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Deutscher Unterstützungsverband Somalia

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Verbandsabzeichen des Deutschen Unterstützungs Verband Somalia
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Verbandsabzeichen des Deutschen Unterstützungs Verband Somalia

Der Deutsche Unterstützungsverband Somalia war ein Verband deutscher Blauhelmsoldaten, der von März 1993 bis März 1994 zur Unterstützung der friedensschaffenden und -sichernden UN-Operation UNOSOM II in Somalia eingesetzt wurde.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte und Hintergrund

[Bearbeiten] Somalia

Im April 1992 war UNOSOM I eingerichtet worden, um die Waffenruhe zu überwachen und humanitäre Hilfe zu koordinieren. Bereits ab August 1992 hatten Bundeswehrsoldaten des II. Korps hierbei an humanitären Aktionen (zum Beispiel UN-Luftbrücke) in Somalia mitgewirkt.

Da jedoch "Zwangsmaßnahmen" im UN-Mandat nicht enthalten waren, wurde im Dezember 1992, nach einer drastischen Verschlechterung der Situation in Somalia, der multinationale Eingreifverband UNITAF unter Führung der USA vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ermächtigt, mit allen erforderlichen Mitteln (unter anderem Überwachung von Waffenruhen, Beschlagnahme illegaler Waffen und Minenräumung) die Ballungszentren der Bevölkerung und die Häfen zu sichern und eine sichere Umgebung für die humanitäre Hilfe zu schaffen.

Im März 1993 übernahm UNOSOM II nach Erlass der UN-Resolution 814 (1993) diese Mission unter dem Namen Operation Restore Hope von der UNITAF, die im somalischen Bürgerkrieg um Neutralität und Nichtverwicklung rang.

[Bearbeiten] Deutschland

Die Bundesregierung unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl machte dem UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali das Angebot, sich an der UNOSOM-Operation durch Entsendung deutscher Unterstützungstruppen zu beteiligen.

Im Zuge der strategischen Neuausrichtung der Bundeswehr, in der sie sich nach der Wiedervereinigung und dem Ende des Kalten Krieges befand, stimmte auch der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, General Klaus Naumann, dem Einsatz zu.

Mit Weisung Nr. 1 vom 21. April 1993 befahl der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe die Beteiligung der Bundeswehr an UNOSOM II.. In der Folge erließ der Bundestag am 28. Juli 1993 das Auslandsverwendungsgesetz (AuslVG), das rückwirkend zum 1. Juli 1992 in Kraft trat.

Die damals in der Opposition befindliche SPD lehnte einen in der Geschichte der Bundesrepublik erstmalig auch militärischen Einsatz der Bundeswehr außerhalb des Bündnisgebietes der NATO jedoch strikt ab und stellte beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag.

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 12. Juli 1994, ein Einsatz deutscher Streitkräfte im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme zur Umsetzung von Beschlüssen des UN-Sicherheitsrates und an UN-Friedenstruppen sei verfassungsgemäß. Die Bundesregierung sei aber verpflichtet, grundsätzlich die vorherige Zustimmung des Bundestages einzuholen. Das Verfassungsgericht begründete seine Entscheidung insbesondere auch damit, dass die Bundesrepublik Teil eines kollektiven Sicherheitssystems sei und sich der Einsatz seiner Streitkräfte daher nicht nur auf die Landesverteidigung beschränken könne.

Die Operation selbst und ihre Vorbereitung stellte die Bundeswehr vor eine große Herausforderung. In aller Eile musste noch die Ausbildung für die Soldaten auf die für diese völlig neue Einsatzumgebung in einem Wüstengebiet und langjährigen Bürgerkriegsland der Dritten Welt, das von Kriegsherrn beherrscht wurde, erfolgen. An der damaligen Kampftruppenschule 1 (Infanterieschule) in Hammelburg ("German UN Training Centre") wurde ein einwöchiger Lehrgang eingerichtet, in dem die Soldaten auf diese Situation vorbereitet werden sollten. Neue Aufgaben stellten sich auch in der Organisation der psychischen und sozialen Betreuung der Soldaten und ihrer Angehörigen angesichts der besonderen Risiken des Einsatzes.

[Bearbeiten] Der Einsatz

[Bearbeiten] Zusammensetzung der Verbände

Bei der UNOSOM-Mission waren insgesamt 20.000 Blauhelmen aus 29 Ländern eingesetzt.

Der deutsche Unterstützungsverband bestand aus einem verstärkten Nachschub- und Transportbataillon, das aus über 200 Verbänden zusammengestellt worden war. Insgesamt haben ca. 4.500 deutsche Soldaten außerhalb Deutschlands an der UN-Mission mitgewirkt, davon etwa 4.000 direkt in Somalia. Eingesetzt wurden damals nur freiwillige längerverpflichtete Zeit- und Berufssoldaten, auch Frauen, jedoch keine Wehrpflichtigen.

