Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Bonner Münster - Wikipedia

Bonner Münster

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Bonner Münster
vergrößern
Das Bonner Münster

Das Münster „St. Martin“ ist die katholische Hauptkirche in Bonn und ein Wahrzeichen der Stadt. Es wurde als Stiftskirche „St. Cassius und Florentius“ gegründet. Nach der Säkularisierung des Stiftes am Beginn des 19. Jahrhunderts übernahm es das Patrozinium der benachbarten Pfarrkirche „St. Martin“, die 1812 abgebrochen wurde. Seit 1956 trägt das Münster den Titel „Basilica minor“.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Altäre für aufanische Matronen und für andere Götter, die im Bereich des Münsters gefunden wurden, deuten darauf hin, dass der Ort, an dem die Kirche errichtet wurde, schon in römischer Zeit eine Kultstätte war. Gräber, Grabmäler und eine römische cella memoriae, eine Toten-Gedenkstätte, weisen auf die Existenz einer „kleinen Nekropole [1] hin, die seit dem 2. Jahrhundert hier bestand. Die cella memoriae war ein Fachwerkbau und hatte im Innenraum steinerne Bänke und zwei Tische. Hier wurde der Toten bei einer kultischen Mahlzeit gedacht.

Estrichkreuz (6. Jh.)
vergrößern
Estrichkreuz (6. Jh.)

Um die Mitte des 6. Jahrhunderts wurde am Platz der schon im 4. Jahrhundert wieder abgebrochenen Toten-Gedenkstätte ein Saal erbaut, ein 13,70 m langes und 8,80 m breites Gebäudes. Bereits während der Bauzeit oder kurz danach wurde in dem neuen Rechtecksaal die erste Bestattung in einem Plattengrab vorgenommen. Kurze Zeit später überdeckte sie der erste Estrich. Die Lage des ältesten Grabes wurde durch ein Kreuz aus Buntmarmorplättchen im Estrich kenntlich gemacht. Dieses Kreuz ist das früheste Zeichen für den christlichen Charakter des neu entstandenen Gebäudes. Die ersten Gräber in dem Gebäude zeichnen sich „durch ihre aufwändige Gestaltung, die reichen und zum Teil importierten Beigaben und natürlich ihre Lage aus“.[2] Weitere Bestattungen in dem Gebäude und im Außenbereich fanden in der Folgezeit statt.

Vorläuferbauten des Münsters
vergrößern
Vorläuferbauten des Münsters

Spätestens am Ende des 7. Jahrhunderts hatten Kleriker sich an dem Ort angesiedelt und vermutlich „lebten hier Abt Giso und ein Diakon, die in der ältesten Schriftquelle zu den Bauten am Ort des Münsters aus der Zeit um 691/92 genannt werden.“ [3]. Das Aussehen des Saalbaus durch An- und Umbauten wurde immer wieder verändert. Zunächst werden zwei Grabkapellen und mehrere Wohn- und Wirtschaftsräume angefügt.

Das Gebäude galt in den folgenden Jahrhunderten als Grabkirche der beiden christlichen Märtyrer Cassius und Florentius. Mit der Gründung eines Stiftes in karolingischer Zeit wurde sie zur Stiftskirche „St. Cassius und Florentius“. 787 übernahm Hildebold, der erste Erzbischof von Köln, die Leitung des Stiftes.

[Bearbeiten] Cassius und Florentius

Die Köpfe der Stadtpatrone Cassius und Florentius vor dem Münster
vergrößern
Die Köpfe der Stadtpatrone Cassius und Florentius vor dem Münster

Zwei in Bonn stationierte römische Soldaten, Cassius und Florentius, angeblich Angehörige der Thebäischen Legion, sollen Ende des 3. Jahrhunderts der Legende nach ihr Leben bei einer Christenverfolgung verloren haben. Helena Augusta – die „Heilige Helena“ – sei es dann gewesen, die über den Gräbern dieser frühchristlichen Märtyrer und über der cella memoriae eine Kirche errichtet habe. Archäologische Beweise gibt es dafür nicht. Historische Schreine, in denen sich die sterblichen Überreste der beiden Märtyrer befunden haben sollen, wurden im Verlauf des Truchsessischen Krieges aus dem Münster geraubt und sind seitdem verschwunden. 1643 wurden die beiden Märtyrer zu Stadtpatronen ernannt.

[Bearbeiten] Um- und Ausbauarbeiten im 8. Jahrhundert

Im 8. Jahrhundert scheint der Platz in der Kirche nicht mehr ausgereicht zu haben, sodass sie nach Abbruch einiger Anbauten um zwei Raumteile erweitert wurde. Am Ende des 8. Jh. folgten weitere Um- und Ausbauarbeiten. Vor der Kirche wurde ein Mörtelestrich ausgebracht, der vermutlich Teil des 787/88 genannten Atriums ist. Mit diesen Arbeiten endete die Baugeschichte des Gebäudes.

[Bearbeiten] Architektur

Die alte Stiftskirche wurde um 1050 abgerissen und wich dem Neubau im romanischen Stil. Dieser Neubau war eine der ersten Kirchengroßanlagen im Rheinland, eine dreischiffige Kreuzbasilika. Die Querarme, die von einer fast quadratischen Vierung ausgingen, überragten nur wenig die Seitenschiffe. Die Basilika hatte eine doppelte Choranlage: einen Langchor über einer dreischiffigen Krypta im Osten und einen Westchor ebenfalls mit Krypta. Vom Bauwerk des 11. Jh. sind außer der Gruft noch Teile der Ostkrypta und des Hochchores sowie das Westwerk erhalten.

Grundriss des Münsters
vergrößern
Grundriss des Münsters
Kreuzgang
vergrößern
Kreuzgang

Propst Gerhard von Are (1124–1169) ließ die Kirche um das Chorquadrat mit den beiden Flankentürmen und um die reichgegliederte Ostapsis erweitern. Dieser Erweiterungsbau konnte 1153 eingeweiht werden. Der Bautätigkeit dieses Propstes ist auch der Kreuzgang an der Südseite der Kirche zu verdanken.

Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurde das Chorhaus mit Kreuzrippengewölben versehen und um 1200 wurden die Querschiffe mit fünfseitigen Apsidenschlüssen, die Vierung und ein achteckiger, von einem gefälteten Zeltdach gekrönter Vierungsturm erbaut. 92 Meter ist dieser Turm heute hoch. Er trägt einen Spitzhelm aus dem 16. Jahrhundert. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde das Langhaus in gotischem Stil neu aufgeführt, wobei die Seitenschiffe verbreitert und die Westapsis neu gestaltet wurden. Die genaue Datierung der Neuaufführung des Langhauses ist unter Kunsthistorikern umstritten und variiert zwischen den Jahren 1220 bis 1240; auf letztgenanntes Jahr deutet die einzige plausible Quelle aus der Chronik des Klosters Floreffe hin, die eine Zerstörung des alten Langhauses durch Brand im Jahr 1239 festschreibt.

15831589 und 1689 wurde das Münster erheblich zerstört. 18831889, 1934 und nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg wurde es restauriert.

[Bearbeiten] Der Innenraum

Enthält das Kirchengebäude romanische und gotische Stilelemente, so überwiegen bei der Ausstattung barocke Stilelemente. Sehenswert im Innern sind zwei Altäre aus Marmor (17. und 18. Jahrhundert), die Bronzestatue der Heiligen Helena, das Sakramenthäuschen, der Kreuzgang und die Krypta. Der in der Krypta zu besichtigende Schrein ist neueren Datums, die historischen Schreine sind nicht erhalten.

[Bearbeiten] Pröpste des Stiftes Sankt Cassius und Florentius

[Bearbeiten] Krönungsstätte

Am 26. November 1346 wurde im Bonner Münster Karl IV. zum König gekrönt. Die Kurfürsten von Köln, Mainz und Trier hatten ihn zum Gegenkönig gegen Ludwig den Bayern gewählt. Das war die zweite Krönung eines deutschen Königs im Münster. 1314 war Friedrich der Schöne gekrönt worden, ebenfalls als Gegenkönig gegen Ludwig den Bayern. Doch Friedrich der Schöne hatte sich nicht durchsetzen können. Am 28. September 1322 wurde er bei Mühldorf am Inn von Ludwig besiegt. Demgegenüber war Karl IV. einer der bedeutendsten Könige und Kaiser des Mittelalters.

[Bearbeiten] Grabstätte

Zwei Erzbischöfe wurden im Bonner Münster beigesetzt:

[Bearbeiten] Geläut

Die („beschädigte“) Cassiusglocke.
vergrößern
Die („beschädigte“) Cassiusglocke.

Das heutige Geläut des Bonner Münsters setzt sich aus 8 historisch bedeutsamen Glocken zusammen. Es ist eines der seltenen erhaltenen Großgeläute des Barock von einem der besten Gießer dieser Zeit mit sehr schöner Glockenzier. Alle, bis auf die kleinste Glocke, sind von Martin Legros, einem wallonischen Glockengießer aus Malmedy, im Jahre 1756 bzw. die zweitkleinste Glocke 1757 gegossen worden. Die Glocken von 1756 wurden am 8. Dezember 1756 geweiht. Die kleinste Glocke ist die älteste; sie wurde von Johannes Bourlet aus Jülich im Jahre 1684 geschaffen.

Zwei Mal liefen die Bonner Münsterglocken Gefahr, zerstört zu werden. In den Weltkriegen sollten sie eingeschmolzen werden. Dazu wurden sie auf den Glockenfriedhof nach Hamburg gebracht. Beide Male kehrten die Glocken zurück. Des Weiteren riss beim Hochziehen der zweitgrößten Glocke ein Seil, doch den 20 Meter tiefen Sturz überstand sie. Jedoch ist an der Schärfe (untere Kante der Glocke) ein Stück Glockenbronze herausgebrochen.

Heute sind alle Glocken in der Glockenstube des 84 m hohen Vierungsturmes untergebracht. Die vier kleinsten Glocken, die sich aufgrund ihrer geringen Größe deutlich von den vier großen Glocken abheben, waren früher auf die beiden Osttürme an der Apsis verteilt.

Alle Glocken hängen im Holzglockenstuhl an Holzjochen. Aufgrund statischer Probleme wurde das Geläut mit Gegenpendelanlagen versehen, die die Kraft der schwingenden Glocken erheblich vermindern. Das „Gesamtgeläute“ (Plenum) ist nur vor höchsten kirchlichen Feiertagen zu hören.

Eine weitere Besonderheit ist, wie im Rheinland häufiger anzutreffen, das ungebremste Ausläuten der Glocken; jede Glocke schwingt ihrem Gewicht entsprechend ohne jegliche Gegenbewegung des Antriebsmotors aus. Die große Kurfürstenglocke benötigt rund 5 Minuten vom Abschalten bis zu den letzten Schlägen. Beim Zusammenläuten mehrerer Glocken klingt der Wechsel zwischen gleichmäßigen und einseitigen Schlägen besonders schön.

Die einzelnen Glocken werden im Folgenden tabellarisch dokumentiert:

Die große „Kurfürstenglocke“.
vergrößern
Die große „Kurfürstenglocke“.
Nr. Name (Funktion) Gussjahr Gießer Gewicht/kg Durchmesser/m Nominal/16tel
1 Marien- und Clemensglocke („Kurfürstenglocke“) 1756 Martin Legros 3 400 1,78 -2
2 Cassius- und Florentinusglocke 1756 wie 1 2 400 1,58 c' -7
3 Helenaglocke 1756 wie 1 1 650 1,39 d' -7
4 Donatus- und Agathaglocke (Angelusglocke) 1756 wie 1 1 450 1,32 es' -5
5 Josephsglocke 1756 wie 1 280 0,77 c" -9
6 Johannes-Nepomuk-Glocke 1756 wie 1 200 0,69 d" -6
7 Trinitatisglocke 1757 wie 1 220 0,70 es" -13
8 Jesus-Marien-Johannes-Glocke 1684 Johannes Bourlet 110 0,55 ges" -5

[Bearbeiten] Basilica minor

Pfingstsonntag 1956 erhob der Apostolischer Nuntius, Erzbischof Aloysius Muench, das Münster zur „Päpstlichen Basilica minor“. Das Münster sei wegen seiner historischen Vergangenheit, Schönheit und Monumentalität das „wertvollste Denkmal“ in der Stadt, schrieb Papst Pius XII. zur Begründung der Auszeichnung.

