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Hans-Werner Sinn

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Hans-Werner Sinn
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Hans-Werner Sinn

Hans-Werner Sinn (* 7. März 1948 in Brake, Westfalen) ist ein deutscher Ökonom.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster von 1967 bis 1972 und Promotion an der Universität Mannheim 1978 über „Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit“ wurde Sinn 1983 ebenfalls von der Universität Mannheim habilitiert.

Seit 1984 hat Sinn den Lehrstuhl für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München inne und ist seit dem 1. Februar 1999 Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, einem der bekanntesten deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute als Nachfolger von Karl Heinrich Oppenländer. Von 1997 bis 2000 war Sinn Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik. Er gilt als einer der einflussreichsten und international anerkanntesten marktliberalen Wirtschaftswissenschaftler Deutschlands und ist Autor des Buches Ist Deutschland noch zu retten?, mit dem er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde und den Begriff der Basarökonomie prägte. Um auf Kritik seitens der Medien auf dieses Buch zu reagieren, schrieb er 2005 außerdem das Buch Die Basarökonomie. Außerdem wurde Sinn Ende August 2006 zum neuen Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler gewählt.

Wirtschaftspolitische Standpunkte

Sinn kritisiert eine in der Vergangenheit überzogene Lohnpolitik der Gewerkschaften in Deutschland, die vor allem für zu hohe Lohnkosten und eine daraus resultierende Massenarbeitslosigkeit verantwortlich sei. Er nennt viele Ansatzpunkte, die seiner Ansicht nach notwendig sind, um Deutschlands Rolle in der Globalisierung zu stärken.

Grundsätzlich hält Sinn einen Sozialstaat im Sinne einer Umverteilung zugunsten sozial Schwacher für notwendig. Dies sei das Wesen der sozialen Marktwirtschaft, welches auf jeden Fall beibehalten werden sollte. Jedoch hält er den deutsche Sozialstaat für falsch strukturiert. Er plädiert daher für einen Umbau. So wirke das Arbeitslosengeld wie eine Art Mindestlohn auf dem Arbeitsmarkt. Dies mindere die Bereitschaft, eine reguläre Arbeit für einen im Vergleich niedrigeren oder gleichen Lohn aufzunehmen. Er sagt, dass es verständlich sei, dass niemand arbeiten gehe, wenn er vom Staat ohne zu arbeiten mehr bekomme. Der Staat solle seiner Meinung nach weniger fürs Wegbleiben, sondern mehr fürs Mitmachen bezahlen. Sinn folgert aus der Konstruktion des Sozialstaates, dass die Lohnskala von unten nach oben zusammengestaucht werde („Ziehharmonika-Effekt“). Er behauptet, Deutschland weise daher die geringste Lohnspreizung auf und sei Weltmeister bei der Arbeitslosigkeit der gering Qualifizierten.

Stattdessen plädiert Sinn dafür, staatliche Lohnzuschüsse zu zahlen (aktivierende Sozialhilfe), um Jobs in einem Niedriglohnsektor zu schaffen, sodass der Betroffene zwei Einkommen hat (normales Lohneinkommen und den staatlichen Lohnzuschuss). Mit dem Kombilohnmodell des Ifo-Instituts sollen demzufolge 3 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen; vor allem für gering Qualifizierte.

Sinn hält außerdem eine Lockerung des Kündigungsschutzes für notwendig. So möchte er, dass sich ein Arbeitnehmer entscheiden kann, ob er einen Kündigungsschutz in Anspruch nehmen will oder nicht. Außerdem fordert Sinn eine Mitbeteilung der Arbeitnehmer an den Unternehmen in Form von Aktien, Wertpapieren oder sonstigen Kapitaleinkommen.

Er kritisiert außerdem die ökonomische Wiedervereinigungspolitik Helmut Kohls massiv. So hätte man die Treuhand bei den Tarifverhandlungen beteiligen müssen, um zu verhindern, dass die westdeutschen Konkurrenten in Ostdeutschland die Löhne über das Produktivitätsniveau hinausdrücken.