Gliederung des Deutschen Unterstuezungs Verbands in Somalia, Oktober 1993
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Gliederung des Deutschen Unterstuezungs Verbands in Somalia, Oktober 1993

Die Entsendung erfolgte in zwei Kontingenten. Das erste Kontingent umfasste 1.725 Soldaten, mit der Luftlandebrigade 26 als Leitverband. Es waren Fernmelder, Pioniere, Sanitäter, die von Fallschirmjägern in zwei Sicherungskompanien geschützt wurden.

Deutscher Fallschirmjäger im Nordlager in Belet Uen, Oktober 1993
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Deutscher Fallschirmjäger im Nordlager in Belet Uen, Oktober 1993
The Wiesel AWC (German light air-transportable armoured fighting vehicle)secured a Convoy on the second Airfield in Beled Weyne Somalia
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The Wiesel AWC (German light air-transportable armoured fighting vehicle)secured a Convoy on the second Airfield in Beled Weyne Somalia


Beim zweiten Kontingent, das das erste ablöste, war die Gebirgsjägerbrigade 23 Leitverband. Dieser Verband war auf ca. 1300 Soldaten reduziert worden. Das zweite Kontingent bestand unter anderem aus einem OpInfo-Zug, zwei Sicherungskompanien, sowie jeweils einer Fernmeldekompanie, Pionierkompanie, ABC-Abwehr-Kompanie, Transportkompanie, Instandsetzungskompanie 4./Inst.Btl.3 aus Delmenhorst Adelheide und Sanitätskompanie. Zu ihrer Unterstützung waren Heeresflieger verfügbar.

Als Alarmbereitschft wurden die Fallschirmjägerkompanien des ersten Kontingents in permanentem Alarmzustand gehalten. Sie hätten innerhalb von 24-72 Stunden in den Einsatzraum verlegen und im Rahmen einer Luftlandeoperation eingreifen können.

[Bearbeiten] Auftrag und Operationen

Deutsche UN-Soldaten in Belet Uen, Dezember 1993
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Deutsche UN-Soldaten in Belet Uen, Dezember 1993

Der Auftrag des deutschen Verbandes unter Leitung von General Peter Heinrich Carstens bestand ursprünglich darin, vom Stationierungsraum Belet Uen (Belet Weyne) in der Region Hiran aus die logistische Unterstützung eines etwa 4.000 Soldaten großen Verbandes anderer Nationen vorzubereiten und durchzuführen.

Die Region um Belet Uen war ausgewählt worden, weil sie eine befriedete Gegend war. Dies war eine der Voraussetzungen für den Einsatz der deutschen Unterstützungssoldaten. Zudem hatte dort in den 1970er- und 80er-Jahren die Bundesrepublik bereits Entwicklungshilfe geleistet, so dass die Deutschen dort bekannt waren.

Danach war weiter im Norden ein ähnlicher Auftrag vorgesehen. Im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten sollten auch humanitäre Maßnahmen ziviler Hilfsorganisationen und die örtliche Polizei zum Beispiel durch Fernmeldetechnik unterstützt werden.

Im August waren die Soldaten einsatzbereit. Der Verband, dessen Nachschub sie sichern sollten, eine indische Kampfbrigade, kam jedoch dann gar nicht nach Somalia.

Die Soldaten des Deutschen Unterstützungsverbandes blieben darauf zwar zunächst in Somalia, betätigten sich als Verlegenheitslösung in der Folge hauptsächlich als „militärische Entwicklungshelfer“. Eine langfristiges Konzept und eine politische Perspektive für diese humanitäre Tätigkeit war jedoch nicht vorhanden.

Während des Einsatzes wurden außerdem rund 20 Soldaten -- vorwiegend Mannschaftsdienstgrade -- des Rauchens von Haschisch oder Marihuana, teilweise im Wiederholungsfall, überführt. Einige Soldaten hatten das Rauschgift bei Einheimischen in der Nähe des deutschen Lagers gekauft, andere hatten die Drogen bereits mitgebracht.[1].

Durch ihre Tätigkeit waren die Deutschen im Gegensatz zu den Nationen, die auch Zwangsmaßnahmen zur Friedensschaffung durchführten, bei der Bevölkerung sehr beliebt. Schießen durften die deutschen Soldaten nur, wenn sie angegriffen wurden.

Italienischer UN Soldat mit einem Kal.50 MG sichert einen Check-Point an einer der Brücken über de Shabeele Fluß in Beled Weyne 1993
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Italienischer UN Soldat mit einem Kal.50 MG sichert einen Check-Point an einer der Brücken über de Shabeele Fluß in Beled Weyne 1993

Bei Kampfhandlungen mussten die 500 italienischen Blauhelmsoldaten eingreifen, die zum Schutz der Deutschen in Belet Uen stationiert worden waren.

