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Demokratische Erziehung

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Demokratische Erziehung bezeichnet unterschiedliche Formen der Erziehung, die den Anspruch haben, demokratisch zu sein oder ein demokratisches Zusammenleben, im Sinne einer Demokratie als Lebensform, zu fördern. Siehe in diesem Zusammenhang Civic Education oder Education for Democratic Citizenship.


Dazu gehören Erziehungsansätze, die Inhalte über Demokratie vermitteln oder demokratische Verhaltensweisen einüben sollen genauso, wie Versuche die Strukturen des Bildungswesens demokratisch zu gestalten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ziele

Entsprechend der unterschiedlichen Demokratieauffassungen gibt es auch unterschiedliche Zielstellungen für eine demokratische Erziehung:

  • Ziel kann sein, den Menschen eine Orientierung in der Gesellschaft zu bieten und ihnen die Informationen zu geben, die sie benötigen, um an demokratischen Meinungsbildungsprozessen mitwirken zu können;
  • Andere Ansätze versuchen, Werte und Verhaltensweisen zu entwickeln, die ein friedliches Zusammenleben fördern, dazu gehören beispielsweise Toleranz, Solidarität, Verantwortungsübernahme.
  • Darüber hinaus halten es andere Erziehungsansätze für ein grundlegendes Kinderrecht, dass Kinder wie auch andere Menschen über ihr eigenes Leben und Lernen entscheiden können. Hier ist Demokratie weniger ein Lernziel als eine Lernform.

[Bearbeiten] Bildungsansätze

Diese unterschiedlichen Erziehungsziele werden auch in unterschiedlichen Methoden deutlich. Stichpunktartig sind hier zu nennen:

  • Fächer wie Sozialkunde, Ethik oder Politische Weltkunde, in denen Wissen über soziale Institutionen vermittelt und die Reflexion über ethische Fragen angeregt werden soll;
  • medienpädagogische Ansätze, die Menschen im Umgang mit Informationen aber auch Propaganda sensibilisieren wollen;
  • Schülermitspracherechte (z. B. Schülervertretung, etc.) bringt Schülern eine begrenzte Möglichkeit, ihre Meinung im Austausch mit der Schule zum Ausdruck zu bringen und in einigen Fragen mitzuentscheiden;
  • Ein sehr viel weiter gehender Ansatz wird in Schulen praktiziert, die nach dem Sudbury-Modell arbeiten. Sämtliche Entscheidungen werden dort in einem demokratischen Prozess (Schulversammlung) von den Schülern getroffen. Dies betrifft das Aufstellen und Ändern von Regeln, die Verwendung von der Schule zur Verfügung stehendem Geld und die Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern;
  • die Öffnung der Schule, wie sie besonders die Community-Ansätze aus dem anglo-amerikanischen Bildungswesen anstreben, versucht die Umwelt der Institution Schule miteinzubeziehen und so der Lebenswirklichkeit der Schüler näher zu kommen;
  • Mediationsverfahren, wie das Streitschlichtertraining, werden teilweise zur demokratischen Erziehung gerechnet, weil sie in Schulen die Konfliktlösungskompetenzen mit auf die Schüler verteilen und ihnen damit mehr Einfluss auf ihr eigenes Lernumfeld geben. Zudem setzen sie sich mit unterschiedlichen Möglichkeiten der Kompromissfindung auseinander, was als ein Bestandteil von notwendigen demokratischen Fähigkeiten angesehen werden kann.
  • Demokratietraining, wie es inzwischen häufiger in Seminarform oder als Fortbildung angeboten wird, trainiert entsprechende demokratische Konfliktlösung u. a. in Rollenspielen.

[Bearbeiten] Erziehungsansatz

Demokratische Erziehung lebt vom Grundsatz, daß jedes Familienmitglied die gleichen Rechte und Pflichten hat und familiäre Entscheidungen gemeinsam per Abstimmung entschieden werden. Dabei muss sich das überstimmte Familienmitglied der Mehrheit beugen.

