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Figurengedicht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ein Figurengedicht ist ein Gedicht, das nicht nur als "literarischer Text" funktioniert, sondern darüber hinaus auch noch in optischer Hinsicht eine weitere Bedeutungsebene aufbaut, zum Beispiel durch Formung des Textkörpers. Synonym: Kalligramm (Guillaume Apollinaire).

Beispiele finden sich in der konkreten Poesie, bei Jandl etc. oder auch bei Christian Morgenstern.

Beispiel:

    Zwei Trichter wandeln durch die Nacht.
    Durch ihres Rumpfs verengten Schacht
          fließt weißes Mondlicht
              still und heiter
                 auf ihren
                  Waldweg
                    u. s.
                     w.

(Christian Morgenstern)

[Bearbeiten] Geschichte

Figurengedichte sind schon seit der Antike bekannt, so bei Publilius Optatianus Porfyrius oder Venantius Fortunatus.

Vor allem christliche Denker der Spätantike und des frühen Mittelalters verfassten Figurengedichte als religiös inspirierte "Gittergedichte". Die Gittergedichte bestanden aus einem Buchstabenraster, wie man es heute von Wortsuch-Rätseln in Zeitschriften kennt. Sogenannte "In-Texte" mit besonders wichtigen Aussagen wurden in diesem Raster häufig besonders hervorgehoben. Die "In-Texte" hatten häufig die Form eines Kreuzes oder eines anderen christlichen Motivs. Die Anzahl der verwendeten Buchstaben ging zudem häufig auf zahlenmystische Überlegungen zurück, so dass in einem einzigen Figurengedicht oftmals mehrere Sinnebenen zu finden sind. Zu den besonders bedeutenden Beispielen gehört das Buch De laudibus sanctae crucis ("Vom Lob des Kreuzes") (825/826) mit 28 Kreuzgedichten, verfasst vom Gelehrten Rabanus Maurus (780-856).

Ihre größte Blütezeit erlebten die Figurengedichte jedoch erst in der manieristischen Lyrik des Barock, und zahlreiche damalige Dichter wie z.B. Greiffenberg und Kornfeld wetteiferten auf diesem Gebiet.

Beispiel:

                 Über den gekreuzigten Jesus

                 Seht der König König hängen /
               und uns all mit Blut besprengen.
                Seine Wunden seyn die Brunnen /
                draus all unser Heil gerunnen.
   Seht / Er strecket seine Händ aus / uns alle zu umfangen;
hat / an sein liebheisses Hertz uns zu drucken / Lustverlangen.
 Ja er neigt sein liebstes Haubt / uns begierig mit zu küssen.
  Seine Sinnen und Gebärden / sind auf unser Heil gefliessen.
                  Seiner Seiten offen-stehen /
              macht sein gnädigs Herz uns sehen:
               wann wir schauen mit den Sinnen /
                 sehen wir uns selbst darinnen.
              So viel Striemen / so viel Wunden /
                 als an seinen Leib gefunden /
               so viel Sieg- und Segens-Quellen
                wolt Er unsrer Seel bestellen.
                 zwischen Himmel und der Erden
                 wolt Er aufgeopffert werden:
                daß Er GOtt und uns vergliche.
                uns zu stärken / Er verbliche:
                Ja sein Sterben / hat das Leben
                  mir und aller Welt gegeben.
              Jesu Christ! dein Tod und Schmerzen
              leb' und schweb mir stets im Herzen!

(Catharina Regina von Greiffenberg, 1633-1694 [1])

[Bearbeiten] Literatur

  • Adelheid Beckmann: Motive und Formen der deutschen Lyrik des 17. Jahrhunderts. Tübingen 1960 (Hermaea, n.F. 5)
  • Ulrich Ernst: Carmen figuratum. Geschichte des Figurengedichtes von den antiken Ursprüngen bis zum Ausgang des Mittelalters, Köln 1991 (Pictura et poesis 1). ISBN 3-412-03589-0
  • Stephanie Haarländer: Rabanus Maurus zum Kennenlernen.. Mainz 2006. ISBN 3-934450-24-5. (Darin S. 112-129: Übersetzung von Rabanus' Figurengedichten 1, 4, 15, 16, 28 sowie S. 102-106 des Widmungsgedichtes für Ludwig den Frommen)
  • Hans-Jürgen Kotzur (Hg.): Rabanus Maurus. Auf den Spuren eines karolingischen Gelehrten. Mainz 2006. ISBN 3-8053-3613-6. (Darin Farbfotos aus dem Codex Vat. Reg. lat. 124 von Rabanus Figurengedichten 1–4, 7, 10, 12, 13, 15, 16, 22–25, 28 sowie des Widmungsgedichtes für Ludwig den Frommen)
  • Robert G. Warnock u. Roland Folter: "The German Pattern Poem. A Study in Mannerism of the Seventeenth Century", in: Festschrift Detlev Schumann, München 1970, S. 40-73

[Bearbeiten] Weblinks

  • [2] Werner Robl, Ein Carmen figuratum aus der Feder Abaelards
  • [3] Theodor Verweyen, Aus den Schatzkammern des Pegnesen-Archivs: Das Figurengedicht der Catharina Regina von Greiffenberg. Aus: Werner Kügel (Hg.), Pegnesischer Blumenorden in Nürnberg. Festschrift zum 350jährigen Jubiläum, Nürnberg 1994
  • [4] Barbara Glökler, Figurengedichte: Catharina Regina von Greiffenberg: 'Kreuzgedicht'. André Thomkins: lunds wandlungen. Seminararbeit
  • [5] Dick Higgins, A Short History of Pattern Poetry. Aus: ders., Pattern Poetry: Guide to an Unknown Literature, State University of New York Press, 1987
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