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Eugène François Vidocq

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Eugène François Vidocq (* 24. Juli 1775 in Arras; † 11. Mai 1857 in Paris) war ein französischer Verbrecher, der als einer der Begründer der modernen Kriminalistik und erster Direktor der Sûreté Nationale, einer Abteilung der französischen Polizei, bekannt wurde.

Eugène François Vidocq
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Eugène François Vidocq

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Eugène François Vidocq wurde am 24. Juli 1775 um 2 Uhr früh als drittes Kind des Bäckermeisters Nicolas Joseph François Vidocq und seiner Frau Henriette Françoise Vidocq (geborene Dion) in Arras in der rue du Mirroir-de-Venise geboren.

[Bearbeiten] Kindheit und Jugend

Über die Kindheit von Vidocq ist nur wenig bekannt. Der Vater ist gebildet und für damalige Verhältnisse vermögend, da er sich auch als Getreidehändler betätigt. Vidocq hat sechs Geschwister: zwei ältere Brüder (wovon einer zum Zeitpunkt von Vidocqs Geburt bereits verstorben ist), zwei jüngere Brüder und zwei jüngere Schwestern.

Vidocqs Jugendjahre sind turbulent. Er wird als unerschrocken, rauflustig und durchtrieben beschrieben, sehr begabt, jedoch auch sehr faul. Er verbringt viel Zeit in den Waffensälen von Arras und erwirbt den Ruf eines furchterregenden Fechters und den Beinamen le Vautrin (das Wildschwein).

Mit dreizehn Jahren stiehlt er das Silbergeschirr seiner Eltern. Sein Vater lässt ihn daraufhin für zehn Tage in eine Jugendhaftanstalt einsperren, aber auch so ist er nicht zu bändigen. Weitere Strafen folgen, nichts hilft.

Mit vierzehn bedient er sich heimlich aus der Geldkassette seiner Familie und versucht sich in Ostende nach Amerika einzuschiffen. Dabei wird er betrogen und steht schließlich ohne Geld da. Um zu überleben, wird er Gaukler, wobei er sich vom Stalljungen hinaufarbeitet zum Jahrmarktsmonster. In dieser Rolle als karibischer Kannibale muss er rohes Fleisch essen. Lange hält er das nicht aus. Er wechselt zu einer Gruppe von Marionettenspielern, aus der er jedoch verjagt wird, weil er mit der jungen Frau seines Arbeitgebers anbandelt. Nach einer Arbeit als Straßenhändler kehrt er nach Arras zurück, wo er seine Eltern um Verzeihung anfleht und von seiner Mutter mit offenen Armen empfangen wird.

Am 10. März 1791 verpflichtet er sich dem Regiment der Bourbonen, wo er seinen Ruf als furchterregender Duellant bestätigt. Im September 1792 nimmt er an der Schlacht von Valmy teil und wird zum Gefreiten der Grenadiere ernannt. Da er zu oft in Duelle verstrickt ist, desertiert er notgedrungen von seinem Regiment und geht zur 11. Jägertruppe. Am 6. November 1792 kämpft er unter General Dumouriez in der für die Franzosen erfolgreichen Schlacht von Jemmapes gegen die Österreicher. Im April 1793 folgt er dem General bei dessem Wechsel ins feindliche Lager. Als sich dessen Lage jedoch verschlechtert, kehrt Vidocq ins französische Lager zurück. Schließlich tritt er aus der Armee aus, da er bei den Jägern nicht mehr gerne gesehen ist.

Mit 18 kehrt er nach Arras zurück und macht sich als Frauenheld einen Ruf. Da seine Verführungen oft in Duellen enden, findet er sich am 9. Januar 1794 in der ihm bereits bekannten Jugendhaftanstalt wieder, aus der er am 21. Januar wieder entlassen wird.

Am 8. August 1794 heiratet Vidocq Marie Anne Louise Chevalier, nachdem diese vorgetäuscht hat, schwanger zu sein. Die Ehe ist von Anfang an nicht glücklich, und als Vidocq bemerkt, dass seine Frau ihm untreu ist, schwindelt er ihr ein wenig Geld ab und flüchtet zurück zur Armee. Erst 1805 sehen sie sich aus Anlass ihrer Scheidung wieder.

