Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Estado Novo (Portugal) - Wikipedia

Estado Novo (Portugal)

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Dieser Artikel erläutert den Estado Novo in Portugal; zu anderen Bedeutungen siehe Estado Novo.

Anmerkung: Dieser Artikel ist Teil des Hauptartikels über die Geschichte Portugals. Die Ereignisse, die zur Gründung des Estado Novo führten, sind in dem Artikel über die Erste Republik beschrieben, das Ende des Estado Novo und die weitere Entwicklung findet sich in dem Artikel über die Nelkenrevolution.

Der Estado Novo (portugiesisch: "Der neue Staat") bezeichnet den von António de Oliveira Salazar gegründeten autoritären und klerikalen Ständestaat in Portugal zwischen Anfang der 1930er Jahre und 1974.

1926 wird die erste Republik durch einen Militärputsch beendet. Da der Übergang von der Militärdiktatur in den Estado Novo fließend war, werden mehrere Daten als dessen Beginn genannt: der 28. Mai 1930, als António de Oliveira Salazar, zu diesem Zeitpunkt noch Finanzminister, in einer Grundsatzrede erstmals vom Estado Novo sprach, 1932 als Salazar zum Ministerpräsidenten berufen wurde und 1933 als die neue Verfassung des Estado Novo in Kraft trat.

Erstmals erwähnt wurde der Estado Novo in zwei Reden Salazars am 28. Mai und 30. Juni des Jahres 1930. Die Militärregierung stimmte mit seinen Plänen überein und ernannte Salazar am 5. Juli 1932 zum Ministerpräsidenten. Die 1933 von Salazar diktierte neue Verfassung schuf den Estado Novo. Die Verfassung sah einen alle sieben Jahre direkt gewählten Präsidenten, sowie einen vom Präsidenten ernannten Ministerpräsidenten vor. Das Parlament, die Assembleia Nacional, war nur für Mitglieder der einzig zugelassenen Partei, der Nationalen Union (União Nacional, UN) zugänglich. Andere Parteien wurden verboten, oppositionelle Kräfte wurden von der 1933 gegründeten geheimen Staatspolizei (PIDE) verfolgt.

Der Estado Novo war allein das Werk Salazars und nicht etwa das einer Ideologie oder Bewegung. Salazars Politik im Estado Novo war bestimmt durch den Ausgleich der unterschiedlichen Interessensgruppen im Lande: der Kirche, dem Militär, der Wirtschaft, den Großgrundbesitzern und den Kolonien. Als streng gläubiger Katholik stärkte Salazar die Katholische Kirche in Portugal. Ein 1940 mit dem Vatikan geschlossenes Konkordat führte an den staatlichen Schulen wieder den Religionsunterricht ein. Die Kirche wurde so zu einer wichtigen Säule des Estado Novo, auch wenn sie in den letzten Jahren der Diktatur eine kritischere Position einnahm, vor allem in Gestalt des Bischofs von Porto.

Die ab 1961 ausbrechenden Unabhängigkeitskriege in den portugiesischen Kolonien in Afrika führten zu einer zunehmenden Unzufriedenheit der Bevölkerung und des Militärs. Eine teilweise linksgerichtete Bewegung des Militärs (Movimento das Forças Armadas – MFA) erhob sich in der so genannten Nelkenrevolution am 25. April 1974 und stürzte das Regime unter Salazars Nachfolger Marcello Caetano, womit der Estado Novo endete.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Vorgeschichte und das Ende der ersten portugiesischen Republik

Im Jahr 1926 befand sich die erste Republik in Portugal bereits in der politischen Agonie. Die verfassungsmäßige Ordnung wurde durch einen Putsch am 31. März 1926 beendet, der letzte demokratisch gewählte Präsident, Bernardino Machado verlässt fluchtartig das Land, es kommt eine Militärjunta an die Macht, in der Hauptmann Mendes Cabeçadas, der noch von Präsident Machado als Nachfolger eingesetzt wurde, und General Gomes da Costa, der Führer der aufständischen Militärs, die wichtigsten Rollen spielten. Hauptmann Mendes Cabeçadas übernimmt den Posten des Staatspräsidenten und Regierungschef, in seine Regierung beruft er auch zum ersten Mal Salazar als Finanzminister, der zur entscheidenden Person des Estado Novo aufsteigen sollte.

Die neue Militärjunta, in der mit Mendes Cabeçada ein Anhänger der Republik und mit Gomes da Costa ein Gegner derselben vereinigt ist, hält nur eine Woche. Am 6. Juni 1926 marschiert General Gomes da Costa mit seinen Truppen in Lissabon ein. Mendes Cabeçada weigert sich, die Lissabonner Bevölkerung zu bewaffnen, da er ein Blutbad und die Zerstörung großer Teile der Stadt befürchtet. So hat das republikanische Lager den Truppen von Gomes da Costa nichts entgegenzusetzen. Am 17. Juni 1926 löst Gomes da Costa die Militärjunta auf, setzt Mendes Cabeçada als Präsidenten und Premierminister ab und übernimmt selbst beide Posten. Zwei Tage später geht Mendes Cabeçada ins Exil. Salazar gehört der neuen Regierung nicht mehr an und zieht sich nach Coimbra zurück. Die Verfassung wird jetzt auch offiziell suspendiert, die Kommunistische Partei verboten. Gomes da Costa kann sich allerdings nicht lange an seinem Coup erfreuen. Aus der Armee wird zunehmend Kritik an ihm laut. Während eines Treffens mit hohen Armeefunktionären am 6. Juli 1926 verlangen diese, dass die Machtfülle des Generals eingeschränkt wird. Dieser weigert sich, wird als Präsident abgesetzt, verhaftet und schließlich auf die Azoren verbannt. Am 9. Juli 1926 wird General Óscar Fragoso Carmona zu seinem Nachfolger bestimmt. Die Wahl fiel vor allem deshalb auf Óscar Carmona, da dieser keiner bestimmten Gruppe innerhalb des Militärs angehörte.


