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Wei Jingsheng

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Wei Jingsheng (chin. 魏京生; * 20. Mai 1950) ist einer der bedeutendsten politischen Dissidenten der Volksrepublik China. An der Demokratiemauer machte er seine Forderungen nach Demokratie bekannt und verbrachte deshalb 17 Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern in China. Seit 1997 lebt er in den USA, wo er sich weiterhin für die Demokratisierung Chinas einsetzt.

Als Wei Jingsheng 1950 in Beijing geboren wurde, war die Volksrepublik China gerade gegründet worden. Weis Eltern waren loyale Mitglieder der Kommunistischen Partei, Weis Vater hatte einen hohen Posten im Außenministerium und Beziehungen zur höchsten Führungsebene von Staat und Partei. Weis Mutter war Parteikader in einem Industriebetrieb. Die Familie lebte in einem Komplex, wo ausschließlich Parteikader wohnten. Wei Jingsheng, das älteste von vier Kindern, besucht Eliteschulen und wird zu einem ergebenen Maoisten herangezogen.

Während Weis Kindheit wird die Volksrepublik China zu einem Staat nach sowjetischem Vorbild aufgebaut. Land und Produktionsanlagen werden kollektiviert, Feinde des Staates werden bekämpft und im Rahmen der Kampagne gegen die Rechten werden Intellektuelle, Wissenschaftler und Künstler verfolgt. Der Versuch Mao Zedongs, 1958 mit dem Großen Sprung nach vorn den Entwicklungsrückstand zur industrialisierten Welt aufzuholen, endet in einem kompletten Desaster und einer riesigen Hungersnot.

Als Mao Zedong 1966 die Kulturrevolution auslöste, war Wei Jingsheng gerade 16 Jahre alt. Wei wird zu einem der vielen enthusiastischen Mitglieder der Roten Garden. Er verlässt Beijing, bereist Chinas Norden und Nordwesten und lernt das Leben der Landbewohner unter der kommunistischen Herrschaft kennen. Nach seiner Rückkehr schließt Wei sich dem Vereinigten Aktionskomittee an, einer Gruppe von Roten Garden, die sich den von Jiang Qing unterstützten Fraktionen entgegenstellten. Das Verbot dieses Vereinigten Aktionskomittees führt zur vorübergehenden Verhaftung Weis im Jahr 1967. Weis Mutter wird während der Kulturrevolution als Klassenfeind misshandelt. Als sie an Krebs erkrankt, wird ihr die Behandlung verweigert.

Als 1968 die Volksbefreiungsarmee zur Eindämmung der Gewalt durch die Roten Garden eingesetzt wird, flieht Wei Jingsheng zu Verwandten nach Anhui. Dort hört er von der großen Hungersnot während des "Großen Sprunges nach vorn". 1970 wird Wei selbst Mitglied der Volksbefreiungsarmee, vor allem um der Deportation aufs Land zu entgehen. Nach zwei Jahren verlässt Wei die Armee und arbeitet als Elektriker im Pekinger Zoo.

Nach dem Tod Mao Zedongs 1976 und der Verhaftung der Viererbande entspinnt sich ein Machtkampf zwischen dem radikalen Flügel der kommunistischen Partei und einem liberalen Flügel um Deng Xiaoping. Diese Phase ist von einer relativen politischen Offenheit geprägt. In Peking entsteht eine Demokratiebewegung, deren Zentrum die Demokratiemauer wird. Der erste Beitrag Weis zur Demokratiemauer erschien einige Wochen nach dem Beginn dieser Bewegung in den frühen Morgenstunden des 5. Dezember 1978. Der Artikel, der neben Dengs Vier Modernisierungen noch eine fünfte Modernisierung, nämlich Demokratie, forderte, weckte jedoch besonders große Aufmerksamkeit. Wei argumentierte, dass den Menschen Demokratie rechtmäßig zusteht und dass jeder, der den Menschen Demokratie vorenthält, ein schamloser Bandit ist, nicht besser als ein Kapitalist, der die Arbeiter um das mit Schweiß und Blut verdiente Geld bringt.

In dieser Phase relativer Offenheit war es Wei möglich, die Beamten der Geheimpolizei nach dem Verbleib von verhafteten Mitstreitern zu fragen, oder sich mit ausländischen Journalisten zu treffen. Ab Januar 1979 gibt Wei zusammen mit einigen anderen Aktivisten eine Zeitschrift namens Erkundung heraus. In dieser Zeitschrift veröffentlicht er Artikel, in der er die Unrechtmäßigkeit von Verhaftungen politischer Aktivisten beklagt oder die Freilassung aller politischen Häftlinge fordert.

Am 19. März 1979 traten neue Regeln für die Veröffentlichung von Meinungsäußerungen in Kraft, die von Deng Xiaoping nach seinem Besuch bei Jimmy Carter persönlich angeordnet wurden. Es dürfen nur noch Schriften veröffentlicht werden, die sich den Vier Grundprinzipien der Dengschen Politik unterordnen. Wei fragt darauf in einem Artikel, ob Deng Demokratie will oder nicht, und beantwortet diese Frage mit nein. Wei argumentiert, dass Deng ohne Demokratie ein Diktator wie Mao Zedong werden würde.

Am 29. März wird Wei zusammen mit weiteren politischen Aktivisten verhaftet. Er wird beschuldigt, Militärgeheimnisse über den Einmarsch der Volksbefreiungsarmee in Vietnam an Ausländer verraten zu haben und sich mit konterrevolutionärer Propaganda beschäftigt zu haben. Wei, der in seinem Prozess keinen Verteidiger hat, wird zu 15 Jahren Haft und harter Arbeit verurteilt. Er darf ab da seine Familie nicht mehr kontaktieren und seine Wärter dürfen mit ihm nicht sprechen. Proteste innerhalb Chinas, aber auch aus dem Ausland, zeigen keine Wirkung, so etwa Andrei Sacharows persönlicher Brief an Premierminister Hua Guofeng.

Trotz internationaler Proteste bleibt Wei Jingsheng in Einzelhaft, zunächst in der Haftanstalt Banbuqiao, später im Pekinger Gefängnis Nr. 1. Bis 1984 darf er seine Zelle, in der es keine frische Luft und kein Tageslicht gibt, nicht verlassen. Er wird gedrängt, seine Vergehen zu gestehen. Als Strafe für seine Weigerung darf er nicht einmal einen Bleistift besitzen und keine Briefe an seine Angehörigen schreiben. Weis Gesundheitszustand verschlechtert sich so weit, dass er seine Zähne verliert und Herzprobleme bekommt. Im Jahr 1984 wird er in ein Arbeitslager in der Provinz Qinghai verlegt. Seine Haftbedingungen werden hier etwas erleichtert, so ist ihm der Kontakt mit anderen Gefangenen erlaubt.

Im Jahr 1989 verlangt der Dissident Fang Lizhi in einem von 110 anderen prominenten Intellektuellen unterzeichneten Brief die Freilassung von Wei Jingsheng. Nach der Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz wird Wei Jingsheng in ein Arbeitslager in Nanpu im Norden Chinas verlegt, wo sich seine Haftbedingungen erneut verschlechtern. Mit Hungerstreiks erzwingt er jedoch leichte Verbesserungen, etwa Zugang zu Büchern und Medien. Wiederholt sendet er Briefe an Mitglieder der Partei- und Staatsführung, um um eine Revision des Urteils zu bitten. In anderen Briefen verurteilt er die Politik der KP, etwa 1991, als er die Menschenrechtspolitik der Volksrepublik China mit der des Dritten Reiches gleichsetzte, oder 1992, als er in einem Brief an Deng Xiaoping die Tibet-Politik der KP scharf angriff.

Im Jahr 1993 bewirbt sich Peking um die Austragung der Olympischen Spiele 2000. In einer "Geste des guten Willens" wird Wei Jingsheng etwa ein halbes Jahr vor dem Ablauf seiner 15jährigen Haftstrafe freigelassen.

Trotz Warnungen von Seiten der Behörden nimmt Wei Jingsheng sein Engagement um die Demokratisierung Chinas sofort wieder auf, indem er sich mit anderen Aktivisten und Vertretern westlicher Medien trifft. Am 1. April 1994 wird er deshalb erneut verhaftet und am 21. November 1995 zu 14 Jahren Haft für den Versuch, die Regierung zu stürzen, verurteilt. Erneut folgen weltweite Proteste, aber auch Ehrungen für Wei. So wird ihm 1994 der Olof-Palme-Preis und 1996 der Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments verliehen.

Am 16. November 1997 wird Wei Jingsheng freigelassen, nachdem sich Jiang Zemin und Bill Clinton bei historischen Gesprächen auf die Freilassung von Dissidenten verständigt hatten. Wei, wie etwa auch der Dissident Wang Dan, wird jedoch sofort in die USA abgeschoben.

In den USA setzt sich Wei weiterhin für eine Demokratisierung Chinas ein. Er gründet die Overseas Chinese Democracy Coalition (OCDC), die eine Dachorganisation für chinesische Demokratiebewegungen weltweit darstellt, sowie die Wei Jingsheng Foundation. Er wird 1998 zusammen mit Wang Dan mit dem Menschenrechtspreis der Demokratie-Stiftung des US-Kongresses ausgezeichnet.


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