[Bearbeiten] Abenteuerjahre und Gefängnis

Vidocq bleibt nicht lange bei der Armee. Im Herbst 1794 lebt er in Brüssel, damals ein Schlupfwinkel für Gauner aller Art, und lebt von kleinen Betrügereien. Nach einem dieser Betrüge versucht ihn die Polizei zu verhaften, er entkommt jedoch - seine erste Flucht. Da er auch ein Deserteur ist, wird er nun gesucht. In den Jahren 1795 und 1796 reist Vidocq viel: Brüssel, Arras, Paris, Lille.

1795 tritt er der Fliegenden Armee (armée roulante) bei und nimmt eine falsche Identität an. Diese Armee besteht aus Offizieren, die kein Patent und kein Regiment haben. Mit Hilfe gefälschter Marschrouten, Ränge und Uniformen verschaffen sie sich Unterkünfte und Rationen, bleiben jedoch weit weg von den Schlachtfeldern. Vidocq alias Rousseau beginnt als Leutnant der Jäger, befördert sich jedoch nach und nach zum Husarenhauptmann. In dieser Rolle lernt er eine reiche Witwe kennen, die Gefallen an ihm findet. Ein Vorgesetzter Vidocqs macht sie glauben, einen jungen Adeligen auf der Flucht vor sich zu haben. Kurz vor der Hochzeit bekommt Vidocq jedoch Skrupel und beichtet. Danach verlässt er die Stadt mit einem großzügigen Geldgeschenk ihrerseits.

Am 2. März 1795 kommt er nach Paris, wo er sich in der Unterwelt nicht integrieren kann und einen Großteil seines Gelds verliert. Er geht zurück in den Norden und schließt sich einer Gruppe böhmischer Zigeuner an, welche er wiederum für eine Frau - Francine - verlässt, die ihn mit einem Soldaten betrügt. Er überrascht die beiden und verprügelt den Soldaten. Dieser verklagt ihn. Vidocq wird zu drei Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Lille absitzen soll.

Vidocq ist 20 und passt sich schnell an das Leben im Gefängnis und die dort üblichen Gepflogenheiten an. Als seine drei Monate abgelaufen sind, wird er jedoch nicht freigelassen. Man verdächtigt ihn der Beihilfe zur Fälschung und Flucht. Folgendes war geschehen: Zwei Mitgefangene Vidocqs hatten sich in den Kopf gesetzt für die Freilassung eines Dritten, Boitel, zu sorgen, der wegen einer Kleinigkeit zu einer hohen Strafe verurteilt worden war und gerne betonte, was er alles geben würde, wenn er seine Freiheit endlich zurück hätte. Sie fälschten eine Entlassungsurkunde, der bestochene Gefängniswärter beeilte sich Boitel auf freien Fuß zu setzen, ohne seinen Vorgesetzten zu kontaktieren, in der Angst dieser könnte die Fälschung erkennen. Boitel wurde wenige Tage später festgenommen, da die Fälschung nur einen Tag später erkannt wurde. Vidocq war in diese Geschichte verwickelt, da man ihn gebeten hatte, den Fälschern seine Einzelzelle zu überlassen, da diese der einzige ruhige Platz im Gefängnis sei. Vidocq behauptete, man habe ihm erzählt, dass eine Petition geschrieben werden sollte und er von der geplanten Fälschung nichts wusste. Er bestritt diese Tat bis an sein Lebensende. Als er sich jedoch der Fälschung angeklagt sieht, beschließt er zu fliehen. Mit viel Ideenreichtum und Frechheit flüchtet er mehrmals, wird jedoch immer wieder schnell aufgegriffen. Auf jedem seiner Fluchtversuche kommt er bei Francine unter, diese sieht ihn jedoch eines abends bei einer anderen Frau und versucht darauf hin sich selbst zu töten, überlebt jedoch. Zeitweilig verdächtigte man Vidocq des versuchten Mordes, doch das wurde fallen gelassen. Sein Kontakt zu Francine bricht schließlich ab, als sie wegen Fluchtbeihilfe zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt wird. Als er sie das nächste Mal trifft, ist sie bereits verheiratet.

