Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Primitivismus (Kunst) - Wikipedia

Primitivismus (Kunst)

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Der Begriff Primitivismus wurde erstmals in Frankreich im 19. Jhdt. als kunsthistorischer Begriff gebraucht und bedeutete eine Imitation des Primitiven, wobei man unter den Primitiven zunächst die Italiener und Flamen des 14. und 15. Jhdt. verstand.

Im Webster von 1934 wurde der Begriff erweitert: „Glaube an die Überlegenheit des primitiven Lebens, Rückkehr zur Natur“.

In Folge dessen verstand man unter Primitivismus oft die Kunst der Stammesvölker. Dies ist aber eine falsche Verwendung, da Primitivismus ein modernes Phänomen ist und wie folgt erst im Duden von 1973 richtig erfasst wird: „Moderne Kunstrichtung, die sich von der Kunst der Primitiven anregen lässt“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entwicklung

Das Werk von Paul Gauguin, der einen Wandel von einer Kunst der optischen Wahrnehmung (Impressionismus) zu einer Kunst der geistigen Konzeption erreichte, gilt als Ausgangspunkt des modernen Primitivismus – wobei sein Primitivismus mehr philosophischer als ästhetischer Natur war. Ihn interessierte die polynesische Kunst nur eingeschränkt und Gauguin verwendete sie als dekorative Hilfsmittel oder Symbole. Auch sah er Kulturen als primitiv an (Ägypten, Kambodscha, etc.) die heute nicht mehr als solches gelten.

1882 konnte das Musée d´Ethnographie du Trocadéro bereits eine anschauliche Sammlung an primitiven Kunstgegenständen vorweisen, jedoch zeigten die Künstler noch kein Interesse. Erst 1906 begannen die Fauvisten Sammlungen von Stammeskünsten anzulegen, wobei sie vor allem jene Objekte sammelten, die wegen ihres verhältnismäßig ausgeprägten Realismus der aus dem 19.Jhdt. überlieferten Definition des Primitiven am meisten entsprachen. Oft wurde dieser stilisierte Realismus von westlichen Missionaren beeinflusst. Ein Einfluss exotischer Stile ist in den Werken der Fauvisten ersichtlich.

Mit Picassos Bild „Les Demoiselles d´Avignon“ von 1907 ist eine entscheidende Wende in der Entwicklung des Primitivismus anzusehen. In Paris wurde ein großes Interesse an Stammeskünsten erweckt und Picasso und die Kubisten „schufen“ den Primitivismus des 20. Jhdt. indem sie direkt auf einzelne Kunstwerke der Eingeborenen eingingen. Die Kunst der Kubisten hatten nun eine konkrete, enger gefasste und mehr ästhetisch orientierte Bedeutung.

Nach dem 2. Weltkrieg nahmen Künstler nur mehr selten Bezug auf einzelne Objekte – es ist ein loserer, indirekter und vor allem stärker intellektuell geprägter Primitivismus. Die Inspiration kommt von Ideen über die Stämme und ihre Gesellschaft, also mehr von Texten (von Georges Bataille, Michel Leiris, Claude Lévi-Strauss, u.a.) als von Kunstwerken.

[Bearbeiten] Paul Gauguins Primitivismus

Paul Gauguin ist Stammvater und unbestrittener Vorläufer des Primitivismus.

Als Kind wurde er 9 Jahre von seiner verwitweten Mutter in Peru aufgezogen und verbrachte danach sein weiteres Leben in der Weltmetropole Paris als Bankbeamter. Er trennte sich aber dann von Frau und Kind und überhaupt von der ganzen ihm verhassten bürgerlichen Gesellschaft und zog zuerst in die „primitive“ Bretagne, dann nach Panama, Martinique, Tahiti und schließlich beendete er sein Leben auf den Marquesasinseln.

[Bearbeiten] Gauguin als Erbe einer langen Tradition

Schon in der Antike gab es Schriften, die den Verlust der Einfachheit beklagten. Im 16. und 17. Jhdt. begegneten Europäer auf ihren Entdeckungsreisen unbekannten Rassen und schätzten deren Lebensweise. Diese „Edlen Wilden“ hielten sie für unverdorben, unschuldig und weise. Ihre reineren Tugenden hätten sie durch einfache Gedanken erreicht - ganz im Gegensatz zur als oberflächlich und verweichlicht abgesehenen Künstlichkeit des zivilisierten Europas. Im 18. Jhdt. griffen die Aufklärer diese Ideen auf sahen im primitiven Leben denen von ihnen angestrebten Glückszustand. Diese Euphorie und Verherrlichung wurde zu einem zentralen Aspekt der fortschrittlichen, politischen aber auch religiösen Ideen. Die Früchte dieses Umdenkens lassen sich gerade bei Gauguin finden – allerdings vertrat er jenen Primitivismus, der sich auf kulturelle Aspekte bezog und nicht auf ideologische (Leben nach einer Naturordnung). Im 19. Jhdt. kam es aber neben dieser Zeit des Umdenkens auch zu einer anti-primitivistischen Gegenströmung. Diese verteidigte die rassisch bedingte Kulturhierarchie und wies auf die animalische Roheit der Barbaren hin.

Gauguin, eine rastlose und innerlich zerrüttete Person, strebte eine Selbstheilung an, und versprach sich diese in der Studie des Ursprünglichen, des Primitiven. Nach philosophischem Denken war das Grundlegende wichtiger als das Hochentwickelte. Dies bedeutete eine überlegene Kraft vereinfachter Formen und erhöhte damit die Wertigkeit des Primitiven. Paul Gauguins Fragen nach dem Ursprung menschlicher Kreativität und Kommunikation führten ihn in die „zurückgebliebene“ Bretagne, in der er ein einfaches Leben führte.

Dies war auch der Ort, wo Gauguin einen entscheidenden Fortschritt für die Kunst vollbrachte – er erreichte eine Abwendung vom Impressionismus und damit eine anti-naturalistische Haltung. Für Gauguin war im Impressionismus das Hirn ein Sklave der Sinne. Er aber glaubte an eine Überlegenheit des Geistes gegenüber der Materie. Ein wichtiger Meilenstein in dieser Entwicklung ist dabei sein Bild aus dem Jahr 1889 "Die Vision nach dem Gebet - Jakobs Kampf mit dem Engel". Es zeigt einen neuen Formwillen, der stärker von der Phantasie als von Natureindrücken bestimmt wird. Das Bild verbindet Sichtbares (betenden Frauen) und Visionäres (Kampf mit Engel).

[Bearbeiten] Literatur

  • William S. Rubin (Hrsg.): Primitivismus in der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts. Prestel, München 1996, ISBN 3-7913-1716-4
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