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Hallstein-Doktrin

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Die Hallstein-Doktrin ist eine nach Walter Hallstein, Staatssekretär im Auswärtigen Amt von 1951 bis 1958, benannte Doktrin, die bis in die 1960er Jahre die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland prägte.

Der Hallstein-Doktrin zufolge wurde die Aufnahme oder Unterhaltung diplomatischer Beziehungen durch dritte Staaten mit der DDR von der Bundesrepublik Deutschland auf Grund ihres Alleinvertretungsanspruchs für das gesamte deutsche Volk als unfreundlicher Akt (acte peu amical) betrachtet und in der Regel mit dem Abbruch beziehungsweise der Nichtaufnahme diplomatischer Beziehungen beantwortet. Eine Ausnahme bildeten von Anfang an die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion. Gegenstück der Hallstein-Doktrin seitens der DDR war die so genannte Ulbricht-Doktrin.

Die Hallstein-Doktrin wurde nach der Moskau-Reise Konrad Adenauers und der damit verbundenen Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion im September 1955 formuliert und im Dezember des gleichen Jahres auf einer Botschafterkonferenz in Bonn erstmals öffentlich verkündet. Hallstein selbst ist nicht der Urheber, sie geht vielmehr auf eine Formulierung von Wilhelm Grewe, dem Leiter der politischen Abteilung im Außenministerium, vom 23. September 1955 zurück. Vorbild für die Doktrin waren sowohl die Weigerung der USA, in den ersten Jahren nach Etablierung des Kommunismus in China und der Sowjetunion mit diesen Staaten diplomatische Kontakte aufzunehmen, als auch das Vorgehen der Regierungen in den ebenfalls geteilten Staaten Korea und Vietnam.

Umstritten war die Doktrin in der bundesdeutschen Politik vor allem, weil man befürchtete, dass Länder, die die DDR bereits diplomatisch anerkannt hatten, ihrerseits den Kontakt zur Bundesrepublik ablehnen könnten, was zu einer Isolierung führen könnte. Auch als Anfang 1956 in Bonn über eine vorsichtige Annäherung an Polen diskutiert wurde, geriet die Hallstein-Doktrin in die Kritik. Als im Winter 1957 die DDR in Kairo ein Büro eröffnete, das für den diplomatischen Kontakt mit dem gesamten arabischen Raum zuständig sein sollte, wandte die Bundesrepublik die Hallstein-Doktrin nicht an.

Tatsächlich angewendet wurde sie lediglich zweimal; zunächst im Fall des blockfreien aber kommunistisch regierten Jugoslawien im Jahr 1957: Die Bundesregierung brach den diplomatischen Kontakt mit Jugoslawien auch gegen Proteste aus der CDU ab. 1963 wurden auch die diplomatischen Kontakte zum sozialistischen Kuba Fidel Castros abgebrochen, nachdem der Staat die DDR anerkannt hatte.

Umgekehrt erfuhr die Bundesrepublik Ähnliches, als sie 1965 Israel - als Reaktion auf einen Staatsbesuch Walter Ulbrichts in Ägypten - anerkannte: Damals brachen viele arabische Staaten die Beziehungen zur Bundesrepublik ab, erkannten aber nicht - was befürchtet worden war - die DDR an. Zunächst wurden lediglich DDR-Handelsdelegationen in einigen Ländern der Region eingerichtet. Zu einer Anerkennungs-Welle der DDR in der arabischen Welt kam es erst 1969, als Ost-Berlin im Nahost-Konflikt eindeutig Stellung gegen Israel bezog.

Darüber hinaus entwickelte sich eine Art "Wettlauf" zwischen den beiden deutschen Staaten, in dem jeder versuchte, möglichst zuerst mit vielen Staaten diplomatische Beziehungen aufzubauen, um dadurch den jeweils anderen Staat auszustechen. Meist waren damit wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zugeständnisse verbunden. Ziele dieses Vorgehens waren vor allem die Länder der Dritten Welt, von denen viele in dieser Zeit von Kolonien zu unabhängigen Staaten wurden. Ein besonders markantes Beispiel für diesen Wettlauf war die so genannte "Guinea-Krise": Als das afrikanische Land Guinea 1958 unabhängig wurde, bemühten sich beide deutsche Staaten, dort einen Botschafter zu platzieren. Die DDR richtete eine Handelsvertretung ein, kurz darauf nahm ein bundesdeutscher Botschafter die Arbeit in Guinea auf. 1960 schickte jedoch Guinea einen Botschafter in die DDR. Die Bundesregierung zog sofort ihren Botschafter aus Guinea ab, worauf die guineische Regierung erklärte, dass sie nie einen Botschafter nach Ost-Berlin entsandt habe. Die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Guinea wurden wiederhergestellt, die DDR war außenpolitisch beschädigt. Ähnliche Auswirkungen hatte die Hallstein-Doktrin bei verschiedenen internationalen Veranstaltungen, beispielsweise bei Sportwettkämpfen, bei denen bundesdeutsche Diplomaten das Aufziehen der DDR-Flagge und das Abspielen der DDR-Hymne zu verhindern versuchten.

Die Hallstein-Doktrin wurde mit der in der ersten Hälfte der 1960er Jahre begonnenen Neuorientierung der Ostpolitik unter Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger zunehmend inkonsequent angewandt (Geburtsfehlertheorie), so gab es schließlich beispielsweise in Rumänien eine Handelsvertretung. Nach 1969 wurde die Hallstein-Doktrin unter Willy Brandt de facto aufgegeben, da im Rahmen der Neuen Ostpolitik die Bundesrepublik selbst in ein vertragliches Verhältnis zur DDR eintrat. Aber auch nach der Entspannung der deutsch-deutschen Beziehungen und der Aufnahme beider Staaten in die UN blieb die Auffassung bestehen, dass die Bundesrepublik die alleinige rechtmäßige Vertreterin des gesamten deutschen Volkes sei, weil sie die Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches angetreten habe und allein demokratisch legitimiert sei, für das deutsche Volk im Ausland zu sprechen.

Eine ähnlich ausgerichtete Politik verfolgt bis heute die Volksrepublik China in Bezug auf Taiwan (Republik China), das als Provinz Chinas angesehen wird. Da die meisten Staaten den Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch die Volksrepublik China vermeiden wollen, wird Taiwan international nur von wenigen Staaten anerkannt, obwohl es über alle anderen Attribute eines unabhängigen Staates verfügt (Stabilisiertes De-Facto-Regime).

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Rüdiger M. Booz: Hallsteinzeit. Deutsche Außenpolitik 1955 - 1972. Bonn 1995.
  • William Glenn Gray: Germany's Cold War. The Global Campaign to Isolate East Germany, 1949-1969. Chapel Hill, University of North Carolina Press 2003.

[Bearbeiten] Weblinks

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