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Menschen ohne Beziehungserfahrung

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Unter dem Begriff Menschen ohne Beziehungserfahrung werden allgemein Menschen im Erwachsenenalter beziehungsweise ab etwa 20 Jahren verstanden, die entgegen der allgemeinen Erwartungshaltung bisher unfreiwillig keine oder nur sehr wenig Erfahrung mit Beziehungen, dem Austausch von Zärtlichkeiten und Geschlechtsverkehr haben. Der ebenfalls dafür übliche englische Begriff Absolute Beginners („Totale Anfänger“), häufig als „ABs“ abgekürzt, ist eine Selbstbezeichnung, die in den 1990er-Jahren als Titel eines der ersten diesbezüglichen Diskussionsforen im deutschsprachigen Netz entstand. Im englischen Sprachraum ist der Ausdruck incel (involuntary celibacy, unfreiwillige Enthaltsamkeit) üblich.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Öffentliche Wahrnehmung

Menschen ohne Beziehungserfahrung stehen bis heute oft abseits der allgemeinen Aufmerksamkeit. Zwar gibt es bereits etwas Literatur zum Thema, Berichte in Massenmedien wie Fernsehen oder Zeitschriften sind jedoch selten. Hingegen werden regelmäßig Statistiken veröffentlicht, wonach der erste Geschlechtsverkehr („Das erste Mal“) typischerweise im Alter von etwa 15 bis spätestens 17 Jahren stattfindet. Ebenso werden ab diesem Alter erste Erfahrungen mit Liebesbeziehungen üblicherweise vorausgesetzt. Viele Menschen – Männer wie Frauen – die schon erwachsen sind, aber noch nie mit jemandem Geschlechtsverkehr hatten (also umgangssprachlich „jungfräulich“ sind) oder keine nennenswerte Beziehungserfahrungen haben, glauben somit, dass mit ihnen vielleicht etwas nicht in Ordnung ist und fühlen sich unter Druck gesetzt.

Genaue statistische Daten oder Studien über die Größe dieser Personengruppe existieren bisher nicht. Das Leben als „AB“ ist von freiwilliger Enthaltsamkeit zu unterscheiden, die wesentlich seltener vorkommen dürfte; auch hat es im Regelfall nichts mit Asexualität zu tun, welche das prinzipielle weitgehende bis völlige Fehlen von sexuellem Verlangen bedeutet und in letzter Zeit eine verstärkte Beachtung der Medien findet.

Die Darstellung und Diskussion des Themas findet derzeit größtenteils in Internetforen statt. Gibt dort jemand an, „noch Jungfrau“ zu sein, so wird ihm meist Verständnis für diese Lage entgegengebracht, und es fällt oft die Aussage, dass dies ja gar nicht so selten sei. Kommt das Thema unfreiwillige Beziehungslosigkeit vereinzelt in Zeitschriften zur Sprache, so wird meist die Betätigung in Sportvereinen, der Besuch von Volkshochschulkursen oder dergleichen empfohlen, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen.

Die öffentliche Wahrnehmbarkeit gestaltet sich zwangsläufig schwierig bis unmöglich, weil Menschen ohne Beziehungserfahrung keine homogene Gruppe mit gemeinsamen Zielen und Wertvorstellungen sind, sondern eine lose virtuelle Zusammenkunft von Langzeitsingles, die aus sehr unterschiedlichen, überwiegend psychologischen Gründen noch keine oder nur sehr geringe Beziehungserfahrungen haben. Das unterscheidet sie z. B. von der Gruppe der Asexuellen, die aufgrund ihres gemeinsamen Ziels – die Anerkennung ihrer Asexualität durch die Allgemeinheit – beispielsweise auch als geschlossene Gruppe gegenüber der Presse auftreten, Selbsthilfegruppen vor Ort haben etc. Der Wunsch einen Partner zu haben ist hingegen nichts was die Menschen ohne Beziehungserfahrung von anderen Singles unterscheidet. Der einzige sie verbindende erkennbare Unterschied zu Singles ist ihre mangelnde Erfahrung, die jedoch wiederum auf sehr unterschiedlichen persönlichen Eigenschaften und/oder Problemen beruhen kann.

Die Frage nach öffentlicher Wahrnehmung der Menschen ohne Beziehungserfahrung als benachteiligte Gruppe scheint zudem nur sehr vereinzelt gewünscht zu werden, was sich in der Vergangenheit immer wieder durch ein kaum vorhandenes Echo auf Kontaktwünsche von Presse und Fernsehen anschaulich zeigte – speziell bei Anfragen auf das Buch „Unberührt“ von Arne Hoffmann.

[Bearbeiten] Unterschiede bei Geschlecht und Erfahrungsstand

Der Begriff Menschen ohne Beziehungserfahrung wird meist im Zusammenhang mit heterosexuellen Beziehungen und Geschlechtsverkehr verwendet. Obwohl manchmal der Eindruck entstehen kann, dass das Thema hauptsächlich Männer betrifft (in den Foren „MABs“ genannt, männliche ABs), so gibt es auch, wenngleich in geringerer Anzahl, unerfahrene Frauen, die als „WABs“ oder „ABinen“ bezeichnet werden.

Es kursieren auch die Begriffe „Softcore-AB“ und „Hardcore-AB“, wobei Erstere schon mehr oder weniger viele grundlegende Dinge erlebt haben, wenn auch weniger als alterstypisch, und Letztere nichts davon und häufig auch noch nie einen Kuss erlebt haben, was im schriftlichen Kontakt teilweise durch ein Minuszeichen angedeutet wird statt eines Pluszeichens für Kusserfahrung. Weitere vereinzelte Erfahrungen können ein One-Night-Stand, eine Liebesaffäre bzw. Kurzbeziehung (nicht unbedingt sexueller Natur), mitunter auch Petting oder auch nur Händchenhalten sein.

Als Abgrenzung zu Menschen mit als üblich geltenden Beziehungserfahrungen wird für diese der Begriff „Normalos“ verwendet.

[Bearbeiten] Ursachen und Theorien

Die Ursachen für Beziehungslosigkeit sind individuell. Erklärungsansätze gehen dahin, dass sie häufig in der Pubertät begründet liegen. Häufig manifestieren sie sich im Erwachsenenalter in

  • Mangel an geeigneter Gelegenheit zur Kontaktaufnahme
  • überdurchschnittlich hohe Ansprüche an potenzielle Partner
  • überdurchschnittliche Ernsthaftigkeit, mit der oft ein Mangel an Begeisterungsfähigkeit und emotionaler Ausdruckskraft einhergeht, was zu einer gewissen Gefühlskälte oder starken Neutralität in der menschlichen Ausstrahlung führen kann.
  • unterdurchschnittlich ausgeprägtem Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein sowie daraus resultierender Vernachlässigung der eigenen Person (unterdurchschnittlich ausgeprägte Verantwortung für die eigene Person)
  • Schüchternheit, Angst und Unsicherheit dem anderen Geschlecht gegenüber sowie überdurchschnittliche Scham für eigene Gefühle, besonders auch sexueller Art (Verklemmtheit), Angst vor körperlicher und/oder emotionaler Intimität
  • für die entsprechende Altersgruppe unterdurchschnittlich ausgeprägte Soziale Kompetenz; vgl. Geek, Nerd
  • speziell Asperger-Syndrom (eine leichte Form von Autismus)
  • überdurchschnittlich häufiges Leiden unter verschiedenen Formen von erlernter Hilflosigkeit und deren Folgen sowie Procrastination (Aufschiebeverhalten)
  • soziale Phobie und Hochsensibilität
  • Tendenzen zum Narzissmus
  • Nichterfüllen des gängigen Schönheitsideals
  • Störungen der Sexualpräferenz (Paraphilien, z. B. Pädophilie)

Daneben gibt es zahlreiche umstrittene und mehr oder weniger ernsthafte Spekulationen wie etwa Theorien über ein mögliches „AB-Gen“.

Ohne Beziehungserfahrung zu sein wird zwar von manchen als großes persönliches Problem angesehen, das sie ständig beschäftigt, es ist jedoch nicht grundsätzlich mit einer psychischen Krankheit verbunden oder führt zwangsläufig dazu.

Eine mögliche Erklärung kann auch bisher nicht eingestandene und ausgelebte Homosexualität statt der bisher angenommenen Heterosexualität sein.

[Bearbeiten] Ein 'Sehnsuchts-Teufelskreis'

Recht häufig kann Sehnsucht nach einer Beziehung bestehen, gleichzeitig aber die Angst vor einer solchen. In der Diskussion des Themas taucht auch immer wieder ein Erklärungsansatz auf, der sich als ein Teufelskreis der Sehnsucht beschreiben lässt. Um einen Partner kennen zu lernen, ist eine gewisse Gelassenheit und Lockerheit sehr wichtig, Menschen ohne Beziehungserfahrung fehlt diese oft. Die Sehnsucht nach Zärtlichkeit, Liebe und Sex ist so wichtig, dass jede Zurückweisung eine existenzielle Katastrophe für den Betroffenen ist und das meist ohnehin schlechte Selbstwertgefühl weiter belastet.

Auf das andere Geschlecht wirken betroffene Personen, denen ihre verzweifelte Sehnsucht anzumerken ist, in der Regel unattraktiv und wahllos. Dadurch entsteht der Teufelskreis: Je größer die Sehnsucht, umso geringer die Chance der Erfüllung. Erschwerend kommt hinzu, dass infolge der immer wiederkehrenden Frustration eine Verbitterung angesichts der Unbarmherzigkeit des „Partnermarktes“ eintritt. In schlimmen Fällen kann sich ein regelrechter Hass auf das andere Geschlecht entwickeln. Dies betrifft vor allem, aber nicht nur, Männer.

[Bearbeiten] Studien zu unerfahrenen männlichen Singles

Mittlerweile gibt es in den USA einige psychologische Studien zu unerfahrenen männlichen Singles (s. u. Literatur), die allerdings häufig unter dem Oberbegriff der sexuellen Störungen einsortiert werden. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse scheinen u. a. nahezulegen, dass unerfahrene Männer bei der Wahl ihrer Partnerin überdurchschnittlich hohe Ansprüche an die äußere Attraktivität stellen (Studien von Gilmartin/Margolis), was auf ihre eingeschränkte persönliche Entwicklung in der Pubertät zurückgeführt wird. Ebenfalls häufig genannt werden beziehungsfeindliche Strukturen im Elternhaus (Lieblosigkeit unter den Eltern etc.) sowie daraus resultierende mangelhafte Konfliktfähigkeit bzw Harmoniesucht.

[Bearbeiten] Sexualität

Unabhängig vom Thema Beziehung kann auch das Thema Sexualität für Menschen ohne Beziehungserfahrung ein Problempunkt sein. Zwar kann man auch durch Masturbieren sexuelle Befriedigung erlangen, und für die meisten gehört dies selbst in einer Beziehung zu einem erfüllten Sexualleben, als einzige Möglichkeit der sexuellen Betätigung ist dies jedoch vielen zu wenig. Manche – speziell Männer – sehen in Prostituierten einen möglichen Ausweg, Geschlechtsverkehr mit einer anderen Person zu haben. Andere lehnen dies prinzipiell ab, sei es weil die Bezahlung dafür ihr Selbstwertgefühl mindern würde, sie zu große Angst davor haben (auch davor, im entscheidenden Moment keine ausreichende Erektion zu bekommen) oder die in diesem Millieu teilweise vorkommenden kriminellen Machenschaften nicht unterstützen wollen.

Da die Kontaktaufnahme von Mann zu Mann insbesondere auf sexueller Ebene erfahrungsgemäß einfacher ist als von Mann zu Frau, kann für Männer auch schwuler Sex eine Möglichkeit sexueller Kontakte zu jemand anderem sein. Dies ist jedoch umstritten, auch wollen viele „ABs“ nicht mit diesem Themenbereich in Verbindung gebracht werden. Auf Dauer dürfte es nur für Männer eine Lösung sein, die sich gewisse homo- bzw. bisexuelle Tendenzen eingestehen können und nicht eigentlich rein heterosexuell sind und nur aus einer dringenden sexuellen Notlage heraus einmalig ihrem Drang nachgeben („Not-Homosexualität“).

Für Frauen kann sich dieses Thema anders darstellen, da deren Sexualtrieb generell etwas anders als bei Männern ausgeprägt ist und landläufig allgemein angenommen wird, dass für viele Frauen Sex auch mit Liebe einhergehen müsse und dies nicht so einfach wie bei Männern trennbar sei. Die Erfahrung in Bezug auf die Anzahl der Antworten zeigt, dass es für eine Frau zumindest theoretisch recht einfach ist, etwa mittels einer Kontaktanzeige zu entsprechenden Kontakten zu kommen. Über Erfahrungen von „ABinen“ mit Callboys ist im Gegensatz zum umgekehrten Fall nur wenig bekannt.

[Bearbeiten] Filme, Literatur und Musik

In der Filmindustrie findet das Thema gelegentlich in verschiedener Form Beachtung, wobei viele Produktionen es eher nur komödiantisch nutzen, z. B.:

  • The 40 Year Old Virgin (2005, dt. Jungfrau (40), männlich, sucht)
  • Never Been Kissed (1999, dt. Ungeküsst)
  • Was Sie schon immer über Singles wissen wollten (2005)


Daneben gibt es jedoch auch filmisch ernsthafte Auseinandersetzungen, in denen ein Mensch ohne Beziehungserfahrung und dessen Problematik exemplarisch im Zentrum steht:


Ambitionierte Verarbeitungen finden sich vielfach in der literarischen Tradition:


Musik:

  • Außerdem - namensgebend für die Selbstbezeichnung der Menschen ohne Beziehungserfahrung, die über spezielle Internetforen kommunizieren – Absolute Beginners von David Bowie


[Bearbeiten] Sekundärliteratur

  • Arne Hoffmann: Unberührt. Menschen ohne Beziehungserfahrung - Wege zu erfüllter Liebe und Sexualität. Stuttgart: Kreuz Verlag 2006. ISBN 3-7831-2705-X
  • Jonas Bergmann: Keine Ahnung, wie sich das anfühlt. In: ZEIT Campus (6/2006), S. 88-90
  • E. Donnelly, E. Burgess, S. Anderson, R. Curry, J. Dillard: Involuntary celibacy: A life course analysis. Journal of sex research, 38(2), S. 159-169. (2001)
  • Brian G. Gilmartin: Shyness and love. Causes, consequences and treatment. Lanham, Maryland: University Press of America 1987
  • Brian G. Gilmartin: The shy-man syndrome. Why men become love-shy and how they can overcome it. Lanham, New York, London: Madison Books 1989
  • Olaf Wickenhöfer: Unfreiwillig Single. Eine Studie zur Sozialisationsgeschichte und kulturellen Alltagspraxis. Marburg: Tectum Verlag 2004

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen

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