Trotz Vidocqs zahlreicher Ausbrüche und selbst einer Gefängnisrevolte kommt es nach langer Verzögerung zu einem Prozess, in dem Vidocq, drei Mitgefangene, sowie der bestochene Gefängniswärter der Fälschung angeklagt werden. Jedoch hatten sich die vier Anderen während der langen Wartezeit besprochen und beschlossen, sämtliche Schuld auf den wegen Flucht bzw. Einzelhaft nicht anwesenden Vidocq zu schieben, der auch schließlich zu acht Jahren Schwerstarbeit im Bagno verurteilt wird. Die nächsten Jahre verbringt er wieder abwechselnd im Gefängnis und auf der Flucht. Mehrere vage Hoffnungen, nach Amerika fliehen zu können, zerschlagen sich.

Er lernt die Gefängisse von Lille und Cambrai kennen, bevor er am 28. Februar 1798 verkleidet aus dem Bagno in Brest flüchtet. 1799 reist Vidocq von Cholet, wo er sich als Ochsentreiber getarnt hatte, zuerst nach Paris, dann nach Arras, Brüssel, Ancer und schließlich Rotterdam, wo er sich auf einem holländischen Schiff anwerben lässt. Nach einer nur kurzen Karriere als Freibeuter wird er erneut verhaftet und nach Bicêtre (wo er Savate lernt) und später nach Toulon gebracht, von wo er am 6. März 1800 (nach einem bereits misslungenen Fluchtversuch) erneut flüchtet.

Er kehrt heimlich nach Arras zurück. Sein Vater ist mittlerweile gestorben (1799), und er kommt bei seiner Mutter unter. Er versteckt sich fast ein halbes Jahr bei ihr, bevor er sich eine falsche Identität als Österreicher zulegt. So lässt er sich auch in der Öffentlichkeit von Arras sehen. Schließlich wird bekannt, wer er wirklich ist, und er flüchtet 1801 nach Rouen. Dort lebt er zwei Jahre und baut sich unter dem Namen Blondel einen guten Ruf als Kaufmann auf. Aber auch hier holt ihn seine Vergangenheit wieder ein. Er wird von einem Jugendfreund verraten und verhaftet.

Er zieht nach Boulogne und gibt dort den Stoffhandel auf, um wieder Freibeuter zu werden. Er wird jedoch erkannt und kommt in das Gefängnis von Douai. Er bleibt fünf Monate in Douai, bevor er erneut flüchtet. In dieser Zeit benachrichtigt ihn Louise Chevalier von der Scheidung.

Er lebt einige Zeit als Händler im Vorort von Saint-Denis, bevor er erneut verhaftet wird und kurze Zeit hinter Gittern verbringen muss. Auch sein Versuch, als Lehrer zu arbeiten, scheitert, da die Einwohner des Dorfes mit gewissen Unterrichtsstunden nur für ältere Schülerinnen nicht einverstanden sind.

[Bearbeiten] Die Wende

1809 wird Vidocq erneut verhaftet. Er beschließt, sein Randleben zu beenden und bietet der Polizei seine Dienste an. Sein Angebot wird angenommen unter einer Bedingung: Vidocq soll fliehen und sich in Paris stellen, um seine ehrlichen Absichten zu beweisen, was er tat. Am 20. Juli wird er in Bicêtre eingesperrt, wo er seine Arbeit als Spitzel beginnt. Am 28. Oktober setzt er diese Arbeit im Staatsgefängnis fort.

Er horcht seine Mitgefangenen aus, insbesondere Untersuchungshäftlinge, und übermittelt der Polizei daraus gewonnene Ermittlungsansätze, Fundorte von Beweismitteln und den Aufenthalt gesuchter Täter.

1810 kommt Vidocq frei und setzt seine Tätigkeit als Geheimagent der Pariser Polizei fort. Er nutzt seine Kontakte und den Ruf seines Namens in der Halb- und Unterwelt, um sich Vertrauen zu erschleichen, verkleidet sich als entflohener Sträfling, taucht in das Netzwerk von Helfern der kriminellen Szene ab und nimmt, teils eigenhändig, gesuchte Straftäter fest. Er lebt mit einer Frau, Annette, zusammen, die ihn bei Observationen und als Botin unterstützt.

[Bearbeiten] Die Sûreté

Ende 1811 wird Vidocq zum Chef der von ihm organisierten neuen Sicherheitsbehörde Sûreté Nationale unter dem Dach der Pariser Polizei ernannt.

Die Sûreté hat anfangs acht, dann zwölf, 1823 schließlich 20 Mitarbeiter, und im folgenden Jahr werden es 28. Dazu kommen acht Personen, die im Geheimen für die Sicherheitsbehörde arbeiten, aber statt eines Gehaltes die Lizenz für eine Spielhalle erhalten. Vidocq selbst beschreibt den Dienst aus dieser Zeit:

„Mit diesem so winzigen Personal mußten über zwölfhundert Entlassene aus Zuchthäusern und Gefängnissen und ähnliche Individuen beaufsichtigt, ferner vier- bis fünfhundert Verhaftungen sowohl im Namen des Polizeipräfekten als der Gerichtsbehörden vorgenommen, Nachforschungen angestellt, allerhand Gänge besorgt, die im Winter so beschwerlichen Nachtrunden gemacht werden. Außerdem musste die Sicherheitsbrigade die Polizeikommissare bei Haussuchungen und beim mündlichen Verhör unterstützen, die öffentlichen Versammlungen in und außerhalb der Stadt besuchen und die Eingänge zu den Theatern, die Boulevards, die Schenken vor den Toren und alle anderen Orte, wo sich Beutelschneider und Spitzbuben ein Rendezvous geben, überwachen.“

Vidocq S.282

Ende 1820 heiratet Vidocq erneut, Jeanne-Victoire Guérin. 1822 lernt er Honoré de Balzac kennen, der Vidocq als Vorbild mehrerer Figuren in seinen Werken nutzt. Vidocqs Frau Jeanne-Victoire stirbt schon 1824, im selben Jahr wie Vidocqs Mutter. Unmittelbar darauf heiratet er erneut, seine Nichte Fleuride Maniez. 1827 nimmt Vidocq Abschied von der Sûreté, schreibt seine Memoiren und wird Unternehmer in der Provinz.

In seinen Memoiren stellt er die Notwendigkeit und die Effektivität seiner Sicherheitspolizei dar und wendet sich strikt gegen die politische Polizei:

„Denn politische Polizei heißt: eine Einrichtung hervorgerufen durch den Wunsch, sich auf Kosten des Staates zu bereichern, dessen Unruhe man beständig künstlich in Atem hält. Politische Polizei ist gleichbedeutend mit dem Bedürfnis, Geheimgelder aus dem Budget zu beziehen, mit dem Bedürfnis gewisser Beamten, sich selbst als unentbehrlich zu zeigen, indem der Staat in angeblicher Gefahr gezeigt wird.“

Vidocq S.282

In Saint Mandé in der Bretagne gründet er eine Papierfabrik und stellt vorwiegend entlassene Zuchthäusler - sowohl Männer wie Frauen - ein. Das stellt einen unerhörten Skandal dar, der zu Auseinandersetzungen mit der Gesellschaft und Kunden führt, der Betrieb kann sich nicht lange halten – Vidocq macht 1831 als Fabrikant Bankrott und wird wieder Chef der Sûreté. Im Juni 1832 geht seine Truppe mit großer Härte gegen Unruhen vor, die im Rahmen einer Cholera-Epidemie ausbrechen und den Thron des „Bürgerkönigs“ Louis-Philippe gefährden. Ende des Jahres tritt Vidocq erneut als Chef der Sûreté zurück, da er unter dem Verdacht steht, eine politische Verschwörung aufgedeckt zu haben, die er selbst initiiert hat, um sich einen großen Ermittlungserfolg an die Brust heften zu können.

[Bearbeiten] Le bureau des renseignments

Er gründet das Le bureau des renseignments (Nachrichtenbüro), ein Unternehmen das zwischen einem Detektiv- oder Auskunftsbüro und einer Privatpolizei einzustufen ist. Wieder stellt er vorwiegend ehemalige Kriminelle ein. Seine Truppe nimmt im Auftrag von Geschäftsleuten den Kampf gegen Faiseurs (Gauner, Betrüger, Bankrotteure) auf. Er nutzt nicht nur legale Mittel und macht sich die Hände schmutzig. Seine Methoden sind Gewalt und Erpressung; zahlreiche Gegner und Mitarbeiter verlieren ihr Leben. Ab 1837 steht er wegen seiner Tätigkeit in ständigen Auseinandersetzungen mit der offiziellen Polizei. Im ersten Strafprozess wird er freigesprochen.