[Bearbeiten] Restaurierungsarbeiten

Am 2. Februar 2006 wurde im Zuge von Restaurierungsarbeiten eine neue Kirchturmspitze auf das Bonner Münster installiert. Sie ersetzt einen schmucklosen fünfzackigen Blitzableiter. Außer einem Kreuz ist die Spitze mit einer vergoldeten Krone mit einem Durchmesser von 1,5 m geschmückt. Die Arbeiten am Münster sollen Frühjahr 2007 abgeschlossen sein.

[Bearbeiten] Literatur

  • Dietrich Höroldt: Das Stift St. Cassius zu Bonn: Von den Anfängen der Kirche bis zum Jahre 1580. In: Bonner Geschichtsblätter; Bd. XI. Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn, 1957.
  • Manfred Koch: Das Münster, ehemals Stiftskirche St. Cassius und Florentius. Schnell und Steiner Verlag, Regensburg 1990
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 2/3
  • Jürgen Kaiser und Andreas Lechtape: Das Bonner Münster. Geschichte - Architektur - Kunst - Kult. Regensburg 2002

[Bearbeiten] Weblinks

Commons: Bonner Münster – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Quellenangaben

  1. Ulrike Muessemeier: Die merowingerzeitlichen Funde aus der Stadt Bonn und ihrem Umland, Dissertation. Bonn 2004.
  2. Christoph Keller: Legende auf dem Prüfstand, in: Archäologie in Deutschland, 5/2006, S. 35
  3. Christoph Keller: Legende auf dem Prüfstand, in: Archäologie in Deutschland, 5/2006, S. 35

Koordinaten: 50° 44' 0" N, 7° 5' 59" O

Andere Sprachen

Static Wikipedia 2008 (no images)

aa - ab - af - ak - als - am - an - ang - ar - arc - as - ast - av - ay - az - ba - bar - bat_smg - bcl - be - be_x_old - bg - bh - bi - bm - bn - bo - bpy - br - bs - bug - bxr - ca - cbk_zam - cdo - ce - ceb - ch - cho - chr - chy - co - cr - crh - cs - csb - cu - cv - cy - da - de - diq - dsb - dv - dz - ee - el - eml - en - eo - es - et - eu - ext - fa - ff - fi - fiu_vro - fj - fo - fr - frp - fur - fy - ga - gan - gd - gl - glk - gn - got - gu - gv - ha - hak - haw - he - hi - hif - ho - hr - hsb - ht - hu - hy - hz - ia - id - ie - ig - ii - ik - ilo - io - is - it - iu - ja - jbo - jv - ka - kaa - kab - kg - ki - kj - kk - kl - km - kn - ko - kr - ks - ksh - ku - kv - kw - ky - la - lad - lb - lbe - lg - li - lij - lmo - ln - lo - lt - lv - map_bms - mdf - mg - mh - mi - mk - ml - mn - mo - mr - mt - mus - my - myv - mzn - na - nah - nap - nds - nds_nl - ne - new - ng - nl - nn - no - nov - nrm - nv - ny - oc - om - or - os - pa - pag - pam - pap - pdc - pi - pih - pl - pms - ps - pt - qu - quality - rm - rmy - rn - ro - roa_rup - roa_tara - ru - rw - sa - sah - sc - scn - sco - sd - se - sg - sh - si - simple - sk - sl - sm - sn - so - sr - srn - ss - st - stq - su - sv - sw - szl - ta - te - tet - tg - th - ti - tk - tl - tlh - tn - to - tpi - tr - ts - tt - tum - tw - ty - udm - ug - uk - ur - uz - ve - vec - vi - vls - vo - wa - war - wo - wuu - xal - xh - yi - yo - za - zea - zh - zh_classical - zh_min_nan - zh_yue - zu -