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Adolf Stoecker

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Adolf Stoecker (*11. Dezember 1835 in Halberstadt; † 2. Februar 1909 in Gries bei Bozen, Südtirol) war ein evangelischer deutscher Theologe und Politiker.

Stoecker versuchte auf der Grundlage von Christentum, Monarchie, Sozialkonservativismus und sozialen Reformen wie auch mit antisemitischer Betätigung das bestehende Bündnis zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Arbeiterschaft zu lösen.

Hofprediger Adolf Stoecker
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Hofprediger Adolf Stoecker

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Adolf Stoecker wurde als Sohn eines Schmiedes und späteren Wachtmeisters bei den Halberstadter Kürassieren in Halberstadt geboren. Von 1854 bis 1857 studierte er in Halle an der Saale und Berlin Theologie. Nach seinem Studium war er bis 1862 in verschiedenen adligen Familien, beispielsweise in Riga bei dem Grafen Lambsdorff, und als Feldprediger tätig. Nach dem Oberlehrerexamen 1862 schloss er sich einer dreivierteljährigen Bildungsreise nach Süddeutschland, die Schweiz und Italien an.

[Bearbeiten] Gründung der Christlich-Sozialen

1863 wurde Stoecker Pfarrer in Seggerde (Altmark). 1866 wechselte er in die Pfarrstelle des bei Magdeburg gelegenen Industrieortes Hamersleben. Seit 1867 mit Anna Krüger, Tochter eines Brandenburger Kommerzienrates, verheiratet, verließ er Hamersleben 1871 nach heftigen Auseinandersetzungen (Mischehenstreit) und wurde im selben Jahr Divisionspfarrer im lothringischen Metz.

Im Sommer 1874 wurde er als vierter Hof- und Domprediger nach Berlin berufen. Bei Hofe war man aufgrund patriotischer Artikel, welche er seit 1863 der Neuen Evangelischen Kirchenzeitung ablieferte, auf ihn aufmerksam geworden. 1874 wurde er Mitglied des Generalsynodalvorstands der altpreußischen Landeskirche.

Im Jahre 1878 rief Stoecker als politische Plattform seiner christlich-sozialreformerischen, anti-sozialdemokratischen Weltanschauung in der sogenannten "Eiskeller-Versammlung" zur Gründung der "Christlich-Sozialen Arbeiterpartei" auf, die 1881 in "Christlich-soziale Partei" umbenannt wurde. Ziel der Partei war es, die zwischen der Arbeiterschaft und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bestehende Bindung durch christlich-monarchische Sozialpolitik wie auch antisemitische Betätigung zu lösen. Nach kläglichem Scheitern seiner Partei bei der Reichstagswahl 1878 forcierte Stoecker die Neuorientierung der christlich- sozialen auf eine mittelständische Zielgruppe. Ein Jahr zuvor hatte Stoecker die Leitung der Berliner Stadtmission übernommen, die durch soziales Engagement den Zerfall der Religion aufhalten und die Kirche wieder zu vermehrtem öffentlichen Ansehen verhelfen wollte.

[Bearbeiten] Berliner Stadtmission

Aus der Stadtmission entwickelte sich eine vielseitig verbreitete Diakonie, die sich der Kranken, Behinderten und sozial benachteiligten Gruppen annahm. So rief er beispielsweise die Schrippenkirche in der Ackerstraße ins Leben (Quelle?), wo nach dem Gottesdienst Arbeitslosen ein Topf Kaffee und zwei Schrippen ausgeteilt wurde. Von ihm verfasste und vervielfältigte Pfennigpredigten erreichen zeitweise eine Auflage von 130.000.

[Bearbeiten] Zusammenschluss mit den Deutschkonservativen

Von 1879 bis 1898 wurde Stoecker Abgeordneter für Minden-Ravensberg im Preußischen Abgeordnetenhaus. Von 1880 bis 1893 war er für den Wahlkreis Siegen Mitglied im Reichstag. In beiden Parlamenten schloss er sich als Hospitant der Deutschkonservativen Partei an.

Nach dem Scheitern seines Versuches, die Arbeiterschaft für sich und die Christlich-Sozialen zu gewinnen, wandte sich Stoecker mit antisemitischer Propaganda erfolgreich an den kleinbürgerlichen Mittelstand und fand auch bei Studenten Zuspruch. Die Christlich- Soziale Partei blieb allerdings eine von den Deutschkonservativen abhängige Splittergruppe. Stoecker und Hammerstein planten, die Deutschkonservative Partei im Bund mit der ultrakonservativen Kreuzzeitung zu einer Massenpartei umzuformen.

1883 wurde er zum zweiten Hof- und Domprediger ernannt und 1887 Herausgeber der Neuen evangelischen Kirchenzeitung.