Vidocqs Person wird zunehmend zum Gegenstand der Literatur und der öffentlichen Diskussion. Balzac schreibt mehrere Romane und Theaterstücke, in denen Figuren nach Vidocqs Vorbild auftauchen.

1842 wird Vidocq erneut verhaftet, diesmal scheint der Fall klar. Er hatte in Ermittlungen wegen Unterschlagung unrechtmäßige Verhaftungen vorgenommen und Gelder einbehalten. Er sitzt im Gefängnis Conciergerie, wird zu fünf Jahren Haft und ungeheuren 3.000 Franc Geldstrafe verurteilt. Nach elf Monaten gewinnt er den Berufungsprozess vor dem court royale - der politische Einfluss Gabriel de Bernys, eines langjährigen Freundes Vidocqs und Balzacs am königlichen Hof, soll geholfen haben. Ab da arbeitet die Pariser Polizei mit ihm zusammen.

Vidocq veröffentlicht in den kommenden Jahren mehrere kleine Bücher, in denen er sein Leben darstellt, in direkter Auseinandersetzung mit den freien Schilderungen, die über ihn kursieren. Außerdem legt er 1844 einen Essay über Gefängnisse, Zuchthäuser und die Todesstrafe vor. 1846 stirbt auch seine dritte Frau Fleuride. Er heiratet nicht mehr, lebt aber bis an sein Lebensende mit Partnerinnen zusammen.

1848 bricht in Paris die Februarrevolution aus, „Bürgerkönig“ Louis-Philippe wird blutig abgesetzt, die zweite Republik unter Alphonse de Lamartine ausgerufen. Und obwohl Vidocq vorher auf seine Empfänge am Hof stolz war und sich seines Zugangs zu König Louis-Philippe rühmte, bietet er seine Dienste unmittelbar der neuen Regierung an. Lamartine beklagt sich in seinen Erinnerungen, dass ihm und Vidocq keine freie Hand gelassen wurde. Der Aufbruch der Republik versinkt in Chaos und Gewalt. Der zunächst als Präsident der Republik eingesetzte Louis Napoléon, Neffe Napoléon Bonapartes, führt einen Staatsstreich durch und setzt sich als Kaiser Napoléon III ein.

Vidocq zieht sich ins Privatleben zurück, er leidet in den letzten Jahren seines Lebens unter massiven Schmerzen eines in Kämpfen gebrochenen und nie richtig verheilten Armes und stirbt 1857 im Alter von 82 Jahren.

[Bearbeiten] Vidocqs Person

Auch wenn eine Vielzahl literarischer und vermeintlich realer Schriften das Leben und die Person Vidocqs darstellen oder sich zumindest an ihm anlehnen, bleiben doch seine Memoiren aus dem Jahr 1827 die beste Quelle, um seine Persönlichkeit zu erfassen. Seine Biographen sind sich einig: Vidocq ist ein eindimensionaler Mensch mit einem engen Blickwinkel auf das Leben und seine Zeit.

Er lebt in turbulenten Zeiten, die französische Revolution prägt das Umfeld seiner Jugend, Napoléon Bonaparte und die napoleonischen Kriege sind der Grund seines Eintritts in die Armee. Die Restauration bietet ihm die Möglichkeit, nicht nur in die Pariser Polizei einzutreten, sondern sie zu formen, und die Unruhen des Jahres 1832 und schließlich der Februarrevolution würfeln die Gesellschaft durcheinander.

Vidocq sieht das alles nicht. Ihn interessiert nur sein eigenes Leben.

