Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Herbert Cysarz - Wikipedia

Herbert Cysarz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Herbert Cysarz (* 29. Januar 1896 Oderberg, † 1. Januar 1985 München) war ein deutscher Germanist. Bekannt wurde er auch als Unterstützer des sudetendeutschen "Volkstumskampfes" der Zwanziger- und Dreißiger-Jahre.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Herbert Cysarz wurde im österreichischen Teil Schlesiens geboren. Er besuchte von 1908-1914 das Gymnasium in Teschen. Cysarz Interesse galt zunächst vor allem den Naturwissenschaften. 1914 Studium von Philosophie, Psychologie, Biologie und Physik an der Universität Wien.

Im Frühjahr 1915 wurde Cysarz Soldat an der italienischen Südwestfront. Am 28. September 1916 wurde er schwer verwundet; er verlor die linke Hand gänzlich, die rechte blieb verstümmelt. Die Kriegsversehrung machte ihn untauglich für naturwissenschaftliche Experimente, sodaß er sich nun der Germanistik und Anglistik zuwandte.

1919 Promotion zum Doktor der Philosophie in Wien. Die erweiterte Doktorarbeit erschien 1921 unter dem Titel "Erfahrung und Idee. Probleme und Lebensformen der deutschen Literatur von Hamann bis Hegel". 1924 folgte seine Habilitationsschrift "Deutsche Barockdichtung". Ab Herbst 1922 hielt Cysarz germanistische Vorlesungen in Wien. 1926 Ernennung zum außerordentlichen Professor. 1927 berief ihn die Prager Deutsche Universität auf August Sauers germanistischen Lehrstuhl.

Am 28. Oktober 1928 hielt Cysarz seine Antrittsvorlesung an der Deutschen Universität in Prag. Hier betrachtete er sein Fachgebiet Germanistik auch als „kämpfende Wissenschaft“ für das sich seit 1918 in der Minderheit befindende Deutschtum, im Sinne der Bewahrung deutscher Sprache und Kultur und der Sicherung der Daseins- und Bürgerrechte der Sudetendeutschen. 1937 wurde er Vorsitzender der "Sudetendeutschen Kultur- und Schrifttumskammer".

1938, noch vor dem Münchener Abkommen, wechselte er an die Universität München. Im selben Jahr würdigte von NS-Seite ein Karl Ziegenbein in „20 Jahre Frontkampf der Germanistik der Prager Deutschen Universität“ Herbert Cysarz mit den Worten: "Ihm [Cysarz] ist die Wissenschaft vielmehr eine völkische „Nähr- und Wehrpflicht“, ganz besonders in der sudetendeutschen Not- und Trutzgemeinschaft."

1940 wurde Cysarz in die NSDAP eingegliedert, zurückdatiert auf den 1. November 1938. Dies geschah in Folge einer Art "Ehrenmitgliedschaft" bei der Sudetendeutschen Partei Konrad Henleins, deren Mitglieder nach der Annektierung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich am 1. Oktober 1938 in die NSDAP überführt wurden.

Im Sommer 1941 sollte Cysarz in München einen freigewordenen Lehrstuhl für Philosophie erhalten. Ein Exponent des NS-Dozentenbundes brachte den Plan dadurch zu Fall, indem er Parteistellen mit Material belieferte, die eine "Begünstigung von Juden und Landesverrätern" beweisen sollten. Cysarz hatte in früheren Büchern, etwa in "Von Schiller zu Nietzsche" (1928) und "Zur Geistesgeschichte des Weltkrieges" (1931) (die als "pazifistisch" angegriffen wurde) und sogar bis zuletzt in seinen Vorlesungen auch jüdische, linksgerichtete und vom Dritten Reich verpönte Autoren angeführt und gewürdigt. Winifred Wagner beschwerte sich bei einer Parteistelle über Cysarz' nicht parteikonforme Einschätzung Richard Wagners. Die Universität zog den Antrag zurück, von einer weiteren Amtsenthebung wurde wegen Cysarz' Kriegsversehrtheit abgesehen.

Nach Ausbombung seiner Münchener Wohnung im Jahre 1944 erlebte Cysarz das Kriegsende in Mönichkirchen (Niederösterreich), das unter sowjetische Besatzung geriet. Cysarz erkrankte lebensgefährlich. Aufgrund dieser Umstände kam es nie zu einer ordnungsgemäßen Entnazifizierung. Seit 1951 lebte er wieder in München, im Ruhestand.

Obwohl 1945 seine Universitätskarriere aufgrund seiner politischen Verstrickungen beendet war, konnte er seine Forschungen am Collegium Carolinum von 1957 bis 1985 fortsetzen.

Cysarz umfangreiches Werk umfaßt Einzelstudien und Gesamtdarstellungen, Arbeiten zur Philosophie, sowie kultur- und zeitkritische Schriften. Er verfaßte auch zwei Romane: "Neumond" (1956) und "Arkadien" (1967). Seine Autobiographie erschien 1976 unter dem Titel "Vielfelderwirtschaft".

