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Kugelblitz

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Dieser Artikel behandelt ein Naturphänomen. Zu dem deutschen Flakpanzer aus dem Zweiten Weltkrieg siehe Flakpanzer IV; zu dem brasilianischen Fußballspieler mit dem Spitznamen 'Kugelblitz' siehe Aílton.

Kugelblitz nennt man schwebende Lichtkugeln, die plötzlich und auch in geschlossenen Räumen auftreten. Es gibt neben Augenzeugenberichten nur wenige fotografische Belege, so im Brockhaus (18. Ausgabe).

"Globe of Fire Descending into a Room" von Dr. G. Hartwig
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"Globe of Fire Descending into a Room" von Dr. G. Hartwig

Bis heute haben die Naturwissenschaften keine allgemein akzeptierte oder nachgewiesene Erklärung für dieses Phänomen liefern können. Kugelblitze werden oft mit Gewittern und „echten“ Blitzen in Verbindung gebracht.
Am schlüssigsten ist daher die Vermutung, dass es sich um Plasmen handelt, die durch interferierende Mikrowellen gebildet werden. Y. H. Ohtsuki und H. Ofuruton gelang es 1991 erstmals, unter Laborbedingungen Kugelblitzen ähnelnde Plasmagebilde reproduzierbar zu erzeugen, deren Eigenschaften dem von Augenzeugen berichteten Verhalten ähnelten. Dabei verwendeten sie ein Magnetron mit 2,45 GHz und 5 kW Dauerleistung.[1]

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Beschreibung

Beschreibung eines Kugelblitzes aus dem 19. Jahrhundert
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Beschreibung eines Kugelblitzes aus dem 19. Jahrhundert

Kugelblitze sind extrem seltene Erscheinungen und darüber hinaus unterscheiden sich die Einzelheiten von Augenzeugenberichten teilweise etwas. Viele der Eigenschaften der Beobachtungen von Kugelblitzen widersprechen einander, weshalb es auch möglich ist, dass mehrere verschiedene Phänomene fälschlicherweise zusammengefasst werden.

Kugelblitze treten sehr selten und zufällig auch im Zusammenhang mit Gewittern und atmosphärischen Entladungen überwiegend in Bodennähe auf. Sie wurden als schwebende, glühende Objekte beschrieben. Im Gegensatz zur kurzlebigen Lichtbogenbildung zwischen zwei Punkten eines gewöhnlichen Blitzes haben sie eine Lebensdauer von bis zu dreißig, typischerweise aber zwei bis acht Sekunden. Die Form kann sphärisch (kugelförmig), eiförmig oder stabähnlich sein, wobei die Erscheinung in keiner Dimension viel größer als in den anderen ist. Die größte beobachtete Ausdehnung lag zwischen fünfzehn und vierzig Zentimetern. Sie sind selbstleuchtend, meist orange bis hellgelb und undurchsichtig. Manchmal versprühen sie Funken und sind von Geräuschen begleitet. Manchmal wird die Erscheinung von einem bestimmten Objekt angezogen, manchmal bewegt sie sich eher zufällig oder bleibt teilweise sogar stehen. Nach mehreren Sekunden verschwindet die Erscheinung, zerstreut sich, wird von etwas absorbiert oder verschwindet in seltenen Fällen sogar in einer Explosion. Manchen Berichten zufolge können sie in Gebäude eindringen, scheinbar wirkungslos durch Mauern, Türen und Fenster dringen oder aber auch bei Berührung explodieren und Verletzungen verursachen.

Manche Beschreibungen ähneln sehr stark denen von anderen Phänomenen wie zum Beispiel von UFOs oder Foo-Fightern.

[Bearbeiten] Erforschung

Entstehung und Aufbau des Phänomens sind trotz erfolgreicher japanischer Experimente mit interferierenden Mikrowellen, die Plasmakugeln erzeugten, die Kugelblitzen in Größe und Erscheinungsbild ähnelten, nicht gänzlich geklärt. Experten verschiedener Fachrichtungen wie Meteorologen, Elektrotechniker, aber auch viele Laien sammeln deshalb seit langem alle Augenzeugenberichte, werten sie aus und versuchen auf dieser Grundlage, dem Phänomen auf die Spur zu kommen. Besonders begehrt sind zufällig gelungene Fotos oder Filmaufnahmen. Oft werden allerdings auch leicht erkennbare Fälschungen als Kugelblitze ausgegeben, so dass es schwer ist, echte Fotos zu finden.

Nikola Tesla spricht in seinen Aufzeichnungen von der erfolgreichen Erzeugung von Kugelblitzen in seinem Labor, spätere Versuche haben aber keine Anhaltspunkte finden können, ob diese Kugelblitze etwas mit dem beobachteten Naturphänomen zu tun haben, oder ob es sich nur um eine andere Art elektrisches Phänomen handelt.

[Bearbeiten] Theorie

Eine wichtige Theorie wurde 1955 vom russischen Physiker Kapiza aufgestellt. Er rechnete die Lebensdauer einer nuklearen Explosionswolke auf die von Kugelblitzen angenommenen Dimensionen herunter und erhielt für einen Feuerball von 10 cm Durchmesser eine Lebensdauer von weniger als 10 Millisekunden. Da Kugelblitze für mehrere Sekunden beobachtet werden, kam er zu dem Schluss, dass die Kugelblitze extern gespeist werden müssen und eine intern ablaufende Reaktion gleich welcher Art nicht für den Energiebedarf ausreicht. Daraufhin entwickelte er die Theorie, dass sich während eines Gewitters stehende elektromagnetische Wellen zwischen Himmel und Erde ausbilden und Kugelblitze an den Schwingungsbäuchen entstehen.[2] Kapiza ging jedoch nicht auf die Problematik ein, dass es eine Reihe von Schwingungsbäuchen gibt (s. stehende Wellen) und welche Bedingungen einen bestimmten Schwingungsbauch zum Kugelblitz werden lässt. Um einen Ort bevorzugter Energieabgabe zu bilden, müsste das sich dort befindliche Gas im Vergleich zur Umgebungsluft zumindest schwach ionisiert (leitfähig) sein und es ist unklar, wie sich eine solche Anfangsionisation ausbilden kann. Als theoretisches Beispiel sei hier eine heiße Luftblase genannt, denn die Ionisierung von Luft steigt mit der Temperatur an. Wenn nun eine solche Luftblase dadurch mehr Energie erhielte, führte das zu einem weiteren Anstieg der Temperatur und damit zu einem sich selbst aufschaukelndem Prozess.

Peter Handel hat die Theorie mit dem Vorschlag eines atmosphärischen Masers ausgebaut. Wenn das Volumen eines Masers groß genug ist (mehrere Kubikkilometer), könnten durch alleiniges Pumpen (was bei kleinen Masern normalerweise zur sofortigen Dissipation der Energie führt) genügend Moleküle in einen angeregten Zustand versetzt werden. Handel hat nun gezeigt, dass es Soliton-Lösungen innerhalb des Masers gibt, d.h. eine stabile stehende Welle im nichtlinearen Medium, dessen Energie vom Maser eine Zeitlang aufrechterhalten wird.[3]

Die Entstehung und die Bewegung der Kugelblitze ist damit an den Ort der Energieabgabe gebunden; deshalb steigen sie im Gegensatz zum gewöhnlichen Plasma nicht auf und sind sie gegen Wind unempfindlich. Sofern Baustoffe von Gebäuden für Mikrowellen durchlässig sind, was zumeist der Fall ist, können Kugelblitze diese durchaus durchdringen.

Die von Ohtsuki und Ofuruton durchgeführten Experimente konnten dies bestätigen; die Plasmabälle hatten vergleichbare Dimensionen und Lebensdauern, sie konnten sich gegen Wind bewegen und eine 3 cm dicke Keramikplatte durchdringen.

Wissenschaftler der gemeinsamen Arbeitsgruppe Plasmaphysik des Garchinger Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) und der Berliner Humboldt-Universität (HUB) haben 2006 kugelblitzähnliche Plasmawolken erzeugt. Die Physiker produzierten über einer Wasserober­fläche leuchtende Plasmabälle, die Lebensdauern von knapp einer halben Sekunde und Durchmesser von 10 cm bis 20 cm besitzen. Dabei ragen in ein mit Salzwasser gefülltes Becherglas zwei Elektroden, wobei eine Elektrode durch ein Tonröhrchen, das etwas aus der Wasseroberfläche herausschaut, vom umgebenden Wasser isoliert ist. Wird über eine Kondensatorbatterie von 0,5 mF eine Hochspannung von 5 kV angelegt, so fließt für 0,15 Sekunden ein bis zu 60 Ampere starker Strom durch das Wasser. Durch einen Überschlag vom Wasser aus gelangt der Strom in das Tonröhrchen, wobei das dort enthaltene Wasser verdampft. Nach dem Stromimpuls zeigt sich ein leuchtendes Plasmoid aus ionisierten Wassermolekülen.[4][5]

Eine andere Theorie geht davon aus, dass Kugelblitze keine elektrische Natur haben, jedoch durch Blitzeinschlag ins Erdreich entstehen. Dabei werde Siliziumdioxid (Sand) in Silizium und Sauerstoff zerlegt. Während der Sauerstoff im Erdreich mit Kohlenstoff (organisches Material) reagiere, trete das Silizium als Dampf bzw. Aerosol aus dem Blitzkanal aus und werde durch Luftsauerstoff langsam oxidiert. Die Siliziumpartikel-Wolke sei durch Selbstorganisation in der Lage, eine kugelähnliche Form anzunehmen und es sei daher auch möglich, dass sie sich nach Durchdringen einer kleinen Öffnung wieder zusammenfindet.[6]

Die Theorie von A.F. Ranada (Madrid) geht von einem topologischen Modell, einem so genannten elektromagnetischen Knoten aus. Ein elektromagnetischer Knoten ist definiert als Vakuum-Lösung der Maxwellgleichungen mit der Eigenschaft, daß alle elektrischen und magnetischen Feldlinien geschlossen sind. Entsprechend dieser Theorie besteht das Volumen des Kugelblitzes nicht vollständig aus Plasma, sondern aus ineinander hängenden Plasma-Schläuchen, die sich gegenseitig magnetisch und hydrodynamisch stabilisieren und Eigenschaften von etwa 10 s Lebensdauer sowie eine Netto-Abstrahlung von etwa 100 W bei einer Gesamtenergie von etwa 20 kJ ohne externe Energiezufuhr zulassen, wie durch entsprechende elektrodynamische Modellrechnungen auf der Grundlage der von Alfven- und Maxwellgleichungen gezeigt werden konnte. Dabei werde der Hauptteil der Energie nicht durch das Plasma der Blitzentladung, sondern in Form der magnetischen Feldenergie gespeichert, wobei magnetische Feldstärken von 0,5 T bis 2 T angenommen werden.

Eine weitere Theorie besagt, dass sich auf Grund des Runaway-Breakdown-Effektes in Blitzkanälen kurzzeitig mikroskopische Schwarze Löcher bilden könnten, die dann das Zentrum des Kugelblitzes bilden. Durch die starken elektrischen und magnetischen Felder können Elektronen im Blitzkanal stark beschleunigt werden. Dadurch erhalten sie sehr viel Energie, einen verkleinerten Stoßquerschnitt und eine hohe Geschwindigkeit, sodass sie keine Energie wieder durch Stöße verlieren können und dadurch immer weiter beschleunigen. Erreicht die Energie eine Äquivalenzmasse von ca. 10^15 Protonenmassen, so tritt nach Roger Penrose ein gravitativer Kollaps der Wellenfunktion auf und es bildet sich ein mikroskopisches schwarzes Loch. Aufgrund der starken lokalen gravitativen Kräfte könnten dann Fusionsreaktionen katalysiert werden, die für den Energieausstoß der Kugelblitze verantwortlich sind. Runaway-Elektronen in Linienblitzen wurden durch die auftretenden Gammabursts experimentell nachgewiesen, und auch aufgrund von Kernfusionsreaktionen auftretende Neutronen. (Literatur: L. Vuyk, 4. Int. Symp. on ball lightning, 25-27 Juli 1995, Universität von Kent/Canterbury).

Es gibt viele weitere Theorien: Hochstromentladungen, bei denen kleine (< 1 cm) hüpfende Feuerbälle entstehen, die Bildung anderer zündfähiger Gase oder Aerosole (so genannte diffusive Verbrennung), oder Zuhilfenahme esoterischer Energiequellen.

Keine dieser Theorien mit Ausnahme der ersten konnte jedoch experimentell bestätigt werden oder weist sämtliche Eigenschaften auf, die durch Augenzeugen von Kugelblitzen beschrieben werden. Sollten Kugelblitze stabil brennende Plasmen sein, wäre ihr genaueres physikalisches Verständnis von größter Wichtigkeit für die Realisierung und friedliche Nutzung der Kernfusion auf der Erde zwecks Stromerzeugung in sogenannten Tokamaks.

Es gibt auch Forscher, die der Meinung sind, die beobachteten Kugelblitze seien nur eine optische Täuschung. Wird das Auge kurzzeitig stark geblendet, so sieht man noch einige Sekunden einen Lichteffekt. Bewegt man die Augen, kann der Eindruck entstehen, eine Lichtkugel fliege durch den Raum.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur und Quellen

  1. Ohtsuki, Y.H. und Ofuruton, H.: Plasma fireballs formed by microwave interference in air. In: Nature. 350/1991. S. 139–141
  2. Kapitza, P. L.: On the nature of ball-lightning (Übersetzung aus dem Russischen). In: "Collected Papers of Kapitza" (Vol. 2). Pergamon Press, London 1965, S. 776–780
  3. P.H. Handel: Maser-Caviton Ball Lightning Mechanism, Proc. VIII Int. Conf. on Atmospheric Electricity, Institute of High Voltage Research, Uppsala University Press, Uppsala, Sweden, 1988, p.177-182
  4. Kugelblitze im Labor; Bericht der IPP-Arbeitsgruppe Plasmaphysik.
  5. Kugelblitze im Labor bei der Langen Nacht der Wissenschaften 2006
  6. wissenschaft.de zur Theorie von Abrahamson und Dinniss

[Bearbeiten] Weblinks

Wiktionary: Kugelblitz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen

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