[Bearbeiten] Die Konsolidierung der Militärdiktatur und wachsender Einfluss Salazars

Die Republikaner versuchen gegen Anfang 1927 vergeblich, die alten Zustände wieder herzustellen. In Paris hatte sich unter den Exilierten eine Oppositionsgruppe, die Pariser Liga, gebildet, deren prominentestes Mitglied Ex-Präsident Machado war. In Porto und Lissabon kommt es zu Aufständen von Teilen der Armee. Die Aufständischen werden von der Pariser Liga unterstützt, der Aufstand bricht aber trotzdem kurze Zeit später zusammen. Hauptmann de Passos e Sousa führt die Regierungstruppen gegen die Aufständischen. Im Laufe des Jahres 1927 wird de Passos e Sousa kurzzeitig zu einem der wichtigsten Mitarbeiter von Präsident Carmona. Carmona versuchte in dieser Zeit eine konservative Partei zu gründen, welche die Regimepartei der neuen Ordnung werden sollte. De Passos e Sousa wird mit der Parteigründung beauftragt. Zunächst schließt er einen „politischen Pakt“ mit Aufständischen und Oppositionsführern ab und löst dann mehrere Armeeeinheiten auf. Von Carmona wird de Passos e Sousa auf den von ihm neu geschaffenen Posten eines Stellvertretenden Ministerpräsidenten berufen. Nur einen Tag später kommt es allerdings zu einem Putschversuch von Armeeangehörigen, die in Opposition zu de Passos e Sousa stehen. Präsident Carmona schafft daraufhin den Posten des Stellvertretenden Ministerpräsidenten wieder ab und ernennt eine neue Regierung unter Vicente de Freitas, einem Gegner des politischen Paktes. Dieser ist damit zunächst erst einmal gescheitert. Präsident Carmona erlässt ein allgemeines Parteienverbot und verbietet die wichtigste Gewerkschaftsbewegung.

Wichtigste politische Frage der ersten Jahre der Militärdiktatur waren die total zerrütteten Staatsfinanzen. Finanzminister General Sinel de Cordes, der für das Haushaltsjahr 1927 ein Defizit von 600 Millionen Escudos verwaltet, versucht, für Portugal einen Kredit beim Völkerbund zu erhalten. Ivens Ferraz, der de Cordes als portugiesischer Chefunterhändler beim Völkerbund ablöst, erreicht dann auch wirklich, dass der Völkerbund dem Darlehen zustimmt. Allerdings ist die Darlehensgewährung an Bedingungen geknüpft, die viele in Portugal als Einschränkung der nationalen Souveränität und Beleidigung des Landes empfinden. Als Ferraz die Bedingungen ablehnt und der Kredit daran scheitert, wird er in Lissabon wie ein Held empfangen. Auch Salazar gehörte zu den scharfen Kritikern des Darlehensprojekts. Carmona lässt im März 1928 Präsidentschaftswahlen durchführen, seine Herrschaft hatte ja bis jetzt keine demokratische Legitimation. Anders als in der suspendierten Verfassung vorgesehen wurde er nicht vom, ja aufgelösten, Parlament gewählt, sondern wie vor ihm Sidónio Pais durch ein nationales Referendum, ohne Gegenkandidaten.

Entscheidende politische Figur wurde jedoch immer mehr Salazar, der am 27. April 1928 zum Finanzminister berufen wird. Als solchem gelingt ihm innerhalb kürzester Zeit das "Wunder", die portugiesischen Staatsfinanzen zu sanieren. Er hatte sich dafür vom Staatspräsidenten besondere Vollmachten geben lassen. Der Schlüssel zum Erfolg der Salazarschen Haushaltskonsolidierung war ein starker Staat, der Steuererhöhungen bei einem gleichzeitigen Zurückfahren der Staatsausgaben durchsetzen konnte. So wurde der Finanzminister schnell zur mächtigsten Person in der Regierung, vor dem Regierungschef. Auch wenn die Konsolidierung des Staatshaushaltes, der in Portugal vorher traditionell überschuldet war, unbestreitbar ein großer Erfolg Salazars war, zeigten sich allmählich die negativen Auswirkungen seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik. Das Zurückfahren der Staatsausgaben, auch in so wichtigen Bereichen wie der Sozial- und Bildungspolitik führte dazu, dass Portugal in seiner Ausgangslage verharrte und eines der ärmsten und rückständigsten Länder Westeuropas blieb. Andererseits hatte Salazar gerade in den landwirtschaftliche geprägten Armutsgebieten des Nordens, wo die Analphabetenrate für europäische Verhältnisse ausgesprochen hoch war, seine treuesten Anhänger. 1929 tritt Ministerpräsident de Freitas zurück, Ivens Ferraz wird sein Nachfolger. Salazar bleibt Finanzminister. Dem Einfluss des katholischen Salazar ist es auch zu danken, dass sich das Verhältnis zur katholischen Kirche entspannte, besonders als António Cereijeira, ein enger persönliche Freund Salazars, im Dezember 1929 zum Kardinal-Patriarchen von Lissabon ernannt wird. Mit dem Vatikan wurde ein neues Konkordat geschlossen, in dem dieser die in der Republik erfolgte Trennung zwischen Staat und Kirche ausdrücklich anerkennt.

Auch später, als Salazar bereits die Regierung führte, behielt er den Habitus eines Universitätsprofessors, das Kabinett und sein Land belehrte er in Ansprachen, die mehr Universitätsvorlesungen glichen. Privat führte er ein asketisches Leben, er war nie verheiratet und hatte keine Kinder. Salazar verfügte nicht über großes Charisma, was ihn von den anderen faschistischen Diktatoren in Europa, besonders von Mussolini unterschied. Im Lande wurde er deshalb respektiert, aber nicht geliebt.

Als im Januar 1930 Salazar wegen Kritik an seiner Finanzpolitik hinsichtlich der Kolonien kurzzeitig zurücktritt, zeigt sich deutlich, wie viel Einfluss der Finanzminister bereits in der portugiesischen Politik hatte. Der Rücktritt Salazar zog den Fall der Regierung Ferraz nach sich. De Passos e Souza wurde von Präsident Carmona mit der Regierungsbildung beauftragt, Salazar machte allerdings deutlich, dass er nicht gewillt war, in eine von de Passos e Souza geführte Regierung einzutreten. Dies reichte, um eine Regierungsbildung von de Passos e Souza unmöglich zu machen. Ministerpräsident wurde so nicht er, sondern Domingues Oliveira, Salazar tritt erneut in als Finanzminister in die Regierung ein.

Eine Reihe von Regierungsdekreten dieser Zeit zeigte die Richtung des neuen Staates. So konnte verhaftet werden, wer während des Abspielens der Nationalhymne nicht aufstand. Ein Dekret verbot auf Speisekarten und in der Werbung nicht-portugiesische Wörter zu verwenden. Ebenfalls per Dekret wird die Beschäftigung von Ausländern verboten, solange es portugiesische oder in Portugal lebende brasilianische Arbeitslose gibt und die Pressenzensur wurde verschärft. Die Jahre von 1930 bis 1932 wurden von Salazar genutzt, planmäßig seinen Ständestaat aufzubauen. So kündigte er bereits Ende Juni 1930 an, eine neue Regierungspartei, die Nationale Union (União Nacional, UN) zu schaffen, die am 17. Mai 1931 offiziell gegründet wird. In zwei Grundsatzreden macht Salazar seine Pläne bekannt. In einer ersten Rede, am 28. Mai 1930, sprach er zum ersten Mal von der Notwendigkeit einer neuen Verfassung, durch die eine starke autoritäre politische Ordnung geschaffen werden sollte, die er in seiner Rede als „der neue Staat“ (O Estado Novo) bezeichnete. In einer zweiten Rede am 30. Juni 1930 gab er seine Bereitschaft zu erkennen, diesen Staat zu schaffen. Gegen diese Pläne bildete sich einiger Widerstand. General Sousa Dias putscht mit einigen Truppenteilen in Madeira, der Aufstand breitet sich auch auf den Azoren und Kapverdischen Inseln aus, schlägt aber fehl, als den Aufständischen die Munition ausgeht. Gegen die Verfassungspläne Salazars formiert sich die Republikanisch-Sozialistische Allianz, die besonders linksstehende Teile des portugiesischen Militärs anzieht. Auch Mendes Cabeçadas unterstützt diese Gruppe, Präsident Carmona empfängt Vertreter der Republikanisch-Sozialistischen Allianz im Präsidentenpalast. Als dann jedoch am 26. August 1931 Militäreinheiten in Lissabon meutern, schlägt Salazar zurück. Es gelingt ihm, den Aufstand binnen eines Tages niederzuschlagen. Per Dekret werden die Aufständischen als Kommunisten gebrandmarkt. Ebenfalls per Regierungsdekret werden die Grundlagen des Ständestaates geschaffen. Im Dezember 1931 wird ein „Nationaler Politischer Rat“ geschaffen, der den Präsidenten in politischen Fragen „beraten“ soll. De facto werden damit die Machtbefugnisse von Präsident Carmona zugunsten der Regierung und damit Salazars eingeschränkt. Damit war auch das Militär auf die Linie von Salazar gebracht. Die Regierung von Ministerpräsident Oliveira trat geschlossen zurück, im Juli 1932 wird Salazar dann auch offiziell Ministerpräsident.

[Bearbeiten] Salazar als Ministerpräsident, Aufbau des Ständestaates und Zweiter Weltkrieg

Im Januar 1933 schafft Salazar die politische Geheimpolizei (PVDE, siehe PIDE) die zur wichtigsten Stütze seiner Herrschaft und zu einem bedeutenden Unterdrückungsinstrument werden sollte. Sein Vorgänger Vicente de Freitas wird als Bürgermeister von Lissabon abgesetzt.

Salazar lässt ein Referendum über die neue Verfassung abhalten, die daraufhin in Kraft gesetzt wird. Die Verfassung, maßgeblich von Salazar beeinflusst, orientierte sich stark am faschistischen Italien. Nach der Verfassung sollte der Präsident direkt vom Volk für einen Zeitraum von sieben Jahren gewählt werden. Der Präsident ernannte den Ministerpräsidenten, dieser war dem Präsidenten verantwortlich. Das Einparteiensystem wurde eingeführt, die Nationale Union war die einzige zugelassene Partei. Der Umbau der Republik zu einem autoritären Ständestaat nach faschistischem Modell ist damit abgeschlossen. Durch das Nationale Arbeitsgesetz wird das Streikrecht aufgehoben, die freien Gewerkschaften werden verboten. Ein sich dagegen richtender Generalstreik im Januar 1934 bricht bald zusammen. Die Faschistische Gewerkschaftsbewegung, die versucht Salazar rechts zu überholen, wird gleichgeschaltet, ihre Führer müssen ins spanische Exil gehen, schließlich geht sie in Salazars Nationalunion auf. Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden ebenfalls nach italienischem Vorbild in einem gemeinsamen korporativen System organisiert. Im Dezember 1934 werden „Wahlen“ zur Nationalversammlung abgehalten, die natürlich von der Nationale Union als einziger legaler Partei mit einem überwältigenden Sieg gewonnen werden.

Die nur aus Abgeordneten der Nationalen Union bestehende Nationalversammlung hatte zwar das Recht, Gesetzgebungsverfahren einzuleiten, aber nur insoweit, wie dadurch keine zusätzlichen Staatsausgaben hervorgerufen wurden. Neben der Nationalversammlung gab es eine zweite Kammer, die Kooperationskammer, in der Vertreter der Arbeiter- und Arbeitgeber-Kooperationen und Vertreter der anderen Berufskooperationen saßen. Frauen erhielten durch die Verfassung von 1933 zum ersten Mal das Wahlrecht, da Analphabeten weiterhin ausgeschlossen waren und das Wahlrecht an den Nachweis eines gewissen Besitzes geknüpft war, besaßen jedoch weiterhin nur ca. 20 % der Portugiesen das aktive Wahlrecht.

Die weitere Politik der Regierung wird zunächst durch die außenpolitischen Umstände bestimmt, in Spanien bricht 1936 der Bürgerkrieg aus, später dann (1939) der Zweite Weltkrieg. Salazars Sympathien sind auf Seiten von Franco, den Portugal seit 1936 offiziell unterstützt. Innenpolitisch waren ja die Kommunisten Hauptgegner Salazars, außenpolitisch gelang es ihm deshalb nie, Beziehungen zur Sowjetunion aufzubauen. Die Teilnahme von kommunistischen Freiwilligenbrigaden auf Seiten der demokratischen Regierung während des Spanischen Bürgerkrieges führten Salazar deshalb fast zwangsläufig an die Seite von Franco. Mehr als 20.000 portugiesische „Freiwillige“ kämpften mit Salazars Unterstützung auf Seiten Francos. 1939 wird schließlich der Iberien-Pakt geschlossen, ein Beistands- und Bündnisvertrag zwischen Portugal und dem Frankistischen Spanien.

Hinsichtlich Deutschlands war die Politik von Salazar ambivalenter. Im Zweiten Weltkrieg erklärte sich das Land für neutral, was Portugal aber nicht daran hinderte, dem Deutschen Reich zwischen 1943 und 1944 für die deutsche Kriegswirtschaft lebenswichtiges Wolfram zu verkaufen. Damit verärgerte Portugal natürlich Großbritannien, den traditionellen Alliierten des Landes. England übt daraufhin Druck auf Präsident Carmona aus, der demonstrativ Kontakte mit oppositionellen, linksstehenden Kräften innerhalb der Armee sucht. Diese Demonstration verfehlt ihre Wirkung auf Salazar nicht, die deutschfreundliche Politik wird beendet, die diplomatischen Beziehungen mit dem Deutschen Reich 1943 abgebrochen, den Briten und 1944 auch den USA die Einrichtung von Militärbasen auf den strategisch wichtigen Azoren erlaubt. Großbritannien und die USA garantierten darauf die portugiesische Neutralität. Salazar stand zu diesem Zeitpunkt allerdings sowieso bereits mehr auf Seiten der Alliierten, so dass nur wenig Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. Zwar bewundere er weiterhin das faschistische Italien unter Benito Mussolini und auch Spaniens General Francisco Franco, zu Hitler hatte er jedoch eine andere Meinung. Als überzeugter Katholik verabscheute er besonders die antikirchlichen, ja zum Teil sogar neu-heidnischen („Wiederbelebung der germanischen Religion“ durch Himmler u.ä.) Aspekte der NS-Politik.

Als die Fragen der Loyalität Portugals im Zweiten Weltkrieg zur Zufriedenheit der Alliierten und auch Präsident Carmonas geregelt wurden, brachen dessen Kontakte mit der Opposition schnell wieder ab. Portugal war als neutrales Land nur indirekt vom Krieg betroffen. Die Kolonie Osttimor, die von Japan besetzt und danach von Australiern und Niederländern befreit wurde, war das einzige Territorium Portugals, in dem während des Krieges direkte Kampfhandlungen stattfanden. Nachdem die Japaner Hongkong von den Briten erobert hatten, geriet auch Macao unter japanische Kontrolle.

1937 kommt es zu einem Bombenattentat auf Salazar, das dieser unverletzt übersteht. Die Attentäter werden verhaftet.

[Bearbeiten] Ende des Zweiten Weltkrieges, Beginn des Kolonialkonflikts

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommt es erneut zu zwei militärischen Verschwörungen gegen die Regierung Salazar (1946 und 1947), die aber beide von der Regierung niedergeschlagen werden können. Die Aufständischen behaupten in den sich anschließenden Gerichtsverfahren, von Präsident Carmona zu ihrem Handeln ermuntert worden zu sein, die wirkliche Rolle des Präsidenten wird jedoch nie aufgeklärt. Im Januar 1946 schickt Präsident Carmona ein Memorandum an die Regierung mit der Bitte an Ministerpräsident Salazar, er möge die Vorschläge des Präsidenten, die auf eine vorsichtige Demokratisierung hinzielten, „studieren“. Wirklich kommt es in der Nachkriegszeit zu einer vorsichtigen Liberalisierung, das Einparteiensystem wird etwas geöffnet, auch wenn das Parlament weiterhin von der Nationalen Union monopolisiert wurde und es wurde ermöglich, das bei den Präsidentenwahlen 1949 zum ersten Mal ein Oppositionskandidat, General Norton de Matos, aufgestellt wird. Salazar lockert zudem die Zensur und dekretiert eine Amnestie, durch die eine Reihe politischer Gefangener die Freiheit zurückerlangen. Die Opposition bildet daraufhin die Bewegung der demokratischen Einheit (MUD – Movimento de Unidade Democrática) eine Sammlungsbewegung, in der alle Gegner Salazars von Demokraten über Faschisten bis Kommunisten vertreten waren.

Carmona hatte sich zwischenzeitlich mit Salazar ausgesöhnt und erhielt deshalb bei den Wahlen die Unterstützung der Nationalen Union. Manipulationen der Regierung im Vorfeld der Wahl, durch die eine Wiederwahl Cardonas gesichert werden sollte, führten dazu, dass General de Matos am Vorabend der Wahl seine Kandidatur unter Protest zurückzog. Schon seine Kandidatur, so schrieb de Matos, würde die Farce einer freien Wahl, die die Regierung durchführen würde, in den Augen der Weltöffentlichkeit legitimieren. Carmona wurde so erneut ohne Gegenkandidat zum Präsidenten gewählt. Ebenfalls 1949 tritt Portugal als Gründungsmitglied der NATO bei, verlässt also den bisherigen außenpolitischen Kurs der Neutralität. Im Jahr 1951 werden die portugiesischen Kolonien zu Überseeprovinzen, also zu integralen Bestandteilen des Mutterlandes, erklärt. Größere politische Autonomie für die Kolonialgebiete ist damit allerdings nicht verbunden.

Im Jahre 1951 verstirbt Präsident Carmona im Amt und wird unter großem Pomp im Nationalen Pantheon in Lissabon beerdigt. Bei den darauf folgenden Präsidentschaftswahlen ist Francisco Craveiro Lopes Kandidat der Regierung und der Nationalen Union. Gegen ihn stellt die Opposition zwei Kandidaten auf, Rui Luís Gomes für die Kommunisten und Admiral Quintão Meireles für die demokratische Opposition. Gomes wird von obersten Wahlgericht für nicht wählbar erklärt, aufgrund von neuen Bestimmungen, die erst kurz vorher von der Regierung verabschiedet worden. Meireles zieht seine Kandidatur zurück, offensichtlich auf Druck der Regierung, so dass Craveiro Lopes ohne Gegenkandidat gewählt wird.

Die Jahre 1953 bis 1958 sahen auch die ersten Anfänge bei den Dekolonialisierungsbemühungen der afrikanischen Kolonien, die später in den für Portugal so ruinösen Kolonialkrieg münden sollten. 1954 wird die UPNA, die Union der nordangolanischen Völker, im Exil in Belgisch-Kongo gegründet. Im nächsten Jahr folgte dann die PAIGC (Partido Africano para a Independência da Guiné e Cabo Verde, Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea und Kapverden), die Befreiungsbewegung von Portugiesisch-Guinea und der Kapverdischen Inseln. Die PAIGC, deren Gründer und erster Vorsitzender der 1973 in Conakry ermordete Amílcar Cabral war, wurde später zu einer der mächtigsten Befreiungsbewegungen innerhalb des portugiesischen Kolonialreich und zur ersten, die die Unabhängigkeit einer portugiesischen Kolonie vom Mutterland erkämpfte. 1958 wird die Republik Guinea (Conakry) unter Sékou Touré als erste französische Kolonie in Schwarzafrika unabhängig. Die guineische Unabhängigkeit hatte Vorbildfunktion für das benachbarte Portugiesisch-Guinea (heute Guinea-Bissau) und führte auch dort zu einem Anwachsen der antikolonialen Stimmung.

Erst 1955 tritt Portugal den Vereinten Nationen bei, bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Sowjetunion einen Betritt des Landes verhindert.


[Bearbeiten] Humberto Delgado und die Präsidentschaftswahlen von 1958

Die Präsidentschaftswahlen 1958 werden zu einer ersten wirklichen Bewährungsprobe für die Regierung. Präsident Craveiro Lopes hatte sich immer mehr von Salazar ab- und der Opposition zugewandt. Die Opposition selbst hatte mit General Humberto Delgado zum ersten Mal einen erfolgversprechenden Kandidaten. Delgado, ein Offizier der Luftwaffe, gehörte zu den putschenden Soldaten des Jahres 1926. Während des Zweiten Weltkrieges war er portugiesischer Verhandlungsführer bei den Verhandlungen mit Briten und Amerikanern über die Zulassung alliierter Basen auf den Azoren. Der Kontakt mit den alliierten Offizieren prägte Delgado. Er hatte hier zum ersten Mal Kontakt mit Offizieren der westlichen Demokratien, die unpolitisch ihre Arbeit taten, ohne die demokratische Entwicklung ihres Landes stören zu wollen. Diese Haltung wurde daraufhin zu einer Art Vorbild für Delgado. Bei den Wahlen von 1958 unterstützte Delgado ursprünglich eine Wiederwahl des Präsidenten Craveiro Lopes, als allerdings klar wurde, das dieser sich mangels Unterstützung der Regierung nicht zur Wahl stellen würde, und die Nationale Union Américo Tomás zu ihrem Kandidaten kürte, entschloss sich Delgado als Gegenkandidat aufzutreten. Ein weiterer Gegenkandidat, Arlindo Vincente, aufgestellt von der Kommunistischen Partei, zog seine Kandidatur zugunsten Delgados zurück.

Delgado widerstand allem Druck der Regierung seine Kandidatur vor den Wahlen zurückzuziehen, so dass die Portugiesen 1958 zum ersten Mal seit dem Putsch von 1926 wieder zwischen zwei Kandidaten wählen konnten. Delgado machte während des Wahlkampfes auch ziemlich deutlich, dass er für den Fall, dass er gewählt werden würde, Salazar als Regierungschef entlassen würde. Die Wahlen des Jahres 1958 können nicht wirklich als frei bezeichnet werden. So wurde z. B. durch Regierungsdekret der Opposition verboten, eigene Wahlbeobachter in die Wahllokale zu entsenden. Nach offiziellen Angaben erhielt Delgado bei den Wahlen 23% der Stimmen, nach der Meinung der meisten Beobachter hätte er die Wahlen wohl gewonnen, wenn es sich um wirklich freie Wahlen gehandelt hätte. Auf alle Fälle hat dies Salazar einen solchen Schreck versetzt, dass er nach den Wahlen die Verfassung ändern ließ, so dass der Präsident zukünftig nicht mehr direkt vom Volk gewählt wurde. Nach der Verfassungsänderung sollte der Präsident zukünftig von einem aus 602 Mitgliedern bestehenden Wahlmännergremium gewählt werden, das aus den Mitgliedern der Nationalversammlung der Kooperationskammern, der Kolonial- und der Kommunalverwaltungen bestehen sollte.

Gegen die Wahlfälschung kommt es zu einem Aufstand, der allerdings von Seiten der Regierung schnell unterdrückt wird. Delgado muss nach den Wahlen um seine eigene Sicherheit fürchten und geht ins spanische Exil.


[Bearbeiten] Salazars Regierungsstil

Salazars Regierungsstil war der eines persönlichen Regiments, allerdings ohne den Personenkult, den es in anderen faschistischen Staaten gegeben hatte. Der Estado Novo war seine Gründung und auf ihn ausgerichtet, hatte sonst keine grundlegende Ideologie. Salazar war der Auffassung, dass der portugiesische Nationalcharakter seine Mitbürger dazu verleitete, schnell politischen Demagogen zu verfallen, er setzte deshalb auf eine konsequente Entpolitisierung des Landes. Alle politischen Parteien blieben verboten, die Nationale Union, offiziell keine Partei sondern eine bürgerliche Vereinigung, sollte das Land ruhig halten und verführte ihre Anhänger deshalb eher zu Apathie als zu politischen Diskussionen. Zwar führte Salazar eine Reihe von Massendemonstrationen durch, hatte eine Jugendorganisation, einen eigenen Gruß und andere von faschistischen Staaten übernommene Äußerlichkeiten, im Grundsatz versuchte er aber gerade nicht, das Volk zu politisieren, sein Staat wurde oft mit dem Schlagwort „Fado, Fátima und Fußball“ also Musik, Religion und Sport beschrieben, die das Volks ruhig stellen sollten. Politik in den Salazar-Jahren beschränkte sich auf das Austarieren des Einflusses der verschiedenen Gruppen, deren Unterstützung die Regierung benötigte – das Militär, Geschäftsleute und Handel, Landbesitzer, Kolonialinteressen und die Kirche.