Um Deutschlands Arbeitnehmer wettbewerbsfähiger zu machen, ist Sinn für eine zehnprozentige Ausweitung der Arbeitszeit von 38 auf 42 Stunden ohne Lohnausgleich [1]. Neben dem Absenken der Lohnkosten, so Sinn, würde auf diesem Weg jeder Arbeitnehmer produktiver gemacht und Angebot und Nachfrage steige. Nach Berechnungen ergebe es einen Wachstumsschub von sechs bis zehn Prozent. Eine Verlängerung der Arbeitszeit sei außerdem exakt das Gleiche wie technischer Fortschritt. Man könne seiner Meinung nach nicht für technischen Fortschritt und gleichzeitig gegen eine Arbeitszeitverlängerung sein, da dies ökonomisch ein und das Selbe sei.

Sinn hat in verschiedenen öffentlichen Kommentaren in unterschiedlichem Maße ablehnende Positionen zu aus dem von zahlreichen seiner Kritiker favorisierten Keynesianismus abgeleiteten wirtschaftspolitischen Empfehlungen eingenommen. In einem Artikel in der FAZ vom 23. Dezember 1998 bezeichnete er die wissenschaftlichen Vertreter dieser Theorie als „ausgestorben“. Trotzdem ist er der Meinung, dass kurzfristig keynesianische Methoden förderlich sind („Ich bin auch ein Keynesianer, wenn Sie so wollen.“[2]), warnt jedoch weiterhin davor zu glauben, dass durch nachfragestützende Elemente seitens des Staates die seiner Meinung nach nahezu ausschließlich strukturellen Probleme Deutschlands auf dem Arbeitsmarkt zu beheben seien.

Den Kombilohnvorschlag, welcher derzeit von der großen Koalition diskutiert wird, hält Sinn für „jenseits von Gut und Böse“ und „völlig unabhängig von irgendeinem ökonomischen Sachverstand“. Er sagt, dass dieser Kombilohn keinen einzigen Job schaffen werde. So würden die geförderten Gruppen die derzeitigen Arbeitnehmer zu 100 % verdrängen.

Zitate

Die Marktwirtschaft ist nicht gerecht, sondern effizient.

Marktwirtschaft funktioniert mit dem Menschen so, wie er ist: ein egoistisches profitsüchtiges Individuum, das seinen Konsum maximieren will.

Den Ärmsten der Armen hier geht es immer noch viel besser, als es dem Durchschnittsbürger im Kommunismus ging, auch wenn heute die Ungleichheit viel größer ist.

Wir brauchen Lohnstrukturen, die jedem einen Job geben, und sei es für einen Hungerlohn.

Je niedriger der Lohn, desto mehr Arbeit ist da.

Wegen der Würde der Menschen hat man Mindestlöhne durchgesetzt, aber damit in Wahrheit einen menschenunwürdigen Zustand geschaffen.[3]

Kritik

Kritik an Sinns Positionen üben u.a. Peter Bofinger, einer der Wirtschaftsweisen, und Albrecht Müller. [4]

Eingewandt wird insbesondere, dass angesichts der im europäischen Vergleich niedrigen Stundenlöhne und niedrigen Tarifabdeckung in Ostdeutschland für die gerade dort hohe Arbeitslosigkeit nicht die Lohnpolitik der Gewerkschaften verantwortlich gemacht werden könne.

Ferner habe die moderate Lohnpolitik der letzten 10 Jahren die Wettbewerbsfähigkeit schon erheblich gesteigert. Zudem wird eingewandt, dass die Löhne in Deutschland außerhalb des verarbeitenden Gewerbes, das etwa 20 % der Erwerbstätigen beschäftigt (2005), im EU-Mittelfeld lägen, zum Teil unterhalb derer von Ländern mit wesentlich niedrigerer Arbeitslosigkeit, sodass hohe Löhne und Gewerkschaftsmacht keine plausible Erklärung abgäben.

Ferner wird eingewandt, dass die Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld) sich in Deutschland mittlerweile kaum noch vom Niveau andere westeuropäischer Staaten (England, Frankreich, Spanien) unterscheiden und insofern keine logische Begründung für die in Deutschland viel höhere Arbeitslosigkeit abgeben könnten.

Die makroökonomischen Effekte, die Sinn als Folge einer Arbeitszeitverlängerung erwartet, gelten bei anderen Ökonomen als weitgehend unplausibel.

Familie

Sinn lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Gauting bei München.

Mitgliedschaft

  • Strategic Advisory Board for the Leverhulme Centre for Research on Globalisation and Economic Policy (seit 2006)
  • Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler
  • Advisory Council of the Economic Policy Research Institute (EPRI), University of Western Ontario (seit 2002)
  • International Institute of Public Finance, Präsident elect, (Präsidentschaft 2006–2009)
  • Wissenschaftlicher Beirat des Instituts für höhere Studien, Wien (seit 2002)
  • European Economic Advisory Group at CESifo (seit 2001)
  • Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften (seit 2001)
  • Verein für Socialpolitik: Ausschuss für Außenwirtschaftstheorie und -politik, Ausschuss für Finanzwissenschaft, Ausschuss für Wirtschaftstheorie, erweiterter Vorstand (1988–1990 und seit 1997)
  • Bayerische Akademie der Wissenschaften, Historisch-Philosophische Klasse (seit 1996)
  • International Economic Association, Executive Committee (seit 1995)
  • International Institute of Public Finance, Executive Board (1995–2003), Vizepräsident (2000–2004)
  • Economic Policy Research Unit (EPRU), Copenhagen Business School, Council (seit 1992)
  • European Economic Association, Council (1990–1994 und 1997–2002)
  • National Bureau of Economic Research (NBER), Cambridge, Mass., Research Associate (seit 1989)
  • Economic Policy Panel, London (1985/86 und 1991/92)
  • Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium (seit 1989)

Ehrungen

  • Böhm-Bawerk Lectures, Wien (2006)
  • The World Economy Annual Lecture, University of Nottingham (2005)
  • Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2005)
  • Internationaler Buchpreis CORINE (2004)
  • Tinbergen Lecture, Royal Netherlands Economic Association (2004)
  • Wirtschaftsbuchpreis von Financial Times Deutschland und getAbstract AG (2003)
  • Ehrenpreis des Wirtschaftsbeirates der Union e.V. (2003)
  • Stevenson Lectures on Citizenship, Universität Glasgow (2000)
  • Distinguished Scholar, Atlantic Economic Society (2000)
  • Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1999)
  • Yrjö Jahnsson Lectures, Universität Helsinki (1999)
  • Ehrendoktorwürde (Dr. rer. pol. h. c.), Universität Magdeburg (1999)
  • Sonderpreis der Herbert-Quandt-Stiftung (1997)
  • Honorarprofessor der Universität Wien (1988)
  • Erster Preis der Universität Mannheim für Habilitationsschrift (1984, Schitag-Stiftung)
  • Erster Preis der Universität Mannheim für Dissertation (1979, Stiftung Rheinische Hypothekenbank)

Literatur

  • Kaltstart – Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung. Beck/dtv, München, 3. Auflage 1993
  • Ist Deutschland noch zu retten? 8., aktualisierte Aufl. Berlin 2004.
  • Mut zu Reformen. Fünfzig Denkanstöße für die Wirtschaftspolitik, München 2004.
  • Basar-Ökonomie. Econ Verlag – Oktober 2005

Quellen

  1. FAZ 2004 Nr. 262 vom 9. November 2006, S. 13
  2. DIE ZEIT, 13. Mai 2004: „Sparen!“ – „Nein, bloß nicht!“ (Streitgespräch mit Sinn und Bofinger) siehe letzte Antwort
  3. http://www.chrismon.de/ctexte/2006/3/3-begegn.html
  4. http://www.zeit.de/2004/49/Rez__Bofinger

Weblinks

Andere Sprachen

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