„Für Vidocq haben Eruptionen, unter denen Europa Landesgrenzen änderte, nur Existenz, soweit sie ihm zu Fressen und Frauen verhelfen“

Ludwig Rubiner im Nachwort zu Vidocq - der Mann mit hundert Namen, S. 287

Die Kriege sind nur Gelegenheit zum Untertauchen, der Staat existiert in der Frage nach dem Namen, dem Pass und den Vorstrafen. Irgendein eigenes Verständnis von Staat oder Gesellschaft entwickelt Vidocq nie. Seine lockere Art, die Seiten zu wechseln, ist die logische Folge; er kennt keine Loyalität, er fühlt sich nichts verbunden - nicht seinen Frauen, seinen Kameraden, den Mitgliedern seiner Truppe oder einer Idee. Wann immer er über Inhalte schreibt, bleiben seine Worte hohl.

[Bearbeiten] Errungenschaften

Viele heute sehr angesehene Vorgehensweisen in der Verbrechensbekämpfung stammen von Vidocq:

  • Fingerabdruckkarteien
  • Genaue Analyse des Tatortes
  • Anwendung der Ballistik

Für die damalige Zeit war Vidocq vor allem aufgrund seiner Vorgehensweisen wichtig: Er hatte ein großes Talent sich zu verkleiden, was es ihm erlaubte Verbrechen zu beobachten, die sonst keiner sehen würde: An Markttagen staunten Diebe nicht schlecht, wenn sie plötzlich von der Apfelfrau verhaftet wurden. Auch folgende Anekdote wird gern erzählt: Dem König Louis-Philippe begegnete eines Tages vor den Tuilerien eine ihm unbekannte adelige Dame. Er grüßte sie, begann ein Gespräch mit ihr, um zu erfahren, wer sie war. Da zog sich die Dame die Perücke vom Kopf und darunter kam Vidocq zum Vorschein.

[Bearbeiten] Literatur

Vidocq selbst schrieb seine Erinnerungen, er inspirierte aber auch viele Schriftsteller.

In Honoré de Balzacs Schriften bildet Vidocq regelmäßig das Vorbild literarischer Figuren. In Illusions perdue und Soufrance de L'Inventeur werden seine Erfahrungen als gescheiterter Unternehmer aufgegriffen, in Gobseck (1829) stellt Balzac erstmals den Polizisten Corentin vor, am deutlichsten ist aber die Verbindungs Vidocqs mit der Figur des Vautrin. Dieser tritt erstmals in Balzacs Roman Le père Goriot (1834) auf, dann in La Comédie Humaine (dt. Die menschliche Komödie) und ist die Hauptfigur des Theaterstücks Vautrin von 1840. Vidocqs Methoden und Verkleidungen inspirieren Balzac auch zu vielen weiteren Bezügen in seinem Werk.

Vidocq kannte auch Victor Hugo persönlich. In Les Miserables basieren die Charaktere sowohl Jean Valjeans als auch Inspektor Javerts beide auf Vidocq; ebenso der Polizist Jackal aus Les Mohicans de Paris von Alexandre Dumas. Er war die Grundlage von Monsieur Lecoq, der in zahlreichen Abenteuern von Émile Gaboriau die Hauptrolle spielte. Und er kann auch in den Geschichten Der Doppelmord in der Rue Morgue von Edgar Allan Poe, Moby Dick von Herman Melville und Great Expectations von Charles Dickens wiedergefunden werden.

  • John Philip Stead: Vidocq - Der König der Detektive (Original: Vidocq - A Biography), Stuttgart, Union Deutsche Verlags-Gesellschaft, 1954 (1953)
  • Eugène-François Vidocq, Vidocq - der Mann mit hundert Namen (Original: Mémoires de Vidocq, chef de police de sûreté jusqu'en 1827, aujourd'hui propriétaire et fabricant de papiers à Saint-Mandé, München, Rogner und Bernhard, 1968 (1828)

[Bearbeiten] Verfilmungen

Bereits 1922 wurde der erste Film über sein Leben mit René Navarre als Vidocq veröffentlicht. Zahlreiche weitere Verfilmungen sollten 1938, 1946 mit George Sanders, 1967 als 13-teilige Fernsehserie und 1971 ebenfalls als 13-teilige Fernsehserie folgen.

2001 erschien Vidocq als eine Mischung aus Fantasy und Horror. Die Figur Vidocq wird darin durch Gérard Depardieu ziemlich authentisch dargestellt (mit all seinen Eigenheiten und Talenten), die dargestellten Ereignisse rund um den "Alchemisten" sind jedoch nie wirklich geschehen.

[Bearbeiten] Weblinks

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