Zwischen 1887 und 1888 geriet er zusammen mit dem rechten Parteiflügel immer stärker in Widerspruch zur Politik von Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck. Stoecker hatte jedoch starken Einfluss auf Prinz Wilhelm, den späteren Kaiser Wilhelm II., und versuchte, den Prinzen gegen Bismarck einzunehmen. In dem vom Vorwärts veröffentlichten "Scheiterhaufenbrief" hatte der Hofprediger im Sinne der Absetzung Bismarcks intrigiert.

1889 erzwang Bismarck eine öffentliche Verzichtserklärung auf aktive politische Betätigung Stoeckers und 1890 wurde er als Hofprediger abberufen. Im selben Jahr gründete Stoecker den Evangelisch-sozialen Kongress zur Erforschung der sozialen Frage. Auch liberale Intellektuelle wie zum Beispiel Friedrich Naumann und Adolf von Harnack oder Otto Baumgarten gehörten ihm an.

[Bearbeiten] Gänzlicher Verlust politischen Einflusses

Nach Bismarcks Entlassung gewann Stoecker bei den Deutschkonservativen wieder an Einfluss und 1892 gelang es ihm mit Unterstützung des rechten Parteiflügels, im "Tivoli-Programm" der Deutschkonservativen Partei, seinen sozialen und antisemitischen Standpunkt durchzusetzen.

Da die Liberalen im Evangelisch-sozialen Kongress die Mehrheit besaßen, erfolgte 1896 der Austritt Stoeckers. Daraufhin gründete er die Freie kirchlich-soziale Konferenz. Die "Kathedersozialisten" Friedrich Naumann und Helmut von Gerlach spalteten sich als Nationalsoziale Partei von den Christlichsozialen ab. Damit wurde der konservative und antisemitische Charakter von Stoeckers Partei immer offenbarer.

1898 bis 1908 wurde Stoecker erneut Mitglied des Reichstags, allerdings vermochte er sich gegen die agrarischen Interessen, die bei den Konservativen vorherrschten, nicht mehr durchzusetzen und verlor fast gänzlich an politischem Einfluss.

[Bearbeiten] Wegbereiter des Antisemitismus

In Stoeckers Weltbild repräsentierte das moderne Judentum Liberalismus, Kapitalismus, Materialismus und Atheismus. Antisemitismus und christliche Sozialreform bildeten daher in seinem Denken keine Gegensätze, sondern bedingten einander.

Obwohl sich Stoecker formell vom Rassenantisemitismus distanzierte, blieb seine Agitationssprache nicht frei von rassistisch-antisemitischen Diffamierungen. Insbesondere trug er maßgeblich zur Verbreitung des Antisemitismus im Protestantismus und in den konservativen Parteien bei. Die radikalen Antisemiten verspotteten Stoeckers Position hingegen als "Taufbeckenantisemitismus".

Adolf Stoecker starb am 2. Februar 1909 im Alter von 73 Jahren in Gries bei Bozen in Südtirol. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der Dreifaltigkeitskirche in Berlin.

[Bearbeiten] Zitate

  • "In Berlin ergriff mich das Bewusstsein der Notwendigkeit, dass etwas geschehen müsse, um das Volk vom Abgrund zurückzurufen. Ich fand, dass Leute, die zur Kirche hielten, mit denen ich in freundschaftlichen Beziehungen stand, dennoch mit der Sozialdemokratie stimmten, weil sie in dieser Partei die Vertretung der Arbeiterinteressen erblickten. Da habe ich denn unter Gebet und Flehen den Entschluss gefasst, mitten hinein in die Sozialdemokratie zu gehen, den wilden Stier bei den Hörnern zu fassen und mit demselben zu ringen. ( ... ) Seit fünfzehn Jahren ist das sozialistische Element der Köder, mit welchem die Arbeiter um ihren Glauben wie um ihren Patriotismus betrogen worden sind. Will man an ihre Herzen heran, so muss man die sozialen Dinge mit besprechen."
  • "Wir bieten den Juden den Kampf an bis zum völligen Siege und wollen nicht eher ruhen, als bis sie hier in Berlin von dem hohen Postament, auf das sie sich gestellt haben, herabgestürzt sind in den Staub, wohin sie gehören."

[Bearbeiten] Werke (Auswahl)

  • Der religiöse Geist in Volk und Heer während des französischen Krieges, Vortrag, Berlin 1876
  • Zur Handwerkerfrage, Vortrag, Breslau 1880
  • Das moderne Judenthum in Deutschland, besonders in Berlin. 2 Reden in der christl.-socialen Arbeiterpartei, Berlin 1880
  • Die Bewegungen der Gegenwart im Lichte der christlichen Weltanschauung, Heidelberg 1881
  • Die persönliche Verantwortung der Besitzenden und Nichtbesitzenden in der sozialistischen Bewegung und Gegenwart, Vortrag. Basel 1881
  • Eine entscheidende Stunde deutscher Geschichte, Halle 1881
  • ’Wirket so lange es Tag ist!’ Festpredigt bei der 50-jährigen Jubelfeier der Elberfeld-Barmer-Gefängnis-Gesellschaft am 14. Oktober 1883 über Ev. Joh. 9, v. 1-4, Elberfeld 1884
  • Eins ist noth. Ein Jahrgang Volkspredigten über freie Texte, Berlin 1884
  • Christlich-Sozial. Reden und Aufsätze, Bielefeld 1885
  • Predigten, Berlin 1886
  • Den Armen wird das Evangelium gepredigt. Ein Jahrgang Volkspredigten über die Evangelien des Kirchenjahres, Berlin 1887
  • Die sozialen und kirchlichen Notstände in großen Städten, Vortrag, Stuttgart 1888
  • Die sonntägliche Predigt, Berlin 1889
  • Wandelt im Geist. Ein Jahrgang Volkspredigten über freie Texte, Berlin 1889
  • Sozialdemokratie und Sozialmonarchie, Leipzig 1891
  • Arm und Reich, Vortrag, Basel 1891
  • Innere Mission und sociale Frage, Leipzig 1891
  • Das Salz der Erde. Ein Jahrgang Zeitpredigten, Berlin 1892
  • Wach’ auf, evangelisches Volk!, Berlin 1893
  • Dreizehn Jahre Hofprediger und Politiker, Berlin 1895
  • Von Stoecker zu Naumann. Ein Wort zur Germanisierung des Christentums, Heilbronn 1896
  • Verheißung und Erfüllung. Ein Jahrhundert Volkspredigten über alttestamentliche Texte, Berlin 1897
  • Die Leitung der Kirche. Ein Weckruf, Siegen 1899
  • Reden im neuen Reichstag 1899, Siegen 1899
  • An der Grenze zweier Jahrhunderte, Berlin 1900
  • Das Evangelium eine Gotteskraft. Ein Jahrgang Volkspredigten über die Evangelien der neuen Perikopen, Berlin 1900
  • Das christliche Sittlichkeitsideal und der Goethebund, Hamburg 1901
  • Kann ein Christ Sozialdemokrat, kann ein Sozialdemokrat Christ sein?, Berlin 1901
  • Beständig in der Apostellehre. Ein Jahrgang Volkspredigten über die Episteln der Eisenacher Perikopenreihe, Berlin 1901
  • Welche Gefahren drohen dem kirchlichen Bekenntnisseitens der modernen Theologie und was können die evangelischen Gemeinden tun zur Abwehr?, Gütersloh 1902
  • Die drei Paladine des alten Kaisers. Erinnerungen aus großer Zeit, Essen 1906
  • Kirche und die Frauenfrage, Wismar 1907

[Bearbeiten] Literatur

  • Günter Brakelmann: Leben und Wirken Adolf Stoeckers im Kontext seiner Zeit. Spenner, Waltrop 2004. ISBN 3-89991-017-6
  • Günter Brakelmann: Texte des Parteipolitikers und des Kirchenmannes. Spenner, Waltrop 2004. ISBN 3-89991-018-4
  • Max Braun: Adolf Stoecker. 32.-35. Tsd. Röttger, Berlin 1929.
  • Friedrich Brunstäd: Adolf Stoecker. Wille und Schicksal. Wichern, Berlin 1935.
  • Helmut Busch: Die Stoeckerbewegung im Siegerland. Ein Beitrag zur Geschichte der christlich- sozialen Partei. Stadt Siegen, Siegen 1968.
  • Hans Engelmann: Kirche am Abgrund. Adolf Stoecker und seine antijüdische Bewegung. Inst. Kirche u. Judentum, Berlin 1984. (= Studien zu jüdischem Volk und christlicher Gemeinde; 5) ISBN 3-923095-55-4
  • Walter Frank: Hofprediger Adolf Stoecker und die christlich soziale Bewegung. 2. Aufl. Hanseatische Verlagsanst. Hamburg 1935.
  • Michael Imhof: "Einen besseren Stoecker finden wir nicht". Diskursanalytische Studien zur christlich-sozialen Agitation im deutschen Kaiserreich. Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg, Oldenburg 1996. (= Oldenburger Schriften zur Geschichtswissenschaft; 3) ISBN 3-8142-0560-X
  • Wanda Kampmann: Adolf Stoecker und die Berliner Bewegung, in: GWU 13 (1962), S. 558-579.
  • Grit Koch: Adolf Stoecker 1835-1909. Ein Leben zwischen Politik und Kirche. Palm u. Enke, Erlangen u.a. 1993. (= Erlanger Studien; 101) ISBN 3-7896-0801-7
  • Karl Kupisch: Adolf Stoecker. Hofprediger und Volkstribun. Ein historisches Portrait. Haude u. Spener, Berlin 1970. (= Berlinische Reminiszenzen; 29) ISBN 3-7759-0114-0
  • Dietrich von Oertzen (Hrsg.): Adolf Stoecker. Lebensbild und Zeitgeschichte. 2 Bde. 2. Aufl. Vaterländ. Verl.- u. Kunstanstalt, Berlin 1911.

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen

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