[Bearbeiten] Wirkung unter den Sudetendeutschen

Im Wintersemester 1957/58 wurde er ehrenhalber in den Altherrenverband der Burschenschaft Thessalia zu Prag in München aufgenommen. 1969 erhielt er den Großen Sudetendeutschen Kulturpreis. Die Sudetendeutsche Zeitung feierte noch 2. Februar 1996 seinen Volkstumskampf an der Deutschen Universität in Prag: „Die zehnjährige Lehrtätigkeit an der Deutschen Universität in Prag führte Herbert Cysarz in die kulturelle Zentrale und geistige Bastion des sudetendeutschen Abwehrkampfes gegen die tschechische Unterdrückung.“ Auch der Wissenschaftler Peter Becher würdigte seine „Prager Universitätsjahre“.

[Bearbeiten] Sonstiges

  • 1922 lernte Cysarz Friedrich Gundolf kennen, der ihn auch mit Stefan George bekannt machte. Die Freundschaft mit Gundolf währte bis zu dessen Tod 1931. Gundolf sah in Cysarz den Träger "einer Vermählung der konkretesten und der universellsten Durchdringung des Worts, der radikalen Kunstforderung und der Einsicht in die totale Ordnung".
  • Cysarz wies im Vorwort zu dem von ihm herausgegebenen Band "Wir tragen ein Licht", München 1934, einer Gedichtsammlung mit "Rufen und Liedern sudetendeutscher Studenten" auf die "weltliterarische Größe Franz Kafkas" hin. Damit kann er als einer der frühesten Autoren überhaupt gelten, die Kafkas Rang erkannten.

[Bearbeiten] Auszeichnungen und Ehrungen

[Bearbeiten] Bibliographie (Auswahl)

  • Erfahrung und Idee. Probleme und Lebensformen der deutschen Literatur von Hamann bis Hegel. Wien-Leipzig 1921.
  • Deutsche Barockdichtung. Renaissance, Barock, Rokoko. Leipzig 1924.
  • Literaturgeschichte als Geisteswissenschaft. Kritik und System. Halle 1926.
  • Von Schiller zu Nietzsche. Halle 1928.
  • Zur Geistesgeschichte des Weltkriegs. Die dichterischen Wandlungen des deutschen Kriegsbilds 1910-1930. Halle 1931.
  • Schiller. Halle 1934.
  • Dichtung im Daseinskampf. Fünf Vorträge. Karlsbad-Leipzig 1935.
  • Deutsches Barock in der Lyrik. Leipzig 1936.
  • Das Unsterbliche. Die Gesetzlichkeiten und das Gesetz der Geschichte. Halle 1940.
  • Sieben Wesensbildnisse. Brünn-München-Wien 1943.
  • Das Schöpferische. Die natürlich-geschichtliche Schaffensordnung der Geschichte. Halle 1943.
  • Das seiende Sein. Geistes- und gesamtwissenschaftliche Letztfragen. Wien-Zürich 1948.
  • Jenseits von Links und Rechts. Wien 1949.
  • Neumond des Geistes. Dreimal Anklage und Verteidigung. Wien 1950.
  • Der Untergang der Neuzeit - und der Aufgang wessen? Frankfurt 1953.
  • Neumond. Roman. Stuttgart 1953.
  • Das deutsche Nationalbewußtsein. Gegenwart, Geschichte, Neuordnung. München 1961.
  • Prag im deutschen Geistesleben. Mannheim-Sandhofen 1961.
  • Deutsches Geistesleben der Gegenwart. München 1965.
  • Arkadien. Roman. Bodman/Bodensee 1967.
  • Evidenzprobleme. Quellen und Weisen menschlicher Gewißheit. Berlin 1971.
  • Waren die Nationalitätenfragen der Sudetenländer lösbar? Blicke durch das 19. und 20. Jahrhundert. München 1973.
  • Vielfelderwirtschaft. Ein Werk- und Lebensbericht. Bodman/Bodensee 1976. (erweiterte 2. Auflage: 1980)


[Bearbeiten] Literatur

  • Rudolf Jahn (Hrsg.): Grenzfall der Wissenschaft: Herbert Cysarz, Frankfurt am Main 1957.
  • Biographie in: 25 Jahre Collegium Carolinum München 1956-1981, München 1982, (2. Aufl. München 2002).
  • Peter Becher: Herbert Cysarz (1896-1985), Germanist. Seine Prager Universitätsjahre, in: Prager Professoren 1938-1948. Zwischen Wissenschaft und Politik, hrsg. v. Monika Glettler u. Alena Míšková, Essen 2001.
  • Hans-Dietrich Sander (Hrsg.): Herbert Cysarz: Bild und Begriff. Germanistik im geisteswissenschaftlichen Feld, Künzell 2006. ISBN 3-937807-07-2.

[Bearbeiten] Weblinks

Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -