Klospruch
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Ein Klospruch ist eine besondere Form des Graffiti, die man vor allem an den Innenwänden öffentlicher Toiletten findet. Man spricht auch von Klograffiti, Toilettengraffiti oder Latrinalia.
Klosprüche werden mit Bleistift, Kugelschreiber oder Filzstift geschrieben oder mit spitzen Gegenständen eingeritzt. Auch Kondomautomaten werden häufig mit Sprüchen verziert. Klosprüche können alle möglichen Inhalte umfassen: vom Wunsch nach Sexkontakt, obszönen oder humoristischen Nonsens-Dichtungen bis hin zu mathematischen Formeln kann man - je nach Standort der Toilette - viele Formen von Klograffiti finden. Oft sind auch obszöne oder witzige Zeichnungen zu finden. Diese Kritzeleien sind meistens sehr kurzlebig, weil öffentliche Toiletten regelmäßig gereinigt werden.
Im juristischen Sinne ist das Anbringen von Klosprüchen auf fremden Toiletten eine Sachbeschädigung und daher strafbar.
[Bearbeiten] Forschung
Da es sich um schriftliche oder grafische Spuren menschlicher Kommunikation handelt, können Klosprüche im weitesten Sinne auch der Literatur zugeordnet werden. In jedem Falle sind sie Teil menschlicher Schriftkultur (siehe Literalität). Als Teil der Lebenswelt dokumentieren sie den alltäglichen Sprachgebrauch. Ihre Geschichte ist so alt wie die menschliche Zivilisation; auch bei archäologischen Ausgrabungen wurden antike Latrinalia gefunden (siehe Bedürfnisanstalt).
Klograffiti sind auch Gegenstand wissenschaftlicher Studien, da sie viel über die Atmosphäre in einer Institution oder ganz allgemein über menschliches Kommunikationsbedürfnis aussagen können. Das Studium von Klograffiti kann Gegenstand der Kulturwissenschaften sein, etwa in der Soziolinguistik, den Kommunikationswissenschaften, der Sexualforschung und der Psychologie. Führender Forscher auf diesem Gebiet ist gegenwärtig der Wiener Graffiti-Experte Norbert Siegl.
Die ersten wissenschaftlichen Forschungsarbeiten zu diesem Thema veröffentlichte die zwischen 1904 und 1913 erschienene Zeitschrift Anthropophyteia (Jahrbücher für ethnologische, folkloristische und kulturgeschichtliche Sexualforschung, hrsg. von F. Krauss).
Der Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre dokumentiert in seinem Buch Festwertspeicher der Kontrollgesellschaft Einträge in Gästebüchern, Klosprüche, Wandkritzeleien in Aussichtstürmen, Gefängniszellen und andere vergängliche schriftliche Spuren der Zivilisation. Er beruft sich dabei auf Walter Kempowskis mehrbändiges Dokumentations-Projekt Echolot und auf den Theoretiker der Alltagskultur Ulf Poschardt.
[Bearbeiten] Literatur
Materialsammlungen:
- Pissen ist Macht: neue Klo-Sprüche, hrsg. von Bernd Thomsen, München: Heyne 1986
- Haste was, pisste was: Klo-Sprüche, hrsg. von Bernd Thomsen, München: Heyne 1987
- Wendeklo: die besten Klosprüche zur deutschen Vereinigung, hrsg. von Simon Traston, Frankfurt am Main: Eichborn, 1998
- Sammlung von Klosprüchen
- SWR Magazin Zeitenwende: Sammlung von Klosprüchen
Forschung:
- Norbert Siegl: Geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Häufigkeit und thematischer Inhalte bei Toilettengraffiti. Wien 1992. ISBN 3923548788
- Norbert Siegl: Graffiti von Frauen und Männern. Das Basiswerk der Klo-Graffiti-Forschung. Wien: graffiti-edition: 2000. ISBN 3901927050
- Norbert Siegl: Kommunikation am Klo. Graffiti von Frauen und Männern. Wien: Döcker 1995 ISBN 385115178X
- Benjamin v. Stuckrad-Barre, Festwertspeicher der Kontrollgesellschaft (Remix 2). Köln: Kiepenheuer & Witsch 2004. ISBN 3462033824