Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Prostitutionsgesetz - Wikipedia

Prostitutionsgesetz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Prostitutionsgesetz (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten - ProstG) ist ein aus drei Paragraphen bestehendes Bundesgesetz, das die rechtliche Stellung von Prostitution als Dienstleistung regelt, um die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten zu verbessern. Das Gesetz wurde am 20. Dezember 2001 verkündet und gilt seit dem 1. Januar 2002 (BGBl. I 2001, S. 3983; FNA 402-39). Gleichzeitig wurden das Strafgesetzbuch in § 180a (Ausbeutung von Prostituierten) und § 181a (Zuhälterei) dahingehend geändert, dass das Schaffen eines angemessenen Arbeitsumfeldes nicht mehr strafbar ist, solange nicht eine Ausbeutung von Prostituierten stattfindet.

Basisdaten
Titel: Gesetz zur Regelung der
Rechtsverhältnisse der
Prostituierten
Kurztitel: Prostitutionsgesetz
Abkürzung: ProstG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Bürgerliches Recht
FNA: 402-39
Datum des Gesetzes: 20. Dezember 2001
(BGBl. I, S. 3983)
Inkrafttreten am: 1. Januar 2002
Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

Durch Vereinbarungen über sexuelle Handlungen sollen seit Inkrafttreten des Gesetzes klagbare Entgeltforderungen begründet werden können. Das hat nicht nur Bedeutung für das Zivilrecht, sondern auch Auswirkungen auf das Strafrecht (Vermögensdelikte). Außerdem können sich Prostituierte nun regulär in den gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen versichern.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Wortlaut des Gesetzes

§ 1 Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Person, insbesondere im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, für die Erbringung derartiger Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt für eine bestimmte Zeitdauer bereithält.

§ 2 Die Forderung kann nicht abgetreten und nur im eigenen Namen geltend gemacht werden. Gegen eine Forderung gemäß § 1 Satz 1 kann nur die vollständige, gegen eine Forderung nach § 1 Satz 2 auch die teilweise Nichterfüllung, soweit sie die vereinbarte Zeitdauer betrifft, eingewendet werden. Mit Ausnahme des Erfüllungseinwandes gemäß dem § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Einrede der Verjährung sind weitere Einwendungen und Einreden ausgeschlossen.

§ 3 Bei Prostituierten steht das eingeschränkte Direktionsrecht im Rahmen einer abhängigen Tätigkeit der Annahme einer Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts nicht entgegen.

[Bearbeiten] Rechtsgeschichtlicher Hintergrund

Vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes wurden Verträge über sexuelle Dienstleistungen als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB angesehen. Rechtsfolge der Sittenwidrigkeit ist die Nichtigkeit des Vertrages. Daher entstand weder ein Anspruch des Kunden auf Erbringung der Dienstleistung noch ein Anspruch der Prostituierten auf die vereinbarte Gegenleistung. Folge war die Praxis der Vorauskasse.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Berlin war die Prostitution bereits vor dem Prostitutionsgesetz nicht mehr sittenwidrig: "...die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG) darf nicht dazu missbraucht werden, den einzelnen durch einen Eingriff in die individuelle Selbstbestimmung gleichsam vor sich selbst zu schützen..." (VG Berlin, Urteil vom 1. Dezember 2000, VG 35 A 570.99). Der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass Prostitution zu den Erwerbstätigkeiten gehört, die "Teil des gemeinschaftlichen Wirtschaftslebens" im Sinne von Art. 2 EG sind (EuGH v. 20. November 2001 – Rs. C-268/99). Entscheidungen, die die Sittenwidrigkeit in Zweifel zogen, sind im Zivilrecht aber nicht ergangen, da sich hier sofort die Anschlussfrage nach Einklagbarkeit der Dienstleistung, Schadensersatz für Schlechtleistung usw. stellt.

