Lokomobil
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Lokomobile oder ein Lokomobil (von lateinisch locus: Ort und mobilis: beweglich) ist eine Dampfmaschinenanlage mit kleiner Leistung in geschlossener Bauform, bei der alle zum Betrieb der Anlage erforderlichen Baugruppen (Feuerung, Dampfkessel, Steuerung, sowie die gesamte Antriebseinheit, bestehend aus Zylinder(n), Kolben, Kurbelwelle und Schwungrad mit Riemenscheibe) auf einer gemeinsamen Plattform montiert sind.
Lokomobilen konnten ortsbeweglich und ortsfest montiert werden. Im Gegensatz zum Automobil waren Lokomobilen in ihrer Grundform nicht „auto-mobil“, also selbstfahrend – der Begriff „mobil“ bezeichnete hier nur die sich bewegende Antriebsmaschine an sich. Es gab jedoch auch eine ganze Reihe verschiedener selbstfahrender Lokomobile, wie z. B. Dampfstraßenwalzen, Dampfpflüge, Dampftraktoren, sowie kleinere Dampfboote.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Mit Lokomobilen wurden in der beginnenden Industrialisierung landwirtschaftliche Betriebe (zum Antrieb der Dreschmaschine), sowie Kleingewerbebetriebe mechanisiert. Im Zuge der Elektrifizierung wurden auch kleine Kraftwerke mit Lokomobilen betrieben. Im Gegensatz zu großen Anlagen in aufgelöster Bauweise, also mit separatem Kesselhaus und getrennt aufgestellten Maschinen, konnten die kompakten Lokomobilen verhältnismäßig leicht transportiert werden.
Nach einigen verschiedenen Anläufen, die bestmögliche Bauform zu finden, wurden schließlich die meisten Maschinen mit oberhalb des horizontal liegenden Kessels angebrachtem Antrieb gefertigt. Diese Bauform war auch der Durchbruch für die selbstfahrenden Lokomobilen, da der Kessel in verstärkter Bauweise eine separate Plattform erübrigte und alle Komponenten der Maschine auf ihm Platz fanden.
Lokomobilen wurden von etwa 1810 bis in die 1970er Jahre eingesetzt, auf außenliegenden Höfen sind bis heute einzelne Anlagen noch in Betrieb.
Weltweit kamen Lokomobile im Bergbau zum Einsatz. Stationär eingesetzt erzeugten sie Pressluft für die Bohrhämmer und Strom zur Grubenbeleuchtung. Die seitlichen Schwungräder trieben Förderseile oder Pumpengestänge an, mit denen die Gruben gesümpft wurden.
[Bearbeiten] Herausragende Lokomobile
1910 baute die Firma Lanz ihre 25.000. Lokomobile mit der damals sensationellen Leistung von 1.000 PS netto. Sie war die bis dahin größte Lokomobile der Welt. Sie wurde anlässlich der Weltausstellung in Brüssel gebaut und sorgte als Antrieb eines Generators während der 6 Monate (tagsüber) für den erforderlichen Strom und erhielt für diese Leistung drei Grand-Prix Goldmedaillen. Nachts arbeitete eine 800 PS Lokomobile der Firma Wolf Buckau.
Technische Daten:
- Name: Lanz'sche 1000-pferdige Heißdampf-Ventil-Lokomobile mit Dynamomaschine direkt gekuppelt
- Arbeitsweise: Heißdampf-Verbundlokomobile (Compoundlokomobile) mit Ventilsteuerung, System Lentz
- Dauerleistung: 1.000 PS, Höchstleistung über 1 Stunde: 1.150 PS
- Durchmesser Hochdruckzylinder: 560 mm
- Durchmesser Niederdruckzylinder: 970 mm
- Kolbenhub beide Zylinder: 550 mm
- Nenndrehzahl: 215 U/min
- Heizrohrkessel mit 2 Feuerbüchsen und je 1 ausziehbarer Röhrenkessel, 1 zusätzlicher nicht ausziehbarer Röhrenkessel
- Rostfläche: 3,7 m², wasserberührte Siederohrfläche: 214 m²
- Überhitzerfläche: 73 m² über Flachrohre
- durchschn. Heißdampftemperatur: 350 Grad Celsius
- eingebaute Kondensation zur Minimierung des Wasserverbrauchs
- mittlerer Kohleverbrauch: 0,5 kg pro PS und Stunde
Die Lokomobile trieb einen Generator der Firma AEG.
- Gewicht des Ankers: 7.500 kg (direkt auf der Kurbelwelle der Lokomobile montiert)
- Spannung: 230 V, Umschalten auf 460 V möglich
- Leistung: 735 kW bei 215 U/min
- Hilfspole zur Leistungsregelung von 0 bis 100 % Leistung
Beim Museum Moorseer Mühle in Nordenham-Moorsee (die letzte voll funktionsfähige Windmühle im Landkreis Wesermarsch) ist in jedem Jahr zum Deutschen Mühlentag (Pfingsten) eine Lanz-Lokomobile aus dem Jahr 1911 in Betrieb zu sehen.
Sie wiegt gut fünfeinhalb Tonnen und leistet 26 PS. Diese restaurierte „Kolonialausführung“ wurde 1989 aus Guatemala reimportiert, wo sie ein Sägewerk betrieben hatte. Eine ähnliche Lokomobile benutzte der Müllermeister der Moorseer Mühle, um Getreide zu mahlen. 1908 wurde sie aber durch eine stationäre Dampfmaschine ersetzt.
[Bearbeiten] Literatur
- Dampfzugmaschinen, Dörfler (2002), ISBN 3-89555-083-3
[Bearbeiten] Weblinks
- Bilder von Lokomobilen aus dem Emsland Moormuseum in Geeste-Groß Hesepe
- Sächsischer Dampfmaschinenverein zu Wilsdruff e. V. – Informationen über die Wilsdruffer Dampfmaschinen & Lokomobile