Auch gegenüber der Katholischen Kirche verhielt sich Salazar ambivalent. Er, der in seiner Jugend ja selbst ein katholisches Priesterseminar besucht hatte, nannte die Kirche zwar „die große Quelle unseres nationalen Lebens“, und hatte durch das Konkordat die Beziehungen zum Vatikan normalisiert. Andererseits versuchte er jedoch konsequent, den Einfluss der Kirche auf die nationale Politik zu beschränken. Ansonsten versuchte er vor allem die großen Wunden innerhalb der Gesellschaft, die der Kampf zwischen Kirche und Antiklerikalisten während der ersten Republik geschlagen hatte, zu heilen.


[Bearbeiten] Der portugiesische Kolonialkrieg und das Ende der Herrschaft Salazars

siehe auch: Portugiesische Kolonien bzw. Portugiesischer Kolonialkrieg

Die Jahre nach den Wahlen von 1958 sind gekennzeichnet durch den Beginn der Kolonialkriege und zunehmenden innenpolitischen Schwierigkeiten in Portugal. Im Juni 1960 wird in Conakry (Republik Guinea) die MPLA, die kommunistische Befreiungsbewegung Angolas, von Mário Pinto de Andrade gegründet. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet eine Resolution (Nr. 1514) mit der jeglicher Kolonialbesitz verboten wird und die Kolonialmächte aufgefordert werden, unverzüglich in Bestrebungen zur Einsetzung von einheimischen Regierungen in den Kolonialgebieten einzutreten. Den portugiesischen Hinweis, bei seinen afrikanischen Gebieten handele es sich nicht um Kolonien sondern um Überseeprovinzen, kontern die Vereinten Nationen mit einer neuen Resolution, in der aller portugiesischer Besitz außerhalb Europas zu Kolonien erklärt wird.

In Mosambik kommt es 1960 zu einem Massaker, als portugiesische Truppen auf Afrikaner schießen, die gegen die Heranziehung zu Zwangsarbeit protestieren. Angeblich sterben dabei über 600 Afrikaner (Mueda Massaker). 1961 verliert Portugal seine Kolonien in Indien (Goa, Damão und Diu) als diese von der indischen Armee handstreichartig besetzt werden. In Goa standen 3.000 schlecht ausgerüstete portugiesische Soldaten einer indischen Übermacht von 30.000 Mann gegenüber. Die Portugiesen leisteten deshalb dem indischen Einmarsch kaum Widerstand. Salazar hatte allerdings seiner Armee befohlen, Goa auf alle Fälle zu halten, und bestrafte die Armee nach dem Fall von Goa mit der Degradierung einiger Offiziere. Da in der Armee durchaus bekannt war, wie aussichtslos die militärische Situation für Portugal in Goa gewesen war, führten diese als ungerecht empfundenen Maßnahmen zu Kritik und Unzufriedenheit in der Armee.

Im gleichen Jahr beginnt der Kampf gegen die portugiesische Kolonialmacht in Angola. Im Norden des Landes kommt es zu einem Aufstand, mehr als 800 Europäer sterben. Die Portugiesen bombardieren daraufhin den Norden des Landes, was zu Tausenden von Opfern unter der Zivilbevölkerung führt. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen fordert die Unabhängigkeit Angolas, die Situation dort ist auch Thema eines Gesprächs des amerikanischen Präsidenten Kennedy mit seinem französischen Amtskollegen de Gaulle. Angola wird auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gesetzt, dort zeichnet sich eine allgemeine antiportugiesische Stimmung ab. Salazar wirft daraufhin den USA vor, Aufstände in Angola zu unterstützen und verlegt frische Truppen aus Portugal in das Gebiet. Schließlich verurteilt sowohl der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als auch die NATO das portugiesische Vorgehen in Angola.

Regimekritiker unter der Führung von Henrique Galvão entführen die „Santa Maria“ einen Passagierdampfer und ein Flugzeug der TAP, mit dem sie über Lissabon Flugblätter abwerfen, in denen zum Aufstand gegen die Regierung aufgerufen wird. Eine Reihe von Offizieren unter der Führung von Verteidigungsminister Botelho Moniz versuchen Salazar zu stürzen, scheitern aber. Auch Präsident Craveiro Lopes soll den gescheiterten Putsch angeblich unterstützt haben. Ein Aufstand demokratischer Militärs im Jahr 1962 (Angriff auf die Kasernen in Beja), an dem auch Humberto Delgado teilnimmt, scheitert ebenfalls. Nach dem Scheitern des Putsches verlässt Delgado das Land wieder.

1961 beginnt die PAIGC mit ihrem Aufstand in Guinea-Bissau, nachdem Amílcar Cabral in einem offenen Brief an die portugiesische Regierung die Unabhängigkeit Guinea-Bissaus gefordert hatte. Zwei angolanische Befreiungsbewegungen vereinigten sich zur FNLA (Nationale Front für die Befreiung Angolas) die eine in Leopoldville (heute Kinshasa) residierende Exilregierung gründet. Agostino Neto wird Vorsitzender der MPLA, in Mosambik wird von Eduardo Mondlane die FRELIMO gegründet. Auch in der angolanische Enklave Cabinda beginnt der Kolonialkrieg. In Guinea-Bissau greift die PAIGC eine Kaserne in Tite an. Die 1963 gegründete OAU ruft als eine ihrer ersten Handlungen ihre Mitglieder auf, die diplomatischen Beziehungen zu Portugal abzubrechen.

1964 beginnen schließlich auch in Mosambik antiportugiesische Guerilla-Kämpfe mit einem Angriff der FRELIMO auf die Kaserne in Mueda. Der PAIGC gelingt es, die Insel Como von portugiesischen Soldaten zu befreien. Für die Nordprovinzen Mosambiks wird der Ausnahmezustand aufgerufen. Die FNLA wird von der OAU als einzige Vertreterin des angolanischen Volkes anerkannt, eine Entscheidung, die später (1968) zugunsten der MPLA revidiert wird. Die PAIGC hält im Dezember 1964 ihren ersten Parteitag in Conakry ab.