Diese zivilrechtliche Beurteilung hatte auch Auswirkung auf den strafrechtlichen Vermögensbegriff und damit insbesondere auf den Betrugstatbestand, der einen Vermögensschaden erfordert. Kann die Arbeitsleistung der Prostituierten keine Forderung begründen, gehört sie auch nicht zum strafrechtlich geschützten Vermögen. Wer also sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nahm und dabei über seine Zahlungswilligkeit täuschte, beging mangels Vermögensschaden keinen Betrug. Der BGH hat diese Konsequenz im Dirnenlohnfall bestätigt. Andererseits beging die Prostituierte, die Geld annahm und dabei den Kunden über ihre Bereitschaft zur Erbringung sexueller Dienste täuschte, sehr wohl einen Betrug, da das "gute Geld" des Kunden nach überwiegender Ansicht trotz des sittenwidrigen Zwecks zum geschützten Vermögen des Kunden gehörte.

Diese Rechtslage wurde vom Gesetzgeber als reformbedürftig beurteilt.

[Bearbeiten] Regelungsgehalt

In § 1 wird angeordnet, dass nach Erbringung ("vorgenommen worden") der sexuellen Dienste ein Anspruch auf Zahlung der versprochenen Gegenleistung besteht. Damit wird klargestellt, dass nicht etwa ein Leistungsanspruch des Kunden auf Erbringung der Dienstleistung entsteht oder diese gar einklagbar wäre. Angesichts der Tatsache, dass selbst Urteile auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht vollstreckbar sind, § 888 Abs. 3 ZPO, wäre das ein kaum erklärlicher Widerspruch und höchstwahrscheinlich auch wegen Verstoßes gegen Art. 1 GG verfassungswidrig.

§ 2 des Gesetzes stellt sicher, dass die Einwendung der Sittenwidrigkeit ebenso ausgeschlossen ist wie die der Schlechterfüllung: es soll vor Gericht nicht Beweis erhoben werden müssen über die Qualität der erbrachten Dienstleistung. Zudem soll die Entgeltforderung weder abgetreten noch im Wege der Einziehungsermächtigung bzw. Prozessstandschaft geltend gemacht werden können. Dadurch wird der Handel mit solchen Forderungen unmöglich gemacht.

In § 3 werden die Voraussetzungen für die Aufnahme in Sozialversicherungen geschaffen.

[Bearbeiten] Beurteilung

Aus juristischer Sicht lassen sich am Gesetz zwei Mängel feststellen. Erstens ist es anscheinend nicht erlaubt, dass Prostituierte ihre Rechte vor Gericht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Wenn in § 2 ProstG formuliert wird, der Entgeltanspruch könne "nicht abgetreten und nur im eigenen Namen geltend gemacht" werden, so schließt dies nach dem Wortlaut die Vertretung im Prozess durch einen Rechtsanwalt aus. Denn dieser macht die Forderung in fremdem Namen geltend, nämlich für die Prostituierte. Eine solche Diskriminierung ist aber ersichtlich nicht gemeint. Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Abtretungsverbot wird vielmehr deutlich, dass auch dessen Umgehung verhindert werden soll: ein anderer als die Prostituierte soll auch nicht nach § 185 BGB (analog) zur Einziehung ermächtigt werden. Es werden also die Einziehungsermächtigung bzw. als deren Fortsetzung im Prozess die Prozessstandschaft verboten. Dort macht der Ermächtigte die Forderung aber gerade nicht in fremdem Namen geltend, sondern kraft Ermächtigung im eigenen. Dies übersieht der Gesetzestext; richtig ist er also wie folgt zu lesen: "Die Forderung kann nicht abgetreten und nicht von einem Dritten im eigenen Namen geltend gemacht werden.".

Außerdem ist die Formulierung, es seien "weitere Einwendungen und Einreden ausgeschlossen", offensichtlich zu weit geraten und bedarf einer teleologischen Reduktion. Denn auch die Geschäftsunfähigkeit, insbesondere die Minderjährigkeit des Kunden, ist eine (rechtshindernde) Einwendung, die nach dem Wortlaut ausgeschlossen wäre. Es kann aber nicht ernstlich vom Gesetzgeber gewollt sein, dass etwa der Minderjährige, der nicht einmal wirksame Verträge über den Erwerb alltäglicher Gegenstände abschließen kann, nun wirksame Entgeltforderungen für sexuelle Dienste gegen sich begründen kann. Welche Einwendungen außerdem noch entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht ausgeschlossen sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Formulierung "Einwendungen und Einreden" ist ohnehin verfehlt, weil Einreden ein Unterfall der Einwendungen (nämlich rechtshindernde) sind.

Da die Menschenwürde als oberster Verfassungswert (Art. 1 GG) nicht zur Disposition des Staates steht, auch nicht durch Gesetz, ist die Prostitution nach Auffassung mancher Juristen auch weiterhin sittenwidrig (vgl. Palandt-Heinrichs § 138 BGB Rn. 52). Dafür spricht insbesondere, dass § 2 ProstG lediglich die Einwendung der Sittenwidrigkeit ausschließt und § 1 nur von einer "rechtswirksame[n] Forderung" spricht, dagegen nicht positiv anordnet, dass der Vertrag nicht sittenwidrig oder auch nur wirksam sei. Auch die fehlende Einklagbarkeit der sexuellen Leistung zeigt deutlich, dass es sich nach wie vor nicht um einen gewöhnlichen Vertrag handelt. Das alles kann jedoch insoweit dahinstehen, als die Rechtsverhältnisse durch das Prostitutionsgesetz abschließend geregelt sind. Auch für das Strafrecht gehören jetzt erbrachte Dienstleistungen zum geschützten Vermögen; die "Dirnenlohn"-Rechtsprechung ist damit überholt.

Die Einklagbarkeit von Entgelten ist aber in der Praxis nicht von Bedeutung, da praktisch immer mit Vorkasse gearbeitet wird. Genaue Aussagen über die Wirksamkeit des Gesetzes sind nur sehr schwer zu treffen, da nach Aussagen von Hydra e.V. keine verlässlichen Angaben über die tatsächliche Größenordnung von Prostitution in Deutschland existieren.

Das Werbeverbot für die Ausübung sexueller Dienstleistungen (§ 119 OWiG) wurde mit dem Prostitutionsgesetz nicht aufgehoben. Unverändert geblieben sind auch die Ordnungswidrigkeit (§ 120 OWiG) und der Straftatbestand (§ 184d StGB) der verbotenen Prostitution, also der Zuwiderhandlung gegen eine auf Grundlage von Art. 297 EGStGB erlassene Sperrbezirksverordnung.

§ 180a StGB sanktioniert zwar die "Ausbeutung von Prostituierten", wird aber selten angewandt, da sowohl wirtschaftliche Abhängigkeit (3,1 Millionen Haushalte sind in Deutschland verschuldet) als auch persönliche Abhängigkeit schwierig zu beweisen sind. Prostituierte leugnen nicht selten ihre Abhängigkeit aus Angst oder sind ihrem Zuhälter hörig. Für die Behörden gilt zumeist nicht einmal die fehlende eigene Wohnung als wirtschaftliche Abhängigkeit. Zuhälter haben die Interessenbekundungen ihrer Prostituierten zudem meist gut im Griff. Nach einer Anzeige müssten die meisten Prostituierten zwangsläufig direkt ins Bordell in den Backstagebereich mit den angeschlossenen Wohnzellen zurück, in die Arme des Zuhälters, der oft als Vermieter auftritt. Unter diesen Umständen wäre nichtmal Polizeischutz nach einer Anzeige sinnvoll. Ohne Anzeige kommt es in der Regel aber zu keinem Strafverfahren.

Die Zeitschrift Emma kritisiert, dass das Prostitutionsgesetz vor allem die Zwangsprostitution fördere. Eine angekündigte Begleitforschungsstudie ist nach Angaben der Zeitschrift bislang nicht veröffentlicht worden[1]. Allerdings lehnt Emma Prostitution nicht nur im Rahmen eines Gesetzes, sondern grundsätzlich ab, so dass sich die Kritik nicht direkt gegen das Prostitutionsgesetz richtet.

[Bearbeiten] Prostitutionsgesetze in anderen Ländern

Vergleichbare Gesetze, nach denen Prostitution nicht mehr illegal ist, gibt es unter anderem in den Niederlanden und Australien.

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. Das Gesetz schützt Zuhälter. In: Emma. Nr. 4, Juli/August 2006
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Rechtsthemen!

Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -