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Fernwirkung (Physik)

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Fernwirkung ist ein physikalisches Konzept der klassischen Physik, das vom 17ten Jahrhundert an kontrovers diskutiert wurde, bis circa 1838–1915 die Feldtheorie Klarheit brachte.

Im Rahmen der Newtonschen Mechanik wurde als „Fernwirkung" eine gegenseitige Beeinflussung von Körpern bezeichnet, die Kräfte auf einander ausüben, ohne in direktem mechanischem Kontakt miteinander zu stehen. Je nach historischem Kontext kann außerdem zum Konzept der Fernwirkung gehören, dass die Wirkung nicht nur fern von der Ursache liegt, sondern überdies instantan auftritt, d. h. ohne Zeitverzögerung. Ein Beispiel ist die Newtonsche Theorie der Gravitation: Wenn die Sonne durch irgendeine Kraft plötzlich verschoben würde, dann würde nach Newton die Erde sofort eine andere Gravitation spüren und auf diese Verschiebung mit einer entsprechenden Änderung ihrer Bahn reagieren. Ursprünglich waren auch die Anziehungs- und Abstoßungsgesetze für Körper mit ungleichnamigen bzw. gleichnamigen elektrischen Ladungen als Fernwirkungskräfte aufgefaßt worden - bis Faraday 1838 entdeckte, daß die Wechselwirkung zwischen zwei elektrisch geladenen Körpern von der Natur des Zwischenstoffs abhängt. Diese bahnbrechende Entdeckung hatte zur Folge, daß die bis dahin vorausgesetzte Fernwirkungstheorie der elektrischen Erscheinungen durch eine Nahwirkungstheorie ersetzt wurde: jede Ladung wirkt zunächst auf ihre unmittelbare Umgebung und erst durch diese mittelbar auf entfernte Ladungen. Dem elektrischen Feld kommt damit eine reale physikalische Bedeutung zu. Die Maxwellsche Hypothese der Verschiebungströme macht es erforderlich, diese Nahwirkungstheorie auch auf das Vakuum auszudehnen.

Bereits Newton mutmaßte, daß jede beobachtete „Fernwirkung" eine tiefere physikalische Ursache habe und letztendlich auf Nahwirkungen zurückführbar sein müsse. Er schrieb:

„Es ist undenkbar, dass leblose, rohe Materie auf andere [...] Materie wirken sollte, ohne direkten Kontakt und ohne die Vermittlung von etwas anderem, das nicht materiell ist. Dass die Gravitation eine angeborene, inhärente und wesentliche (Eigenschaft) der Materie sein soll, so dass ein Körper auf einen anderen über eine Entfernung durch Vakuum hindurch und ohne die Vermittlung von etwas Sonstigem wirken soll, [...], ist für mich eine so große Absurdität, dass ich glaube, kein Mensch, der eine in philosophischen Dingen geschulte Denkfähigkeit hat, kann sich dem jemals anschließen.“ (Brief an Richard Bentley von 1693. Hier zitiert aus [1].)

Nach heutigem Kenntnisstand kann es in diesem engeren Sinne keine Fernwirkung geben. Nach Albert Einsteins Relativitätstheorie kann sich eine Wirkung nur maximal mit Lichtgeschwindigkeit auswirken. Das gilt auch für die Gravitation, deren Ausbreitungsgeschwindigkeit nach der allgemeinen Relativitätstheorie gerade die Lichtgeschwindigkeit ist, eine Annahme, deren experimentelle Verifizierung noch aussteht[1].Im hypothetischen Beispiel mit der verschobenen Sonne würde sich also die Gravitationswirkung auf die Erde erst nach ca. 8 Minuten (der Zeit, die das Licht von der Sonne zur Erde benötigt) ändern. Wir würden also insbesondere nichts von der Verschiebung spüren, solange wir sie nicht auch sehen.

Die Berechnung von Planetenbahnen um die Sonne mit diesem "retardierten Potential", wie es in der Physik genannt wird, ergibt allerdings keine exakte Ellipse, sondern eine Spirale, die nach vielen Umläufen in der Sonne endet. . Der damit verbundene Energieverlust des Planeten könnte mit einer Aussendung von Gravitationswellen korrespondieren. Für Planeten wäre die Abweichung von der Ellipsenbahn zu klein, um beobachtet zu werden. Bei hinreichend massereichen Objekten sollten sie jedoch beobachtbar sein. Der experimentelle Nachgeweis fehlt bislang, da er mit Messgeräten wie GEO600 oder Ligo seit Jahren ohne Erfolg gesucht wird. Ein indirekter, rechnerischer Nachweis der Gravitationswellen durch Russell Hulse und Joseph Taylor zeigt genau diesen Effekt: Die Pulsare des Doppelpulsars PSR 1913+16 kreisen in einer Spiralbahn umeinander, was zu einer messbar zunehmenden Umlauffrequenz führt.

[Bearbeiten] Literatur

  • Caspar Isenkrahe Über die Fernkraft und das durch Paul du Bois-Reymond aufgestellte dritte Ignorabimus, Leipzig 1889 (64 Seiten).
  • Paul Drude, „Ueber Fernewirkungen" (Referat für die 69. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Braunschweig, 1897; Sektion Physik), Beilage zu den Annalen der Physik und Chemie 62, Nr. 1, Neue Folge, S. I - XLIX (1897); Berichtigung der S. XXXIX: Annalen der Physik und Chemie 62, Nr. 12, 693 (1897).
  • Zenneck, J., Gravitation, Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften mit Einschluss ihrer Anwendungen, Vol V. 1, pp-25-67, Leipzig, 1903-1921

[Bearbeiten] Quellen

  1. Max Born, Die Relativitätstheorie Einsteins. Kommnetiert und erweitert von Jürgen Ehlers und Markus Pössel. 7. Auflage, Heidelberg/Berlin 2003, S. 358 - 372.
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