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Geschichte des Hörfunks

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Die Hörfunkgeschichte umfasst die technische, programm- und organisationsgeschichtliche Entwicklung Hörfunks und des Radioapparates.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Die Anfänge

Der Hörfunk umfasst die drei Komponenten: Tonaufnahme, Übertragung und Empfang. Das erste brauchbare, noch rein mechanisch arbeitende Tonaufzeichnungsverfahren entwickelte Thomas Alva Edison mit seinem 1877 vorgestellten Zinnfolienphonographen. Die technische Wandelung von akustischen Schallwellen in elektrische Impulse gelang erstmals in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Erfindung der ersten Mikrofone u. a. durch Philipp Reis und Alexander Graham Bell.

Die Übertragung setzte die Erfindung des magnetischen Telefons voraus (hier gibt es zahlreiche parallele Entwickler und Erfinder, die weitest gehende stammt von Alexander Graham Bell aus dem Jahre 1876). Das Telefon setzte zunächst jedoch noch einen Draht als Leiter voraus. Der drahtlose Rundfunk basiert auf der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz im Jahre 1886; Guglielmo Marconi übertrug diese Entdeckung auf die Übertragung telegrafischer Nachrichten; im Jahre 1897 gelang ihm erstmals eine drahtlose Übertragung über die Distanz von fünf Kilometern, bereits 1901 funkte er über den Atlantik.

Die aus dem Umgang mit der drahtlosen Telegrafie gewonnenen Erkenntnisse wurden erweitert; besondere Bedeutung hatte dabei die Entwicklung des Röhrensenders (DRP-Patent Nr. 261 604 für die »Rückkopplung zur Erzeugung von Schwingungen«, 1913).

Die technischen Grundlagen des Rundfunks wurden im ausgehenden 19. Jahrhundert von Nikola Tesla erfunden und patentiert. Allerdings vernichtete 1895 ein Feuer seine fertige Anlage. Die Leistung der Erfindung des Radios wird häufig Guglielmo Marconi zugeschrieben, dessen Systeme als erste großflächig eingesetzt wurden, und der deshalb in vielen Geschichtsbüchern als der Erfinder der Technik gilt. Etwa zeitgleich entwickelte Alexander Popow das Radio. Er übermittelte 1896 die Wörter "Heinrich Hertz" an eine 250 Meter entfernte Empfangsstation. 1906 übertrug Reginald Fessenden Musik. - 1943 wurde Nikola Tesla nach seinem Tode Gerechtigkeit zuteil, als das Oberste Patentgericht der USA entschied, dass es sich bei Tesla um den wahren Erfinder des Radios handelt.

[Bearbeiten] Entwicklung bis 1923

Im Ersten Weltkrieg kam es zu ersten Versuchen mit Röhrensendern (s. Elektronenröhre) und Rückkopplungs-Empfängern durch Hans Bredow und Alexander Meißner (siehe auch Audion), bei denen bereits Musik übertragen wurde. Ab 1915 gab es in den USA erste Pläne für regelmäßig ausgestrahlte, kommerzielle Rundfunkprogramme. Zunächst wurden entsprechende Vorhaben jedoch nicht verwirklicht.

Am 6. November 1919 sendete der niederländische Fabrikant Hanso Schotanus à Steringa Idzerda aus seiner privaten Wohnung in Den Haag die erste bekannte Radiosendung. Dieser sendete bis 1924 an vier Tagen in der Woche sein beliebtes Programm. Danach musste er aufgeben, da die Finanzierung des Programms auf freiwillige Beiträge der Hörer baute, welche aufgrund der zahlreicher werdenden Sendestationen in den Niederlanden ausblieben.