Bei einem Haushalt mit mehreren Kindern / Jugendlichen wird jeder gleichmäßig gefördert, dies vermeidet Streit unter den Geschwistern und in der Familie überhaupt. Die Familie ist stets bemüht, aggressionsfrei zu leben und event. Meinungsverschiedenheiten ruhig und vor allem sachlich auszudiskutieren. Es gibt feste Zeiten, in denen aktuelle Fragen besprochen werden und wo auch Aussprachen bzw. Kritik möglich sein müssen.

Sind Abstimmungen nötig, wird von JEDEM Familienmitglied eine Stellungnahme gefordert. Erst wenn alle ihre Stimme abgegeben haben, wird die Entscheidung beschlossen / realisiert. Das gilt im positiven wie im negativen Sinne: auch die Art der Strafe wird so bestimmt.

In Krisenzeiten (ist bei diesem Erziehungstyp fixiert) hilft jeder Jedem gegenseitig. Dass Familienmitglieder nebeneinander herleben und nur die eigenen Interessen verfolgen, ist mit diesem Erziehungs- und Lebenstyp nicht vereinbar und somit ausgeschlossen.

[Bearbeiten] Umgestaltung

Demokratie lernen bedeutet eine Herausforderung sowohl an die Beteiligten wie Schüler oder Lehrer aber auch an die Institutionen. Nach Burk et al (2000, S. 10) ergeben sich folgender Umgestaltungsbedarf:

für Kinder für Lehrer/innen/
Erzieher/innen
Verantwortung übernehmen übergeben
Selbständigkeit erlernen ermöglichen
»Ich«-Stärkung erfahren befördern
Toleranz entwickeln vorleben
Zivilcourage aufbauen und zeigen zeigen und würdigen
Sich einmischen lernen und praktizieren fordern und akzeptieren
Mitgestaltung
Mitbestimmung
Mitbeteiligung
praktizieren unterstützen
befördern
ermöglichen
Mitdenken pflegen verlangen
Mitreden können lassen
Reale Partizipations-
Möglichkeiten
ergreifen eröffnen
Soziale Kompetenz erwerben, ausbilden einbringen
Demokratie leben, erleben vorleben, leben
erlebbar machen

[Bearbeiten] Hemmnisse

Angesichts dieses Umgestaltungsbedarfes kommen Einwände gegen eine demokratische Erziehung teilweise aus dem Bildungssystem selber, und tragen dazu bei den Status quo beizubehalten. Argumente hierfür sind unter anderem: dass Kinder zu unmündig für eine solche Erziehung seien; dass Unterricht dadurch verlangsamt werde oder dass die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen zu einer ungerechten Interessendurchsetzung führen werde.

Verschiedene Aspekte im Bildungswesen stehen zudem gegen eine demokratische Erziehung. Dazu gehört die gesetzlich verankerte Einschränkung der Mitbestimmung von Schülern, strukturelle Diskriminierung wie die Benachteiligung von Schülern fremder Muttersprache oder die soziale Schichtung im dreigliedrigen Schulsystem, die eine starke soziale Reproduktionswirkung entfaltet.

[Bearbeiten] Geschichte

Erziehung und Demokratie von John Dewey ist erstmals 1916 erschienen und wird bis heute (häufig sogar als einziger Beitrag) in erziehungswissenschaftlichen Schriften zu dem Thema angeführt.
Dieser reformpädagogische Ansatz setzte in erster Linie auf die Vermittlung von demokratischem Erleben. In Deutschland kamen Gedanken zur Mitbestimmung ebenfalls in der Reformpädagogik auf und wurden u.a. durch Gustav Wyneken für die Weimarer Republik in die Schulordnung aufgenommen. Dabei blieb es aber auf staatstragenden Ansätzen wie der Einführung einer Staatsbürgerkunde und einer begrenzten Schülermitsprache beschränkt.

