Balkanhalbinsel
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Der Balkan oder die Balkanhalbinsel (türk. „Gebirge“, oft synonym mit Südosteuropa verwendet) ist eine geografisch unterschiedlich definierte Region im Südosten Europas. Die Balkanhalbinsel ist die östlichste der drei ins Mittelmeer ragenden südeuropäischen Halbinseln.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte des Begriffes „Balkan“
Die Bezeichnung „Balkanhalbinsel“ wurde 1808 von dem Berliner Geographen Johann August Zeune geprägt. Zeune übernahm die Vorstellung antiker Geographen, dass sich das Balkangebirge über den gesamten südosteuropäischen Raum von den slowenischen Alpen bis zum Schwarzen Meer erstrecke und eine ähnlich prägende Bedeutung für den Gesamtraum - habe wie der Apennin für die italienische Halbinsel. Dies stellte sich jedoch als falsch heraus. Nachdem die Unhaltbarkeit dieser Annahme erkannt worden war, stießen die Begriffe "Balkanhalbinsel" oder "Hämus-Halbinsel" auf zunehmende Kritik. 1893 regte der Geograph Theobald Fischer an, den Begriff "Balkanhalbinsel" durch "Südosteuropäische Halbinsel" zu ersetzen. Sein Vorschlag hat sich jedoch nur teilweise durchsetzen können.
Der Balkan-Begriff und damit verbundene Emotionen
Unter dem Begriff Balkanländer werden unterschiedliche Länder zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass ihre heutigen Territorien jahrhundertelang im österreichisch-russisch-türkischen Spannungsfeld lagen. Die dadurch bedingten ständigen Gebietsveränderungen und Umsiedlungen bzw. Vertreibungen ließen den Staat als Repräsentanten wechselnder Fremdherrscher erscheinen, der keine Loyalität erwarten durfte.
Der Begriff Balkan wird in Westeuropa oft im Hinblick auf Konnotationen wie "Konflliktträchtigkeit", "Zersplitterung" ("Kleinstaaterei"), "Emotionalität" und "Rückständigkeit" abwertend gebraucht ("Pulverfass Europas"). Metternich meinte, der Balkan beginne schon am Rennweg in Wien-Landstraße. Bismarck wird der Spruch nachgesagt, der Balkan sei "nicht die Knochen eines einzigen pommerschen Grenadiers wert".
Als wertneutraler Begriff bürgert sich nicht zuletzt deshalb immer mehr der (geographisch nicht ganz deckungsgleiche) Terminus Südosteuropa ein. In den Balkanländern ist die Bezeichnung Balkan aber bisweilen ein durchaus positiv benutzer Begriff: In Bulgarien etwa ist Balkan Namensbestandteil vieler Unternehmen und touristischer Einrichtungen (wobei sich Balkan hier auf das Balkangebirge bezieht), und Bulgaren pflegen ein recht positives Verhältnis zu ihrer "Balkan-Identität". Ein Grund hierfür dürfte die Tatsache sein, dass dieses Gebirge über Jahrhunderte als Zufluchtsort verschiedener bulgarischen Freiheitskämper diente, wie z.B. die Heiducken (im Kampf gegen die osmanische Herrschaft). Die neue, politisch bedingte Wortschöpfung West-Balkan setzt sich aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens ohne Slowenien, jedoch um Albanien ergänzt, zusammen.
Anders ist die Situation dagegen in Kroatien, Ungarn oder Slowenien: Als Bestandteil Österreich-Ungarns fühlen sich viele Bürger dieser Staaten mit traditionell katholischer Bevölkerungsmehrheit einem so genannten mitteleuropäischen Kulturkreis verbunden und distanzieren sich vom Balkanbegriff. Ähnlich verhält es sich auch mit Rumänien.Im einzigen EU-Staat der südlichen Balkanhalbinsel Griechenland wird die Zugehörigkeit zum Balkan allerdings nicht als negativ empfunden.
Siehe auch: Balkanisierung
Gemeinsamkeiten der Balkanländer
Die Staaten am Balkan weisen trotz aller Gegensätze doch zahlreiche Gemeinsamkeiten auf:
- In allen Ländern spielte in den vergangenen Jahrhunderten der Konflikt zwischen der römisch-katholischen und den orthodoxen Kirchen eine wichtige Rolle, außerdem das Spannungsverhältnis zwischen Islam und Christentum.
- Die Balkanländer waren nicht zuletzt wegen ihrer strategischen Bedeutung immer wieder Schauplatz von Stellvertreterkriegen und Durchgangsgebiet für fremde Heere (Kreuzritter, Osmanen) und wurden als solche oft schwer in Mitleidenschaft gezogen (teilweise ähnlich wie im Nahen Osten).
Zu den vielen kulturellen Gemeinsamkeiten siehe auch Balkanküche, Balkanspiele, Balkanologie, Balkansprachen.
Geographie
Die Halbinsel mit ca. 502.000 km² Fläche (inklusive vorgelagerter Inseln) wird an drei Seiten durch Meere (Schwarzes Meer, Marmarameer, Ägäisches Meer, Ionisches Meer und Adriatisches Meer) begrenzt.
Nach Norden, zum Inneren des europäischen Kontinents hin, existiert jedoch keine geographisch ausgeprägte Grenzlinie. Meist wird dafür die Save-Donau-Linie genannt. Unterschiedliche Auffassungen gibt es hinsichtlich der Abgrenzung im äußersten Nordwesten und am Unterlauf der Donau. So wird gelegentlich die Kupa (deut. Kulpa), zumeist aber die Una (beides Nebenflüsse der Save) als Nordwestgrenze betrachtet. Im ersten Fall wird Zentralkroatien bzw. das Gebiet der ehemaligen kroatischen Militärgrenze zum Balkan gerechnet, im zweiten Fall nicht. Eine andere gängige Definition sieht die Bucht von Triest und das Ljubljana-Tal als Nordwestbegrenzung der Balkanhalbinsel, welches dann über die Save und Donau dann auch bis ans Schwarze Meer verläuft [2].Zum Balkan-Begriff zählt man auch die Walachei und Moldawien hinzu (wobei es zu Überlappungen zwischen dem geographischen und dem historisch-politischen Balkan-Begriff kommt). Außerdem wird gelegentlich auch die Triest-Odessa-Linie[3] verwendet, die sich jedoch nicht durchgesetzt hat.
Staat |
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Albanien |
Bosnien und Herzegowina |
Bulgarien |
Griechenland (nur Festland) |
Kroatien (alle Gebiete südlich der Save, gewisse Einteilungen klammern Zentralkroatien und Istrien aus) |
Mazedonien |
Montenegro |
Rumänien (Norddobrudscha) |
Serbien (außer Vojvodina) |
Slowenien (Westteil) |
Türkei (Ost-Thrakien) |
Geomorphologie
Parallel zur Südwestküste der gebirgigen Halbinsel bilden die Dinarischen Alpen einen großteils verkarsteten Wall. Den Südosten und Osten durchziehen das Rhodopen- und das Balkangebirge. Sowohl die Westküste (Slowenien, Kroatien, Montenegro, Albanien) wie auch die Ostküste der Balkanhalbinsel sind stark zerrissen und in zahlreiche Inseln und Halbinseln aufgelöst. Zwischen den überwiegend kahlen, nur dünn besiedelten Gebirgen liegen zahlreiche fruchtbare und wirtschaftlich bedeutsame Becken.
Politik
Folgende Staaten liegen größtenteils oder komplett auf der Balkanhalbinsel: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien und Griechenland. Auch der europäischen Teil der Türkei, sowie - wenn man den Karst als Nordwestgrenze ansieht - auch Teile Sloweniens und Italiens (Provinz Triest) gehören zum Balkan.
Bevölkerung
Die Balkanhalbinsel ist insbesondere bevölkert von Serben, Bosniaken, Bulgaren, Griechen, Kroaten, Mazedoniern, Rumänen (Wlachen), Albaner, Türken und je nach der genauen geographischen Definition auch von Slowenen. Außerdem bilden die Roma in mehreren Balkanländern eine große ethnische Minderheit.
Kulturelle Einflüsse
Die nach Osten hin offenen Küsten und die Durchgängigkeit des Nordens machen den Balkan seit jeher zu einer wichtigen Brücke zwischen Asien und Europa, aber auch immer wieder zum Schauplatz von Konflikten, Kriegen und ethnischen Unruhen.
Staaten, die keine Balkanstaaten sind, jedoch in der Kultur und Geschichte dieser Region eine bedeutende Rolle spielten sind:
- Italien (siehe Republik Venedig, Istrien, Dalmatien, Zadar, Rijeka)
- Österreich (siehe Österreich-Ungarn)
- Russland (siehe Geschichte Serbiens)
- Türkei (siehe Osmanisches Reich)
- Ungarn
- Zypern
Siehe auch: Balkankrise, Balkanbund, Balkanentente, Balkankonflikt, Jugoslawienkrieg, Balkankriege, Balkanpakt
Klima und Vegetation
Literatur
Bücher
- Maria Todorova: Die Erfindung des Balkans. Europas bequemes Vorurteil, Primus Verlag 1999, ISBN 3896782096
- Karl Kaser: Freundschaft und Feindschaft auf dem Balkan. Euro-balkanische Herausforderungen, Wieser-Verlag 2001, ISBN 3851293622
- Richard Wagner: Der leere Himmel. Reise in das Innere des Balkan, Aufbau-Verlag 2003, ISBN 3351025483
- Steven W. Sowards: Moderne Geschichte des Balkans. Der Balkan im Zeitalter des Nationalismus, BoD 2004, ISBN 3833409770
Zeitschriften
Weblinks
Commons: Balkanhalbinsel – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Discussion Paper – Rethinking the Balkans, Balkan Forum 2004, Bertelsmann-Stiftung 2004 (PDF-Format, englisch)
- Radio Free Europe/Radio Liberty Balkan Report
- Southeast European Times
- Balkanalysis.com
- The Centre for South East European Studies
- Civilitas Research
- Le Courrier des Balkans – Nachrichten zu Politik, Kultur und Wirtschaft der Balkanländer (französisch)
Siehe auch: Portal:Südosteuropa