Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Diskos von Phaistós - Wikipedia

Diskos von Phaistós

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Der Diskos von Phaistos (auch Diskos von Phaestos, Diskos von Festos), eine Scheibe aus gebranntem Ton, ist eines der bedeutendsten Fundstücke aus der Bronzezeit. Der Diskos von Phaistos ist mit spiralförmig angeordneten Menschen-, Tier- und Pflanzenmotiven versehen, die mit einzelnen Stempeln aufgedruckt wurden. Der Diskos stellt damit den ersten bekannten 'Buchdruck' der Menschheit dar, in dem Sinne, dass zum ersten Mal ein kompletter Textkörper mit wiederverwendbaren Zeichen produziert wurde. Der Diskos ist einzigartig, da bislang kein weiteres Fundstück seiner Art entdeckt werden konnte.

Nahezu alle den Diskos betreffenden Fragen, wie die nach seinem Zweck, seiner kulturellen und geographischen Herkunft, der Leserichtung und der Vorderseite sind umstritten. Selbst seine Echtheit, und ob es sich bei den Zeichen überhaupt um Schriftzeichen handelt, wurde schon angezweifelt.

Diskos von Phaistos (schematische Darstellung)
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Diskos von Phaistos (schematische Darstellung)

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entdeckung und Fundort

Der Diskos wurde in einem Raum der minoischen Palastanlage von Phaistós auf Kreta am 3. Juli 1908 unter der Leitung des Italieners Luigi Pernier ausgegraben.

Das einmalige Objekt findet sich heute im archäologischen Museum in Iráklion auf Kreta in Griechenland.

[Bearbeiten] Datierung

Der Diskos wurde von Pernier auf das 17. Jahrhundert v. Chr. datiert, ist also vermutlich mehr als 3.500 Jahre alt. In dem selben Raum wie der Diskos wurde auch eine Tontafel mit Zeichen der ebenfalls noch nicht vollständig entzifferten Linearschrift A gefunden.

[Bearbeiten] Beschreibung

[Bearbeiten] Aufbau und Gliederung

Die im Durchmesser 16 cm messende Tonscheibe ist mit spiralförmig angeordneten Menschen-, Tier- und Pflanzenmotiven bestempelt. Insgesamt ist der Diskos mit 242 Stempeleindrücken beschriftet, die durch Trennlinien (sog. Feldtrenner) zu 61 Zeichengruppen zusammengefasst sind. Seine beiden Seiten werden mit A und B benannt, da bislang unbekannt ist, welches die Vorderseite ist.

Seite A (Original)
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Seite A (Original)
Seite B (Original)
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Seite B (Original)

Die Seite A enthält 123 Stempeleindrücke und 31 Zeichengruppen. Auf Seite B finden sich 119 Eindrücke, zusammengefasst in 30 Zeichengruppen. Die Nummerierung wird unterschiedlich angegeben, z. B. bezeichnet Arthur Evans die Zeichengruppe mit der Rosette im Zentrum als A 1, Louis Godart dagegen als A XXXI.

[Bearbeiten] Zeichen, Symbole und Piktogramme

Der Diskos enthält insgesamt 45 distinkte Stempelmotive, die teilweise klar als Menschen, Tiere oder Objekte identifiziert werden können; andere Motive konnten bisher nicht eindeutig identifiziert werden.

Details: u. a. Tierhaut  sowie Männerkopf mit Crest und im Zentrum eine achtblättrige Rosette
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Details: u. a. Tierhaut sowie Männerkopf mit Crest und im Zentrum eine achtblättrige Rosette
Details: u. a. ein fliegender Vogel, ein Tischlerhobel sowie ein Zweig
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Details: u. a. ein fliegender Vogel, ein Tischlerhobel sowie ein Zweig
Details: u. a. ein Kreis mit sieben Verzierungspunkten, ein Fisch sowie ein Horn
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Details: u. a. ein Kreis mit sieben Verzierungspunkten, ein Fisch sowie ein Horn
Details: u. a. eine Art Winkel oder Pfeilsymbol, eine Keule mit noppenartigen Auswölbungen oder eine Pflanze
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Details: u. a. eine Art Winkel oder Pfeilsymbol, eine Keule mit noppenartigen Auswölbungen oder eine Pflanze

[Bearbeiten] Herstellung

Die präzise Methode der Herstellung ist umstritten. H. Th. Bossert bezeichnete den Diskos in einer 1931 erschienenen Schrift beispielsweise als „das älteste, mit beweglichen Lettern hergestellte Druckwerk der Welt“. Leon Pomerance widersprach dieser Zuordnung und stellte 1976 die so genannte Matrizen-These auf; demnach wurden die Symbole des Diskos nicht mit einzelnen Stempeln, sondern mit verschiedenen Kalksteinmatrizen eingeprägt. Unstrittig ist dagegen, dass die Symbole nicht von Hand geritzt wurden.

[Bearbeiten] Entzifferungsversuche

Der Faszination des Diskosrätsels führte zu zahllosen Bemühungen, sein Geheimnis zu lüften. Eine Schrift kann jedoch unmöglich zufällig durch Ausprobieren entziffert werden. Würde zum Beispiel entsprechend Linear B von mindestens sechzig verschiedenen Silbenwerten ausgegangen, so ergäben sich bereits über 1069 verschiedene Zuordnungsmöglichkeiten von Silbenwerten zu den 45 Diskoszeichen.

Gelungene Entzifferungsversuche der Vergangenheit zeichneten sich immer dadurch aus, dass es gelang, zum Beispiel mit Hilfe einer Bilingue, eine eindeutige Zuordnungsvorschrift für die einzelnen Silbenwerte zu finden. Die bisher für den Diskos vorgeschlagenen Deutungen diskutieren die verwendeten Lösungsschritte entweder nicht oder aber greifen auf Methoden zurück, die letztlich auf das Durchprobieren von Silben hinauslaufen. Keine dieser Deutungen fand daher wissenschaftliche Anerkennung.