1920 nahm in Pittsburgh (USA) die erste kommerzielle Radiostation ihren regelmäßigen Betrieb auf. Der ehemalige Marineoffizier und Angestellter der Telegraphenfirma Westinghouse Frank Conrad hatte am Anfang des Jahres zunächst zu Testzwecken Grammophonplatten und live gespielte Klavierstücke über seine Amateurfunkanlage abgespielt und benachbarte Funker um Rückmeldung über die Funkqualität gebeten. Schnell entwickelte sich die immer freitagabends abgespielte Musik zu einem beliebten Freizeitereignis. Im weiteren Verlauf des Jahres 1920 stellte Westinghouse vereinfachte und billige Radiogeräte zur Verfügung, die auch von Laien bedient werden konnten. Conrad weitete den Sendebetrieb zu einem Programm unter dem Rufcode KDKA aus. Am 2. November 1920 begann mit einer Liveübertragung der Ergebnisse der amerikanischen Präsidentschaftswahl die allabendliche Ausstrahlung des Programms. Innerhalb weniger Monate folgte der regelmäßige Sendebetrieb anderer amerikanischer Sender. Firmen unterschiedlichster Branchen strahlten in Eigenverantwortung Shows und Programme zu Werbezwecken aus.

Der 210m hohe noch erhaltene Sendemast auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen
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Der 210m hohe noch erhaltene Sendemast auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen

Am 22. Dezember 1920 fand in Deutschland die erste Rundfunkübertragung eines Instrumentalkonzerts durch den posteigenen Langwellensender in Königs Wusterhausen statt. Der Funkerberg gilt daher als die Geburtsstätte des öffentlichen Rundfunks in Deutschland. (Bis zum Aufkommen des Fernsehens war der Ausdruck "Rundfunk" identisch mit Hörfunk; zeitweilig auch "Hör-Rundfunk" bzw. "Ton-Rundfunk" genannt.)

Entscheidend für die Entwicklung des jungen Mediums war der sogenannte Funkerspuk: Nach russischem Vorbild besetzten am 9. November 1918 revolutionäre Arbeiter die Zentrale des deutschen Pressenachrichtenwesens und verkündeten irrtümlich den Sieg der radikalen Revolution (USPD, KPD, Spartakusbund) in Deutschland. Als Reaktion auf diese Aktion verschärfte die junge SPD-Reichsregierung die Kontrolle über das junge Medium:

  • Funkregal ("Funkhoheit"): Hoheitsrecht des Reiches zur Einrichtung und zum Betrieb von Sende- und Empfangsanlagen (ab etwa 1919);
  • Empfangsverbot von Funksendungen für Privatleute (um 1922, aufgehoben 1923);
  • Begrenzung der technischen Eigenschaften von Empfangsgeräten; Rückkopplungsverbot; Genehmigungspflicht; Gebühren (ab 1923).

Ab 1922 wird der Wirtschaftsrundspruchdienst als erster regelmäßiger und gebührenpflichtiger Rundfunk betrieben. Am 6. April 1923 wird der erste Radioclub in Berlin gegründet sowie der Verband der Rundfunkindustrie in Berlin.

Als Geburtsstunde des deutschen Rundfunks gilt der 29. Oktober 1923. An diesem Tag wird die erste Unterhaltungssendung aus dem Vox-Haus ausgestrahlt. Wenige Tage später folgt mit der Berliner Funk-Stunde die erste Nachrichtensendung. Als erster offizieller Rundfunkteilnehmer in Deutschland gilt der Berliner Zigarettenhändler Wilhelm Kollhoff.

[Bearbeiten] Der Weg zum Massenmedium

Am 1. Januar 1924 gab es in Deutschland 1.580 Rundfunkteilnehmer. In den USA wurde im gleichen Jahr erstmals die Antrittsrede des Präsidenten per Rundfunk ausgestrahlt.

Die Reichsregierung empfand die wachsende Zahl von Schwarzhörern (Zaungäste) als massive Bedrohung und verhängte Geld- und Gefängnisstrafen bis zu sechs Monaten auf Schwarzhören. Weiter verschärft wurden diese Bestimmungen durch die Funknotverordnung vom 8. März 1924 (siehe auch: Audionversuchserlaubnis). Als die Kontrollmaßnahmen danach zu greifen begannen, stieg das Vertrauen der Regierung in das Medium. Durch weitere administrative Maßnahmen wurde der Hörfunk als unpolitischer und überparteilicher Unterhaltungsdienst etabliert. Das Reichsinnenministerium gründete zwei Rundfunkgesellschaften, die Tagesnachrichten, sowie musikalische, wissenschaftliche und literarische Beiträge übertragen sollten; eine weitere Lizenz wurde an den Vox-Konzern vergeben, der an einem neuen Werbeträger interessiert war. Die finanzielle Ausstattung dieser Sender deckte jedoch nur die nötigsten Ausgaben.

1924 wurden weitere Sender eröffnet: Frankfurt am Main I und München I (30. März ), Sender Hamburg I (2. Mai), Sender Stuttgart I (10. Mai), Sender Breslau I (26. Mai) und Sender Königsberg I (14. Juni). Zuletzt die Westdeutsche Funkstunde AG in Münster (10. Oktober).

Am 29. Mai fand die erste Rundfunkausstellung in Hamburg statt.

Am 1. Januar 1925 betrug die Zahl der Rundfunkteilnehmer 548.749. Am 3. September 1926 wurde der Funkturm in Berlin eingeweiht.

Ab 1926 hatten sich Standardtypen bei den Hörfunkempfängern herausgebildet: Das Röhrengerät hatte den Detektorapparat verdrängt und der Lautsprecher den Kopfhörer.

Bertolt Brecht entwickelte in seinen Schriften eine alternative Konzeption zu dem etwa ab 1925 etablierten Rund-Funk. In seinem Rundfunkexperiment versuchte er, den Hörer zum aktiven Mitspieler werden zu lassen und so den asymmetrischen Kommunikationsfluss vom Sender zum Empfänger in einen symmetrischen umzuwandeln. Die Gesamtheit dieser Vorstellungen bezeichnet man als Brechts Radiotheorie, obwohl sie kein homogenes Gebilde darstellt. Brecht war sich jedoch bewusst, dass seine Vorstellung "in dieser Gesellschaftsordnung" undurchführbar war. Er sah einen politischen Ursprung der Begrenzungen des Hörfunks: Nach der Freigabe des Rundfunkempfangs für jedermann erlegte das Reichsinnenministerium der Industrie verschiedene Einschränkungen auf:

  • Es durften nur solche Empfangsgeräte hergestellt werden, die nicht mehr als den Wellenbereich von 250 bis 700 m (Mittelwellen) aufnehmen konnten
  • die Empfangsgeräte durften nicht in der Lage sein, Funkwellen selbst zu erzeugen
  • Empfangsgeräte durften nur von amtlich anerkannten Firmen hergestellt werden

Der Staat hatte damit eine weit reichende Kontrolle über die Funkempfangsanlagen erzielt. Zusätzlich gab es inhaltliche Auflagen für die Rundfunksender, deren Programmgestaltung durch Ausschüsse mit Kontrollfunktion geprüft wurden. Verboten waren unter anderem politische Äußerungen, Erotik und Satire.

Ab 1928 wurden diese Auflagen stufenweise gelockert; zunächst durften Beiträge zu aktuellen Themen der Zeit gesendet werden (Beispiele für Themen: Wirtschaftskonjuktur, Wehrmacht, Alkoholmissbrauch), dann kamen unter Brüning gelegentliche "Statements verantwortlicher Staatsmänner" hinzu. Die Regierung unter von Papen ("Kabinett der Barone") machte den Rundfunk vollends zum Staatsorgan. "Der Rundfunk wurde den Rechten geöffnet und blieb den Linken verschlossen."

[Bearbeiten] Der Rundfunk im Dritten Reich

Volksempfänger, Typ VE301W
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Volksempfänger, Typ VE301W

Nachdem Brecht Anfang der 30er Jahre seine Vorstellungen von einem interaktiven Rundfunk aufgegeben hatte, entdeckten die Nationalsozialisten das Medium; sie wandelten den zuvor unpolitischen und überparteilichen Rundfunk in ein parteipolitisches Propagandainstrument um. Die Verbreitung von Empfangsanlagen wurde fortan massiv gefördert. Ausdruck fand dieser Wandel in der Massenfertigung eines preiswerten Empfangsgerätes, für das etwa ab 1934 geworben wurde mit dem Slogan "Ganz Deutschland hört den Führer mit dem Volksempfänger".

Die industrielle Massenherstellung von Empfangsgeräten setzte ein mit der Produktion des Volksempfängers VE 301; die Typenbezeichnung VE 301 leitete sich vom Datum der nationalsozialistischen Machtergreifung ab (301 = 30. Januar 1933).

Ab dem 25. Mai 1933 wurden 100.000 Stück des VE 301 für 76 RM pro Stück hergestellt; ab Ende 1933 waren es bereits 500.000 Stück und 1935 1,3 Millionen. Bis 1937 war der Preis bis auf 59 RM gefallen. Der VE 301 konnte jedoch nur auf Mittel- und Langwelle empfangen -- ausländische Sender sendeten überwiegend auf Kurzwelle und konnten damit mit dem VE 301 nicht empfangen werden.

1933 wird der Rundfunk völlig verstaatlicht und wird das wichtigste Propagandainstrument der Nationalsozialisten, kontrolliert und geleitet vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (Dr. Joseph Goebbels).

Am 22. März 1935 wird der erste regelmäßige Fernsehprogrammbetrieb der Welt aufgenommen; in Berlin, Leipzig und Potsdam werden 28 öffentliche Fernsehstuben eingerichtet.

1936 können die Olympischen Spiele live von rund 160.000 Zuschauern am Bildschirm verfolgt werden; aufgezeichnet werden kann aus technischen Gründen allerdings noch nichts.

Nach dem Erfolg des Volksempfängers wurde zusätzlich eine technisch einfachere Variante zum Preis von 35 RM angeboten, der Deutsche Kleinempfänger 1938 (DKE 1938, im Volksmund "Goebbels-Schnauze" genannt).

Der dritte Rundfunkempfänger war der Deutsche Arbeitsfront Empfänger 1011 (DAF 1011), ein Gemeinschaftsempfangsgerät, das für den in Betrieben und Fabriken befohlenen Gemeinschaftsempfang konzipiert war. Auch hier steht die Typenbezeichnung wieder für ein politisch bedeutsames Datum: Am 10. November 1933 fand der erste Gemeinschaftsempfang anlässlich der Übertragung einer Rede Adolf Hitlers aus der Maschinenhalle der Siemenswerke statt.

1936 wurde ein weiteres Gerät auf den Markt gebracht, der Deutsche Olympiakoffer, ein transportables, mit Batterien bestücktes Koffergerät für den Empfang im Freien. Anlass waren die Olympischen Spiele 1936 in Berlin, bei der erstmals weltweit eine Übertragung im Rundfunk stattfand. Seit diesem gleichermaßen rundfunktechnischen wie propagandistischem Großereignis hat es sich etabliert, innovative Techniken öffentlichkeitswirksam bei Großereignissen wie der Olympischen Spiele zu präsentieren. 1936 stellten die Nationalsozialisten das Senden kommerzieller Werbung im Rundfunk ein.

Die Produktion des VE 301 und des DKE 1938 bewirkte, dass die Hörerzahlen von rund vier Millionen Anfang 1932 auf über 12 Millionen Mitte 1939 stiegen. Es ist jedoch wohl dennoch eine historische Legende, dass die Nationalsozialisten durch die Förderung der Verbreitung von Rundfunkempfangsgeräten eine besonders hohe Empfangsdichte erzielt hätten: Die Rundfunkempfangsdichte lag 1934 in Deutschland bei 33,3%, bis 1937 stieg sie bis auf 46,9%. 1937 lag die Empfangsdichte in den USA jedoch bereits bei 78,3%, in Großbritannien bei 66,1%. In Deutschland waren vergleichbare Werte erst 1941 mit 65% erreicht.

