger, Michael Kröselberg (Hrsg.): Die Kraft wuchs im Verborgenen. Katholische Jugend zwischen Elbe und Oder 1945 – 1990. Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf 1993, S.289-294, ISBN 3-7761-0020-6
  • Günter Särchen (Hrsg.): Schalom dem schwierigen Dialog unter entfremdeten Geschwistern. Polen und Juden - Juden und Polen; Geschichte, Kultur, Dokumente, Reflexion, Literatur. Anna-Morawska-Seminar der Aktion Sühnezeichen, Magdeburg 1990, [hektographiert]
  • Günter Särchen: Krabat und der Obrist Joannes Schadowitz. Zum 300. Todestag von Joannes Schadowitz, im Volksmund der Wittichenauer und Groß Särchener "Krabat" genannt. 29. Mai 1704 – 29. Mai 2004. Stadtbibliothek Wittichenau, Wittichenau 2003 [als Manuskript gedruckt]
  • Günter Särchen: Der Graue. "Eseleien" im Dienste des Ewigen. – Ein autobiographischer Essay. Manuskript, o.J. [nach 1990]
  • Günter Särchen: Schellenkappe. Der Narr und sein Herr & Gebieter. Aus dem Notizbuch eines Hofnarren in vielen Jahren aufgeschrieben. Manuskript, o.J. [nach 1990]

[Bearbeiten] Literatur

  • Michael Ludwig: Leiser als Adenauer und de Gaulle, aber mindestens so mutig. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 212 vom 12. September 1998, S. 6
  • Konrad Weiß: Wegbereiter einer neuen Zukunft. In: Publik-Forum, Nr. 24 vom 19. Dezember 2003, S. 10-11
  • Konrad Weiß: Schuld tragen und Versöhnung leben. Zum Tod von Günter Särchen. In: Sächsische Zeitung, 23. Juli 2004, S. 12
  • Tadeusz Mazowiecki: Przyjaciel. [Ein Freund]. Günter Särchen (1927-2004). In: Tygodnik Powszechny, Kraków, Nr. 32 (2874) vom 08. August 2004, S. 9
  • Wojciech Pięciak: Na grobie moim "Patron" napiszcie. [Schreibt auf meinen Grabstein'Patron' In: Tygodnik Powszechny, Kraków, Nr. 32 (2874) vom 08.08.2004, S. 8-9
  • Krzysztof Ruchniewicz: Günter Särchen (1927-2004) - Unser Golgatha liegt im Osten. In: "Mein Polen...". Deutsche Polenfreunde in Porträts. Leipzig: Thelem Verlag 2005, S. 259-290. ISBN 3-937672-36-2

[Bearbeiten] Weblinks

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