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Diegese

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Diegese (frz. diégèse, nach neugriech. διήγηση, diíjisi, „die Erzählung“, „Erörterung“, „Ausführung“) ist ein analytischer Begriff der Erzähltheorie. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf den Sachverhalt, ob etwas innerhalb oder außerhalb von Konventionen oder Beobachterperspektiven steht.

Der Begriff leitet sich von der altgriechischen Diegesis ab, die eine Erzählweise bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Begriffsgeschichte

Der Begriff Diegese wurde von der französischen Filmwissenschaftlerin Anne Souriau um 1950 geprägt. Er lehnt sich an Platons Unterscheidung von Mimesis und Diegesis (Zeigen und Sagen) in seinem Werk Politeia an. Diégèse bezeichnet nach Souriau das raumzeitliche Universum, welches ein narrativer Text, ein Drama oder ein Film eröffnen ("l'univers d'une œuvre, le monde qu'elle évoque et dont elle représente une partie").

Vor allem bei der Analyse von Filmmusik wird die Unterscheidung diegetisch-nichtdiegetisch (oder diegetisch-extradiegetisch) seither häufig verwendet (Klingt die Musik in der Handlung oder steht sie außerhalb?). Zum Beispiel: Eine Hintergrundmusik ist nichtdiegetisch, eine von sichtbaren Instrumenten gespielte Musik diegetisch.

Unterscheidungen dieser Art sind jedoch für alle Elemente einer Erzählung zentral: Dass ein Erzähler oder eine Kamera ein Detail aus einem Zusammenhang herausheben, hat nichts mit der erzählten Welt zu tun, sondern mit der Welt der Erzählers, der sich für etwas Bestimmtes interessiert und dies den Hörern, Lesern, Zuschauern weitervermittelt. Das Detail gehört zur erzählten Welt, seine Hervorhebung nicht. Jede Erzählung enthält diegetische und nichtdiegetische Bestandteile.

In der Intermedialitätsforschung wird die Unterscheidung diegetisch-nichtdiegetisch häufig mit der Unterscheidung "technisches Verfahren"-"menschliche Zutat" gleichgesetzt, z. B. bei einem "nichtdiegetischen" Live-Kommentar zu einer "diegetischen" Aufzeichnung. Dabei bleibt oft unberücksichtigt, dass technische Verfahren Konventionen von Beobachtern sind, die noch keine Informationen über ein Beobachtetes enthalten.

Der Erzähltheoretiker Gérard Genette hat den Begriff Diegese aufgenommen und weiterentwickelt.

[Bearbeiten] Terminologie nach Genette

Diegetisch oder intradiegetisch ist nach Genette alles zu nennen, was zur erzählten Geschichte gehört. Ein Text kann mehr als eine diegetische Ebene haben, in der Regel benennt man mit Diegese jedoch die Elemente der Haupthandlung, sofern sich eine solche bestimmen lässt.

"Erzählebenen" können aufeinander aufbauen, so dass eine Hierarchie entsteht. Um verschiedene Ebenen voneinander trennen zu können, führt Genette relationale Begriffe ein:

  • Die der Diegese vorgelagerte Erzählebene, also zum Beispiel Rahmenhandlungen, nennt er extradiegetisch.
  • In die Diegese eingelagerte Handlungen, also zum Beispiel Erzählungen in der Erzählung, nennt Genette metadiegetisch.

Auch die verschiedenen "Erzählerpositionen" macht Genette an ihrem Verhältnis zur Diegese fest.

  • Ist der Erzähler gleichzeitig eine (Neben-)Figur der Handlung, nennt er die Erzählerposition homodiegetisch.
  • Ist der Erzähler sogar Held der Handlung, ist die Erzählposition als Sonderfall der homodiegetischen Position autodiegetisch zu nennen.
  • Kommt der Erzähler in der Handlung selbst nicht vor, ist seine Position als heterodiegetisch zu bezeichnen.

Die Bezeichnungen der Erzählebenen und der Erzählerpositionen sind unabhängig voneinander. Eine Figur kann auf verschiedenen Ebenen auch unterschiedliche Erzählpositionen einnehmen: Ein Erzähler, der auf der extradiegetischen Ebene autodiegetisch erzählt, also eine Geschichte berichtet, in der er selbst die Hauptperson ist, kann innerhalb dieser erzählten Geschichte, der Diegese, wiederum eine Geschichte berichten (metadiegetisch), in der er aber nicht vorkommt, also auf intradiegetischer Ebene ein heterodiegetischer Erzähler sein.

Analog zur Erzählerposition lässt sich die Funktion der Kamera im Film beschreiben.

[Bearbeiten] Verwandte Theorien

Eine ähnliche Theorie zur Differenzierung der Handlungsrahmen, die er "frames" nennt, hat der amerikanische Soziologe Erving Goffman um etwa 1960 entwickelt. Er trennt jedoch nicht zwischen Fiktion und Alltagserfahrung und behandelt jedes Außerplanmäßige als etwas, was nicht zur Diegese gehört. Dementsprechend wird seine Theorie eher von der Soziologie aufgegriffen, obwohl Goffman zahlreiche Beispiele aus Literatur oder Film verwendet.

[Bearbeiten] Literatur

  • Souriau, Etienne: "La structure de l’univers filmique et le vocabulaire de la filmologie", in: Revue internationale de Filmologie, H. 7-8 (1951), S. 231-240
  • Souriau, Etienne (und Souriau, Anne): Vocabulaire d'esthétique. Paris: Quadrige 2004. ISBN 2130544010
  • Genette, Gérard: Die Erzählung. Hrsg. von Jochen Vogt. Stuttgart: UTB 1998. ISBN 3825280837
  • Goffman, Erving: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1980. ISBN 3518279297
Andere Sprachen

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