1964 kommt es zu gegen Salazar gerichteten Protesten der Universitätsstudenten und zu Streiks. Bei den Wahlen 1965 wird Präsident Tomás, nunmehr nach dem neuen Verfahren durch ein handverlesenes Wahlmännergremium und ohne Gegenkandidaten, wiedergewählt. Wohl auch um eine neue Kandidatur Humberto Delgados zu verhindern, wird dieser von der portugiesischen Geheimpolizei PIDE ermordet, die Leiche wird in der spanischen Grenzstadt Badajoz gefunden.

Besonders in den unteren Rängen des Militärs und unter den Soldaten wuchs die Unzufriedenheit mit dem nicht zu gewinnenden Kolonialkrieg. Wehrpflichtige wurden zu einem zwei Jahres Dienst eingezogen, waren während dieser Zeit in den Kolonien eingesetzt, also von ihrer Familie getrennt, was natürlich zu großer Unzufriedenheit führte. Fahnenflucht war deshalb häufig, viele portugiesische Wehrpflichtige zogen die Flucht ins Ausland dem Eintritt in die Armee vor. Die portugiesische Militärakademie hatte bereits 1958 ihre Zugangsbestimmungen gelockert, da sie sonst nicht mehr genug Anwärter auf eine Offizierskarriere finden konnte. Traditionell waren die Offiziere besonders aus reicheren Familien gekommen, da die Militärakademie hohe Studiengebühren verlangte. Diese wurden nun gesenkt, Folge davon war, dass die neuen Offiziersjahrgänge aus anderen sozialen Schichten kamen. Die Kadetten stammten nun zum großen Teil aus dem Kleinbürgertum, vielfach Söhne kleiner Handelstreibender, die sich ein Studium an einer regulären Universität nicht leisten konnten. Am Militärdienst interessierte sie besonders die sichere Stelle verbunden mit dem ruhigen Leben in der Etappe, in einer Garnison auf dem Festland oder in einer der Kolonien, welches das Leben eines portugiesischen Militärs seit Generationen gekennzeichnet hatte. Stattdessen fanden sie sich nun mitten in einem mit großer Härte geführten militärischen Konflikt wieder. Aus dieser Gruppe desillusionierter Offiziere bildete sich später die MFA, die Trägerin der Revolte der Nelkenrevolution.

In den Kolonien befehligten dieser Offizieren Truppen die oftmals zum großen Teil aus einheimischen schwarzen Soldaten bestanden. Die Offiziere sahen deshalb aus erster Hand, wie die weißen portugiesischen Siedler und Großgrundbesitzer die Schwarzen behandelten, die noch bis zum Ende der siebziger Jahre zu Zwangsarbeit herangezogen werden konnten. Ihre Sympathie lag deshalb oft eher auf Seiten der Schwarzen. Viele begannen deshalb bewaffnete Konflikte mit den Befreiungsbewegungen soweit wie möglich zu vermeiden, was natürlich die Kampfkraft der Portugiesen schwächte. Dazu kam auch noch ein Ungleichgewicht in der Bewaffnung. Während die USA und die NATO ein Waffenembargo gegen Portugal verkündet hatten, erhielten die Befreiungsbewegungen von der Sowjetunion und der Volksrepublik China modernste Waffen und Ausrüstung.

Die Konflikte in Afrika weiten sich derweilen aus. Während alle anderen europäischen Kolonialmächte ihre Kolonien nach und nach in die Unabhängigkeit entlassen, weigert sich Portugal standhaft, diese Option überhaupt nur zu diskutieren. Das Land gerät darüber zunehmend in die Isolation, gegenüber den jetzt selbständigen Staaten in Afrika, die jetzt die Nachbarländer der portugiesischen Überseeterritorien bilden sowieso, aber auch gegenüber den anderen europäischen Kolonialmächten. 1966 wird die portugiesische Botschaft in Kinshasa von aufgebrachten Afrikanern gestürmt, Zaire bricht daraufhin die diplomatischen Beziehungen mit Portugal ab. In Angola gründet Jonas Savimbi die UNITA, die dritte große angolanische Befreiungsbewegung. Da auch die UNITA sofort den bewaffneten Kampf gegen die Portugiesen aufnimmt, bricht der Kolonialkrieg jetzt auch im bis dahin noch ruhigen Osten Angolas aus.

Im Jahr 1968 wird Mário Soares, der in der Zeit nach der Diktatur als Ministerpräsident und Staatspräsident eine herausragende Rolle spielen sollte, wegen seiner Opposition gegen Salazar nach São Tomé deportiert. Im gleichen Jahr tritt das Land der europäischen Freihandelszone EFTA bei.

Am 7. September 1968 wird Ministerpräsident Salazar Opfer eines Schlaganfalls. Er überlebt den Schlaganfall zwar, es ist jedoch klar, dass er nicht mehr regierungsfähig war. Er wird deshalb von Präsident Tomás abgesetzt, Marcello Caetano wird zu seinem Nachfolger berufen.

Das Ende der Regierung Salazar wurde zum Trauerspiel. Salazar wurde im Krankenhaus zunächst weiter im Glauben gelassen, er regiere das Land, ja es wurden sogar gespielte Kabinettssitzungen abgehalten, um Salazar glauben zu machen, er sei noch Ministerpräsident. Zu seinem Nachfolger Caetano gefragt, antwortete der ehemalige Diktator „Ein fähiger Mann, nur schade, dass er nicht in die Politik gehen möchte“. Zu diesem Zeitpunkt war Caetano bereits Ministerpräsident.

[Bearbeiten] Die Regierung Caetano und das Ende des Estado Novo

Als eine seiner ersten Verlautbarungen verkündet Caetano, dass die Kolonialpolitik, das größte Problem des portugiesischen Staates, nicht geändert wird. Die Kolonialkriege gehen deshalb mit unverminderter Härte weiter und führen zu immer größeren Schwierigkeiten für den portugiesischen Staat. Der Militärdienst wird auf drei, dann auf vier Jahre ausgedehnt. Die hohen Ausgaben für das Militär führen zu mehr und mehr Inflation. Caetano besucht als erster portugiesischer Ministerpräsident noch im Laufe des Jahres 1969 alle portugiesischen Kolonien in Afrika. In Lourenço Marques (Maputo) deutet er zum ersten Mal an, Portugal sei gewillt, seinen Überseeprovinzen eine „progressive Autonomie“ zu gewähren. Über 199 portugiesische Soldaten sterben bei einem Unfall, als ein Transportboot sinkt, das sie über den Sambesi bringen sollte. Der Führer der MPLA, Eduardo Mondlane, wird in Daressalam durch eine Briefbombe getötet, die Hintergründe dieser Tat werden nie aufgeklärt, die meisten Beobachter geben jedoch der portugiesischen Geheimpolizei PIDE die Schuld.