In der Nacht zum 21. Januar 1994 kam es jedoch zu einem Zwischenfall: ein junger Somali drang in das deutsche Lager ein. Nach mehreren erfolglosen Warnschüssen zielte der Wachsoldat aus 130 Meter Entfernung auf dessen Beine, der Schuss traf jedoch tödlich.

Die Situation im Land hatte sich auch im Zusammenhang mit der sogenannten Operation Irene der ebenfalls im Land befindlichen US-Eingreiftruppen zunehmend verschärft.

Anfang 1994 verließ ein Großteil der UN-Truppen das Land. Auch die Bundesregierung entschied im Dezember 1993, den „Deutschen Unterstützungsverband“ abzuziehen. Am 23. März 1994 verließen die letzten deutschen Soldaten Somalia und der Verteidigungsminister stellte den Verband außer Dienst.

1994 wurden durch den Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen aus dem Mandat der UNOSOM herausgenommen. Danach beschränkte sich die UNOSOM II auf Förderung von Verhandlungen, Unterstützung beim Neuaufbau von Polizei und politischen Strukturen und humanitäre Hilfe, zum Beispiel Hilfe bei der Rückführung von Flüchtlingen. Die UNOSOM-Mission wurde im März 1995 offiziell beendet.

Auch heute noch wird diskutiert, ob die Mission ein Erfolg war oder nicht. Umstritten ist in dieser Hinsicht hauptsächlich, ob die primäre Intention der UN die Versorgung der Menschen oder die Erhaltung des Friedens war. Je nachdem, welcher Gesichtspunkt hervorgehoben wird, muss die Mission als Erfolg oder Misserfolg gewertet werden.

[Bearbeiten] Ergebnisse und künftige Entwicklung

Die Einwohner von Mataban bedanken sich bei den deutschen Soldaten für die Aufbauhilfe, Dezember 1993.
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Die Einwohner von Mataban bedanken sich bei den deutschen Soldaten für die Aufbauhilfe, Dezember 1993.

Die humanitäre Bilanz der deutschen UN-Kontingente: Über 17.000 einheimische Patienten wurden medizinisch behandelt, etwa 3,8 Millionen Liter Wasser an die Bevölkerung verteilt, sieben Brunnen ausgebessert oder neu gebohrt, sechs Straßen und drei Dämme repariert, sieben Schulen und ein Waisenhaus gebaut. Davon wurden jedoch eine Schule wieder zerstört, ein errichtetes Krankenhaus geplündert, ein Damm ebenfalls zerstört und mehrere Brunnen durch Minen unbenutzbar gemacht.

Die Gesamtkosten des Einsatzes betrugen etwa 310 Millionen Mark.

Der Einsatz des Deutschen Unterstützungsverbandes hat den Stellenwert der Bundeswehr und des wiedervereinigten Deutschland in der Weltpolitik verändert. Die Bundeswehr sammelte bei diesem Einsatz wichtige erste Erfahrungen für künftige weitere militärische Auslandseinsätze. Im "German UN Training Centre" in der Infanterieschule Hammelburg wurde seit 1993 ein Stab für zentrale Ausbildungsangelegenheiten mit drei Teilbereichen aufgebaut. Der Stab wertet internationale Informationen und UN-Einsätze aus, um diese Erfahrungen in die Ausbildung für künftige Einsätze einfließen zu lassen.

Laut Bericht des Wehrbeauftragten hat sich gezeigt, dass für die Motivation der Soldaten die Einheitlichkeit von Fürsorge und Betreuung erhöhte Bedeutung hat. Sie sind vor einem derartigen Einsatz umfassend und zeitgerecht über die soziale Absicherung, insbesondere über die finanzielle Abfindung, zu informieren."[2]

[Bearbeiten] Quellen

  1. Quelle: Bericht des Wehrbeauftragten
  2. Quelle: Deutscher Bundestag: Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten, Jahresbericht 1994, Drucksache 13/700 vom 07.03.1995, [1]

[Bearbeiten] Literatur

  • Gerd-Ulrich Haase (Hrsg.), Rolf Bardet (Konzeption, Layout, Inhalt), Günther Krabbe u.a. (Gastautoren): Deutscher Unterstützungsverband Somalia; der erste durch die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der UNO eingesetzte Verband der Bundeswehr; eine Dokumentation über das erste Hauptkontingent (Bildband), Teil 1; Wiesbaden: RMS-Verlag, 1993
  • Harald Rettelbach (verantw. Red.), Heinz-Peter Heckner (Fotos): Deutscher Unterstützungsverband Somalia (Bildband), Teil 2; Wiesbaden: RMS-Verlag, 1994
  • Mathias Weber: Der UNO-Einsatz in Somalia - Die Problematik einer humanitären Intervention; Denzlingen, 1997

[Bearbeiten] Weblinks

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