Im Nationalsozialismus wurde die Demokratie an sich bekämpft, wobei die Nazis allerdings viele reformpädagogische Projekte zumindest für einige Jahre weiterbestehen ließen, unter anderem um für ihre eigenen Eliteeinrichtungen pädagogische Inspirationen zu finden (vgl. Erziehung im Nationalsozialismus).

Nach dem Ende des Faschismus planten die Alliierten zur Entnazifizierung eine demokratische Erziehung nach dem Vorbild Deweys zu verankern, scheiterten aber am Widerstand der deutschen Schuladministration. An vielen Punkten setzte die bundesdeutsche Schule an der Bildung der Weimarer Republik an. Erst mit der Gesamtschul-Bewegung und der antiautoritären Erziehung kamen in den 70er Jahren demokratische Zielstellungen wieder verstärkt ins Blickfeld der Erziehungswissenschaft. Gleichwohl blieb eine tiefgreifende demokratische Erziehung bislang häufig auf Ausnahmeeinrichtungen wie der Bielefelder Laborschule begrenzt. Ihr Begründer Hartmut von Hentig ist heute der wohl bekannteste Vertreter demokratischer Erziehung in Deutschland. International gibt es noch wesentlich weiter entwickelte demokratische Schulen. Die bekanntesten Schulen dieser Art sind Summerhill und die Sudbury Valley School.

[Bearbeiten] Literatur

  • M. Bommes, J. Guter, U. Wolff-Jontofsohn: Demokratieerziehung in der Praxis. Eine Evaluation des Programms MITEINANDER - ERFAHRUNGEN MIT BETZAVTA, Abschlussbericht, Dezember 2002. Digitale Ausgabe, Link auf online-Fassung
  • K. Burk, A. Speck-Hamdan, H. Wedekind [Hrsg.]: Kinder beteiligen - Demokratie lernen?. Grundschulverband, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-930024-85-3
  • C. Büttner, B. Meyer [Hrsg.]: Lernprogramm Demokratie. Möglichkeiten und Grenzen politischer Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Juventa, Weinheim, München 2000
  • J. Dewey: Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. Taschenbuch-Ausgabe, Beltz, Weinheim 2000. ISBN 3-407-22057-X
  • Diendorfer, Gertraud / Steininger, Sigrid (Hg.): Demokratie-Bildung in Europa. Herausforderungen für Österreich. Bestandsaufnahme, Praxis, Perspektiven. Schwalbach/Ts. Wochenschau-Verlag 2006, ISBN 3-89974247-8
  • H. von Hentig: Die Sache und die Demokratie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975
  • H. von Hentig: Die Menschen stärken, die Sachen klären. Reclam, Stuttgart 1985
  • H. von Hentig: Die Schule neu denken. Eine Übung in praktischer Vernunft. Eine zornige, aber nicht eifernde, eine radikale, aber nicht utopische Antwort auf Hoyerswerda und Mölln, Rostock und Solingen. Hanser, München 1993
  • Netzwerk für Demokratie und Courage: Für Demokratie Courage zeigen (Arbeitsmappe). Selbstverlag: DGB-Landesbezirk Sachsen, Dresden o.J. 2000, zitiert werden die gel-ben Blätter (Überschrift)
  • C. Rojzman: der Haß, die Angst und die Demokratie. AG Spak, München 1997
  • G. J. Sefa Dei: Anti-racism Education. Theory and Practice. Fernwood, Halifax 1996
  • A. Scherb: Werteerziehung und pluralistische Demokratie. Politikdidaktische Annäherungen an ein pädagogisches Konzept für die öffentliche Schule. Lang-Verlag Frankfurt a.M. u.a, 2004.

[Bearbeiten] Siehe auch

Civic Education, Politische Bildung, Demokratische Schule, Kinderrepublik, Schule als Staat

[Bearbeiten] Weblink

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