Caetano versuchte vorsichtig den Staat zu reformieren. Viele seiner Reformen sind jedoch nur kosmetischer Natur. So wird die Einheitspartei, die bisherige Nationalunion in Nationale Aktionspartei (ANP - Acção Nacional Popular) umbenannt. Auch die PIDE, die gefürchtete Geheimpolizei, erhält einen neuen Namen (sie wurde jetzt DGS, Direcção Geral de Segurança, genannt). Bei den Parlamentswahlen von 1968 gewinnt natürlich die Nationale Aktionspartei, die praktisch Einheitspartei ist. Allerdings werden auch eine Reihe von Politikern gewählt, die einen liberaleren Flügel innerhalb der ANP bildeten, gewissermaßen eine Oppositionsgruppe innerhalb des Regimes. Einige dieser Politiker, besonders Sá Carneiro und Pinto Balsemão, sollten später in der zweiten Republik noch eine herausragende Rolle spielen. In der Wahlkampagne werden von Oppositionspolitikern auch zum ersten Mal offen ein Ende der Kolonialkriege und eine Entlassung der Überseeprovinzen in die Unabhängigkeit gefordert.

Die Liberalisierung führt jedoch nur zu einem Anwachsen der radikal demokratischen Bewegungen. Auch die Kirche spricht sich nun zunehmend gegen die Kolonialkriege aus. Papst Paul VI. empfängt 1970 die Führer von PAIGC, MPLA und FRELIMO im Vatikan. Der Bischof von Porto wird wegen seiner Oppositionshaltung zu den Kriegen vor Gericht gestellt. Kritische Geistliche werden aus Mosambik ausgewiesen. In Guinea-Bissau wird die Situation auch militärisch immer mehr unhaltbar. Die Truppen der PAIGC rücken auf die Hauptstadt Bissau vor, von der man bereits das Kanonenfeuer der nahen Front sehen kann. Weite Teile des Landes stehen nicht mehr unter der Herrschaft der Armee, sondern als so genannte befreite Zonen unter dem Oberbefehl der PAIGC. Während der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1972 wird eine Rede des portugiesischen Außenministers von den Vertretern der meisten Staaten aus Protest gegen die portugiesische Kolonialpolitik boykottiert. Die UN erkennen die PAIGC als Vertreterin des Volkes von Guinea-Bissau an. MPLA und FRELIMO erhalten Beobachterstatus bei den UN. Eine Resolution der Vollversammlung erklärt den Kampf der Afrikaner gegen die Portugiesen für legitim, der Entkolonialisierungsausschuss fordert die sofortige Übergabe der Macht an die Befreiungsbewegungen, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, auf einer außerordentlichen Sitzung in Addis Abeba, verabschiedet eine Resolution, in der die Befreiungsbewegungen unterstützt werden. Amílcar Cabral kündigt während der UN-Vollversammlung seinen Plan an, in den befreiten Zonen von Portugiesisch Guinea einseitig die Unabhängigkeit auszurufen.

Im März 1973 gelingt es den Truppen der PAIGC zum ersten Mal, ein portugiesisches Flugzeug abzuschießen. Am 24.09. setzt der PAIGC schließlich seinen Plan in die Tat um und erklärt die einseitige Unabhängigkeit von Portugiesisch-Guinea, das seinen Namen in Guinea-Bissau ändert. Von den portugiesischen Truppen begangene Massaker (z.B. November 1971 in Mucumbura, Dezember 1972 in Wriyamu in Mosambik) bringen zusätzlich die Weltmeinung gegen Portugal auf.

In Spanien wird Francos Ministerpräsident Carrero Blanco Opfer eines Attentats. Caetano begibt sich zu den Trauerfeierlichkeiten nach Madrid, seine Abwesenheit von Portugal nutzen ultra-rechte Truppenteile, denen die vorsichtige Demokratisierung Caetanos schon zu weit ging, zu einem Putschversuch, der jedoch niedergeschlagen werden kann. Einer der Führer dieses Putschversuches war General Kaúlza de Arriaga, der bisherige Oberbefehlshaber der portugiesischen Truppen in Mosambik, der sich von dem Putsch und einer neuen Regierung eine Intensivierung der Kämpfe in Afrika versprach. Das Militär war in zwei Gruppen geteilt, auf der einen Seite die Anhänger General Kaúlza de Arriaga, die auf einen militärischen Sieg in den Kolonialkriegen setzten, und deshalb alle Kräfte des Landes der Armee zur Verfügung stellen wollten. Auf der anderen Seiten die gemäßigten Militärs, geführt von Generalstabschef Costa Gomez und General Spínola, die auf eine Verhandlungslösung setzten. Mit dem Scheitern des Putschversuches von 1972 gewann die letztere Gruppe innerhalb des Militärs die Oberhand. Der Kolonialkrieg verbrauchte derweilen weiterhin alle Ressourcen des Landes. 1974 hatte Portugal schließlich 140.000 Mann, oder 80% seiner Armee, in Afrika stationiert.

Das Land war reif für eine radikale politische Veränderung. Die Jahre der Caetano-Regierung hatten gezeigt, dass das alte System unfähig war, sich von innen zu reformieren. Die Wirtschaft lag am Boden. Zu den großen wirtschaftlichen Kosten des Kolonialkrieges kam noch die allgemeine Krise der Weltwirtschaft in Folge des ersten Ölschocks 1973. In allen Bereichen der Gesellschaft, besonders auch unter den jüngeren Offizieren des Militärs, wuchsen der Wunsch nach politischen Veränderungen und die Einsicht, dass nur ein radikaler Wechsel des politischen Systems diese Veränderungen bringen konnte.

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