Es liegen u. a. Entzifferungsversuche [1] (sortiert nach Datum) vor:

  • Florence Stawell, 1911 (Interpretation als griechische Inschrift, Silbenschrift);
  • Albert Cuny, 1914 (Interpretation als antike ägyptische Inschrift, Ideographisch-Sylbische-Mischschrift);
  • Paolo Ballotta, 1974 (Interpretation als ideographische Schrift);
  • Jean Faucounau, 1975 (proto-ionischer Text über einen griechischen König, Interpretation als griechische Inschrift, Silbenschrift) [2];
  • Leon Pomerance, 1976 (Interpretation als astronomisches Dokument);
  • Vladimir Georgiev, 1976 (Interpretation als hittitische Inschrift, Silbenschrift);
  • Peter Aleff, 1982 (Interpretation als antikes Spiel) [3];
  • Steven R. Fischer, 1988 (Interpretation als griechische Inschrift, Silbenschrift);
  • Dettmer Otto, 1988 (Botschaft des Talaio an die Kreter, Interpretation als griechische Inschrift, Silbenschrift);
  • Ole Hagen, 1988 (Interpretation als Kalender) [4];
  • Harald Haarmann, 1990 (Interpretation als ideographische Inschrift);
  • Kjell Aartun, 1992 (Dokumentation eines Sexualrituals, Interpretation als semitische Inschrift, Silbenschrift);
  • Derk Ohlenroth, 1996 (Interpretation als griechischer Dialekt, Alphabetschrift);
  • Sergei V. Rjabchikov 1998 (Interpretation als slavischer Dialekt, Silbenschrift);
  • Friedhelm Will, 2000 (Interpretation als Dokument aus Atlantis);
  • Kevin & Keith Massey, 2003 (Interpretation als griechischer Dialekt, Silbenschrift) [5];
  • Marco Corsini, 2003 (Interpretation als griechisch-kretrisch-ägyptisches Dokument)[6];
  • Christoph Henke, 2003 (Interpretation als Hierarchie der Zeichen)
  • Torsten Timm, 2005 (Leseversuch unter der Annahme einer kretischen Schrift) [7].

Das Hauptproblem bei der Entzifferung besteht in dem geringen Textumfang von lediglich 241 Zeichen. Infolge der Einmaligkeit des Fundes fehlen zudem Anhaltspunkte, die Auskunft über Sprache oder Textinhalt geben könnten.

[Bearbeiten] Rezeption in der Belletristik

  • Im Roman Die Entdeckung des Himmels von Harry Mulisch ist der Diskos von Phaistos ein immer wieder kehrendes Thema: Eine der angebotenen Deutungsmöglichkeiten lautet ironisch „Diese Inschrift kann nicht entziffert werden“.
  • Der Roman Das Fest der Steine oder die Wunderkammer der Exzentrik von Franzobel beginnt und endet mit der Darstellung des Diskos.
  • Im Roman Seit die Götter ratlos sind von Kerstin Jentzsch spielt der Diskos in mehreren Handlungseinsprengseln eine wesentliche Rolle, insbesondere in den Kapiteln 9 und 13. Er wird als Anleitung einer rituellen weiblichen Masseninitiation gedeutet.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Thomas Balistier: Der Diskos von Phaistos – Zur Geschichte eines Rätsels & den Versuchen seiner Auflösung. Balistier, Mähringen 1998, 2003. ISBN 3-9806168-1-9
  • Thomas S. Barthel: Forschungsperspektiven für den Diskos von Phaistos in: Jahrbuch des Staatlichen Museums für Völkerkunde München, Band 1, 1988.
  • John Chadwick: The Decipherment of Linear B, Cambridge University Press, Cambridge 1958, 1995. ISBN 0-521-39830-4
  • Yves Duhoux: Le disque de phaestos. Louvain 1977. ISBN 2-8017-0064-9
  • Yves Duhoux: How Not to Decipher the Phaistos Disc. A Review. in: American Journal of Archaelogy. Vol. 104, No. 3, p. 597-600.
  • Jean Faucounau: Le déchiffrement du disque de Phaistos: Preuves et conséquences. L'Harmattan, Paris 1999.
  • Jean Faucounau: Les Proto-Ioniens. Histoire d'un peuple oublié. L'Harmattan, Paris 1999.
  • Louis Godart: Der Diskus von Phaestos   Das Rätsel einer Schrift der Ägäis. ITANOS Publications, o. O. 1995. (The Phaistos Disc – The Enigma of an Aegean Script) ISBN 9607549015
  • Gunter Neumann: Zum Forschungsstand beim Diskos von Phaistos. In: Kadmos. Bd. VII, 1968, 1, 27-44. ISSN 0022-7498
  • Torsten Timm: Der Diskos von Phaistos – Fremdeinfluss oder kretisches Erbe? BoD, Norderstedt 2005. ISBN 3-8334-2451-6

[Bearbeiten] Referenzen

  1. http://users.otenet.gr/~svoronan/phaistos.htm
  2. http://www.anistor.co.hol.gr/english/enback/v002.htm
  3. http://www.recoveredscience.com/phaistoscontents.htm
  4. http://web.gvdnet.dk/GVD002393/phaistos.htm
  5. http://home.att.net/~phaistosdisk/ph.html
  6. http://digilander.libero.it/marcoguidocorsini/rada.htm
  7. http://www.kereti.de/indexEngl.html

[Bearbeiten] Weblinks

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