Privacy Policy Cookie Policy Terms and Conditions Alfred Andersch - Wikipedia

Alfred Andersch

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Alfred Andersch (* 4. Februar 1914 in München; † 21. Februar 1980 in Berzona bei Locarno in der Schweiz) war deutscher Schriftsteller, Herausgeber und Rundfunkredakteur.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Alfred Andersch trat nach einer Buchhändlerlehre 1930 der Kommunistischen Partei bei, löste sich später jedoch wieder von ihr. 1933 war Andersch wegen seiner politischen Haltung sechs Monate im Konzentrationslager Dachau. Auf diese Internierung folgte dann eine depressive Phase der »totalen Introversion«. Die politische »innere Emigration« führte zwar noch zur ersten Beschäftigung mit der Kunst, deren Vertiefung aber der Zweite Weltkrieg verhinderte: 1940 und 1943 wurde Andersch erneut zur Armee eingezogen. 1944 konnte er an der Arno-Front in Italien desertieren. Danach kam er als Kriegsgefangener in die USA. Im Kriegsgefangenenlager beteiligt er sich an der Lagerzeitung "Der Ruf".

[Bearbeiten] Nachkriegsleben

Zurückgekehrt nach Deutschland war er seit 1945 als Redaktionsassistent für Erich Kästners Neue Zeitung in München tätig. Er war jedoch nicht sehr mit der amerikanischen Besatzungspolitik zufrieden. Von den drei großen Ds (Demokratisierung, Denazifizierung, Dezentralisierung) schien ihm insbesondere ersteres in der Wirklichkeit nicht effektiv genug durchgesetzt. Die - teilweise am französischen Existentialismus orientierten - Positionen, die Andersch einnimmt, werden von der Neuen Zeitung so nicht repräsentiert. Aus diesem Grunde beschloss Andersch zusammen mit einigen Leuten, die er in amerikanischer Kriegsgefangenschaft kennengelernt hatte, eine neue Zeitschrift herauszugeben. 1946 bis 1947 veröffentlichte zusammen mit Hans Werner Richter, nun als Mitherausgeber, in der in der amerikanisch besetzten Zone publizierten Monatsschrift Der Ruf. Nachdem der Kalte Krieg langsam anbricht, Andersch und Richter im Ruf aber nicht bereit sind, sich auf amerikanischer Seite zu positionieren, sondern vielmehr eine deutliche linke Position einnehmen, die zwischen Ost und West zu vermitteln sucht, wurde ihm und Hans Werner Richter die Herausgeberschaft entzogen. Sie beschlossen sodann eine neue Zeitschrift zu gründen, die sich verstärkt auf Literatur konzentrieren sollte: Der Skorpion. 1947 gab es ein Treffen mit diversen Schriftstellern und Literaturkritikern der Nachkriegszeit. Eine Lizenz für die Herausgabe der Zeitschrift wurde ihnen verweigert und die Zeitschrift kommt nie zustande. Das Treffen jedoch ging in die Geschichte ein als erstes Treffen der Gruppe 47. In der Folgezeit arbeitete Andersch u.a. in dieser Gruppe 47 mit, in der Autoren wie Ingeborg Bachmann, Wolfgang Hildesheimer, Hans Magnus Enzensberger, Helmut Heissenbüttel versammelt sind. 1948 erschien der Essay Deutsche Literatur in der Entscheidung, der (noch im Sinne der US-amerikanischen »re-education«-Programme) der Literatur eine entscheidende Bedeutung bei der moralisch-geistigen Wandlung Deutschlands einräumt.

Er wurde Herausgeber der Zeitschrift Texte und Zeichen und war von 1948 bis 1958 für verschiedene Radio-Kulturprogramme verantwortlich, als deren Redakteur er beispielsweise Arno Schmidt in den 1950-er Jahren förderte und unterstützte.

1950 heiratete er Gisela Andersch geb. Dichgans. 1952 erschien der autobiographische Bericht Die Kirschen der Freiheit, in dem Andersch die Erfahrung der eigenen Desertion aufgegriffen und als »Entscheidung« (im existenziellen Sinne) interpretiert hat als eine, in der erst Freiheit sich ereignen könne. Sansibar oder der letzte Grund nimmt dieses Thema handlungsleitend auf; das Problem der individuellen Entscheidung bzw. der Flucht als Akt des Widerstandes findet sich immer wieder im Werk Andersch'.

Ab 1958 lebte Andersch in Berzona in der Schweiz, deren Staatsbürgerschaft er 1972 erhielt. Alfred Andersch starb 1980 nach langer Leidenszeit im Tessin.

[Bearbeiten] Würdigung

Grab von Alfred und Gisela Andersch in Berzona
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Grab von Alfred und Gisela Andersch in Berzona

Alfred Andersch gilt als zeitkritischer Erzähler der Nachkriegsgeneration. In seinen Werken (Romanen, Erzählungen, Hörspielen) charakterisiert er vor allem Außenseiter, verarbeitet politisch-moralische Erfahrungen und macht Fragen zur Willensfreiheit des Einzelnen zu einem zentralen Thema. In zahlreichen Essays nimmt er zu literarischen und kulturellen Fragen Stellung; immer wieder wies er auf die Bedeutung Ernst Jüngers hin. Er war einer der ersten und blieb einer der wichtigsten Förderer Arno Schmidts.

[Bearbeiten] Auszeichnungen

[Bearbeiten] Werke

[Bearbeiten] Einzelausgaben

  • Deutsche Literatur in der Entscheidung; essayistische Abhandlung, 1948
  • Die Kirschen der Freiheit, autobiographische Erzählung, 1952
  • Sansibar oder der letzte Grund, Roman, 1957
  • Die Rote, Roman, 1960, Neue Fassung 1972
  • Wanderungen im Norden, Reisebericht, 1962
  • Efraim, Roman, 1967
  • Hohe Breitengrade, Reisebericht
  • Mein Verschwinden in Providence, Erzählungen, 1971
  • Winterspelt, Roman, 1974
  • Das Alfred Andersch Lesebuch, Auswahl, 1979
  • Der Vater eines Mörders, Erzählung, 1980
  • Arno Schmidt, Der Briefwechsel mit Alfred Andersch, 1985

[Bearbeiten] Features und Hörspiele

[Bearbeiten] Kommentierte Werkausgabe

Zum 25. Todestag von Alfred Andersch am 21. Februar 2005 hat der Verlag Diogenes erstmals eine kommentierte Werkausgabe mit sämtlichen Büchern des Schriftstellers vorgelegt.

[Bearbeiten] Briefe

  • Jörg Döring / David Oels: Der Briefwechsel Alfred Andersch - Günter Eich. In: Berliner Hefte zur Geschichte des literarischen Lebens 7 (2005), S. 7-74.

[Bearbeiten] Literatur

  • Dörte Baumeister: Alfred Andersch. Erzählformen und Grenzen der Fiktion im Roman "Winterspelt". Frankfurt am Main u.a.: Lang 1995. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1536) ISBN 3-631-49137-9
  • Maria Elisabeth Brunner: Der Deserteur und Erzähler Alfred Andersch. "Daß nichts dunkel gesagt werden darf, was auch klar gesagt werden kann." Frankfurt am Main u.a.: Lang 1997. ISBN 3-631-31892-8
  • Alfons Bühlmann: In der Faszination der Freiheit. Eine Untersuchung zur Struktur der Grundthematik im Werk von Alfred Andersch. Berlin: E. Schmidt 1973. (= Philologische Studien und Quellen; 72) ISBN 3-503-00740-7
  • Romanita Constantinescu: Selbstvermöglichungsstrategien des Erzählers im modernen Roman. Von ästhetischer Selbstaufsplitterung bis zu ethischer Selbstsetzung über mehrfache Rollendistanzen im Erzählen. Robert Musil, Max Frisch, Martin Walser, Alfred Andersch. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1998. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1700) ISBN 3-631-34072-9
  • Eberhard Gerstmann: Weltbilder der Nachkriegszeit. Eine Untersuchung deutscher literarischer Werke der Jahre 1945-1949. Frankfurt u.a.: Lang 1983. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 510) ISBN 3-8204-6255-4
  • Michael Hesse: Kunst als fraktales Spiel. Potentiale der Kommunikation in den Romanen Alfred Anderschs. Frankfurt am Main u.a.: Lang 2004. (= Studien zur deutschen und europäischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts; 54) ISBN 3-631-51884-6
  • Rüdiger Heßling: Autobiographie in Erzählungen. Studien und Interpretationen zu den Franz-Kien-Geschichten von Alfred Andersch. Frankfurt am Main u.a.: Lang 2000. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1775) ISBN 3-631-37040-7
  • Bernhard Jendricke: Alfred Andersch. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1999. (= rororo; 50395; Rowohlts Monographien) ISBN 3-499-50395-6
  • Anja Koberstein: "Gott oder das Nichts". Sartre-Rezeption im frühen Nachkriegswerk von Alfred Andersch im Kontext der zeitgenössischen Existentialismusdiskussion. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1996. (= Beiträge zur Literatur und Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts; 15) ISBN 3-631-49630-3
  • Matthias Liebe: Alfred Andersch und sein "Radio-Essay". Frankfurt am Main u.a.: Lang 1990. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1185) ISBN 3-631-42267-9
  • Anne Raabe: "Das Wort stammt von Kierkegaard". Alfred Andersch und Sören Kierkegaard. Frankfurt am Main u.a.: Lang 1999. (= Beiträge zur Literatur und Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts; 18) ISBN 3-631-35449-5
  • Stephan Reinhardt: Alfred Andersch. Eine Biographie. Zürich: Diogenes 1996. (= Diogenes-Taschenbuch; 22874) ISBN 3-257-22874-0
  • Ursula Reinhold: Alfred Andersch. Politisches Engagement und literarische Wirksamkeit. Berlin: Akad.-Verl. 1988. ISBN 3-05-000429-0
  • Gary Schmidt: The Nazi abduction of Ganymede. Representations of male homosexuality in postwar German literature. Oxford u.a.: Lang 2003. (= Studies in modern German literature; 95) ISBN 3-906769-60-7
  • Erhard Schütz: Alfred Andersch. München: Beck u.a. 1980. (= Autorenbücher; 23) ISBN 3-406-07883-4
  • W. G. Sebald: Der Schriftsteller Alfred Andersch. München: Carl Hanser 1999. (in Luftkrieg und Literatur)(= Fischer Taschenbuch; 14863) ISBN 3-596-14863-4
  • Sahbi Thabet: Das Reisemotiv im neueren deutschsprachigen Roman. Untersuchungen zu Wolfgang Koeppen, Alfred Andersch und Max Frisch. Marburg: Tectum 2002. ISBN 3-8288-8366-4
  • Volker Wehdeking: Alfred Andersch. Stuttgart: Metzler 1983. (= Sammlung Metzler; 207; Abt. D., Literaturgeschichte) ISBN 3-476-10207-6
  • Friedemann J. Weidauer: Widerstand und Konformismus. Positionen des Subjekts im Faschismus bei Andersch, Kluge, Enzensberger und Peter Weiss. Wiesbaden: DUV u.a. 1995. ISBN 3-8244-4167-5

[Bearbeiten] Weblinks

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