Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Geschichte marxistischer Organisationen in Europa - Wikipedia

Geschichte marxistischer Organisationen in Europa

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels sind bis heute theoretisches Gerüst für verschiedene marxistische Organisationen und Parteien in allen Teilen der Welt. Folgend wird die Geschichte marxistischer Organisationen in Europa dargestellt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Überblick

In vielen Staaten Europas formierten sich mit dem Wirken Marx und Engels erst kleinere Organisationen und daraus später, erste Parteien, deren Geschichte oft parallelen aufweist. Das Ende des ersten Weltkrieges und die damit verbundenen europaweiten Veränderungen betrafen auch diese. Mit Aufkommen des Nationalsozialismus wurden viele Organisationen aufgelöst und in den Widerstand gedrängt, nach 1945 befanden sich marxistische Organisationen v.a. in einer Auseinandersetzung mit der pluralistischen Demokratie des Westens und der Sozialdemokratie auf der einen Seite, und dem "Realsozialismus" und der KPdSU auf der anderen. Der Zerfall der Sowjetunion führte oftmals zu einer inhaltlichen Neuausrichtung marxistischer Organisationen und Parteien. Die politische Bedeutung marxistischer Organisationen hat stetig abgenommen.

Im Rahmen des Europäischen Parlaments haben marxistische Politiker in der im Mai 2004 gegründeten Europäischen Linkspartei zueinandergefunden.

[Bearbeiten] Marx und Engels

Karl Marx und Friedrich Engels gründeten mit dem Kommunistischen Korrespondenz-Komitee Anfang 1846 ihre erste Organisation, im Jahr 1847 verfassten sie für den Bund der Kommunisten, vormals Bund der Gerechten, ein Manifest welches als Kommunistisches Manifest in die Geschichte einging. Ebenso waren Marx und Engels an der Ersten Internationale, der Internationalen Arbeiterassoziation 1864 beteiligt.

[Bearbeiten] Deutschland

Wilhelm Liebknecht
vergrößern
Wilhelm Liebknecht

Während der bürgerlichen Märzrevolution 1848/1849 versuchten Karl Marx und Friedrich Engels nach Aufhebung der Pressezensur über die „Neue Rheinische Zeitung“ in Köln mit sozialistischen und kommunistischen Inhalten Einfluss auf den Ausgang der Unruhen zu nehmen. Im Zuge dieser Liberalisierungen begannen sich erstmals Arbeiter in gewerkschaftsähnlichen Vereinen zu organisieren. Daraufhin bildeten sich erste verschiedene Arbeiterorganisationen, die Vorläufer der Gewerkschaften und schließlich sozialdemokratische und sozialistische Parteien, wie 1863 der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) und 1869 die marxistisch orientierte Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) um Wilhelm Liebknecht und August Bebel als deutsche Sektion der ersten Internationale (vgl. Internationale)

August Bebel
vergrößern
August Bebel

ADAV und SDAP vereinigten sich 1875 in Gotha unter dem Namen Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) auf Basis des Gothaer Programms, welches von Marx wegen seiner kompromisslerischen Anpassung gegenüber dem reformorientierten ADAV kritisiert wurde. Unterdrückung, juristische Verfolgung und zeitweilige Verbote sowie die Sozialistengesetze zwischen 1878 und 1890 unter Reichskanzler Otto von Bismarck konnten die Mitgliederzuwächse von marxistischen Organisationen in diesem Zeitraum kaum stoppen und so ging dann 1890 aus der SAP die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hervor, die sich mit dem Erfurter Programm wieder stärker am Marxismus orientierte. Sie war zum damaligen Zeitpunkt die größte, ideologisch von Marx geprägte Partei und vereinigte Anhänger verschiedener marxistischer Strömungen in sich.

Rosa Luxemburg
vergrößern
Rosa Luxemburg
Eduard Bernstein
vergrößern
Eduard Bernstein

In ihren Anfängen wurde die Partei durch einen starken linken/marxistischen Flügel, teils um die Person Rosa Luxemburgs versammelt, beeinflusst. Es gab um die Jahrhundertwende eine sehr kontroverse Diskussion über die politische Zielsetzung innerhalb der SPD, die u.a. durch den Aufsatz Sozialreform oder Revolution von Rosa Luxemburg zugunsten der Marxisten und der „Revolution“ entschieden wurde. Jedoch verlief der praktische politische Kurs der Partei, auch nach dem Aufsatz Die Aufgaben der Sozialdemokratie (1899) von Eduard Bernstein, in Richtung Sozialdemokratie.

Während der Novemberrevolution 1918 widersetzte sich die SPD-Führung einer Initiative zur Umwandlung des Kaiserreiches in einen sozialistischen Staat, woraufhin sich die Arbeiterbewegung endgültig in Reformisten (Sozialdemokraten) und Kommunisten spaltete. Jedoch orientierte sich ein Großteil der verschiedenen kommunistischen Strömungen an Lenin (Leninismus) oder Stalin (Stalinismus), so dass viele Grundgedanken von Marx schon zu diesem Zeitpunkt kaum mehr Beachtung fanden.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland wurde die europäische Arbeiterbewegung bis 1945 gebremst oder so gut wie handlungsunfähig. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wiederum waren die Forderungen nach einem auf dem Marxismus beruhenden Staatssystem sehr groß, so forderte etwa die neu gegründete CDU in ihrem ersten „Ahlener Programm“ die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und eine weitgehende soziale Kontrolle der Gesamtwirtschaft. Sie ging teilweise noch über die Forderungen der KPD hinaus.

In der BRD schränkten die Verbote der FDJ (1952) und der KPD (1956, KPD-Verbot) die legalen Möglichkeiten politischer Betätigung für marxistische Gruppen stark ein. Für die meisten westdeutschen Beobachter diskreditierte die politische und ökonomische Entwicklung der DDR zusätzlich den Marxismus. Nachdem die deutsche Spaltung vollzogen und Konrad Adenauer zum drittenmal wiedergewählt worden war, legte schließlich auch die SPD 1959 mit ihrem Godesberger Programm die marxistische Weltanschauung als ihre theoretische Grundlage ab. Durch die Kritische Theorie kam es in Teilen der Studentenbewegung der Bundesrepublik seit etwa 1963 zu einer neomarxistischen Renaissance.

Ab 1968 wurden Neugründungen von kommunistischen Parteien zugelassen.

Im wesentlichen lassen sich in der Bundesrepublik seit den 1960er Jahren drei marxistische Strömungen erkennen:

  • der an der Sowjetunion (UdSSR) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) orientierte "orthodoxe" Marxismus. Dazu gehörte nach dem Verbot der KPD in der Bundesrepublik deren Nachfolge-Partei, die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und in Westberlin die SEW;
  • eine "undogmatische" Vorstellung - insbesondere beim von Rudi Dutschke beeinflussten SDS, Teilen der Jungsozialisten in der SPD und dem Sozialistischen Büro Offenbach.

Aus den verschiedenen marxistischen Strömungen sind vielfältige wissenschaftliche Arbeiten bzw. spezielle Richtungen marxistischer Wissenschaft hervorgegangen. Bleibende Bedeutung haben z.B. die Abendroth-Schule innerhalb der Politikwissenschaften oder die Kritische Psychologie. Darüber hinaus haben in vielen Bereichen Vorstellungen eines kritischen Marxismus in den Alltag und den Wissenschaften Eingang gefunden, ohne dass sich in Deutschland (nach der Auflösung der DDR) spezielle marxistische Wissenschaften als solche erhalten haben.

[Bearbeiten] Andere Staaten

In Österreich gründete sich 1918 mit der KPÖ die erste kommunistische Partei Österreichs. Sie hatte in der 1. Republik kaum Einfluss auf das politische Geschehen, bekam jedoch bei den ersten Parlamentswahlen nach Kriegsende (1954) 5,4% der Stimmen und hatte zu diesem Zeitpunkt 150.000 Mitglieder. 1970 verlor die Partei dann das politische Mitbestimmungsrecht auf Landesebene und zählt heute nur noch ca. 3.500 Mitglieder. Bei den Landtagswahlen in der Steiermark im Jahr 2005 erzielte sie aber wieder 6,34% und ist somit mit 4 Mandaten im Landtag vertreten.

Pierre Mauroy
vergrößern
Pierre Mauroy

Die Geschichte großer marxistischer Organisationen in Frankreich begann 1871 mit der Pariser Kommune, einem sozialistischen Aufstand und Experiment des Zusammenlebens in einer Großstadt, der blutig niedergeschlagen wurde. Aus den nachfolgenden Ereignissen ging die Section française de l'Internationale ouvrière (SFIO, Französische Sektion der Arbeiter-Internationale) hervor, die 1920 zerbrach. Aus Teilen der verschiedenen Flügel entstand dann 1922 die PCF oder Parti communiste français. Nach Wahlerfolgen im Jahr 1924 orientierte man sie inhaltlich sehr am Stalinismus, was zu Wahlniederlagen und Massenaustritten (Höhepunkt 1932) führte.

Nach 1945 blieb die PCF zunächst stalinistisch orientiert und wurde ab 1950 mit Finanzmitteln von der Sowjetunion gefördert. Bei den Mai-Unruhen von 1968 war die KPF gegen die Streiks und verlor deswegen einen Großteil ihrer Wählerbasis. Daraufhin wandte sie sich allmählich von Stalin als Vorbild und der sowjetischen Politik ab. 1981 beteiligte sie sich an der Regierung von Premierminister Pierre Mauroy. Danach verlor sie wieder weitgehend an Einfluss und Wählerzuspruch, besonders seit den Wahlen 2002. Bis heute hat sie noch 135.000 Mitglieder und ist damit die stärkste kommunistische Partei in Frankreich und mit der 1990 in Partito Democratico della Sinistra (PDS) mitgliederstärksten kommunistischen bzw. postkommunistischen Parteien Europas.

Die Partito della Rifondazione Comunista (PRC) ist die momentan größte kommunistische Partei und Organisation in Italien. Sie hat ihren Ursprung in der Partito Comunista Italiano (PCI), die sich 1921 um Antonio Gramsci, Amadeo Bordiga und Palmiro Togliatti gründete. Antonio Gramsci zählt zu den bedeutendsten Theoretikern des Marxismus. Seine theoretischen Weiterentwicklungen beeinflussten nicht nur neomarxistische Strömungen, sie wurden auch mit Verspätung im sozialwissenschaftlichen Diskurs aufgegriffen und diskutiert.

Nach 1945 hatte die PCI 1,8 Millionen Mitglieder. Damit beeinflusste sie andere marxistische Parteien in Europa - etwa in Frankreich - in Richtung einer Anerkennung der Sozialdemokratie als politischen Aktionsrahmen. Nachdem die Sowjetunion 1990 auseinanderbrach und der Sozialismus gescheitert zu sein schien, formierte sich die PCI 1991 endgültig zu einer sozialdemokratisch und reformistisch orientierten Partei. Das traf jedoch auf breiten Widerstand: innerparteilich bei den Traditionalisten sowie eine Gruppe neuer Linker, die eine Neuorientierung am Marxismus forderten. Daraus ging die Gründung der PRC hervor, die überraschend schnell 100.000 Mitglieder gewann. Die inneren Streitigkeiten setzten sich fort; dennoch gelang der PRC 2001 mit 5 Prozent der Stimmen der Einzug ins italienische Parlament.

[Bearbeiten] Internationale Ansätze

Die am 28. September 1864 in London gegründete Internationale Arbeiterassoziation (IAA) war der erste internationale Zusammenschluss marxistischer Gruppen, die sich als Internationale Organisation der Arbeiterbewegung verstanden. In ihr waren neben Anhängern des Marxschen Kommunistischen Manifests von 1848 auch weitere Gruppen sehr unterschiedlicher Ansichten vertreten. Infolge eines Richtungskampfes zwischen Karl Marx und dem Anarchisten Michail Bakunin spaltete sie sich auf ihrem Den Haager Kongress von 1872. Da der Marxsche Flügel sich durchsetzte, gründeten die Unterlegenen die Juraföderation. Danach verlor die erste Internationale an Bedeutung und löste sich 1876 formell auf.

1889 wurde die Zweite Internationale gegründet, die praktisch an der Zustimmung der SPD und der französischen Sozialisten zum Ersten Weltkrieg zerbrach, aber formell bis heute existiert.

Logo der vierten Internationale
vergrößern
Logo der vierten Internationale

1919 initiierte Lenin als Konsequenz aus dem Zimmerwalder Manifest die 3. Internationale (auch Komintern), der mehrere kommunistische Parteien aus Europa angehörten. Ihr Ziel war im betonten Gegensatz zur 2. Internationale unter Berufung auf das Kommunistische Manifest und Lenins Imperialismustheorie die sozialistische "Weltrevolution". Diese sollte durch die "Zerschlagung" bürgerlicher Staatsapparate realisiert werden; ab etwa 1925 gab Stalin als Hauptziel die Bekämpfung des Faschismus aus. Wer ihr beitreten wollte, musste 21 Bedingungen akzeptieren und umsetzen. 1943 löste Stalin sie auf, um die Anti-Hitler-Koalition mit den einst als "Klassenfeind" definierten Westmächten zu stärken.

Nach dem Sieg der Nationalsozialisten in Deutschland und der weitestgehend kampflosen Niederlage der KPD, welche als Ausdruck einer fehlgeleiteten Politik der Komintern angesehen wurde, spaltete sich die einst von Leo Trotzki geführte Internationale Linke Opposition 1933 von der nun als unreformierbar angesehenen Kommunistischen Internationale ab und gründete 1938 die Vierte Internationale. Sie spaltete sich 1953 und vereinigte sich teilweise 1963 wieder. Ihre zahlreichen nationalen Sektionen, u.a. in Sri Lanka (Ceylon), Bolivien, Vietnam, kamen in Europa - außer in Frankreich und zeitweise in Belgien - nirgends über den Status einer kleinen Kader- oder Splitterpartei hinaus. Heute gibt es mindestens drei internationale Organisationen, die sich als die Vierte Internationale verstehen, siehe unter Liste trotzkistischer Organisationen.

europ. Linkspartei
vergrößern
europ. Linkspartei

Die 2004 gegründete Europäische Linkspartei besteht hauptsächlich aus kommunistischen Organisationen. Nach ihrer Gründung wechselten viele Linke u.a. aus der Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken zur Europäischen Linkspartei.

[Bearbeiten] Siehe auch

Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -