Wirtinnenvers

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Wirtinnenverse sind Scherz- oder Spott-Gedichte, die man auf eine immer gleich bleibende Melodie singen kann. Ebenso wie ein Limerick hat auch ein Wirtinnenvers fünf Zeilen, aber mit dem Reimschema aabxb.

Während ein Limerick überwiegend aus Amphibracheis besteht (dreisilbig leicht - schwer - leicht), bevorzugen die Wirtinnenverse die Iamben (zweisilbig leicht - schwer). Im Wirtinnenvers enden die a-Zeilen und die Waise (x) männlich, die b-Zeilen weiblich. Ebenfalls abweichend vom Limerick sind in Wirtinnenversen die a-Zeilen und die Waise vierhebig, die b-Zeilen dreihebig. Die erste Strophe lautet:

Es steht ein Wirtshaus an der Lahn.

Da kehren alle Fuhrleut an.

Frau Wirtin sitzt am Ofen,

die Fuhrleut um den Tisch herum,

die Gäste sind besoffen.

Die Überlieferung lädt zum Improvisieren und Verfassen aufmüpfiger Texte ein. Überwiegend Männer kennen derb obszöne Texte, die ein Lexikon besser der mündlichen Weitergabe überlässt. Hier nur ein weniger deftiges Beispiel:

Frau Wirtin hat auch einen Arzt,

der Opernmelodien farzt.

Da ist er Virtuose,

doch wenn er Wagner blasen soll,

dann geht es in die Hose.

In Gesellschaft anständiger Kenner sollten schon die Anfangsworte "Frau Wirtin hat auch ..." genügen, um Widerspruch zu wecken. Zu öffentlicher Wiedergabe geeignet sind indes drei Spottverse auf den Anatomie-Professor Spiter, die Curt Goetz in seine Komödie "Frauenarzt Dr. med. Hiob Prätorius" aufgenommen hat. Der erste geht so:

Es lebt allhier ein weiser Mann,

der, was dir fehlt, ergründen kann.

Er tut dich schön sezieren.

Wenn du von dir was wissen willst,

brauchst du nur zu krepieren.

(Quelle: Goetz, Curt. Gesammelte Bühnenwerke. Berlin-Grunewald: F. A. Herbig (Walter Kahnert), o. J. (C) Copyright 1937 und 1952 by Curt Goetz: S. 725 f.).

Siehe auch: Bonifatius Kiesewetter