Mit der Übernahme der Staatsgewalt durch die Nationalsozialisten wurde der Rundfunk verstaatlicht; die bis dahin bestehenden elf unabhängigen Rundfunkgesellschaften wurden aufgelöst, umgegliedert in Reichssender und dem Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt. Die Gleichschaltung erfolgte im Rundfunkbereich durch Einrichtung der Reichsrundfunkkammer (1939 jedoch wieder aufgelöst; ihre Kompetenze wurden dann auf die Reichsrundfunkgesellschaft (RRG) übertragen), welche auch die ab 1938 zur Mitarbeit an Rundfunkproduktionen erforderliche Mikrofon-Eignungspüfung durchführte. Die Programme wurden einseitig politisiert durch Übertragung der Reden des "Führers" und der übrigen Nazi-Prominenz; die Musikauswahl konzentrierte sich auf deutsche Volks- und Marschmusik, ab 1935 wurde "Entartete Musik" wie zum Beispiel "Nigger-Jazz" verboten; Rundfunkhören wurde zur staatspolitischen Pflicht erklärt, was den Absatz des VE 301 und des DKE 1938 weiter förderte.

Goebbels äußerte sich in einer Rede zur Eröffnung der Rundfunkausstellung 1936 über die inhaltliche Gestaltung des Rundfunkprogramms folgendermaßen: "Das Programm des Rundfunks muss so gestaltet werden, dass es den verwöhnten Geschmack noch interessiert und dem anspruchslosen noch gefällig und verständlich erscheint. Dabei soll besonderer Bedacht gerade auf die Entspannung und Unterhaltung gelegt werden [...]. Demgegenüber fallen die wenigen, die nur von Kant und Hegel ernährt werden wollen, kaum ins Gewicht."

Goebbels führte zum 1. Januar 1939 für den Reichsrundfunk die Bezeichnung Großdeutscher Rundfunk ein. Dieser sendete ab Juni 1940 ein nationalsozialistisches Einheitsprogramm für das ganze Deutsche Reich.

Am 31. August 1939 fand ein fingierter Überfall eines deutschen SS-Kommandos in erbeuteten Uniformen der polnischen Armee auf den Nebensender Gleiwitz statt, um einen Vorwand für den Einmarsch in Polen zu liefern. Das Abhören ausländischer Sender wurde mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 verboten und als "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit unseres Volkes" (sogenanntes Rundfunkverbrechen) mit schweren Zuchthausstrafen geahndet. Mitte 1941 kam es zum ersten Todesurteil wegen Hörens ausländischer Rundfunksender. Der Rundfunk wurde als "jüngstes Kind unserer Kriegstechnik" bezeichnet, die Alliierten nutzten den Hörfunk für die sogenannte "Gegenpropaganda".

Durch den am 1. September 1944 verfügten Führererlass "über den totalen Kriegseinsatz" waren alle kulturellen Einrichtungen wie Theater, Ausstellungen, Kunsthochschulen unter anderem geschlossen worden. Nur noch Film und Rundfunk sollten zuständig sein, "den Soldaten an der Front und der schaffenden Heimat Entspannung [zu] geben und kulturelle Werte [zu] vermitteln".

Am 7. Mai 1945 verkündet der letzte intakt verbliebene Sender Flensburg im Namen der geschäftsführenden Reichsregierung die bedingungslose Kapitulation.

[Bearbeiten] Die Nachkriegszeit

Ab 1945 nutzen die Alliierten den Hörfunk zur Kontrolle der wirtschaftlichen und politischen Lage sowie zur Demokratisierung der deutschen Bevölkerung. In der amerikanischen Zone werden dezentral mehrere Sender errichtet, in der französischen und britischen jeweils ein zentraler. Später sollte der Rundfunk in den westlichen Besatzungszonen nach dem Vorbild der britischen BBC neu organisiert werden, da diese Form möglichst staatsfern und deshalb nicht mehr so leicht politisch zu missbrauchen zu sein schien.

In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wird bereits kurz nach Kriegsende am 13. Mai 1945 aus dem alten Berliner Rundfunkgebäude in der Masurenallee (ab Juli britischer Sektor, später Sitz des ehemaligen SFB) die erste Radiosendung des zukünftigen Rundfunks der DDR ausgestrahlt. Verantwortlich für das Programm war der zur Gruppe Ulbricht gehörende KP-Funktionär Hans Mahle unter Kontrolle der Sowjetischen Militäradministration (SMAD).

In Westdeutschland wurden zwischen 1948 und 1949 durch die Landesrundfunkgesetze der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, Radio Bremen und der Süddeutsche Rundfunk gegründet. 1950 schließen sich alle Landesrundfunkanstalten zur Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammen.

Weihnachten 1952 strahlt der NWDR das erste regelmäßige Fernsehprogramm der Nachkriegszeit aus. Im Februar 1956 eröffnet der DDR-Rundfunk mit dem Funkhaus Nalepastraße in Berlin-Oberschöneweide ein neues Funkhaus, vom dem aus Ostdeutschland zentral mit Radiosendungen versorgt wird.

Am 3. Mai 1953 beginnt die Deutsche Welle mit ihren Sendungen auf Kurzwelle als Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland, zunächst in Verantwortung des NWDR, später des WDR. Kurzfristig wird der Sendebetrieb auf viele Fremdsprachen ausgedehnt, per Gesetz vom 29. November 1960 wird die Deutsche Welle eine selbstständige Bundesanstalt (Rundfunkanstalt) öffentlichen Rechts mit Sitz in Köln.

In der Nachkriegszeit haben sich die Rundfunkanstalten in Deutschland einen Namen als Kulturförderer, vor allem in den Bereichen Literatur und klassische Musik, erworben. In den 50er- und 60er-Jahren konnten beispielsweise viele Schriftsteller ihren Lebenunterhalt durch Lesungen und das Schreiben von Hörspielen finanzieren. Neben den großen Radio-Sinfonie-Orchestern wie dem RSO Frankfurt mit ihrem klassischen Musikangebot förderte die ARD auch gezielt moderne Stilrichtungen, wie Jazz und elektronische Musik.

[Bearbeiten] Die 60er- bis 80er-Jahre

Am 1. Januar 1962 nimmt der 1960 per Bundesgesetz gegründete Deutschlandfunk seinen Sendebetrieb auf Lang- und Mittelwelle mit einem in weiten Teilen Europas empfangbaren Informationsprogramm auf. Zielgruppe des Programms waren vor allem die Hörerinnen und Hörer in der DDR und - mit den später auf Mittelwelle aufgenommenen Fremdsprachensendungen - Osteuropa, er bildete praktisch das Gegenstück zum Deutschlandsender, dem Hörfunkprogramm des Rundfunks der DDR.

In den 60er- bis Ende der 80-Jahren hatten in Westdeutschland die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und in Ostdeutschland der staatliche Rundfunk der DDR eine Monopolstellung.

Das kulturelle Engagement der ARD-Sender wurde in den 70er-Jahren nicht weiter ausgebaut und in den folgenden zwei Jahrzehnten Schritt für Schritt zurückgefahren.

Während in Ostdeutschland der staatliche Rundfunk weiterhin als einziger Anbieter von Hörfunkprogrammen zugelassen war, nahmen in Westdeutschland Mitte der 80-Jahre private Radiostationen den Betrieb auf. Es ist der Beginn des sogenannten "dualen Rundfunksystems".

Am 23. Juli 1988 wurde mit Radio Dreyeckland in Freiburg das erste deutsche freie Radio legalisiert, nachdem eine juristische Verfolgung des Piratenradios aussichtslos wurde. In der Schweiz ging am 14. November 1983 das freie Radio Radio LoRa in Zürich auf Sendung. In dem Zusammenhang mit den "freien Radiostationen" spricht man auch vom "trialen Rundfunksystem".

[Bearbeiten] Nach dem Fall der Mauer

Der Zusammenbruch der DDR bedeutete auch das Ende des staatlichen Rundfunks. 1990/91 wurden die ostdeutschen Sender umbenannt, Personal abgebaut und der Sendebetrieb auf Grundlage des Staatsvertrags über den Rundfunk im vereinigten Deutschland zum 31. Dezember 1991 eingestellt.

Die ARD wurde um die beiden ostdeutschen Anstalten ORB (2003 mit dem SFB zum RBB fusioniert) und MDR erweitert. Im Hörfunk entstand aus der Fusion ehemaliger Ostberliner (DS Kultur) und Westberliner Sender (RIAS 1) 1994 das DeutschlandRadio Berlin (heute: Deutschlandradio Kultur).

Was die Kulturförderung betrifft, hat sich die Situation aus den Nachkriegsjahren mittlerweile umgekehrt. Zwar decken die öffentlich-rechtlichen Sender immer noch ein bedeutendes Spektrum an kulturellen Leistungen ab, aber die Arbeit für den Hörfunk wird nicht nur deutlich schlechter bezahlt als im Fernsehen, sondern ist in vielen Fällen für die beteiligten Autoren und Künstler zu einem Verlustgeschäft geworden. Es ist eine Schere entstanden zwischen gut bezahlten und sozial abgesicherten festangestellten Rundfunkmitarbeitern und den sogenannten "Freien", die von ihrer Arbeit oft nicht mehr leben können.

[Bearbeiten] Zukunft

Bis 2010 soll das Fernsehen in Deutschland komplett von analoger auf digitale Übertragung umgestellt sein. Die Europäische Kommission fordert von den Mitgliedstaaten die Abschaltung des analogen Rundfunks bis Anfang 2012. Deutschland hat sich verpflichtet, den analogen Rundfunk (darunter auch UKW, Mittelwelle) bis 2010 abzuschalten. Als technischer Nachfolger für den analogen Hörfunk (UKW) ist DAB geplant, das sich bislang allerdings beim deutschen Verbraucher noch nicht durchsetzen konnte. Für Mittelwellensender wurde DRM als Alternative entwickelt. (Siehe auch Analoger "switch-off".)

[Bearbeiten] Literatur

  • Ansgar Diller: Rundfunk in Deutschland, Bd. 2: Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: dtv, 1980. ISBN 3-423-03184-0
  • Konrad Dussel: Hörfunk in Deutschland. Politik, Programm, Publikum (1923-1960). Potsdam: Vlg. f. Berlin-Brandenburg, 2002. ISBN 3-935035-33-0
  • Konrad Dussel: Deutsche Rundfunkgeschichte. 2. Aufl. Konstanz: UVK Medien, 2004. ISBN 3-8252-2573-9
  • Konrad Dussel: Deutsches Radio, deutsche Kultur. Hörfunkprogramme als Indikatoren kulturellen Wandels. In: Archiv für Sozialgeschichte 41/2001, S. 119-144
  • Hans-Jürgen Krug: Radiolandschaften. Beiträge zur Geschichte und Entwicklung des Hörfunks. Frankfurt/M.: Lang, 2002.
  • Winfried B. Lerg: Rundfunk in Deutschland I. Die Rundfunkpolitik der Weimarer Republik. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1980, ISBN 3-423-03183-2
  • Inge Marßolek: Radio in Deutschland 1923-1960. Zur Sozialgeschichte eines Mediums. In: Geschichte und Gesellschaft 27/2001, S. 207-239
  • Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hg.): Radiozeiten. Herrschaft, Alltag, Gesellschaft (1924-1960). Potsdam: Vlg. f. Berlin-Brandenburg, 1999. ISBN 3-932981-44-8
  • Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hg.): Zuhören und Gehörtwerden, Bd. 1: Radio im Nationalsozialismus. Zwischen Lenkung und Ablenkung, Tübingen: Edition Diskord, 1998. ISBN 3-89295-638-3
  • Inge Marßolek/Adelheid von Saldern (Hg.): Zuhören und Gehörtwerden, Bd. 2: Radio in der DDR der fünfziger Jahre. Tübingen: Edition Diskord, 2001. ISBN 3-89295-639-1
  • Heinz-Werner Stuiber: Massenmedien in Deutschland, Bd. 2: Rundfunk. Konstanz: UVK Medien, 1998.

[Bearbeiten] Siehe auch

Portal:Hörfunk, Hörfunk in Frankreich, Hörfunk in Spanien, Hörfunk in den USA

[Bearbeiten] Weblinks

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